Parkinson und Darmbehandlung: Ein umfassender Überblick

Morbus Parkinson ist eine fortschreitende neurologische Erkrankung, die durch den Verlust von Dopamin produzierenden Nervenzellen im Gehirn gekennzeichnet ist. Obwohl die genauen Ursachen von Parkinson noch weitgehend unbekannt sind, deuten aktuelle Forschungsergebnisse auf eine bedeutende Rolle des Darms bei der Krankheitsentstehung und -progression hin. Dieser Artikel beleuchtet die Zusammenhänge zwischen Parkinson und Darmgesundheit und untersucht verschiedene Behandlungsansätze, die auf die Verbesserung der Darmfunktion abzielen.

Die Rolle des Darms bei Parkinson

Darm-Hirn-Achse

Die Darm-Hirn-Achse ist eine bidirektionale Kommunikationsverbindung zwischen dem Darm und dem Gehirn. Über diese Achse können Stoffwechselprodukte von Darmbakterien, wie z. B. der Enterobacteriaceae, über den Vagusnerv ins Gehirn gelangen und dort möglicherweise zu einer Fehlfaltung und Verklumpung des Proteins alpha-Synuclein führen. Dieses Protein ist ein normaler Bestandteil von Nervenzellen, verklumpt aber bei Parkinson-Patienten und sammelt sich über Jahre in deren Gehirnen an, was man histologisch als sogenannte Lewy-Körperchen nachweisen kann. Fatalerweise bringen diese Ablagerungen bevorzugt Dopamin bildende Nervenzellen zum Absterben, was zu einem Dopaminmangel führt.

Veränderungen des Mikrobioms

Studien haben gezeigt, dass die Zusammensetzung des Mikrobioms, also die Gesamtheit der Mikroorganismen im Darm, bei Parkinson-Patienten verändert ist. Parkinson-Patienten weisen u.a. eine geringere Vielfalt an Darmbakterien auf und haben häufiger Bakterien im Darm, die die Darmwand durchlässig machen. Dadurch können entzündungsfördernde Stoffe ins Blut und auch ins Gehirn gelangen. Eine veränderte Zusammensetzung der Bakterienarten im Darm kann bei der Krankheitsentstehung von Parkinson eine bedeutsame Rolle spielen.

Verstopfung als frühes Symptom

Viele Parkinson-Erkrankte leiden schon vor der Diagnose Morbus Parkinson an Verdauungsproblemen wie Verstopfung. Darmprobleme können schon zehn bis zwanzig Jahre bestehen, bevor erste neurologische Probleme auffallen. Diese Tatsache hat Forscher auf die Spur gebracht, dass Parkinson zumindest teilweise im Verdauungstrakt beginnt. Tatsächlich zeigen neue Studien, dass für Parkinson typische Proteinablagerungen, so genannte Lewy-Körper, zuerst im Nervensystem des Darms auftauchen und erst später in den unteren Hirnregionen und schließlich im Mittelhirn zu finden sind.

Behandlungsmöglichkeiten zur Verbesserung der Darmfunktion

Probiotika

In einer aktuellen Studie wurde die Wirkung von Probiotika auf die Verstopfung bei Parkinson-Patienten untersucht. Sie kam zu dem Schluss, dass Probiotika die Darmflora positiv beeinflussen und die Verstopfung verbessern. Wissenschaftler der Capital Medical University in Beijing, China, untersuchten 46 Parkinson-Patienten im Rahmen einer randomisierten, kontrollierten Studie mit Verstopfung (Obstipation). In dieser Studie erhielten die Teilnehmer ein Probiotikum, eine Gruppe gesunder Personen diente als Kontrolle. Untersucht wurde vor und nach Therapie bei allen die Anzahl der vollständigen Darmbewegungen pro Woche sowie der Grad der Anstrengung bei der Entleerung. Die Auswertung der Studienergebnisse ergab, dass verglichen mit der Kontrollgruppe in der Gruppe der Parkinson-Patienten die durchschnittliche Anzahl der vollständigen Darmbewegungen pro Woche anstieg. Die Probiotika-Supplementierung verringerte zudem den Grad der Defäkationsanstrengung (Anstrengung bei der Darmentleerung). Insgesamt war die Verbesserungsrate der Obstipation in der Probiotika-Gruppe signifikant höher als in der Kontrollgruppe (52,2 % versus 8,7 %, P = 0.001).

