Parkinsonnetz Münsterland+: Verbesserte Versorgung für Parkinson-Patienten in der Region

Morbus Parkinson ist eine der häufigsten neurologischen Erkrankungen. In Deutschland leiden rund 400.000 Menschen daran. Die Parkinson-Therapie zielt darauf ab, Krankheitszeichen und Begleiterscheinungen zu lindern, da die Erkrankung auch 200 Jahre nach ihrer Entdeckung nicht geheilt werden kann. Die komplexe Erkrankung stellt die Fachkräfte dabei jedoch vor große Herausforderungen. Um die Diagnose und Therapie von Parkinson zu verbessern, arbeiten im Parkinsonnetz Münsterland+ (PNM+) Experten in der Region Münsterland und Osnabrück zusammen, um ein interdisziplinäres Versorgungsteam mit einheitlichen Standards aufzubauen.

Herausforderungen in der Parkinson-Therapie

Ein großes Problem in der Parkinson-Therapie: Der Erkrankungsverlauf ist nicht einheitlich. Neben typischen Symptomen wie Muskelzittern, Bewegungsverlangsamung, Versteifung der Muskulatur und Gleichgewichtsstörungen kann Parkinson auch mit einer Vielzahl nicht-motorischer Symptome wie beispielsweise Depression oder Gedächtnisstörungen einhergehen. „Diese Symptome können sich von Tag zu Tag ändern und Betroffene können sie oftmals nur schwer beschreiben“, erklärt Netzwerkkoordinator Prof. Dr. Tobias Warnecke, Oberarzt an der Klinik für Neurologie des UKM, mit seinem Kollegen und Netzwerkpartner Dr. Frank Siebecker, niedergelassener Facharzt für Neurologie. „Aus diesem Grund ist es erforderlich, immer wieder auf veränderte Erkrankungssituationen zu reagieren und für den einzelnen Patienten die bestmögliche Lösung zu finden. Das ist nur durch das Zusammenwirken der verschiedenen Berufsgruppen möglich.“

Die Symptome der Parkinson-Krankheit können sich je nach Alter, Geschlecht, Umweltfaktoren und genetischer Veranlagung unterscheiden. Deshalb hat sich das Verständnis der Krankheit in den letzten Jahren stark verändert. Es wird von einem neuen Bild der Parkinson-Krankheit gesprochen.

Das Parkinsonnetz Münsterland+ (PNM+) als Lösungsansatz

Das Parkinsonnetz Münsterland+ (PNM+) ist ein Zusammenschluss verschiedener Akteure in der Region Münsterland und Osnabrück - mit dem Ziel, die Versorgung von Menschen mit Parkinson zu verbessern. Beteiligt sind Neurologen aus Akut- und Rehabilitationskliniken, niedergelassene Haus- und Fachärzte, Physiotherapeuten, Logopäden, Ergotherapeuten, Apotheker, Betroffene, Angehörige, Parkinson-Nurses, Parkinson-Assistenten, Krankenpfleger sowie Unternehmen aus der Industrie. Im Zentrum stehen die Vernetzung sowie ein enger Austausch zwischen den Akteuren sowie der Aufbau von parkinsonspezifischem Wissen innerhalb interdisziplinärer Versorgungsteams.

Mit einem digital gestützten Konzept möchten die Beteiligten den Informationsfluss beschleunigen und so die Diagnose und Therapie von Parkinson verbessern.

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Das wohl bekannteste Netzwerk im Bereich Parkinson ist das holländische ParkinsonNet, das bereits im Jahr 2004 gegründet wurde. Diverse Studien belegen die positiven Effekte unter anderem auf die Versorgungsstandards und Lebensqualität der Betroffenen. Das PNM+ nimmt dies als Anlass und Vorbild, in regional abgewandelter Konzeption, auch im Münsterland ein Versorgungsnetz zu etablieren. Wie im ParkinsonNet engagieren sich Experten verschiedener Fachgruppen im PNM+, die sich um das Versorgungsmanagement von Menschen mit Parkinson kümmern, zum Beispiel Neurologen, Ergotherapeuten, Physiotherapeuten, Logopäden, Pflegende und Apotheker.

Verbindliche Standards und Lösungen für die Praxis

Die Beteiligten wollen gemeinsam verbindliche Standards festlegen. „In übersichtlichen und alltagstauglichen Handlungsempfehlungen übersetzen wir die Leitlinien und ergänzende Studiendaten zur Therapie der Patienten und finden Lösungen für die täglichen Probleme“, so Apotheker Dr. Olaf Rose. Die ersten Handlungsempfehlungen stehen kurz vor der Fertigstellung. Die Partner des PNM+ treffen sich quartalsweise, um aktuelle Themen zu diskutieren und Entscheidungen für weitere Projekte zu treffen. So haben sie bereits zwölf interdisziplinäre Arbeitsgruppen gebildet.

