Parasitäre Infektionen des zentralen Nervensystems (ZNS) sind insgesamt selten, aber sie können schwerwiegende neurologische Schäden verursachen. Die Diagnose gestaltet sich oft schwierig, da die Symptome unspezifisch sind und die bildgebenden Befunde variieren können. Die Magnetresonanztomographie (MRT) spielt eine entscheidende Rolle bei der Diagnose und Verlaufsbeurteilung von parasitären ZNS-Infektionen.
Spektakulärer Fall: Lebender Wurm im Gehirn
Ein besonders aufsehenerregender Fall ereignete sich in einem Krankenhaus in Canberra, Australien. Ärzte entfernten einen lebenden, acht Zentimeter langen Rundwurm aus dem Gehirn einer 64-jährigen Frau. Bei dem Parasiten handelte es sich um die Spezies Ophidascaris robertsi, die normalerweise nur in Pythons vorkommt. Dieser Fall ist der erste weltweit dokumentierte Fall von Ophidascaris-Infektion beim Menschen.
Die Patientin hatte sich Anfang 2021 zunächst über wochenlange Bauchschmerzen und Durchfall, gefolgt von trockenem Husten und Nachtschweiß beklagt. Ein Jahr später kamen Vergesslichkeit und Depressionen hinzu. Eine MRT-Untersuchung des Gehirns ergab schließlich Anomalien, die eine Operation erforderlich machten. Die Ärzte vermuten, dass sich die Frau infiziert hat, nachdem sie Wildpflanzen und Gräser rund um einen See gesammelt hatte, in dem auch Teppichpythons leben. Möglicherweise hatte eine Python Parasiten-Eier über ihren Kot ins Gras ausgeschieden, und die Patientin hatte die Wurmeier auf Lebensmittel oder Küchenutensilien übertragen.
Reiseassoziierte Parasitosen
Reisen in ferne Länder können mit dem Risiko verbunden sein, sich mit exotischen Parasiten, Pilzen, Viren oder Bakterien zu infizieren. Diese Erreger können über die Nahrung oder durch Verletzungen der Haut in den Körper gelangen und ein breites Spektrum an Erkrankungen auslösen.
Dr. André Lollert, Oberarzt der Kinderradiologie an der Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, befasst sich mit der Diagnostik von Stoffwechsel- und Infektionskrankheiten, insbesondere mit Reise- und Tropenmedizin. Er betont, dass zunehmende touristische Reisen und Migration immer häufiger Krankheitsbilder in unsere Kliniken bringen, die eigentlich in anderen Teilen der Welt beheimatet sind.
Lesen Sie auch: Therapieansätze bei Hirnparasiten
Häufige Parasitäre Infektionen des ZNS
Zu den häufigsten parasitären Infektionen des ZNS gehören:
- Toxoplasmose: Verursacht durch den Protozoen Toxoplasma gondii. Die Infektion erfolgt meist über den Verzehr von rohem Fleisch oder durch Kontakt mit Katzenkot. Eine zerebrale Toxoplasmose tritt vor allem bei immungeschwächten Patienten auf, beispielsweise bei HIV-Infektion oder nach Knochenmarktransplantation.
- Zystizerkose: Verursacht durch die Larven des Schweinebandwurms (Taenia solium). Die Infektion erfolgt durch Aufnahme von Taenieneiern, meist über kontaminierte Nahrungsmittel. Die Zystizerkose ist vor allem in Mittel- und Südamerika, Afrika und Indien verbreitet.
- Echinokokkose: Verursacht durch den Hunde- oder Fuchsbandwurm (Echinococcus granulosus bzw. Echinococcus multilocularis). Die Infektion erfolgt durch Kontakt mit infizierten Hunden oder Füchsen bzw. durch den Verzehr von kontaminierten Lebensmitteln.
Diagnostische Verfahren
Die Diagnose von parasitären ZNS-Infektionen basiert auf einer Kombination aus klinischer Untersuchung, Anamnese, serologischen Tests, Liquoruntersuchung und bildgebenden Verfahren.
Bildgebung
Die MRT ist das bildgebende Verfahren der Wahl zur Beurteilung von parasitären ZNS-Infektionen. Sie ermöglicht die Darstellung von Läsionen, Entzündungszeichen und Komplikationen wie Hirnödem oder Hydrozephalus.
MRT-Befunde bei Toxoplasmose
Bei der zerebralen Toxoplasmose zeigen sich in der MRT typischerweise multiple, ringförmig kontrastmittelaufnehmende Läsionen, vor allem im Bereich der Basalganglien, des Thalamus und der Mark-Rindengrenze. Die Läsionen sind oft von einem vasogenen Ödem umgeben. In der Diffusionswichtung zeigen die Läsionen eine erhöhte Diffusion von Wassermolekülen.
MRT-Befunde bei Zystizerkose
Bei der Neurozystizerkose stellen sich in der MRT multifokale, rindennahe Herde dar, die eine variable Kontrastmittelaufnahme zeigen und bei chronischen Verläufen verkalkte Anteile haben können.
Lesen Sie auch: Symptome, Behandlung und Prävention von Enzephalitozoonose
MRT-Befunde bei Echinokokkose
Bei der zerebralen Echinokokkose zeigen die MRT-Bilder variabel große Zysten, die solitär oder multifokal auftreten können und teilweise verkalkte Anteile aufweisen.
Differenzialdiagnose
Die MRT-Befunde bei parasitären ZNS-Infektionen können unspezifisch sein und sich mit anderen Erkrankungen wie Tumoren, Abszessen oder entzündlichen Läsionen überlappen. Eine sorgfältige Anamnese, klinische Untersuchung und gegebenenfalls weitere diagnostische Maßnahmen sind daher erforderlich, um eine korrekte Diagnose zu stellen.
Therapie
Die Therapie von parasitären ZNS-Infektionen richtet sich nach dem jeweiligen Erreger und dem klinischen Zustand des Patienten. Sie kann eine medikamentöse Behandlung mit Antiparasitika, eine chirurgische Entfernung von Zysten oder Abszessen sowie supportive Maßnahmen zur Linderung der Symptome umfassen.
Prävention
Einige einfache Maßnahmen können dazu beitragen, das Risiko einer parasitären ZNS-Infektion zu verringern:
- Verzicht auf den Verzehr von rohem oder nicht ausreichend gekochtem Fleisch
- Sorgfältiges Waschen von Obst und Gemüse
- Vermeidung des Kontakts mit Katzenkot
- Sorgfältige Händehygiene
- Einnahme von Malariaprophylaxe bei Reisen in Endemiegebiete
Lesen Sie auch: Wie man Gehirnparasiten behandelt