Gentherapie bei Parkinson: Ein Hoffnungsschimmer am Horizont?

Parkinson ist eine fortschreitende neurodegenerative Erkrankung, die Millionen Menschen weltweit betrifft. Charakteristisch für die Krankheit ist der Verlust von Dopamin-produzierenden Nervenzellen im Gehirn, was zu Symptomen wie Zittern, Muskelsteifheit, langsamen Bewegungen und Gleichgewichtsstörungen führt. Obwohl es derzeit keine Heilung für Parkinson gibt, konzentriert sich die Forschung auf innovative Therapieansätze, darunter die Gentherapie.

Was ist Gentherapie?

Die Gentherapie ist ein Verfahren, bei dem genetisches Material in die Zellen eines Patienten eingebracht wird, um deren Funktion zu verändern oder zu editieren und dadurch wichtige Funktionen wiederherzustellen. Forscher untersuchen verschiedene Möglichkeiten, wie die Gentherapie Menschen helfen kann. Für die Einbringung in den Körper müssen Gene verpackt werden, damit sie Ihre Zellen erreichen und dort wirken können. Dazu werden häufig Teile von Viren verwendet, die mit großer Wahrscheinlichkeit keine Infektion auslösen.

Gentherapie bei Parkinson: Wie funktioniert es?

Bei der Gentherapie für Parkinson werden Gene in das Gehirn injiziert, die die Produktion von Dopamin fördern oder schützende Mechanismen aktivieren sollen. Ein Ansatz besteht darin, Gene für Enzyme in das Gehirn zu injizieren, die die Nervenzellen anregen, Dopamin zu produzieren. Ein anderer Ansatz ist, Dopamin produzierende Nervenzellen im Gehirn wieder wachsen zu lassen. Mithilfe der Gentherapie und einem Protein könnte es auch gelingen, schädliche Abläufe in den Nervenzellen zu stoppen. Noch recht neu ist der Ansatz, lebende Nervenzellen genetisch direkt zu verändern und in Dopamin produzierende Zellen umzuwandeln.

Um das Gen in die Nerven zu tragen, wird ein viraler Vektor benötigt, und der Vektor der Wahl ist hier das Adenovirus-assoziierte Virus (AAV). Der Vektor „dringt“ in die mittelspitzen Neuronen ein und bettet das AADC-Gen in ihre DNA ein.

AskBio und die REGENERATE-PD Studie

AskBio, ein Unternehmen für Gentherapie, führt eine klinische Phase-II-Studie namens REGENERATE-PD für Menschen mit der Parkinson-Krankheit durch. Ziel der Studie ist die Untersuchung einer in der Erprobung befindlichen Gentherapie zur Prüfung der Möglichkeit, die Parkinson-Krankheit zu behandeln.

Lesen Sie auch: Hoffnung durch Gentherapie bei Huntington

Die in dieser klinischen Studie untersuchte Prüftherapie heißt AB-1005; früher war sie unter dem Namen AAV2-GDNF bekannt. Dabei wird ein Virus eingesetzt, das nach derzeitigem Wissensstand beim Menschen zu keiner Erkrankung führt (Adeno-assoziiertes Virus vom Serotyp 2, AAV2), um das GDNF-Gen (glial cell line-derived neurotrophic factor) ins Gehirn einzubringen. Diese Gentherapie könnte möglicherweise dazu beitragen, die Dopamin-produzierenden Nervenzellen zu erhalten, die mit fortschreitender Parkinson-Krankheit allmählich geschädigt oder zerstört werden.