Fortbildung und Austausch

Der enge Austausch sowie gezielte Maßnahmen zur parkinsonspezifischen Weiterbildung sind ebenfalls zentraler Bestandteil von PNM+. „Gespräche mit anderen Teilnehmern eröffnen neue Aspekte und Sichtweisen, lassen die eigene Arbeit noch einmal kritisch betrachten und somit verbessern“, sagt Physiotherapeutin Luisa Lewe. „So kann ich meinen Patienten bestmöglich und auf dem höchstmöglichsten Stand der Wissenschaft therapieren.“

Einbindung von Patienten

Ein wichtiger Aspekt von PNM+: Auch Betroffene sind im Netzwerk engagiert. „Wenn Patienten von Anfang an eingebunden werden, kann eine rechtzeitige, symptomorientierte und nicht zuletzt kostenoptimierte Therapie erreicht werden“, erklärt Parkinson-Patient Rudolf Hege. Diese führe zu einer deutlichen Verbesserung der Lebensqualität der Betroffenen und Angehörigen. Das übergeordnete Ziel sieht für Hege folgendermaßen aus: „Allen Parkinsonpatienten im Münsterland einheitliche Versorgungsmöglichkeiten auf hohem Niveau bieten.“

Unterstützung und Anerkennung

In der ersten Phase wird der Aufbau des Versorgungsnetzes von dem forschenden BioPharma-Unternehmen AbbVie Deutschland GmbH & Co. KG unterstützt. „Unser Ziel ist es, die Gesundheit und Lebensqualität von Patienten zu verbessern. Die Neurologie ist einer der Forschungsschwerpunkte von AbbVie weltweit und insbesondere am deutschen Standort Ludwigshafen. Wir engagieren uns auch über die Forschung hinaus mit starken Partnern für die Patientenversorgung“, erklärt Dr. Patrick Horber, Geschäftsführer von AbbVie Deutschland das Engagement bei PNM+.

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Mit Marianne Koch, Ratsfrau der Stadt Münster und Schirmfrau der dPV-Parkinsonselbsthilfegruppe Münster, beweist auch die Politik bereits Unterstützung: „Parkinson ist in der Gesellschaft wenig bekannt. Aufgrund der immer höheren Lebenserwartungen bekommen immer mehr Menschen die Diagnose. Das PNM+ ist ein Vorzeigeprojekt, bei dem gemeinsam die Weichen für die beste Lebensqualität für Betroffene gestellt werden. Auch durch mein Ehrenamt als Vorsitzende der Kommission zur Förderung der Inklusion von Menschen mit Behinderungen weiß ich, dass die Realität häufig anders aussieht.“ Weitere gemeinsame Gespräche mit Vertretern auf Landes- und Bundesebene sind in Planung.

Die Hilde-Ulrich-Stiftung für Parkinsonforschung hat dem Verbund ihren mit 10.000 Euro dotierten Forschungspreis verliehen. Die Stiftung sei überzeugt von Grundidee, Umsetzung und ersten Erfolgen des Netzwerkes, das 2018 nach einjähriger Vorbereitungsphase startete und dessen Fäden an Universität und Universitätsklinikum Münster zusammenlaufen, heißt es in der Begründung des Awards. Bereits nach kurzer Zeit habe sich gezeigt, dass es durch angemessene Vernetzung und Austausch gelingen könne, Menschen mit Parkinson koordiniert, patientenorientiert und individualisiert zu versorgen. Das nach niederländischem Vorbild gestaltete Netzwerk bündele vorbildlich auf Basis eines interdisziplinär aufgestellten Teams die Expertise aller Fachgruppen. Das Fazit das Stiftung: „Für uns ist das münstersche PNM+-Modell eines patientenorientierten Zusammenschlusses mit dem Ziel einer besseren Primär- und Langzeitversorgung von Kranken unter Einbindung der Angehörigen zweifelsohne ein Ansatz, der in die Zukunft weist.“ Über dieses Lob kann sich vor allem Prof. Tobias Warnecke von der münsterschen Uniklinik für Neurologie freuen, der Koordinator von PNM+: „Der Preis ist eine großartige Anerkennung für unsere Arbeit. Das Geld werden wir verwenden, um die digitale Vernetzung untereinander weiter voranzutreiben.“

Parkinsonnetz Osnabrück+ (PNO+)

