Morbus Parkinson, auch bekannt als Parkinson-Krankheit oder Schüttellähmung, ist eine fortschreitende neurologische Erkrankung, die vor allem ältere Menschen betrifft. In Deutschland sind schätzungsweise bis zu 400.000 Menschen am Morbus Parkinson erkrankt. Die Erkrankung ist durch motorische Symptome wie Zittern, Muskelsteifheit und Bewegungsverlangsamung gekennzeichnet, kann aber auch eine Vielzahl nicht-motorischer Symptome umfassen. Die Auswirkungen der Parkinson-Krankheit auf die Mundgesundheit sind vielfältig und erfordern eine spezielle zahnärztliche Betreuung.
Auswirkungen von Parkinson auf die Mundgesundheit
Die Parkinson-Krankheit kann sich auf verschiedene Aspekte der Mundgesundheit auswirken. Die typischen motorischen Störungen wie Steifheit (Rigor) oder Zittern (Tremor) führen nicht nur zu Störungen der Grobmotorik, sondern auch der Feinmotorik. Dies erschwert eine effektive Zahnreinigung und Mundhygiene. Studien zufolge ist das Risiko für Karies, Parodontitis und Zahnverlust bei Patienten mit M. Parkinson erhöht.
Ein weiteres Problem ist der häufig beschriebene Speichelfluss, der durch das zu seltene Schlucken verursacht wird. Dies führt zu einem Mangel an Speichel in der Mundhöhle, der eine wichtige Funktion bei der Aufrechterhaltung einer hygienisch sauberen Mundhöhle hat. Fehlt er, kommt es zu Mundtrockenheit (Xerostoma) und die Mundhygiene leidet. Zudem kann sich die Zusammensetzung des Speichels bei einigen Patienten verändern, was zu einem zähen Speichel führt, der schlecht abgeschluckt werden kann. Dadurch sind Pilzinfektionen (Soor der Mundhöhle) und Entzündungen im Bereich der Mundwinkel (Rhagaden) möglich. Viele Patienten schlafen mit geöffnetem Mund, der Speichel fließt auf das Kopfkissen, die Mundhöhle trocknet aus.
Auch psychische Symptome wie Antriebslosigkeit, Müdigkeit, Depressionen und Vergesslichkeit können dazu führen, dass der Betroffene der täglichen Zahnhygiene weniger Aufmerksamkeit schenkt. Das verminderte Riechvermögen und die damit verbundene Geschmacksstörung fördert eine ungesunde Ernährung mit einem zu geringen Anteil an Ballaststoffen, der schlechte Zahnstatus lässt schwer kaubare Lebensmittel aus.
Nächtliches Zähneknirschen (Bruxismus), bei Parkinson häufig beschrieben, führt zu einer Druckbelastung der Zahnoberflächen und des Kieferknochens. Die Zähne werden schmerzempfindlich und zunehmend porös.
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Zahnärztliche Behandlungsstrategien für Parkinson-Patienten
Regelmäßige Besuche beim Zahnarzt, verbunden mit einer guten Zahn- und Mundhygiene, sind für alle gewünscht und notwendig. Für Parkinson-Patienten hat der Zahnarzt jedoch eine besondere Bedeutung. Die zahnärztliche Behandlung von Parkinson-Patienten erfordert ein spezielles Vorgehen, das die besonderen Bedürfnisse und Herausforderungen dieser Patientengruppe berücksichtigt.
Prophylaxe
Eine sorgfältige Prophylaxe ist besonders wichtig, um Karies, Parodontitis und Zahnverlust vorzubeugen. Dazu gehören:
- Optimierung der Mundhygiene:
- Verwendung einer Zahnbürste mit großem Griff und weichen Borsten.
- Einsatz einer modernen elektrischen bzw. Ultraschallzahnbürste.
- Reinigung der Zahnzwischenräume mit Interdentalbürstchen oder Zahnseide.
- Regelmäßiges Zähneputzen nach jeder Mahlzeit für drei Minuten.
- Verwendung von Zahnpflegekaugummis zur Förderung der Speichelproduktion.
- Mundspülungen ohne Alkohol, z.B. mit Chlorhexidin oder Fluorid.
- Professionelle Zahnreinigung: Regelmäßige professionelle Zahnreinigung zur Entfernung von Plaque und Zahnstein.
