Parkinson-Schmerzen: Ursachen, Klassifizierung und Behandlungsansätze

Die Parkinson-Krankheit, auch bekannt als Morbus Parkinson oder Schüttellähmung, ist eine fortschreitende neurologische Erkrankung, die vor allem ältere Menschen betrifft. Weltweit sind etwa 6,1 Millionen Menschen von Parkinson betroffen, allein in Deutschland gibt es etwa 400.000 Patienten. Charakteristisch für die Erkrankung sind motorische Symptome wie Zittern (Tremor), Muskelsteifheit (Rigor), verlangsamte Bewegungen (Bradykinese) und Gleichgewichtsstörungen. Hinzu kommen jedoch häufig auch nicht-motorische Symptome, die die Lebensqualität der Betroffenen erheblich beeinträchtigen können. Chronische Schmerzen gehören zu den häufigsten nicht-motorischen Symptomen bei Parkinson und können in verschiedenen Formen auftreten.

Ursachen und Risikofaktoren der Parkinson-Erkrankung

Bei Parkinson-Patienten sterben in bestimmten Hirnregionen, insbesondere in der Substantia nigra, Nervenzellen ab. Dies führt zu einem Mangel des Botenstoffs Dopamin, der für die Weiterleitung von Nervenreizen und die Steuerung von Bewegungen unerlässlich ist. Der Dopaminmangel verursacht die typischen motorischen Symptome der Krankheit.

Die genauen Ursachen für das Absterben der Nervenzellen sind noch nicht vollständig erforscht. Es gibt jedoch verschiedene Risikofaktoren, die das Auftreten von Parkinson begünstigen können:

  • Alter: Das Alter ist ein bekannter Risikofaktor. Die meisten Betroffenen sind bei der Diagnose über 60 Jahre alt. Es gibt aber auch jüngere Patienten.
  • Genetische Faktoren: Es gibt erbliche Formen der Parkinson-Erkrankung, die jedoch häufiger bei jüngeren Patienten auftreten, bei denen auch andere Familienmitglieder betroffen sind. Heute sind mehrere Gene bekannt, die das Risiko einer Parkinson-Erkrankung erhöhen. Solche Risikogene sind beispielsweise GBA, LRRK2, PRKN (auch Parkin genannt) oder SNCA. Ist eines oder sind mehrere dieser Gene verändert (mutiert), dann erhöht sich das Risiko deutlich, im Laufe des Lebens an Parkinson zu erkranken.
  • Umwelt- und Lebensstilfaktoren: Pestizide, Lösungsmittel und polychlorierte Biphenyle (PCB) scheinen einen Einfluss zu haben. Auch häufige Kopftraumata, also Verletzungen oder Gehirnerschütterungen, können das Parkinson-Risiko erhöhen.

Parkinson-assoziierte Schmerzen: Eine Klassifizierung

Chronische Schmerzen sind ein häufiges nichtmotorisches Symptom bei Patienten mit M. Parkinson. Die Häufigkeit Parkinson-assoziierter chronischer Schmerzen nimmt mit der Erkrankungsdauer zu und wird zu Beginn der Erkrankung in der frühen motorischen Phase auf 20 % (typischerweise Schulter-Arm-Schmerzen) und in späteren Stadien auf 80 % geschätzt. Schmerz gehört zu den Symptomen, die die Lebensqualität von Patienten mit Parkinson je nach Stadium und Begleitsymptomen beeinträchtigen.

Um eine adäquate Schmerztherapie bei Parkinson-Patienten zu gewährleisten, ist es wichtig, die verschiedenen Schmerzarten zu differenzieren und den zugrunde liegenden Mechanismus zu verstehen. Hierzu wurde eine Parkinson-Schmerzklassifikation (PSK) entworfen, die zunächst Parkinson-abhängige von Parkinson-unabhängigen Schmerzen differenziert, bevor eine mechanismenbasierte Unterteilung erfolgt. Dafür wurden, wie in der Schmerztherapie üblich, die bisher beim M. Parkinson beschriebenen Schmerzformen einem Schmerzmechanismus zugeordnet (neuropathisch, nozizeptiv und noziplastisch).