Zur Optimierung der multidisziplinären Versorgung bei Menschen mit Parkinson und deren Angehören wurde im Mai 2018, nach einer einjährigen Vorbereitungsphase, das Parkinsonnetz Münsterland+ (PNM+) offiziell gegründet. Im Jahr 2022 wurde nach diesem Vorbild auch das Parkinsonnetz Osnabrück+ (PNO+) etabliert. Zusammen bilden die beiden Netzwerke ein überregionales Parkinsonnetzwerk mit gemeinsamen jährlichen multiprofessionellen Treffen. Die Mitglieder vom PNO+ / PNM+ sind Experten aus verschiedenen am Versorgungsmanagement von Menschen mit der Parkinson-Krankheit beteiligten Fachgruppen sowie Betroffenen und Angehörigen. Darunter fallen u. a. Neurologische KlinikKlinik für Neurologie und Neurologische FrührehabilitationAm Finkenhügel 149076 OsnabrückSekretariat Neurologie Telefon: 0541 405-6500 (Ziffer 3) (PD Dr. Kellinghaus, Prof. Dr. Dziewas, Prof. Dr. Dr. Dziewas:Schwerpunkt neurovaskuläre Erkrankungen und SchluckstörungenTerminvereinbarung: 0541 405-6500 (Ziffer 1)Privatambulanz PD Dr. KellinghausSchwerpunkt Epilepsie und andere AnfallserkrankungenTerminvereinbarung:0541 405-6555 (MVZ Neurologie)Privatambulanz Prof. Dr. Dr. med. Christoph Kellinghaus, Helen Stromberg)Sprechstunde Neuroimmunologie / Multiple Sklerose (Dr. med. Susanne Windhagen, Dr. med. Bettina Gräfe)Sprechstunde Parkinson-Syndrome und andere Bewegungsstörungen (Dr. med. Michael Nagel) Sprechstunde Neurovaskuläre Erkrankungen (Dr. med. Lars Krause)Sprechstunde Neuroonkologie in Kooperation mit Klinik für NeurochirurgieNeuromuskuläre Sprechstunde(Ermächtigungsambulanz Dr. med. Frank Neumann)0541 405-6500 (Ziffer 1)Schluckambulanz (Ermächtigungs-ambulanz Prof. Dr. Dziewas)Terminvereinbarung: 0541 405-6552 Dienstag und Donnerstag 15:00 - 16:00 UhrAmbulanz für Neuroinfektiologie (Ermächtigungsambulanz Dr.

Subnetzwerk Kreis Coesfeld

Der Gedanke, die Behandlung von Parkinsonpatient:innen über eine multidisziplinäre Vernetzung zu optimieren, ist nicht neu. Als Novum auf die Fahne geschrieben hat sich die Neurologie der Christophorus Kliniken, das erste Subnetzwerk des Parkinson Netzwerks Münsterland Plus (PNM+) zu gründen, um die lokale Versorgung im ländlich geprägten Kreis Coesfeld zu verbessern und therapeutische und beratende Ressourcen sichtbar zu machen. Das Subnetzwerk Kreis Coesfeld stellt auch das erste Subnetzwerk Deutschlands unter dem Dachverband „Parkinson Netzwerke Deutschland e.V.“ dar. Letzte Woche lud der Chefarzt der Klinik für Neurologie, Dr. Pérez-González, zur Gründungsveranstaltung an den Standort Dülmen ein. Hier stellte er den 35 Teilnehmenden zusammen mit der leitenden Neuropsychologin, Jeannette Overbeck, die Klinik und die Netzwerkidee vor. Zu den Interessierten gehörten u. a. Fachärzt:innen, Pflegekräfte, Ergo- und Physiotherapeut:innen, Logopäd:innen, Apotheker:innen, Vertreter:innen des Palliativnetzes Kreis Coesfeld, Mitarbeitende von Beratungsstellen und Sanitätshäusern sowie Leiter:innen von Selbsthilfegruppen. Dabei wurde deutlich: Der Bedarf, sich und das Wissen über die Erkrankung auszutauschen und zu vertiefen, ist groß!

Aktuelle Forschung und Behandlungsmöglichkeiten

Die genauen Ursachen für Parkinson sind noch weitgehend unbekannt. Wissenschaftler:innen gehen davon aus, dass die Ursache eine Kombination aus Umweltfaktoren und Genetik ist. Die Erkrankung beginnt oft entweder im Darm oder im Riechnerv. Genetische Ursachen lassen sich bei etwa zehn bis 15 Prozent aller Parkinson-Fälle nachweisen.

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Medikamente können den Dopaminmangel im Gehirn ausgleichen - man spricht von einer sogenannten Dopaminersatztherapie. In Kombination mit aktivierenden Therapien, wie Physiotherapie, Ergotherapie oder Logopädie, können viele Symptome der Erkrankung positiv beeinflusst werden. Im Krankheitsverlauf können intensivierte Therapien wie die Tiefe Hirnstimulation oder spezielle Pumpen-Infusionsverfahren angewendet werden. Durch die verschiedenen Behandlungsmöglichkeiten lassen sich die Symptome oft deutlich lindern.

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