PEG-Sonde bei Demenz im Endstadium: Pflege, Ethik und Entscheidungsfindung

Die Frage der Ernährung im Endstadium der Demenz, insbesondere unter Verwendung einer perkutanen endoskopischen Gastrostomie (PEG)-Sonde, ist ein komplexes und emotionales Thema, das sowohl medizinische, ethische als auch pflegerische Aspekte berührt. In diesem Artikel werden wir uns eingehend mit den verschiedenen Facetten dieser Thematik auseinandersetzen, um eine umfassende und differenzierte Betrachtung zu ermöglichen.

Einführung

Die PEG-Sonde ist ein endoskopisch angelegter direkter Zugang zum Magen, der die Bauchwand durchdringt. Sie ermöglicht die künstliche Ernährung von Patienten mit Schluckstörungen unterschiedlicher Ursache über einen längeren Zeitraum. Die Einführung der PEG-Sonde stellte zunächst eine bedeutende Verbesserung in der Versorgung von Patienten dar, die aufgrund von Schluckstörungen nicht mehr ausreichend oral ernährt werden konnten. Insbesondere in Pflegeheimen ermöglichte sie es, dem "Verhungern" und "Verdursten" von Bewohnern entgegenzuwirken und das Bedürfnis nach Nahrungszufuhr zu befriedigen.

Die PEG-Sonde: Eine medizinische Errungenschaft

Die perkutane endoskopische Gastrostomie (PEG) ist ein endoskopisch angelegter direkter Zugang zum Magen, der die Bauchwand durchdringt und der bei Patienten mit Schluckstörungen unterschiedlichster Ursache die künstliche Ernährung über lange Zeit ermöglicht. Die dabei verwendete PEG-Sonde ist ein elastischer Kunststoffschlauch, der im Rahmen einer Gastroskopie (Magenspiegelung) gelegt wird. Gegenüber der sog. nasalen Magensonde - das heißt einer Sonde, die über Nase, Rachen und Speiseröhre in den Magen reicht - besitzt die PEG-Sonde mehrere Vorteile. Eine PEG ermöglicht somit die künstliche Ernährung mit Sondennahrung als enterale Ernährung, also eine Ernährung über den Magen-Darm-Trakt, die der parenteralen Ernährung, d.h.

Vorteile der PEG-Sonde

  • Langfristige Ernährung: Die PEG-Sonde ermöglicht eine langfristige enterale Ernährung, insbesondere bei Patienten mit chronischen Schluckstörungen.
  • Verbesserte Lebensqualität: Für Patienten, die aufgrund von Schluckstörungen nicht mehr oral essen können, kann die PEG-Sonde die Lebensqualität verbessern, indem sie eine ausreichende Nährstoffversorgung sicherstellt.
  • Geringere Aspirationsgefahr: Im Vergleich zur nasalen Magensonde wird die PEG-Sonde oft als weniger anfällig für Aspiration (Eindringen von Nahrung in die Atemwege) angesehen.

PEG-Sonde bei Demenz: Eine differenzierte Betrachtung

Obwohl die PEG-Sonde in vielen Fällen eine wertvolle medizinische Option darstellt, ist ihre Anwendung bei Menschen mit fortgeschrittener Demenz umstritten. Studien haben gezeigt, dass die routinemäßige Versorgung mit einer PEG-Sonde bei dieser Patientengruppe nicht immer die angestrebten Therapieziele erreicht.

Studienlage zur PEG-Sonde bei Demenz

  • Keine Lebensverlängerung: Studien haben keine Hinweise darauf ergeben, dass die PEG-Sonde die Lebenszeit von Menschen mit fortgeschrittener Demenz verlängert.
  • Keine Verbesserung des Ernährungszustands: Die PEG-Sonde führt nicht zwangsläufig zu einer Verbesserung des Ernährungszustands oder des Allgemeinbefindens.
  • Erhöhte Aspirationsgefahr: Einige Studien deuten sogar darauf hin, dass die Aspirationsgefahr bei Patienten mit PEG-Sonde leicht erhöht sein kann.
  • Potenzielle Nebenwirkungen: Die PEG-Sonde kann schwere potentielle Nebenwirkungen haben, wie lokale und systemische Entzündungen, Verlust der Freude am Essen und Verringerung der pflegerischen Zuwendung.