Ablauf der REGENERATE-PD Studie

  1. Kontaktaufnahme: Interessierte können ein Kontaktformular ausfüllen, um weitere Informationen zu erhalten.
  2. Fragebogen: Ein Fragebogen dient dazu, die mögliche Eignung für die Studienteilnahme zu beurteilen.
  3. Patientennavigator: Bei Eignung erfolgt ein Telefontermin mit einem Patientennavigator, der die Studieneignung prüft und weitere Informationen gibt.
  4. Screening: Potenzielle Teilnehmer werden mehreren klinischen Untersuchungen unterzogen, anhand derer die endgültige Entscheidung über die Studieneignung getroffen wird, nachdem sie die Patienteninformation und Einwilligungserklärung durchgelesen und unterschrieben haben. Dieser Zeitraum umfasst ungefähr sechs Wochen.
  5. Untersuchungen vor der Operation: Nach erfolgreichem Screening werden weitere Untersuchungen durchgeführt, einschließlich Tests, Fragebögen, einem Gespräch mit dem Neurochirurgen und einer Beurteilung durch ein Mitglied des Anästhesieteams.
  6. Operation: Die Teilnehmer werden per Zufall entweder der Gruppe, bei der Kontrolleingriff durchgeführt wird, oder der Gruppe, die das Prüfprodukt erhält, zugeteilt. Während dieser Operation erhalten Sie entweder das Gentherapie-Prüfpräparat (Gentransfer) oder Sie erhalten es nicht, je nachdem, welcher Gruppe Sie zugeteilt wurden.
  7. Nachbeobachtung: Dieser Zeitraum umfasst mindestens 18 Monate, mit Nachsorgeterminen alle 3 bis 6 Monate, die in der Klinik, per Telefon oder von zu Hause aus durchgeführt werden können. Bei diesen Terminen werden vor allem die Symptome der Parkinson-Krankheit überwacht. Außerdem wird geprüft, ob die Operation oder die Infusion des Prüfpräparats Nebenwirkungen hervorgerufen hat.

Ergebnisse bisheriger Studien mit AB-1005

Die Sicherheit und Verträglichkeit von AB-1005 wurde in einer offenen klinischen Phase-I-Studie bei Teilnehmern mit leichter und mittelschwerer Parkinson-Krankheit untersucht. Die 36-Monats-Daten der Phase Ib zeigten, dass AB-1005 gut vertragen wurde und keine schwerwiegenden unerwünschten Ereignisse aufgetreten waren. Die meisten gemeldeten unerwünschten Ereignisse waren vorübergehender Natur. Mit ihnen war im ersten Monat nach der Operation zu rechnen. Dazu gehörten Kopfschmerzen, Tremor, Dyskinesie, Arthralgie, die Skelettmuskulatur betreffende Brustschmerzen, Ermüdung, COVID-19 und eine anomale Magnetresonanztomographie (MRT).

Die vorläufigen Ergebnisse der laufenden klinischen Phase-I-Studie mit AB-1005 zeigen, dass bei Patienten mit mittelschwerer Parkinson-Krankheit nach einer Einzeldosis von AB-1005 die gute ON-Zeit - der Zeit, in der sie keine Symptome verspüren - zunimmt und sich die motorische Funktion verbessert. Bei Patienten mit leichter Parkinson-Krankheit scheint die Behandlung den vorläufigen Ergebnissen zufolge dazu beizutragen, verschiedene motorische und nicht-motorische Ergebnisse stabil zu halten.

Wichtiger Hinweis

AB-1005 ist jedoch eine Therapie in der Erprobung, d. h. ihre Wirksamkeit und Sicherheit wurden noch nicht nachgewiesen oder noch nicht vollständig bewertet, und es wurde von der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) oder einer anderen (staatlichen) Behörde noch keine Marktzulassung erteilt.

Einschlusskriterien für die Studienteilnahme

Für klinische Studien gelten bestimmte Patientenkriterien, die sogenannten Einschluss- oder Eignungskriterien. Anhand dieser Kriterien wird festgelegt, wer an der klinischen Studie teilnehmen kann. Diese Kriterien sollen helfen, Patienten mit bestimmten Symptomen oder einer bestimmten Diagnose zu finden und Patienten mit nicht studienrelevanten Erkrankungen auszuschließen. Indem die Einschlusskriterien dafür sorgen, dass nur Patienten aufgenommen oder eingeschlossen werden, die ähnliche Merkmale aufweisen, z. B. in Bezug auf die Art der Mutation und den Krankheitsverlauf, kann sichergestellt werden, dass die Ergebnisse der Studie die Wirkungen des untersuchten Prüfpräparats genau widerspiegeln.

Lesen Sie auch: Parkinson-Medikamente: Was Sie beachten müssen

Ein wichtiges Kriterium ist eine stabile Parkinson-Medikation.