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Parkinson-abhängige vs. Parkinson-unabhängige Schmerzen

Die PSK unterscheidet zunächst zwischen Parkinson-assoziierten und nicht-Parkinson-assoziierten Schmerzen. Als Parkinson-assoziiert gelten Schmerzen, die früh mit den motorischen Symptomen auftreten, auf dopaminerge Medikation ansprechen oder durch die Parkinson-Erkrankung verstärkt werden. Zudem ist das Auftreten in der Off-Phase ein wichtiger Hinweis für Parkinson-assoziierte Schmerzen. Dazu gehören auch Schmerzen verbunden mit Dystonie (typisch: „early-morning off“). Seltener kann es auch bei Peak-dose-Dyskinesien zu Schmerzen kommen, wenn beispielsweise eine Arthrose vorliegt. Wenn mindestens eine der 4 Fragen mit „Ja“ beantwortet werden kann, ist eine Assoziation der Schmerzen mit der Parkinson-Erkrankung anzunehmen und es kann eine weitere Unterscheidung erfolgen. Anderenfalls liegt ein Parkinson-unabhängiger Schmerz vor und weitere Diagnostik wird erforderlich.

Schmerzmechanismen bei Parkinson-assoziierten Schmerzen

Bei Parkinson-Patienten können neuropathische und nozizeptive Schmerzen unterschieden werden. Mit noziplastischen Schmerzen wird neuerdings eine weitere Kategorie auch für Schmerzen beim M. Parkinson definiert.

  • Neuropathische Schmerzen: Neuropathische Schmerzen werden als Schmerzen im Zusammenhang mit einer Erkrankung oder Läsion des somatosensorischen Systems definiert. Neuropathischer Schmerz kann durch den typischen neuropathischen Charakter des Schmerzes diagnostiziert werden. Bei Parkinson-Patienten kann peripherer neuropathischer Schmerz (z. B. radikulär) von zentral-neuropathischem Schmerz unterschieden werden (Lokalisation mit zentralem Muster, nicht peripher).
  • Nozizeptive Schmerzen: Bei nozizeptiven Schmerzen liegt eine gegenwärtige oder drohende nichtneuronale Gewebsschädigung vor, die eine Nozizeptoraktivierung verursacht. Dabei kann die Palpation von Gelenk, Faszien, Sehnen oder Muskel schmerzhaft sein. Beim M. Parkinson beinhaltet dies muskuloskeletale Schmerzen durch motorische Fluktuationen wie Off-Phasen (morgendlicher Schmerz, „wearing-off“ und unvorhersehbare On-Off-Phänomene), die schmerzhafte Dystonie (morgendlicher Schmerz, die Off-Dystonie sowie die biphasischen Dyskinesien, die oft einen dystonen Charakter haben) und Schmerzen bei Peak-dose-Dyskinesien. Auch lokalisierte oder regionale Schmerzsyndrome wie das myofasziale Schmerzsyndrom und Nackenschmerzen bei orthostatischer Hypotonie („coat hanger headache“) werden hier aufgeführt.
  • Noziplastische Schmerzen: Noziplastische Schmerzen bezeichnen eine veränderte nozizeptive Funktion ohne Hinweise für eine aktuelle oder drohende Gewebsschädigung mit Aktivierung der Nozizeptoren oder Hinweisen für eine Erkrankung oder Läsion des somatosensorischen Systems (Ausschluss nozizeptiver und neuropathischer Schmerzformen). Wir nehmen an, dass diese Schmerzen in Verbindung mit hypo- oder hyperdopaminergen Fluktuationen, wenn neuropsychiatrische Veränderungen im Vordergrund stehen, auftreten. Der Patient kann - gemäß unseres Fragebogens - Schweißausbrüche, Dysphorie, innere Unruhe, motorische Ruhelosigkeit und z. B. einen tief im Abdomen oder im Gesicht gelegenen, schlecht lokalisierbaren oder schnell wandernden Schmerz aufweisen. Wir haben darunter a priori das Dopaminagonistenentzugssyndrom, das dopaminerge Dysregulationssyndrom, die motorische Ruhelosigkeit der Beine und das nichtmotorische Off zusammengefasst.

Parkinson-unabhängige Schmerzen

Wenn keine Assoziation der Schmerzen mit der Parkinson-Erkrankung festgestellt werden kann und trotz der Optimierung der dopaminergen Therapie weiter Schmerzen bestehen, muss an andere Schmerzformen gedacht werden. Dabei sind vor allem degenerativ bedingte Rückenschmerzen, Gelenkschmerzen bei Arthrose und die Polyneuropathie zu beachten. Durch die Fehlhaltung kann es zu spondylogenen oder radikulären Schmerzen v. a. lumbal kommen, auch wenn sich mit dem PSK-Fragebogen kein Zusammenhang mit der Parkinson-Krankheit herstellen lässt. Diagnostisch helfen klinische Untersuchung, Neurographie, Labordiagnostik und Bildgebung (z. B. lumbal und artikulär) weiter.