- Fluoridierung: Regelmäßige Fluoridierung der Zähne zur Härtung des Zahnschmelzes.
- Ernährungsberatung: Beratung zur zahngesunden Ernährung mit ausreichend Ballaststoffen.
Behandlung von Mundtrockenheit
Mundtrockenheit (Xerostomie) ist ein häufiges Problem bei Parkinson-Patienten. Um die Speichelproduktion anzuregen, können folgende Maßnahmen helfen:
- Regelmäßiges Trinken von Wasser oder ungesüßtem Tee.
- Verwendung von Speichelersatzmitteln.
- Kauen von zuckerfreiem Kaugummi.
- Anregung der Speichelproduktion durch saure Bonbons oder zuckerfreie Zitronen.
Behandlung von Bruxismus
Nächtliches Zähneknirschen (Bruxismus) kann zu Schäden an den Zähnen und Kiefergelenken führen. Um dies zu verhindern, kann der Zahnarzt eine Aufbissschiene anfertigen, die nachts getragen wird.
Anpassung der zahnärztlichen Behandlung
Die zahnärztliche Behandlung sollte an die individuellen Bedürfnisse und Einschränkungen des Patienten angepasst werden. Dazu gehört:
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- Terminplanung: Der Termin beim Zahnarzt sollte so gelegt werden, dass sich der Patient in einer Phase der guten Beweglichkeit (ON) befindet.
- Kommunikation: Der Zahnarzt sollte über die Parkinson-Erkrankung und die eingenommenen Medikamente informiert werden.
- Lagerung: Der Patient sollte während der Behandlung bequem gelagert werden.
- Behandlungsdauer: Die Behandlungsdauer sollte kurz gehalten werden.
- Hilfsmittel: Bei größeren feinmotorischen Störungen kann der Zahnarzt einen Pinsel- oder Schwammapplikator empfehlen.
- Hausbesuche: Pflegebedürftige Versicherte haben Anspruch auf zahnärztliche Vorsorgeleistungen im Rahmen von Hausbesuchen.
Kieferübungen
Es gibt spezielle Kieferübungen, die für Menschen mit Parkinson entwickelt wurden, um die Muskulatur im Kiefer- und Gesichtsbereich zu stärken und die Koordination beim Kauen und Schlucken zu verbessern. Diese Übungen können auch dazu beitragen, die Mundöffnung und -schließung zu fördern.
- Mundöffnungsübungen: Öffnen Sie den Mund so weit wie möglich und halten Sie die Position für einige Sekunden.
- Kiefermuskeldehnung: Neigen Sie Ihren Kopf leicht nach hinten und öffnen Sie dabei den Mund, um eine Dehnung der Kiefermuskulatur zu erreichen.
- Kauübungen: Kauen Sie auf weichen Nahrungsmitteln.
- Lippen- und Wangenübungen: Pusten Sie Luft in die Wangen und halten Sie die Position für einige Sekunden.
Es ist wichtig, diese Übungen unter Anleitung eines Fachmanns durchzuführen, wie zum Beispiel eines Logopäden oder Physiotherapeuten, der auf die Bedürfnisse von Menschen mit Parkinson spezialisiert ist.
Die Rolle der Parkinson-Medikation
Die Parkinson-Medikation spielt eine bedeutende Rolle bei der Behandlung der motorischen Symptome der Parkinson-Krankheit, aber sie kann auch Einfluss auf andere Bereiche des Körpers haben, einschließlich des Kiefergelenks und der Muskulatur im Mundbereich. Einige Medikamente können Nebenwirkungen haben, die den Mund- und Kieferbereich beeinflussen können. Es ist wichtig, dass Patienten regelmäßige Rückmeldungen über ihre Symptome geben, damit Änderungen in der Medikation in Betracht gezogen werden können. Die Zusammenarbeit mit bspw. Neurologen und Zahnärzten ist entscheidend, um die bestmögliche Versorgung zu gewährleisten.
Zusammenarbeit verschiedener Fachrichtungen
Die Behandlung von Parkinson-Patienten erfordert einen multidisziplinären Ansatz. Neben dem Zahnarzt sind auch Neurologen, Logopäden, Physiotherapeuten und Ergotherapeuten in die Behandlung eingebunden. Die enge Zusammenarbeit dieser Fachrichtungen ermöglicht eine umfassende und individuelle Betreuung des Patienten.
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