Die Verwendung von Holzschutzmitteln ist seit Jahrzehnten ein Thema von öffentlichem Interesse, insbesondere im Hinblick auf potenzielle Gesundheitsrisiken. Studien haben gezeigt, dass bestimmte chemische Substanzen, die in diesen Produkten enthalten sind, wie Pentachlorphenol (PCP), Lindan und Dioxine, negative Auswirkungen auf das Nervensystem haben können. In diesem Artikel werden die potenziellen Verbindungen zwischen der Exposition gegenüber Holzschutzmitteln und dem Auftreten von neurologischen Erkrankungen wie Parkinson untersucht.
Berufskrankheiten durch chemische Einwirkungen
Die Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) listet eine Reihe von Erkrankungen auf, die durch chemische Einwirkungen verursacht werden können. Dazu gehören auch Erkrankungen, die durch aromatische Amine, Halogenkohlenwasserstoffe, Benzol, Toluol, Xylol, Styrol, aromatische Nitro- und Aminoverbindungen, Schwefelkohlenstoff, Methanol, organische Phosphorverbindungen, Fluorverbindungen, Salpetersäureester und andere chemisch-toxikologisch heterogene Stoffe verursacht werden.
Aromatische Amine
Aromatische Amine, die in der Farbstoff-, Arzneimittel-, Pestizid- und Kunststoffherstellung verwendet werden, können inhalativ oder perkutan aufgenommen werden und nach Metabolisierung über die Niere ausgeschieden werden. Chronischer Kontakt mit genotoxischen Metaboliten kann zu Krebserkrankungen im Urotheltrakt führen, wobei die Harnblase am häufigsten betroffen ist. Die Latenzzeit beträgt oft mehrere Jahrzehnte, und die Prognose hängt von der Infiltrationstiefe des Tumors ab.
Halogenkohlenwasserstoffe
Halogenkohlenwasserstoffe, insbesondere Chlorkohlenwasserstoffe (CKW), werden als Lösungs- und Reinigungsmittel eingesetzt. Trichlorethen (TRI) gilt als krebserzeugend für den Menschen, insbesondere bei langjähriger und massiver Belastung. Vinylchlorid, das früher bei der PVC-Herstellung verwendet wurde, kann die Vinylchlorid-Krankheit verursachen. Chlorierte Naphthaline und polychlorierte Biphenyle (PCB) sind leberschädigend und können akneartige Hautveränderungen hervorrufen.
Benzol, Toluol, Xylol und Styrol
Benzol, Toluol, Xylol und Styrol können bei chronischer Belastung zu einer chronischen Enzephalopathie führen. Benzol ist hämatotoxisch und kann schwere Schädigungen des blutbildenden Gewebes verursachen, die in Leukämie übergehen können.
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Schwefelkohlenstoff
Schwefelkohlenstoff (CS2) ist ein Lösungsmittel, das vor allem in der Synthetikfaserproduktion eingesetzt wird. Eine CS2-Vergiftung kann zu Polyneuropathie und chronischer Enzephalopathie mit Parkinson-ähnlichen Symptomen führen.
Organische Phosphorverbindungen
Organische Phosphorverbindungen, die vorwiegend als Insektizide eingesetzt werden, können bei akuter Vergiftung zu einer Überschwemmung der cholinergen Synapsen mit Acetylcholin führen. Typische Symptome sind enge Pupillen, Speichel- und Tränenfluss, Übelkeit, Erbrechen, Darmkoliken, starke Bronchialsekretion, Bronchokonstriktion, Faszikulationen und Atemdepression.
Dioxine und Furane
Dioxine (polychlorierte Dibenzo-p-dioxine, PCDD) und Furane (polychlorierte Dibenzofurane, PCDF) können akneiforme Hautveränderungen (Chlorakne) verursachen. In epidemiologischen Studien wurde eine Überhäufigkeit an verschiedenen Krebserkrankungen berichtet.
Isocyanate
Isocyanate sind stark reaktive Verbindungen, die in Industrie und Handwerk verwendet werden. Sie können akut zu Husten, Bronchospasmus, Bronchitis und einem Lungenödem führen. Nach wiederholten Expositionen kann ein überempfindliches Bronchialsystem entstehen.
Holzschutzmittel und ihre Inhaltsstoffe
In den 1960er- und 1970er-Jahren wurden in Holzschutzmitteln häufig PCP, Lindan und polychlorierte Naphthaline (PCN) als Wirkstoffe eingesetzt. In der DDR wurde zusätzlich DDT verwendet. Dioxine waren als Verunreinigungen in PCP enthalten, wobei ihr Anteil bis zu 60 Prozent betragen konnte.
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Pentachlorphenol (PCP)
PCP ist ein Fungizid, das bis zu seinem Verbot 1989 in großen Mengen in Holzschutzmitteln eingesetzt wurde. Schätzungsweise fünf bis sechs Millionen Häuser wurden mit PCP behandelt. In der TRGS 905 wird PCP als krebserzeugend der Kategorie 3 eingestuft.
Lindan
Lindan ist ein Insektizid, das ebenfalls in Holzschutzmitteln verwendet wurde. Aufgrund seiner toxischen Eigenschaften darf Lindan seit 1984 in Deutschland nicht mehr hergestellt werden. Es gilt als krebserzeugend und ist ein potentes Neurotoxin.