Ethische Aspekte der PEG-Sonde bei Demenz

Die Entscheidung für oder gegen eine PEG-Sonde bei Menschen mit fortgeschrittener Demenz ist oft mit ethischen Dilemmata verbunden.

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  • Patientenwille: Der Wille des Patienten, bzw. der mutmaßliche Wille des Patienten, sollte bei der Entscheidung im Vordergrund stehen. Liegt eine Patientenverfügung vor, in der der Patient eine PEG-Sonde ablehnt, so ist dies zu respektieren.
  • Lebensqualität: Es ist wichtig, die potenziellen Auswirkungen der PEG-Sonde auf die Lebensqualität des Patienten zu berücksichtigen. Eine PEG-Sonde kann die soziale Interaktion und die Freude am Essen beeinträchtigen.
  • Fürsorgepflicht: Ärzte und Pflegekräfte haben eine Fürsorgepflicht gegenüber ihren Patienten. Sie müssen sicherstellen, dass die Patienten die bestmögliche Versorgung erhalten, auch wenn dies bedeutet, von einer PEG-Sonde abzusehen.

Pflege im Endstadium der Demenz: Fokus auf Lebensqualität

Im Endstadium der Demenz steht die Lebensqualität des Patienten im Mittelpunkt aller Bemühungen. Die Empfehlungen für eine gesunderhaltende Ernährung werden bedeutungslos. Ernährung am Lebensende verfolgt das Ziel sich radikal den Wünschen des Sterbenden hinzugeben.

Alternative Ernährungsansätze

  • Handfütterung: Falls demente Patienten Nahrung und Flüssigkeit nicht mehr selbständig zu sich nehmen können, müssen sie grundsätzlich von Hand gefüttert werden, welchen personellen Aufwand dies auch immer bedeutet. Das „Esseneingeben“, behutsam und angepasst an die „Geschwindigkeit“ des Betroffen, ist in den allermeisten Fällen das Mittel der Wahl.
  • Mundpflege: Eine optimale Mundpflege ist essenziell, um das Wohlbefinden des Patienten zu gewährleisten und Durstgefühle zu lindern.
  • Individuelle Bedürfnisse: Die Ernährung sollte sich radikal den Wünschen des Sterbenden hingeben. Der Sterbende bestimmt die Menge, die er essen oder trinken möchte.
  • Respektvolle Zuwendung: Die tägliche Hilfe beim Essen muss den Betroffenen in seiner aktuellen Situation abholen und eine Begegnung von Mensch zu Mensch ermöglichen. Es geht primär um eine pflegende, empathische, respektvolle Zuwendung verbunden mit einer Grundhaltung der Achtsamkeit, die eine fachkundige orale Gabe von Essen und Trinken begleitet.

Symptomlinderung und Palliativversorgung

  • Schmerzkontrolle: Eine adäquate Schmerzkontrolle ist wichtig, um das Wohlbefinden des Patienten zu verbessern.
  • Linderung von Durst und Hunger: Hunger und Durst können in vielen Fällen bereits mit geringen Mengen an Flüssigkeit und Nahrung gestillt werden (Mc Cann, 1994).
  • Begleitung und Unterstützung: Der sterbende Mensch, der mehr oder weniger bewusst Abschied nehmen muss von Geschichten, Dingen und Menschen und diese Verluste zwangsläufig bewältigen muss, bedarf der Hilfe zur Bewältigung.

Die Rolle des Durstgefühls im Sterbeprozess

Bei Demenzkranken ist das mangelnde Durstgefühl generell problematisch. Das verminderte Durstgefühl ist gefährlich, so lange der Betroffene therapiert werden soll. Wenn der Demente sich allerdings im letzten Stadium der Erkrankung befindet, so kann damit der Sterbeprozess sinnvoll unterstützt werden. Dehydration (Flüssigkeitsmangel) führt zur Ausschüttung von endogenen Opiaten im Gehirn und die Ketose durch fehlende Zufuhr von Nahrungsstoffen hat einen euphorisierenden, anästhesierenden Effekt. Beides geht in den späteren Phasen in einen hypernatriämischen Stupor (Bewußtseinsverlust) über. Durch die Dehydration wird also dem Menschen das Sterben auf natürliche Art und Weise erleichtert. Er geht in einen Dämmerzustand über, bei dem er nicht mehr viel, im Idealfall keine körperlichen Schmerzen mehr empfindet.

