Parkinson-Erkrankungen sind komplexe neurologische Erkrankungen, die eine Vielzahl von Symptomen hervorrufen können. Eines davon, das oft übersehen wird, ist das unkontrollierte Herausstrecken der Zunge. Dieser Artikel beleuchtet die Ursachen dieses Phänomens im Zusammenhang mit Parkinson und bietet einen Überblick über die verschiedenen Behandlungsansätze für Parkinson-Patienten.
Einführung in Parkinson
Morbus Parkinson ist nach der Alzheimer-Krankheit die zweithäufigste neurodegenerative Erkrankung. Sie betrifft vor allem Nervenzellen im Gehirn, insbesondere in der Substantia nigra im Hirnstamm. Dort kommt es zu Störungen der Energiesysteme der Mitochondrien, zu oxidativem Stress und Ablagerungen von fehlgefalteten Proteinen (alpha-Synuklein) in den Nervenzellen. Dies führt zum Absterben von Nervenzellen und einem Mangel an Dopamin, einem wichtigen Botenstoff für die Bewegungskontrolle.
Die Parkinson-Krankheit beginnt oft schleichend und unscheinbar. Viele Symptome werden zunächst von Angehörigen und Freunden bemerkt, seltener von den Betroffenen selbst. Im Frühstadium nehmen Betroffene eher wahr, dass sich Arme und Beine schwerfälliger bewegen lassen. Auch Schlafstörungen, Verstopfungen und Geruchsstörungen können erste Anzeichen sein.
Ursachen für das Herausstrecken der Zunge bei Parkinson
Das unkontrollierte Herausstrecken der Zunge bei Parkinson kann verschiedene Ursachen haben. Eine mögliche Ursache ist die Beeinträchtigung des zwölften Hirnnervs (Nervus hypoglossus), der für die Steuerung der Zungenmuskulatur verantwortlich ist.
Schädigung des Nervus hypoglossus
Der Nervus hypoglossus ist für die motorische Funktion der Zunge zuständig. Er innerviert die äußeren und inneren Zungenmuskeln. Eine Schädigung dieses Nervs kann zu einer Hypoglossusparese führen, einer Lähmung der Zunge. Die Ursachen für eine solche Schädigung können vielfältig sein:
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- Prozesse im Kerngebiet: Hirnstamminfarkt, Hirnstammblutung, Multiple Sklerose
- Prozesse im Bereich der Schädelbasis: Tumoren, Traumata, Aneurysmen
- Prozesse im Bereich der Arteria carotis interna: Carotisaneurysma, Carotisdissektion
- **Schädigung durch Zug/Druck
Je nach Lokalisation der Schädigung unterscheidet man zwischen supranukleärer, nukleärer und peripherer Hypoglossusparese. Bei einer peripheren Hypoglossusparese kann es zu einem Abweichen der Zunge zur kranken Seite, einer Atrophie der Zunge und Faszikulationen (Muskelzuckungen) kommen.
Spätdyskinesien durch Neuroleptika
Eine weitere mögliche Ursache für das Herausstrecken der Zunge sind Spätdyskinesien, die als Nebenwirkung einer Neuroleptika-Therapie auftreten können. Neuroleptika sind Medikamente, die zur Behandlung von psychischen Erkrankungen eingesetzt werden. Sie können jedoch auch unerwünschte Nebenwirkungen wie Dyskinesien verursachen, die sich in unwillkürlichen Bewegungen äußern.
Als frühes Zeichen einer Neuroleptika-bedingten Dyskinesie gilt die extreme Unruhe der Zunge. Betroffene sind nicht in der Lage, die Zunge zehn Sekunden gerade herauszustrecken.
Auswirkungen auf Sprache und Schlucken
Die Steifheit und Anspannung der Gesichtsmuskeln bei Parkinson kann auch die Stimme und Sprache beeinträchtigen. Die Stimme wird heiser und leiser, das Sprechen wird langsamer und die Aussprache undeutlicher. Atemübungen und mimische Übungen können helfen, die Sprache zu trainieren und die Gesichtsmuskulatur zu lockern.