Dioxine
Dioxine sind hochgiftige Substanzen, die als Verunreinigungen in PCP enthalten sein konnten. Sie bauen sich nicht ab und können sich im Körper anreichern.
Parkinson und Pestizide: Eine Verbindung?
Es gibt Hinweise darauf, dass Pestizide, die in der Landwirtschaft eingesetzt werden, das Risiko für Parkinson erhöhen können. Eine Studie von Dr. Ritz ergab, dass Parkinson-Patienten im Durchschnitt näher an landwirtschaftlich genutzten und mit Pestiziden behandelten Flächen leben. Andere Studien haben gezeigt, dass der Kontakt mit kleinen Pestizidmengen das Parkinson-Risiko um bis zu 70 Prozent erhöhen kann.
Wirkmechanismen
Pestizide können auf verschiedene Weise zur Entstehung von Parkinson beitragen. Einige Pestizide, wie Rotenon, können die Mitochondrienfunktion stören, während andere, wie Paraquat, zu oxidativem Stress führen. Beide Mechanismen können zu Neurodegeneration und Parkinson führen.
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Genetische Faktoren
Auch die Erbanlagen spielen eine Rolle bei der Entstehung von Parkinson. Das Gen PON1 beispielsweise ist am Abbau bestimmter Pestizide beteiligt. Funktioniert das Gen nicht optimal, kann der jeweilige Mensch die Pestizide schwer abbauen, was das Krankheitsrisiko erhöht.
Verbreitung von Pestiziden
Pestizide können sich über die Luft verbreiten und viele Kilometer vom Ort ihrer Ausbringung nachgewiesen werden. Messungen in Deutschland haben gezeigt, dass Pestizide auch an Orten gefunden werden können, an denen keine Landwirtschaft betrieben wird.
Holzschutzmittel und neurologische Erkrankungen: Was sagt die Forschung?
Die Bundesregierung gibt an, dass ihr keine wissenschaftlichen Untersuchungen vorliegen, die einen gesicherten Zusammenhang zwischen biozidhaltigen Holzschutzmitteln und neurologischen Erkrankungen wie Alzheimer, Parkinson oder Multipler Sklerose belegen. Sie betont, dass Biozidwirkstoffe im Rahmen des europäischen Genehmigungsverfahrens auf mögliche gesundheitsschädigende Effekte hin überprüft werden.
Kritik an der Risikobewertung
Es gibt jedoch Kritik an der Art und Weise, wie die Risiken von Holzschutzmitteln bewertet werden. So werden beispielsweise oft nur die Einzelsubstanzen bewertet, nicht aber die Synergien der Stoffkombinationen. Zudem wird nicht berücksichtigt, wie sich chlorierte Kohlenwasserstoffe und Dioxine bei einer Langzeitexposition über Jahrzehnte im Organismus verhalten.
Fallbeispiele und Studien
Es gibt Fallbeispiele und Studien, die auf einen Zusammenhang zwischen der Exposition gegenüber Holzschutzmitteln und neurologischen Erkrankungen hindeuten. So wurde beispielsweise in der englischen Siedlung in Berlin eine erhöhte Lindan-Belastung in den Dachstühlen von Wohnhäusern festgestellt. Einige Betroffene berichten von ähnlichen Symptomen wie bei MS nach Kontakt mit nerventoxischen Substanzen wie PCP, HCH, Pyrethroiden oder Formaldehyd.
Prävention und Maßnahmen
Um das Risiko für neurologische Erkrankungen durch Holzschutzmittel zu minimieren, sollten folgende Maßnahmen ergriffen werden:
- Verwendung von Holzschutzmitteln vermeiden: Wenn möglich, sollten Holzschutzmittel vermieden werden. Stattdessen sollten bauliche Maßnahmen zum Schutz des Holzes vor Feuchtigkeit und Schädlingsbefall ergriffen werden.
- Schadstoffscreenings vor Sanierungen: Vor energetischen Sanierungen von Wohngebäuden sollten Schadstoffscreenings durchgeführt werden, um vorhandene chemische Altlasten zu ermitteln.
- Fachgerechte Sanierung: Bei der Sanierung von Gebäuden mit Holzschutzmittelbelastung sollten die Arbeiten fachgerecht durchgeführt werden, um die Freisetzung von Schadstoffen zu minimieren.
- Baubiologische Analyse: Wenn der Verdacht besteht, dass in einem Haus gefährliche Holzschutzmittel angewendet wurden, kann eine baubiologische Analyse Klarheit bringen.
- Unterstützung der biologischen Landwirtschaft: Durch den Kauf von Bio-Lebensmitteln kann die biologische (pestizidfreie) Landwirtschaft unterstützt werden.
Die Rolle der Justiz
Der Holzschutzmittel-Prozess hat gezeigt, dass die Justiz keine angemessene Antwort auf die gesundheitlichen Risiken des technischen Fortschritts hat. Es ist wichtig, dass die Justiz ihre Macht gegenüber wirtschaftlichen Interessen zurückgewinnt und die Gesundheit der Bevölkerung schützt.
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