Orthopäde oder Neurologe: Unterschiede und welcher Arzt bei Rückenschmerzen?

Rückenschmerzen sind ein weit verbreitetes Problem, das Menschen jeden Alters betrifft und vielfältige Ursachen haben kann. Die Frage, welcher Arzt bei Rückenbeschwerden der richtige Ansprechpartner ist, kann oft Unsicherheit auslösen. Dieser Artikel beleuchtet die Unterschiede zwischen Orthopäden und Neurologen und gibt Ihnen eine Orientierungshilfe, um den geeigneten Spezialisten für Ihre individuellen Beschwerden zu finden.

Einleitung

Die Medizin hat sich in den letzten Jahrzehnten stark weiterentwickelt, und auch die Spezialisierungen innerhalb der verschiedenen Fachrichtungen haben zugenommen. Während früher die Zuständigkeiten klarer definiert waren, überschneiden sich heute die Kompetenzbereiche von Orthopäden und Neurologen zunehmend, insbesondere bei der Behandlung von Wirbelsäulenerkrankungen.

Die Rolle des Hausarztes als erste Anlaufstelle

Bei erstmaligem Auftreten von Rückenbeschwerden ist der Hausarzt in der Regel der beste Ansprechpartner. Er führt eine Erstuntersuchung durch, erhebt die Krankengeschichte und kann bei akuten und leichteren Rückenschmerzen, wie beispielsweise Muskelverspannungen, bereits eine erste Behandlung einleiten. Sollten die Schmerzen jedoch schwerwiegendere Ursachen haben, wie beispielsweise einen Bandscheibenvorfall, einen Sport-, Verkehrs- oder Haushaltsunfall, erfolgt die Überweisung an einen Facharzt.

Orthopäde, Neurologe oder Neurochirurg: Wer ist der richtige Spezialist?

Die Wahl des richtigen Facharztes hängt von der Ursache der Rückenschmerzen ab.

Orthopäden

Orthopäden sind Spezialisten für den Bewegungsapparat, also für Knochen, Muskeln, Sehnen und Bänder. Sie behandeln Beschwerden, die von diesen Strukturen ausgehen, wie beispielsweise Gelenkschmerzen, Gelenkverschleiß, Sportverletzungen und Fußfehlstellungen. Bei Rückenschmerzen konzentrieren sie sich auf die Diagnose und Behandlung von Problemen wie:

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  • Muskelverspannungen
  • Fehlhaltungen
  • Verschleißerscheinungen der Wirbelsäule (Spondylose)
  • Erkrankungen des Iliosakralgelenks (ISG-Syndrom)

Orthopäden setzen häufig manuelle Medizin (Therapie mithilfe spezieller Handgriffe) ein, um Rückenschmerzen zu behandeln.

Neurologen

Neurologen sind Spezialisten für das Nervensystem, das aus dem zentralen Nervensystem (Gehirn und Rückenmark) und dem peripheren Nervensystem (Nervenwurzeln, Nervengeflechte und periphere Nerven) besteht. Sie behandeln Erkrankungen, die das Nervensystem betreffen, wie beispielsweise:

  • Einklemmungen oder Schädigungen von Nerven
  • Lähmungserscheinungen
  • Gefühlsstörungen
  • Gleichgewichtsstörungen
  • Bewegungsstörungen
  • Multiple Sklerose
  • Epilepsie
  • Parkinson-Erkrankung
  • Alzheimer-Erkrankung
  • Neuropathien
  • Radikulopathien

Bei Rückenschmerzen sind Neurologen insbesondere dann die richtigen Ansprechpartner, wenn die Schmerzen von eingeklemmten oder geschädigten Nerven ausgehen.

Neurochirurgen

Neurochirurgen sind spezialisiert auf die operative Behandlung von Erkrankungen des Nervensystems, einschließlich des Gehirns, des Rückenmarks und der peripheren Nerven. Bei Rückenschmerzen werden Neurochirurgen häufig bei Bandscheibenvorfällen oder chronischen Rückenschmerzen hinzugezogen, wenn konservative Behandlungsmethoden nicht ausreichend helfen. Sie führen bevorzugt minimalinvasive mikrochirurgische Eingriffe durch, um Schmerzen im Bereich des Rückens zu bekämpfen.

Rheumatologen

Wenn Autoimmunerkrankungen oder chronisch-entzündliche Rückenschmerzen (zum Beispiel Morbus Bechterew) vorliegen, überweist der Hausarzt in der Regel zum Rheumatologen.

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Physiotherapeuten

Physiotherapeuten können sowohl bei der langfristigen Rehabilitation als auch der Prävention helfen. Sie unterstützen den Heilungsprozess nach Operationen oder Unfällen und helfen, die ursprüngliche Leistungsfähigkeit des Körpers wiederherzustellen. Bei Menschen, die besonders hohen körperlichen Belastungen ausgesetzt sind, kann eine Physiotherapie als Präventionsmaßnahme bei der Stärkung der Muskulatur helfen.

Chiropraktiker

Chiropraktiker konzentrieren sich auf die Gesundheit von Wirbelsäule, Nacken und Rücken. Sind den Schmerzen weder ein Unfall noch Entzündungen oder Stress vorangegangen, könnten Gelenke verklemmt oder Muskeln verhärtet sein. Der Chiropraktiker macht die versteiften Areale mit ein paar Handgriffen wieder frei beweglich.