Darüber hinaus kann die verminderte Beweglichkeit/Kraft der Zunge dazu führen, dass der Speisebrei (Bolus) nicht richtig geformt und der Transport der Nahrung beeinträchtigt wird. Die Speise verbleibt zu lange im vorderen Mund, der Schluckreflex wird zu spät oder gar nicht ausgelöst, was zum unkontrollierten Überlaufen der Nahrung oder Flüssigkeiten in den Rachen führt (Leaking).
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Weitere Symptome von Parkinson
Neben dem Herausstrecken der Zunge gibt es eine Reihe weiterer Symptome, die bei Parkinson auftreten können. Diese Symptome können in motorische und nicht-motorische Symptome unterteilt werden.
Motorische Symptome
Die vier Kardinalsymptome von Parkinson sind:
- Tremor: Zittern, meist im Ruhezustand
- Rigor: Muskelsteifheit
- Akinese/Bradykinese: Verlangsamung und Verminderung der Bewegungen
- Posturale Instabilität: Haltungsinstabilität
Weitere motorische Symptome sind:
- Parkinson-Maskengesicht: Verminderte Mimik
- Schluckstörungen (Dysphagie): Schwierigkeiten beim Schlucken
- Gangstörungen: Schlurfender Gang, Freezing (plötzliches "Einfrieren" beim Gehen)
- Dystonie: Unwillkürliche Muskelkontraktionen und Verkrampfungen
- Kamptokormie: Starke Rumpfbeugung
- Anterocollis: Starke Beugung des Nackens
Nicht-motorische Symptome
Nicht-motorische Symptome treten oft schon im Frühstadium der Parkinson-Erkrankung auf und können die Lebensqualität der Betroffenen erheblich beeinträchtigen. Zu den häufigsten nicht-motorischen Symptomen gehören:
- Schlafstörungen: REM-Schlaf-Verhaltensstörung, Ein- und Durchschlafstörungen, Restless-Legs-Syndrom
- Depressionen: Depressive Verstimmungen, Apathie (Teilnahmslosigkeit)
- Kognitive Probleme: Gedächtnisverlust, Schwierigkeiten mit Multitasking, Konzentrationsprobleme
- Verlust des Geruchssinns: Hyposmie/Anosmie
- Verdauungsprobleme: Verstopfung
- Orthostatische Hypotension: Plötzlicher Blutdruckabfall beim Stehen
- Vermehrter Speichelfluss: Hypersalivation
- Mundtrockenheit: Xerostomie
Diagnose von Parkinson
Die Diagnose von Parkinson basiert in erster Linie auf der klinischen Untersuchung durch einen Neurologen. Dabei werden die motorischen Symptome beurteilt und die Krankengeschichte des Patienten erfasst. In einigen Fällen können zusätzliche Untersuchungen wie eine Kernspintomographie des Kopfes oder eine Elektromyographie der Zunge erforderlich sein, um andere Ursachen für die Symptome auszuschließen.
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Behandlung von Parkinson
Das Hauptziel der Behandlung von Parkinson ist die Linderung der Symptome und die Verbesserung der Lebensqualität der Betroffenen. Da die Ursache für Parkinson ein Ungleichgewicht der Botenstoffe im Gehirn ist, stellt eine medikamentöse Behandlung den ersten Schritt der Behandlung dar. Parallel wird eine begleitende Therapie entwickelt, die die Hauptbehandlung unterstützt. Ein Therapieplan wird stets individuell an den Betroffenen angepasst.
Medikamentöse Therapie
Die medikamentöse Therapie von Parkinson zielt darauf ab, den Dopaminmangel im Gehirn auszugleichen. Hierfür stehen verschiedene Medikamente zur Verfügung, wie z.B.:
- Levodopa: Wird im Körper in Dopamin umgewandelt und erhöht den Dopaminspiegel im Gehirn.
- Dopaminagonisten: Wirken ähnlich wie Dopamin und stimulieren die Dopaminrezeptoren im Gehirn.
