Parkinson ist eine fortschreitende neurodegenerative Erkrankung, die durch den Verlust dopaminproduzierender Neuronen in der Substantia nigra gekennzeichnet ist. Die Früherkennung dieser Krankheit ist entscheidend, um rechtzeitig mit Behandlungen beginnen zu können, die den Krankheitsverlauf verlangsamen und die Lebensqualität der Betroffenen verbessern. Die Magnetresonanztomographie (MRT) spielt eine zunehmend wichtige Rolle bei der Diagnose und Überwachung von Parkinson. Dieser Artikel beleuchtet die verschiedenen MRT-Zeichen, die bei Parkinson auftreten können, und wie sie zur Diagnose und Differentialdiagnose eingesetzt werden.
Die Rolle von Eisen und MRT bei Parkinson
Bei Parkinson sterben eisenreiche Neurone im Mittelhirn ab. Neurophysiker haben den Magnetismus der Neurone genutzt, um sie mittels MRT zu messen. Eine frühere Parkinsondiagnose wäre möglich, wenn man das Absterben dopaminerger Neurone beim lebenden Menschen detektieren könnte. Der hohe Eisengehalt und damit starke Magnetismus der dopaminergen Neurone macht Magnetresonanztomographie (MRT) zu einer vielversprechender Technik, um diese Neurone zu vermessen. Die MRT-Mikroskopie eisenreicher Neurone hat das Ziel verfolgt, Neurone mittels MRT zu mikroskopieren.
Biophysikalisches Modell des MRT-Kontrasts
Um aus dem MRT-Signal Informationen über die dopaminergen Neurone zu gewinnen, wurde ein biophysikalisches Modell entwickelt. Basierend auf grundlegenden physikalischen Gleichungen beschreibt dieses Modell den Beitrag verschiedener Zellen zum MRT-Signal, quasi als Brücke zwischen MRT-Aufnahmen und den viel kleineren Zellen. Dieses Modell mündet in eine Formel, die Dichte und Eisenkonzentration von dopaminergen Neuronen aus dem MRT-Signal vorhersagt. Dies ist ein entscheidender Schritt, um das Absterben der Neurone bei Parkinson zu erkennen.
Unerwartet hoher Magnetismus eisenreicher Neurone
Über MRT-Experimente an Spenderhirnen mit äußerst hoher Auflösung haben Wissenschaftler zum ersten Mal einzelne Neurone mit dem MRT detektiert. Darüber hinaus haben sie mittels Aufnahmen großflächiger Eisenkarten mit zellulärer Auflösung den Eisengehalt derselben Neurone mit Protonen- und Röntgenmikroskopie bestimmt. Überraschenderweise haben sie herausgefunden, dass eisenreiche dopaminerge Neurone deutlich stärkeren Magnetismus aufweisen als andere eisenreiche Zellen. Das erklärt den unerwartet hohen Einfluss der Neurone auf das MRT-Signal - ein glücklicher Umstand, der ihre Vermessung mit klinischer MRT erst ermöglicht.
Das Schwalbenschwanz-Zeichen: Ein radiologisches Zeichen im Wandel
Die Region Nigrosom 1 in der Substantia nigra, wo das Neuronensterben bei Parkinson am frühesten beginnt, ist der vielversprechendste Einsatzort des MRT-Neuronenmikroskops. Glücklicherweise gibt es ein sehr bekanntes radiologisches Zeichen, das Nigrosom 1 entsprechen soll: das Schwalbenschwanz-Zeichen. Dieses Zeichen in MRT-Aufnahmen verschwindet bei Parkinson und wird daher zur Diagnose verwendet. Allerdings steht der MRT-Kontrast des Schwalbenschwanz-Zeichens im Widerspruch zur Vorhersage des biophysikalischen Modells.
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Präzise Kartierung der Nigrosome
Um diesen Widerspruch aufzulösen, haben Wissenschaftler die Nigrosome präzise in 3D kartografiert und damit einen Nigrosomatlas erstellt. Dieser Atlas hat es ermöglicht zu zeigen, dass Nigrosom 1 nur teilweise im Schwalbenschwanz-Zeichen liegt, aber nicht mit diesem identisch ist. Das Lehrbuchwissen über die klinische Interpretation des Schwalbenschwanz-Zeichens muss daher revidiert werden: Sein Verschwinden bedeutet nicht den Verlust von Nigrosom 1.