Die Wirbelsäulenchirurgie als Schnittstelle verschiedener Fachrichtungen

Die Wirbelsäulenchirurgie ist ein breites Handlungsfeld und eine Schnittstelle verschiedener medizinischer Fachrichtungen wie der Neurochirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie. Sie umfasst nicht nur die operative Behandlung, sondern auch die Diagnosestellung und die Festlegung der Therapiemethode, die abhängig von der individuellen Ausgangssituation und gemeinsam mit dem Patienten festgelegt wird. Auch konservative Therapien gehören zu den Aufgaben eines Wirbelsäulenchirurgen.

Weitere Faktoren, die bei der Wahl des Arztes zu berücksichtigen sind

Neben der fachlichen Spezialisierung des Arztes sollten Sie auch folgende Faktoren berücksichtigen:

  • Erfahrung: Bringen Sie vor einer Operation in Erfahrung, ob die Klinik große Erfahrung in der bevorstehenden Behandlung hat und ob der Arzt spezialisiert (oder sogar subspezialisiert) ist auf Wirbelsäulenbehandlungen.
  • Aufklärung: Der Arzt muss Sie auf alternative Behandlungen hinweisen können, auf die möglichen Komplikationen und die notwendige Nachbehandlung eines Eingriffes.
  • Zertifizierungen: Achten Sie auf Zertifizierungen, die die Qualität der angebotenen Behandlungen belegen, wie beispielsweise das "Master-Zertifikat" für Wirbelsäulenchirurgie der Deutschen Wirbelsäulengesellschaft oder das TÜV-Zertifikat für die Akutschmerztherapie.

Rückenschmerzen: Ursachen und Begleiterscheinungen

Rückenschmerzen sind keine Erkrankung, sondern ein Symptom. Muskelverspannungen, Nervenreizungen oder -entzündungen, Nierenerkrankungen - die Ursachen sind unglaublich vielfältig. Je nach Ausmaß leiden die Patienten unter Rückenschmerzen und die Beschwerden schränken sie in ihrer Lebensqualität z. T. stark ein.

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Rückenschmerzen können von verschiedenen Begleiterscheinungen begleitet sein, wie beispielsweise:

  • Blasenproblemen
  • Taubheit im Körper
  • Gliederschmerzen
  • Fieber
  • Schüttelfrost
  • Appetitlosigkeit
  • Gewichtsverlust

Bei solchen Begleiterscheinungen sollten Sie umgehend einen Arzt aufsuchen, da ernsthafte Erkrankungen vorliegen könnten.

Fragen, die Sie Ihrem Arzt stellen sollten

Um die Ursache Ihrer Schmerzen bestmöglich identifizieren zu können, wird der Arzt Ihnen eine Reihe von Fragen stellen. Bereiten Sie sich auf diese Fragen vor und bemühen Sie sich, diese möglichst genau zu beantworten.

  • Was sind Ihre Beschwerden?
  • Wo genau haben Sie Schmerzen?
  • Wie stark sind Ihre Schmerzen?
  • Welche Begleiterscheinungen haben Sie?
  • Seit wann haben Sie Schmerzen?
  • Wie haben sich die Schmerzen seither entwickelt?
  • Wann am Tag treten die Beschwerden besonders stark auf?
  • Wie verändern sie sich bei Bewegung oder Ruhe?
  • Sind sie vorerkrankt?
  • Handelt es sich um erstmalige oder wiederkehrende Schmerzen?
  • Falls es wiederkehrende Beschwerden sind: Wie sind diese bisher therapiert worden?
  • Falls die Schmerzen plötzlich aufgetreten sind: Hatten Sie einen Unfall?
  • Leiden Sie an einer psychischen Erkrankung?
  • Wie viel Stress haben Sie, privat und beruflich?
  • Wie viel Sport treiben Sie?
  • Welche Medikamente nehmen Sie regelmäßig ein?

Zusammenfassung und Fazit

Die Wahl des richtigen Arztes bei Rückenschmerzen hängt von der Ursache der Beschwerden ab. Der Hausarzt ist in der Regel die erste Anlaufstelle und kann bei leichteren Beschwerden bereits eine erste Behandlung einleiten. Bei schwerwiegenderen Ursachen erfolgt die Überweisung an einen Facharzt, wie beispielsweise einen Orthopäden, Neurologen, Neurochirurgen, Rheumatologen, Physiotherapeuten oder Chiropraktiker.

Achten Sie bei der Wahl des Arztes neben der fachlichen Spezialisierung auch auf Erfahrung, Aufklärung und Zertifizierungen. Bereiten Sie sich auf das Arztgespräch vor und beantworten Sie die Fragen des Arztes möglichst genau, um eine bestmögliche Diagnose und Behandlung zu gewährleisten.

Glossar

  • Radikulopathie: Reizung oder Schädigung einer Nervenwurzel des Rückenmarks
  • Spinalkanalstenose: Verengung des Wirbelkanals, in dem das Rückenmark verläuft
  • Spondylose: Verschleiß der Wirbelsäule
  • Iliosakralgelenk (ISG): Gelenk zwischen Kreuzbein und Darmbein
  • Bandscheibenvorfall (Diskusprolaps): Austritt des Gallertkerns der Bandscheibe in den Wirbelkanal
  • Neuropathie: Erkrankung der peripheren Nerven
  • Arthrose: Gelenkverschleiß
  • Skoliose: Seitliche Verkrümmung der Wirbelsäule

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