Diagnose von Parkinson-Schmerzen

Die Diagnose von Parkinson-Schmerzen basiert auf einer sorgfältigen Anamnese, einer körperlichen Untersuchung und gegebenenfalls zusätzlichen diagnostischen Verfahren.

  • Anamnese: Der Arzt erfragt die Art, Lokalisation, Intensität und den zeitlichen Verlauf der Schmerzen. Zudem werden Begleitsymptome, Vorerkrankungen und die aktuelle Medikation erfasst.
  • Körperliche Untersuchung: Der Arzt untersucht den Patienten auf motorische und nicht-motorische Symptome der Parkinson-Erkrankung. Zudem werden neurologische Tests durchgeführt, um mögliche Ursachen für die Schmerzen zu identifizieren.
  • Zusätzliche Diagnostik: In einigen Fällen können zusätzliche Untersuchungen erforderlich sein, um die Ursache der Schmerzen zu klären. Dazu gehören beispielsweise bildgebende Verfahren wie MRT oder CT, elektrophysiologische Untersuchungen oder Laboruntersuchungen.

Therapie von Parkinson-Schmerzen

Die Therapie von Parkinson-Schmerzen richtet sich nach der Ursache und dem Mechanismus der Schmerzen. Es gibt verschiedene Therapieansätze, die je nach Bedarf kombiniert werden können.

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Medikamentöse Therapie

  • Dopaminerge Medikamente: Bei Parkinson-assoziierten Schmerzen können dopaminerge Medikamente, die den Dopaminmangel im Gehirn ausgleichen, eine Linderung der Schmerzen bewirken. Hierzu werden vor allem Levodopa, Dopaminagonisten, MAO-B-Hemmer und COMT-Hemmer eingesetzt.
  • Schmerzmittel: Bei nozizeptiven Schmerzen können Schmerzmittel wie Paracetamol, Ibuprofen oder Opioide eingesetzt werden. Bei neuropathischen Schmerzen können spezielle Schmerzmittel wie Antikonvulsiva oder Antidepressiva helfen.
  • Andere Medikamente: In einigen Fällen können auch andere Medikamente wie Muskelrelaxantien, Antidepressiva oder Botulinumtoxin zur Behandlung von Parkinson-Schmerzen eingesetzt werden.

Nicht-medikamentöse Therapie

  • Physiotherapie: Physiotherapie kann helfen, Muskelverspannungen zu lösen, die Beweglichkeit zu verbessern und Schmerzen zu lindern.
  • Ergotherapie: Ergotherapie unterstützt Patienten dabei, Alltagsaktivitäten schmerzfreier auszuführen und den Alltag besser zu bewältigen.
  • Psychotherapie: Psychotherapie kann helfen, mit den Schmerzen umzugehen und die Lebensqualität zu verbessern.
  • Weitere Therapien: In einigen Fällen können auch andere Therapien wie Akupunktur, Massage oder Wärme- und Kälteanwendungen zur Linderung von Parkinson-Schmerzen eingesetzt werden.

Invasive Verfahren

In einigen Fällen können invasive Verfahren wie die tiefe Hirnstimulation oder die intrathekale Baclofen-Therapie zur Behandlung von Parkinson-Schmerzen in Betracht gezogen werden.

Leben mit Parkinson-Schmerzen

Parkinson-Schmerzen können die Lebensqualität der Betroffenen erheblich beeinträchtigen. Es ist daher wichtig, die Schmerzen frühzeitig zu erkennen und eine adäquate Therapie einzuleiten. Neben der medikamentösen und nicht-medikamentösen Therapie können auch folgende Maßnahmen helfen, mit den Schmerzen umzugehen:

  • Bewegung: Regelmäßige Bewegung kann helfen, Muskelverspannungen zu lösen und die Beweglichkeit zu verbessern.
  • Entspannung: Entspannungstechniken wie Yoga, Tai Chi oder progressive Muskelentspannung können helfen, Stress abzubauen und Schmerzen zu lindern.
  • Ernährung: Eine ausgewogene Ernährung kann helfen, Entzündungen im Körper zu reduzieren und Schmerzen zu lindern.
  • Selbsthilfegruppen: Der Austausch mit anderen Betroffenen kann helfen, mit den Schmerzen umzugehen und neue Strategien zu entwickeln.
  • Unterstützung: Die Unterstützung durch Familie, Freunde und Therapeuten ist wichtig, um mit den Herausforderungen der Parkinson-Erkrankung und den damit verbundenen Schmerzen umzugehen.

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