Die Sägebockstellung ist ein auffälliges Symptom beim Pferd, das auf verschiedene gesundheitliche Probleme hindeuten kann. Diese unnatürliche Körperhaltung, bei der die Vorder- und Hinterbeine schräg vom Körper weggestellt werden, ähnelt der eines Sägebocks und deutet auf Schmerzen oder Unbehagen hin. Eine schnelle tierärztliche Untersuchung ist ratsam, um die Ursache zu finden und zu behandeln.
Was ist die Sägebockstellung?
Bei der Sägebockstellung nimmt das Pferd eine unnatürliche Haltung ein. Die Vorder- und Hinterbeine werden schräg nach außen gestellt, sodass sie eine A-Form bilden. Die Gliedmaßen sind weit auseinander, und der Rücken ist durchgedrückt. Diese Position deutet auf erheblichen Stress oder Schmerzen hin und ist ein wichtiger Hinweis für die Diagnose.
Mögliche Ursachen der Sägebockstellung
Die Sägebockstellung kann verschiedene Ursachen haben, von denen einige lebensbedrohlich sein können:
Tetanus (Wundstarrkrampf)
Tetanus ist eine Infektionskrankheit, die durch das Bakterium Clostridium tetani verursacht wird. Die Sporen dieses Bakteriums sind überall im Boden vorhanden und können jahrelang überleben. Dringen die Sporen in Wunden ein, beginnen sie sich zu vermehren und Toxine abzusondern. Eines dieser Toxine, Tetanospasmin, greift die muskelsteuernden Nervenzellen an, was zu spastischen Lähmungen und Muskelkrämpfen führt. Diese Krämpfe können die Sägebockstellung verursachen. Unbehandelt kann Tetanus innerhalb weniger Tage zum Tod führen.
Kreuzverschlag
Kreuzverschlag ist eine schmerzhafte Entzündung der Rückenmuskulatur, die während oder nach körperlicher Belastung auftreten kann. Ursache ist eine Stoffwechselstörung durch zu hohe Kohlenhydratzufuhr. Dabei wird zu viel Glykogen in den Muskeln gespeichert, was bei Aktivität zu einem Sauerstoffmangel und zur Bildung von Laktat führt. Das Laktat übersäuert die Muskeln, was zu Schäden und zum Austritt von Myoglobin führt, das über die Nieren ausgeschieden wird und den Urin dunkel färbt. Die Sägebockstellung kann bei moderaten und schweren Fällen von Kreuzverschlag auftreten.
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Koliken und Magengeschwüre
Die Sägebockstellung kann auch auf Koliken oder Magengeschwüre hindeuten. Durch das Ausstrecken der Gliedmaßen versucht das Pferd, Magen- und Bauchschmerzen zu lindern und den Verdauungstrakt zu entlasten. Magengeschwüre entstehen oft durch Kraftfutter, das die Magensäure reizt, da es kaum Magensaft aufnimmt und nicht richtig gekaut wird. Dies führt zu einem Mangel an pH-neutralem Speichel, der die Säure puffern könnte. Koliken, verschiedene Störungen des Verdauungssystems, können ebenfalls starke Bauchschmerzen verursachen und zur Sägebockstellung führen.
Hufrehe
Hufrehe ist eine Entzündung der Huflederhaut, die in vier Stadien verläuft und schwerwiegende Folgen haben kann. In der Schonhaltung aufgrund schmerzender Hufe nimmt das Pferd oft die Sägebockstellung ein, um die Hufe zu entlasten. Dabei werden entweder alle Beine oder nur die Vorderbeine schräg ausgestreckt, während die Hinterbeine unter den Körper gestellt werden.
Kissing Spines
Kissing Spines entstehen durch ein unphysiologisches Zusammenrücken der Dornfortsätze, was zu schmerzhaften Berührungen und Abrieb führt. Ursachen sind oft langwierige Verspannungen und eine erlöschende Tragfähigkeit der Muskulatur. Diese Verspannungen ziehen die Wirbelkörper zusammen, was den Gelenksknorpel schädigt und zu Randzackenbildung führen kann. Trainingsfehler, fehlerhafte Hufbearbeitung und eine nicht angepasste Mineralisierung können ebenfalls Auslöser sein.
Spinale Ataxie (Wobbler-Syndrom)
Die Spinale Ataxie, auch Wobbler-Syndrom genannt, ist eine neurologische Erkrankung, die durch Nervenschädigungen im Bereich des Rückenmarks oder der Halswirbelsäule verursacht wird. Diese Schäden können durch Traumata, Quetschungen, Bandscheibenvorfälle oder Infektionen entstehen. Das Wobbler-Syndrom beeinträchtigt die motorischen Fähigkeiten des Pferdes und erhöht das Verletzungsrisiko.