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Ernährung

Eine ausgewogene Ernährung ist essenziell für Parkinson-Patienten. Nach den heutigen Erkenntnissen ist es nicht möglich, mit einer bestimmten Diät das Fortschreiten des Morbus Parkinson aufzuhalten. Dennoch sollte auf einen abwechslungsreich gestalteten Speiseplan geachtet werden, um eine adäquate Nährstoffversorgung zu gewährleisten. Der Körper erhält über die Nahrung Energie und alle Nährstoffe, die zum Aufbau und zum Erhalt der Körperfunktion notwendig sind. Um die Vielzahl dieser Vorgänge aufrecht zu erhalten, muss die richtige Ernährung bei Parkinson ausgewogen sein und an Lebensumstände sowie Alter angepasst werden.

Es wird empfohlen, die mediterrane Ernährung für den Verlauf günstiger zu gestalten. Das heißt konkret: Reichlich Gemüse, Fisch, Öle mit ungesättigten Fettsäuren, Vollkornprodukte und Hülsenfrüchte. Bei dieser Form der Ernährung werden Polyphenole aufgenommen, die eine krankheitslindernde Wirkung haben können. Polyphenole sind sekundäre Pflanzenstoffe, die auch eine blutdrucksenkende Wirkung haben können. Sie sind beispielsweise in Randschichten von Obst und Gemüse enthalten.

Auch Proteine sind ein wichtiger Bestandteil der Ernährung von Patienten und Patientinnen mit einer Parkinson-Erkrankung. Zu jeder Hauptmahlzeit sollte auch eine kleine Portion Proteine, also Eiweiß, möglichst in Form von Fisch oder Milchprodukten gereicht werden. Wichtig bei der Einnahme von Nahrungseiweiß ist, dass Patienten und Patientinnen die Wechselwirkung von Proteinen und Parkinsonmedikamenten wie L-Dopa beachten.

Ballaststoffe und Flüssigkeitszufuhr

Die richtige Ernährung kann dabei helfen, Verstopfungen zu lösen. Dafür sollte vor allem ballaststoffreiche Nahrung wie Vollkornprodukte auf dem Plan stehen. Zusätzlich kann eine Flüssigkeitsaufnahme von mindestens 2 Liter Wasser pro Tag bei Darmträgheit helfen.

Umgang mit spezifischen Ernährungs- und Verdauungsstörungen

Eine Vielzahl sehr unterschiedlicher Störungen der Nahrungszufuhr und der Verdauung sind bei Morbus Parkinson bekannt. Ernährungsstörungen wirken sich mehrfach negativ auf den Krankheitsverlauf aus. Eine verringerte Darmmotilität führt zu einer verminderten Aufnahme der Medikamente in den Blutkreislauf. Die verminderte Nahrungsaufnahme resultiert in einer zunehmenden Mangelernährung mit Störungen im Elektrolyt- und Vitaminhaushalt. Durch Schluckstörungen kann es nicht selten zu einer Aspiration (Verschlucken von Nahrungsteilen in die Luftröhre) mit nachfolgenden Lungenentzündungen kommen.