Ein besseres Verständnis des MRT-Kontrasts der „Nigrosom 1“ genannten anatomischen Region hat zur Aufklärung des Missverständnisses geführt und könnte sogar zur früheren Diagnose von Parkinson beitragen. „Jenes MRT-Zeichen, das sogenannte Schwalbenschwanz-Zeichen, schließt zwar einen Teil der anatomischen Region ‚Nigrosom 1‘ ein, sieht aber ganz anders aus.“, erklärt der Erstautor einer Studie. „Das ist für den klinischen Bereich relevant, weil die Identifikation ‚Schwalbenschwanz Zeichen entspricht Nigrosom 1‘ zur Lehrmeinung geworden ist und revidiert werden sollte.“, so Malte Brammerloh weiter.
Bei gesunden Menschen erkennt man im MRT-Bild eine signalreiche längliche Struktur, die vorne und an den Seiten von signalarmen Arealen umgeben ist. Diese besondere Form erinnert an einen Schwalbenschwanz, daher spricht man auch vom Schwalbenschwanzzeichen (engl. Swallow tail sign). Nach der gängigen Interpretation des Zeichens führt das Absterben der Neuronen im Nigrosom 1 bei Parkinson-Betroffenen dazu, dass das Schwalbenschwanzzeichen schließlich nicht mehr erkennbar ist. Ist das der Fall, liegt mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Parkinson-Erkrankung vor.
Neuinterpretation des Schwalbenschwanz-Zeichens
Malte Brammerloh und seine Kollegen haben nun mikroskopische 3D-Untersuchungen von menschlichen Gehirnen nach dem Tod mit MRT-Technik kombiniert, um zu zeigen, dass Nigrosom 1 und das radiologische Schwalbenschwanz-Zeichen sich nur teilweise überlappen und in der Tat sehr unterschiedlich sind. Die Wissenschaftler plädieren daher dafür, das Schwalbenschwanz-Zeichen nicht mit der Region Nigrosom 1 gleichzusetzen. Dies erlaubt eine Neuinterpretation des diagnostischen Schwalbenschwanz-Zeichens und eröffnet gleichzeitig neue Wege zur spezifischen Nigrosombildgebung.
Weitere MRT-Befunde bei Parkinson
Neben dem Schwalbenschwanz-Zeichen gibt es weitere MRT-Befunde, die auf Parkinson hindeuten können:
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- Veränderungen der Substantia nigra: Die Substantia nigra kann bei Parkinson-Patienten verkleinert und in ihrer Signalintensität verändert sein.
- Atrophie des Mittelhirns: Eine Atrophie (Schrumpfung) des Mittelhirns kann ebenfalls auf Parkinson hindeuten.
- Veränderungen in anderen Hirnregionen: Auch in anderen Hirnregionen, wie dem Putamen und dem Nucleus caudatus, können Veränderungen auftreten.
MRT in der Differentialdiagnose von Parkinson-Syndromen
Eine Kombination des Kernsymptoms Bradykinese mit Rigor, Tremor oder Haltungsinstabilität definiert ein Parkinson-Syndrom. Abgesehen von sekundären Parkinson-Syndromen, bei denen die Ursachen, wie zum Beispiel Medikamentennebenwirkungen, Normaldruckhydrozephalus und vaskuläre Enzephalopathie, erkennbar sind und gegebenenfalls beseitigt werden können, sind die Parkinson-Syndrome Folge neurodegenerativer Erkrankungen. Das häufigste neurodegenerative Parkinson-Syndrom wird bei sporadischem (nichtfamiliären) Auftreten und klinisch führender Bewegungsstörung infolge Hirnstamm-prädominanter α-Synuclein-Ablagerung als Parkinson-Krankheit (PK) oder idiopathisches Parkinson-Syndrom bezeichnet. In Abgrenzung zur PK werden andere sporadische Krankheitsentitäten als atypische Parkinson-Syndrome bezeichnet.
Die vorliegende Übersichtsarbeit beschreibt aktuelle Standards zur Diagnose und Therapie der wichtigsten Vertreter dieser Gruppe, der Demenz mit Lewy-Körpern (DLK), der Multisystematrophie (MSA), der progressiven supranukleären Blickparese (PSP) und der kortikobasalen Degeneration (CBD). Die Differenzialdiagnosen und therapeutischen Konzepte der Syndrome sollen hier besprochen werden.
Atypische Parkinson-Syndrome sind neurodegenerative Krankheiten mit intrazellulärer Ablagerung amyloidogener Proteine. Während das Protein α-Synuclein die DLK, MSA sowie PK (Synucleinopathien) kennzeichnet, tritt das Tau-Protein bei der PSP und der CBD auf (Tauopathien). Bei der PK und DLK finden sich α-Synuclein-Aggregate in Nervenzellen, bei der MSA vorzugsweise in Oligodendrozyten. Bei PSP und CBD aggregiert Tau in Nervenzellen, aber auch Oligodendrozyten und Astrozyten. Die Morphologie der astrozytären Tau-Ablagerungen unterscheidet die PSP von der CBD. Die verschiedenen Krankheitsentitäten befallen typischerweise charakteristische Hirnregionen.