- MAO-B-Hemmer: Verhindern den Abbau von Dopamin im Gehirn.
- COMT-Hemmer: Verlängern die Wirkung von Levodopa.
Die Auswahl des geeigneten Medikaments und die Dosierung werden individuell an den Patienten angepasst.
Begleitende Therapien
Neben der medikamentösen Therapie spielen begleitende Therapien eine wichtige Rolle bei der Behandlung von Parkinson. Diese Therapien können helfen, die Symptome zu lindern, die Beweglichkeit zu verbessern und die Lebensqualität zu erhalten. Zu den wichtigsten begleitenden Therapien gehören:
- Physiotherapie: Trägt zur Verbesserung oder Erhaltung der aktiven und passiven Mobilität in allen Gelenken bei. Zusätzlich kann eine Abnahme der Muskelsteifheit und einer Verbesserung der Beweglichkeit und Gehleistung erreicht werden.
- Ergotherapie: Verbessert die Koordination der Bewegungsabläufe im täglichen Leben und fördert zudem Wahrnehmung, Orientierung sowie Gedächtnisleistungen.
- Sprachtherapie (Logopädie): Hilft bei der Verbesserung der Stimme, Sprache und des Schluckens. Atemübungen, mimische Übungen und Sprechübungen können dabei helfen, die Sprache zu trainieren und die Gesichtsmuskulatur zu lockern.
- Psychotherapie: Kann helfen, depressive Verstimmungen oder Depressionen zu behandeln und soziale Isolation zu vermeiden.
- Musiktherapie: Tanztherapie
Tiefe Hirnstimulation
In einigen Fällen kann eine tiefe Hirnstimulation in Erwägung gezogen werden. Bei diesem Verfahren werden Elektroden in bestimmte Bereiche des Gehirns implantiert, um die Hirnaktivität zu modulieren und die Symptome zu lindern.
Schlucktherapie
Bei Schluckstörungen ist eine logopädische Schlucktherapie angezeigt. Dabei richten sich die für die Therapie ausgewählten Verfahren ganz nach dem individuellen Störungsmuster beim jeweiligen Patienten. Die zum Einsatz kommenden Methoden der logopädischen Schlucktherapie sind sehr vielfältig und können in drei Gruppen unterteilt werden:
- Restituierende Verfahren: Dienen zum Aufbau erhaltener Restfunktionen und streben eine maximale Beweglichkeit an (Mobilisation).
- Kompensatorische Verfahren: Zum Erlernen von Schlucktechniken und Haltungsänderungen, um den Schluckakt zu unterstützen.
- Adaptierende Verfahren: Beinhalten eine Kostanpassung bzw. einen Einsatz spezieller Ess- und Trinkhilfen (z. B. Andickungsmittel).
Weitere Maßnahmen
Darüber hinaus können folgende Maßnahmen hilfreich sein:
- Regelmäßige körperliche Aktivität: Schwimmen, leichte Ballspiele, Wandern und Radfahren fördern die Beweglichkeit.
- Gesunde Ernährung: Eine gesunde mediterrane Ernährung mit vielen Ballaststoffen und Polyphenolen kann das Risiko für die Entstehung und das Fortschreiten von Parkinson senken.
- Kaffeekonsum: Regelmäßiger Kaffeekonsum kann das Risiko für die Entstehung und das Fortschreiten von Parkinson senken.
- Vermeidung von Umweltgiften: Pestizide, Schwermetalle, Lösungsmittel und Feinstaub können giftig auf Nervenzellen wirken.
Leben mit Parkinson
Parkinson ist eine chronische Erkrankung, die das Leben der Betroffenen und ihrer Angehörigen stark beeinträchtigen kann. Es ist wichtig, sich über die Krankheit zu informieren, sich professionelle Hilfe zu suchen und sich mit anderen Betroffenen auszutauschen. Mit einer optimalen Behandlung und einer positiven Einstellung können Parkinson-Patienten ein erfülltes Leben führen.
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