Entscheidungsfindung: Ein interdisziplinärer Ansatz

Die Entscheidung für oder gegen eine PEG-Sonde bei Menschen mit fortgeschrittener Demenz sollte im Rahmen eines interdisziplinären Ansatzes getroffen werden, unter Einbeziehung von Ärzten, Pflegekräften, Angehörigen und gegebenenfalls einem Ethikberater.

Wichtige Fragen für die Entscheidungsfindung

  • Was ist der Wille des Patienten? Liegt eine Patientenverfügung vor?
  • Welche Ziele sollen mit der PEG-Sonde erreicht werden? Sind diese Ziele realistisch?
  • Welche potenziellen Risiken und Nebenwirkungen sind mit der PEG-Sonde verbunden?
  • Welche alternativen Ernährungsansätze gibt es?
  • Wie wird die Lebensqualität des Patienten durch die PEG-Sonde beeinflusst?

Rechtliche Aspekte

Die Ernährung über eine PEG ist ein ärztlicher Eingriff in die Körperintegrität des Menschen. Der Arzt braucht deshalb die Einwilligung des Patienten bzw. seines Vertretungsberechtigten. Liegt eine Patientenverfügung vor, in der der Patient eine solche ablehnt, dürfen nach einem Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 17.

Patientenverfügung und Betreuungsrecht

Eine Patientenverfügung ist ein schriftliches Dokument, in dem eine Person im Voraus festlegt, welche medizinischen Behandlungen sie im Falle einer Entscheidungsunfähigkeit wünscht oder ablehnt. Eine Patientenverfügung ist für Ärzte und Betreuer bindend, sofern sie sich auf die konkrete Behandlungssituation bezieht und keine Umstände erkennbar sind, dass der Patient sie nicht mehr gelten lassen würde.

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Mutmaßlicher Wille des Patienten

Wenn keine Patientenverfügung vorliegt, muss der mutmaßliche Wille des Patienten ermittelt werden. Dabei sind frühere Äußerungen, Wertvorstellungen und Lebensumstände des Patienten zu berücksichtigen.

Fazit

Die PEG-Sonde kann in bestimmten Situationen eine wertvolle medizinische Option sein, insbesondere bei Patienten mit Schluckstörungen, die nicht an Demenz leiden. Bei Menschen mit fortgeschrittener Demenz ist die Anwendung einer PEG-Sonde jedoch kritisch zu hinterfragen. Studien haben gezeigt, dass die PEG-Sonde bei dieser Patientengruppe nicht immer die angestrebten Therapieziele erreicht und mit potenziellen Risiken und Nebenwirkungen verbunden sein kann.

Im Endstadium der Demenz sollte der Fokus auf die Lebensqualität des Patienten gerichtet sein. Alternative Ernährungsansätze, wie Handfütterung und eine individuelle Anpassung der Ernährung an die Wünsche des Patienten, können eine bessere Option darstellen. Die Entscheidung für oder gegen eine PEG-Sonde sollte im Rahmen eines interdisziplinären Ansatzes getroffen werden, unter Einbeziehung von Ärzten, Pflegekräften, Angehörigen und gegebenenfalls einem Ethikberater. Dabei ist der Wille des Patienten, bzw. der mutmaßliche Wille des Patienten, von zentraler Bedeutung.

Es ist wichtig, sich bewusst zu machen, dass die Minderung der Aufnahme von Nahrung und Flüssigkeit Teil des natürlichen Sterbeprozesses ist. In vielen Fällen empfinden sterbende Menschen kein Hunger- und Durstgefühl. Eine künstliche Ernährung kann den Sterbeprozess unnötig verlängern und die Lebensqualität des Patienten beeinträchtigen.

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