Risiken und Nutzen klinischer Studien

Die Teilnahme an einer klinischen Studie ist mit potenziellen Risiken verbunden. Zum Beispiel können Nebenwirkungen auftreten, d. h., das Prüfpräparat kann unerwünschte Wirkungen hervorrufen und Ihre Erkrankung behandeln oder auch nicht. Häufig sind mehr Untersuchungen erforderlich als bei einem normalen Arztbesuch, und es sind häufig auch mehrere Besuchstermine in der Klinik notwendig.

Die Ethik-Kommission, die die Durchführung der klinischen Studie genehmigt und kontrolliert, bewertet und überwacht diese Risiken sorgfältig und wägt Nutzen und Risiken der Prüfbehandlung sorgfältig ab. Klinische Studien sind streng reguliert. Sie müssen bestimmte Normen erfüllen und werden engmaschig beaufsichtigt, damit die Sicherheit aller Teilnehmer gewährleistet ist.

Menschen nehmen aus ganz unterschiedlichen Gründen an klinischen Studien teil. Einige nehmen teil, um mehr über ihre Krankheit und mögliche neue Behandlungsoptionen zu erfahren.

Die Teilnahme an der Studie ist freiwillig. Die Teilnehmer erhalten detaillierte Informationen zur Studie, können Fragen stellen und frei entscheiden. In dieser Studie wird die Gentherapie über eine einmalige, minimalinvasive Gehirnoperation verabreicht. Wenn Sie Ihre Einwilligung zur Teilnahme an der Studie nach Erhalt der Gentherapie zurücknehmen möchten, kann die Gentherapie nicht aus Ihrem Körper entfernt werden.

Lesen Sie auch: Die Stadien der Parkinson-Krankheit erklärt

Weitere vielversprechende Forschungsansätze

Neben der Gentherapie werden auch andere innovative Ansätze zur Behandlung von Parkinson erforscht:

  • Stammzelltherapie: Hier wird versucht, Dopamin produzierende Neuronen aus Stammzellen zu züchten und durch Zelltransplantation abgestorbene Nervenzellen und deren Dopaminproduktion zu ersetzen.
  • Antikörper-Therapie: Ziel ist es, Ablagerungen des Proteins Alpha-Synuclein, das für das Absterben von Nervenzellen verantwortlich ist, mit einer zielgerichteten Antikörper-Therapie zu reduzieren.
  • Mitochondrien-Forschung: Studien zeigen, dass Störungen der mitochondrialen Funktion maßgeblich zum Untergang dopaminerger Nervenzellen beitragen. Forschungsprojekte untersuchen gezielt, wie mitochondriale Fehlfunktionen zur Parkinson-Pathologie beitragen.
  • Biomarker-Forschung: Die Identifikation von Biomarkern ermöglicht eine frühe wissenschaftliche Diagnose und die Entwicklung personalisierter Therapien.

Rolle der Genetik und Biomarker

Die Parkinson-Erkrankung ist durch das Absterben dopaminerger Nervenzellen gekennzeichnet. Als Ursache steht neben Umwelt- und Altersfaktoren die Genetik im Fokus der Forschung, insbesondere Mutationen in den Genen SNCA, LRRK2, Parkin, PINK1 und GBA1. Die Identifikation genetischer Risikofaktoren ermöglicht die Entwicklung von Biomarkern zur Früherkennung und ebnet den Weg für innovative gentherapeutische Ansätze.

Die Entwicklung von Biomarkern ermöglicht, zwischen den jeweils beteiligten Stoffwechselwegen und den zugrundeliegenden Pathologien zu unterscheiden und gezielt zu bestimmen, welche Menschen höchstwahrscheinlich von einem bestimmten Therapieansatz profitieren.

Fazit

Die Gentherapie ist ein vielversprechender Ansatz zur Behandlung von Parkinson, der das Potenzial hat, die Symptome zu lindern und das Fortschreiten der Krankheit zu verlangsamen. Die REGENERATE-PD Studie von AskBio ist ein wichtiger Schritt, um die Sicherheit und Wirksamkeit dieser Therapieform weiter zu untersuchen.

Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass die Gentherapie noch in der Erprobungsphase ist und weitere Forschung erforderlich ist, um langfristige Effekte und mögliche Komplikationen zu erfassen. Dennoch geben die Fortschritte in der Gentherapie und anderen Forschungsbereichen Anlass zur Hoffnung auf wirksame, personalisierte Therapien für die Zukunft.

tags: #Gentherapie #Parkinson