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  • Mangelndes Geschmacksempfinden: Trotz der beschriebenen Geschmacksveränderungen sollte vermieden werden, dass Patienten zu stark würzen. Wenn möglich sollten die Speisen vom Partner abgeschmeckt werden. Insbesondere ist ein ausgiebiges Nachsalzen der Speisen zu vermeiden. Um den Geschmack der Speisen zu verbessern, können Küchenkräuter verwendet werden.
  • Übelkeit und Erbrechen: Zunächst gilt es, mit der L-Dopa-Medikation langsam zu beginnen und die Dosis vorsichtig zu steigern. Dies geschieht natürlich immer in Absprache mit dem behandelnden Arzt. Zusätzlich muss aber bei einer über einen längeren Zeitraum bestehenden Übelkeit und Erbrechen eine Magen-Darm-Abklärung erfolgen, da neben Morbus Parkinson auch primäre Erkrankungen des Magen-Darm-Traktes an den Beschwerden schuld sein können. Nach Ausschluss einer Magen-Darm-Erkrankung gilt es, durch Aufteilung der Essensmengen, der richtigen L-Dopa-Dosierung und anderen diätetischen Maßnahmen, die Übelkeit zu beherrschen. Fallweise ist auch eine spezifische Medikation mit z. B. Domperidon erforderlich.
  • Schluckstörungen: In den Therapiesitzungen werden die beteiligten Muskelgruppen gekräftigt und Bewegungsabläufe eingeübt. Mit Hilfe von entsprechenden Schluck- und Haltungsübungen (wie zum Beispiel „Kinn zur Brust“) kann der Ablauf des Schluckens verbessert werden. Meist sind die Schluckstörungen bei einzelnen Nahrungskonsistenzen verstärkt (z. B. klare Suppe mit Petersilie oder Reis, bröselige Speisen). Das Eindicken von Suppe und warmen/kalten Getränken kann eine wichtige Hilfestellung bei Problemen mit der Flüssigkeitsaufnahme darstellen. Eine Reihe von geschmacksneutralen Produkten guter Qualität steht zur Verfügung. Bei starkem Tremor sind Strohhalm, Schnabelbecher, Tellerranderhöhung erforderlich. Suppen können auch aus einer Schnabeltasse getrunken werden. Oft können Getränke besser mittels Strohhalmes aufgenommen werden.

Weitere unterstützende Maßnahmen

  • Ergotherapie und Physiotherapie: Regelmäßige Ergotherapie und Physiotherapie können zur Verbesserung der Bewegungsabläufe und somit indirekt auch zur Nahrungsaufnahme beitragen.
  • Logopädie: Logopädie kann bei Schluckstörungen helfen.
  • Mundpflege: Von besonderer Bedeutung ist die regelmäßige Mundpflege bei Betroffenen wegen den fallweise vermehrt zurückbleibenden Nahrungsresten in der Mundhöhle.
  • Hilfsmittel: Verwendung rutschfester Unterlagen für den Teller, Besteck mit dicken Griffen, tiefe Teller, Tassen mit großem Henkel bzw.
  • Ausreichend Zeit zum Essen einplanen: Ausreichend Zeit zum Essen einplanen und sich keinesfalls durch die Tatsache irritieren lassen, dass Partner, Freunde oder Verwandte wesentlich rascher essen. Dies führt häufig dazu, dass Betroffene zunehmend ungern in Gesellschaft essen und im Laufe der Erkrankung Restaurantbesuche, Einladungen und andere gesellschaftliche Ereignisse vermehrt meiden.

Zukunftsperspektiven

Die Forschung zum Zusammenhang zwischen Parkinson und dem Darm steht noch am Anfang, aber die bisherigen Ergebnisse sind vielversprechend. Die finnischen Wissenschaftler rund um Scheperjans sind sich in jedem Fall sicher, dass die Darmflora in den nächsten Jahrzehnten eine wichtige Rolle in der Entwicklung neuer Parkinson-Therapien spielen wird. Veränderungen der Darmgesundheit können dabei helfen, Parkinson früher zu diagnostizieren, während Therapien, die diese Veränderungen beeinflussen, die Krankheit verlangsamen können.

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