Demenz mit Lewy-Körpern (DLK)
Die Demenz mit Lewy-Körpern (DLK) ist nach der Demenz bei der Alzheimer-Krankheit die zweithäufigste Form der neurodegenerativen Hirnleistungsstörung im Alter. Die Prävalenz in der Bevölkerung über 65 Jahre beträgt etwa 0,4 %. Die Krankheit beginnt zwischen dem 50. und 80. Lebensjahr. Männer sind geringgradig häufiger betroffen als Frauen. Die Erstsymptome bestehen in einer Minderung kognitiver Leistungen mit auffälligen Schwankungen von Episoden schlechter und besserer kognitiver Leistungsfähigkeit.
In der Magnetresonanztomographie (MRT) kann eine Atrophie in Caudatum, Putamen und Thalamus gefunden werden. In Abgrenzung zur Alzheimer-Demenz ist der Kortex wenig und insbesondere der mediale Temporallappen nicht atrophiert. Um die diagnostische Sicherheit der DLK zu verbessern, können in spezialisierten Zentren der Dopamin-Transporter mit der 123I-FP-CIT-Einzelphotonen-Emissionscomputertomographie (SPECT) dargestellt, der zerebrale Glukosestoffwechsel mit der 18F-FDG-Positronen-Emissionstomographie (PET) und die β-Amyloid-Ablagerung mit der entsprechenden PET-Bildgebung gemessen werden.
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Multisystematrophie (MSA)
Die Multisystematrophie (MSA) hat eine Prävalenz von circa 5/100 000. Das mittlere Erkrankungsalter liegt in der sechsten Lebensdekade und die Geschlechterverteilung ist ausgeglichen. Nach durchschnittlich sechs bis zehn Jahren versterben die Patienten meist an Aspiration oder nächtlichem kardio-respiratorischem Arrest. Die MSA zeigt zwei unterschiedliche Prädominanztypen - entweder herrscht ein Parkinson-Syndrom (MSA-P, in Europa circa 60 % der Fälle) oder eine zerebelläre Symptomatik (MSA-C, circa 40 %) vor. Neben der Bewegungsstörung sind vegetative Symptome, insbesondere Harninkontinenz, erektile Dysfunktion oder orthostatische Hypotension, bei der MSA obligat vorhanden.
Atrophie in Putamen, mittlerem Kleinhirnstiel, Pons und Zerebellum zeigt sich im MRT, Hypometabolismus in Putamen, Hirnstamm oder Zerebellum im FDG-PET. Nicht in den diagnostischen Kriterien erfasst, aber dennoch für eine MSA sprechend, sind Signalanomalien in T2-gewichteten MRT-Bildern mit 1,5 Tesla: Eine kreuzförmige Hypointensität in Pons („hot cross bun“-Zeichen) und ein hypointenses Putamen mit hyperintensem Randsaum (Putamen-Randzeichen).
Progressive supranukleäre Blickparese (PSP)
Die progressive supranukleäre Blickparese (PSP) hat eine Prävalenz von circa 5-10/100 000 Personen. Das mittlere Erkrankungsalter liegt bei circa 65 Jahren. Nach durchschnittlich circa acht Jahren versterben die Patienten, häufig an Aspiration bei Dysphagie. Das Geschlechterverhältnis ist weitgehend ausgeglichen. Die klinischen Manifestationen der PSP sind vielfältig. Am häufigsten (circa 40 %) zeigt sich das klassische Richardson-Syndrom mit Levodopa-resistentem akinetisch-rigiden Syndrom der axialen Muskulatur, früh im Krankheitsverlauf auftretender Fallneigung nach hinten und vertikal betonter supranukleärer Blickparese.
Im MRT kann eine Mittelhirn- und Frontalhirnatrophie nachgewiesen werden. Im Levodopa-Test verbessert sich die Parkinson-Symptomatik in der Regel nur gering. Im Zweifelsfall können nuklearmedizinische Methoden zum Nachweis einer symmetrischen präsynaptischen nigrostriatalen dopaminergen Denervierung (zum Beispiel FP-CIT-SPECT), einer postsynaptischen striatalen Degeneration (beispielsweise IBZM-SPECT), oder eines Hypometabolismus im Frontal- und Mittelhirn (FDG-PET) herangezogen werden, damit die Diagnose geklärt werden kann.
Kortikobasale Degeneration (CBD)
MRT eines Gehirns, das die Pathologie kortikobasalen Degeneration zeigt: Die MRT zeigt die für das kortikobasale Syndrom typische parietofrontale Atrophie rechts größer als links.