Graskrankheit (Equine Grass Sickness, EGS)
Die Graskrankheit ist eine seltene, aber meist tödliche Erkrankung, die spontan auftritt und das zentrale Nervensystem schädigt. Die Ursache ist noch nicht vollständig erforscht, es wird jedoch eine Infektion mit dem Bakterium Clostridium Botulinum oder eine Vergiftung mit dessen Endotoxinen vermutet. Die Symptome sind vielfältig und reichen von Zitteranfällen und Koliken bis hin zu Lähmungen und Darmlähmung.
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Cauda-Equina-Syndrom
Das Cauda-Equina-Syndrom ist eine Erkrankung der Nerven im hinteren Rückenabschnitt des Pferdes. Die Ursachen sind unklar, Verletzungen, Brüche und Entzündungen können die Nerven schädigen. Expertinnen und Experten vermuten auch, dass Herpes-Viren an einem Cauda-Equina-Syndrom beim Pferd beteiligt sind. Betroffene Pferde können ihren Schweif nicht mehr richtig bewegen und verlieren die Kontrolle über Blase und Darm.
Acquired Equine Polyneuropathy (AEP)
Acquired Equine Polyneuropathy (AEP) ist eine neurologische Erkrankung der Hinterhand bei Pferden, die in der Öffentlichkeit noch weitgehend unbekannt ist und deren Ätiologie bisher nicht geklärt ist. Die Klinik kann Gangauffälligkeiten zeigen, bis hin zu Hyperflexionen der Fesselgelenke und einer vollständigen Lähmung der gesamten Hinterhand.
Diagnose und Behandlung
Die Behandlung der Sägebockstellung zielt darauf ab, die zugrunde liegende Ursache zu beheben. Eine genaue Diagnose ist entscheidend, um die richtige Therapie einzuleiten.
Diagnostische Maßnahmen
- Tierärztliche Untersuchung: Eine gründliche Untersuchung durch einen Tierarzt ist der erste Schritt, um die Ursache der Sägebockstellung zu ermitteln.
- Blutuntersuchung: Eine Blutuntersuchung kann helfen, Entzündungen, Muskelenzyme und andere relevante Parameter zu bestimmen.
- Röntgenaufnahmen: Röntgenaufnahmen der Wirbelsäule können Veränderungen wie Arthrose oder Einengungen des Wirbelkanals aufzeigen.
- Myelographie: Eine Myelographie, bei der ein Kontrastmittel in den Raum um das Rückenmark injiziert wird, kann helfen, die Ursache der Kompression des Rückenmarks zu identifizieren.
- Muskelbiopsie: Eine Muskelbiopsie kann bei Verdacht auf PSSM (Polysaccharidspeicherkrankheit) durchgeführt werden, um gespeicherte Polysaccharide in den Muskelfasern nachzuweisen.
- Neurologische Untersuchung: Der Tierarzt wird eine Reihe von Tests durchführen, um festzustellen, ob das Pferd neurologische Probleme hat.
Behandlungsmöglichkeiten
- Medikamentöse Behandlung: Je nach Ursache können Antibiotika, Entzündungshemmer oder Schmerzmittel eingesetzt werden.
- Chirurgische Eingriffe: Bei bestimmten Erkrankungen wie dem Wobbler-Syndrom oder Tumoren kann ein chirurgischer Eingriff erforderlich sein.
- Physiotherapie: Physiotherapie und Bewegungstherapie können helfen, die Muskulatur zu stärken und die Bewegungsabläufe zu verbessern.
- Fütterungsmanagement: Eine angepasste Fütterung, insbesondere bei Kreuzverschlag oder PSSM, kann helfen, die Symptome zu lindern.
- Manuelle Therapien: Manuelle Therapien wie Massagen, Taping und Körperbandagen können bei muskulären Verspannungen und Fehlstellungen helfen.
Prävention
Einige Ursachen der Sägebockstellung lassen sich durch vorbeugende Maßnahmen reduzieren:
- Impfungen: Regelmäßige Impfungen, insbesondere gegen Tetanus, sind wichtig.
- Angemessene Fütterung: Eine ausgewogene Fütterung mit ausreichend Raufutter und wenig Kraftfutter kann das Risiko von Koliken und Magengeschwüren verringern.
- Sorgfältiges Training: Ein schonendes und angepasstes Training kann Überlastungen und Kreuzverschlag vermeiden.
- Regelmäßige Hufpflege: Eine korrekte Hufbearbeitung kann Fehlstellungen und Hufrehe verhindern.
- Mineralstoffversorgung: Eine bedarfsgerechte Mineralstoffversorgung, insbesondere mit Magnesium, Mangan, Selen und Vitamin E, ist wichtig für die Muskelgesundheit.
- Weidemanagement: Ein gutes Weidemanagement kann das Risiko der Aufnahme von schädlichen Bakterien oder Toxinen verringern.
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