Pflegegrad bei Demenz berechnen: Ein umfassender Leitfaden

Die Einstufung in einen Pflegegrad ermöglicht es Demenzkranken, finanzielle Unterstützung und Leistungen von der Pflegeversicherung zu erhalten. Dieser Artikel bietet einen umfassenden Überblick über die Berechnung des Pflegegrades bei Demenz, die relevanten Faktoren und die Schritte zur Beantragung.

Warum ein Pflegegrad bei Demenz wichtig ist

Demenz ist eine fortschreitende Erkrankung, die kognitive Fähigkeiten, Gedächtnis, Orientierung und Alltagsbewältigung beeinträchtigt. Seit Januar 2017 werden kognitive Einschränkungen bei der Feststellung der Pflegebedürftigkeit berücksichtigt, was bedeutet, dass auch Demenzkranke von den Leistungen der Pflegeversicherung profitieren können. Ein Pflegegrad ermöglicht den Zugang zu finanzieller Unterstützung für häusliche Pflege, Betreuung, Tages- oder Nachtpflege sowie die Versorgung im Pflegeheim.

Feststellung des Pflegegrades: Das Neue Begutachtungsassessment (NBA)

Die Feststellung des Pflegegrades erfolgt durch die Pflegekasse auf Grundlage eines Gutachtens. Seit 2017 wird das Neue Begutachtungsassessment (NBA) angewendet. Dabei beurteilen Gutachter des Medizinischen Dienstes (MD) bei gesetzlich Versicherten oder von MEDICPROOF bei Privatversicherten, wie selbstständig die antragstellende Person ist.

Der Gutachter erfasst in sechs Modulen den Grad der Selbstständigkeit und vergibt Punkte. Je mehr Punkte erreicht werden, desto höher ist der Pflegegrad. Folgende Module werden bewertet:

  1. Mobilität: Wie selbstständig kann sich die Person fortbewegen und ihre Körperhaltung ändern?
  2. Kognitive und kommunikative Fähigkeiten: Wie gut findet sich die Person im Alltag zurecht? Hat sie eine zeitliche und örtliche Orientierung?
  3. Verhaltensweisen und psychische Problemlagen: Leidet die Person unter psychischen Problemen wie Aggressionen, Ängsten oder Depressionen?
  4. Selbstversorgung: Wie selbstständig kann sich die Person im Alltag versorgen, z. B. bei der Körperpflege oder beim Essen und Trinken?
  5. Bewältigung von und selbstständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen: Wie aufwendig ist die Unterstützung beim Umgang mit der Krankheit und der Behandlung, z. B. bei der Medikamentengabe oder beim Verbandswechsel?
  6. Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte: Wie selbstständig kann die Person noch ihren Tagesablauf planen, sich beschäftigen oder Kontakte pflegen?

Besonderheiten bei Demenz

Bei Demenz wird neben der körperlichen Selbstständigkeit auch die geistige und psychische Einschränkung berücksichtigt. Dazu zählen beispielsweise Orientierung, Gedächtnis oder Alltagsbewältigung. Die Module "Kognitive und kommunikative Fähigkeiten" sowie "Verhaltensweisen und psychische Problemlagen" spielen bei der Begutachtung von Demenzkranken eine wichtige Rolle.

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Pflegegrade und ihre Bedeutung

Es gibt fünf Pflegegrade, die das Maß der Pflegebedürftigkeit von leichten Einschränkungen bis zu schwerster Pflegebedürftigkeit abbilden:

  • Pflegegrad 1: Geringe Beeinträchtigung der Selbstständigkeit (12,5 bis unter 27 Punkte)
  • Pflegegrad 2: Erhebliche Beeinträchtigung der Selbstständigkeit (27 bis unter 47,5 Punkte)
  • Pflegegrad 3: Schwere Beeinträchtigung der Selbstständigkeit (47,5 bis unter 70 Punkte)
  • Pflegegrad 4: Schwerste Beeinträchtigung der Selbstständigkeit (70 bis unter 90 Punkte)
  • Pflegegrad 5: Schwerste Beeinträchtigung der Selbstständigkeit mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung (90 bis 100 Punkte)

Leistungen der Pflegeversicherung bei Demenz

Die Leistungen der Pflegeversicherung richten sich nach dem Pflegegrad und dem individuellen Hilfebedarf. Zu den möglichen Leistungen gehören:

  • Pflegegeld: Wird an Pflegebedürftige gezahlt, die von Angehörigen oder anderen ehrenamtlichen Pflegepersonen zu Hause versorgt werden.
  • Pflegesachleistungen: Werden für die Inanspruchnahme eines ambulanten Pflegedienstes gewährt.
  • Tages- oder Nachtpflege: Bietet Demenzkranken tagsüber oder nachts Betreuung und Entlastung für pflegende Angehörige.
  • Kurzzeitpflege: Ermöglicht eine vorübergehende stationäre Versorgung, z. B. nach einem Krankenhausaufenthalt oder bei Urlaub der pflegenden Angehörigen.
  • Verhinderungspflege: Wird gewährt, wenn die pflegende Person ausfällt, z. B. wegen Krankheit oder Urlaub.
  • Zuschüsse für Wohnraumanpassung: Können für Umbaumaßnahmen in der Wohnung beantragt werden, um die Pflege zu erleichtern.
  • Entlastungsleistungen: Dienen der Unterstützung im Alltag, z. B. durchAlltagsbegleiter oder Haushaltshilfen.

Pflegegrad beantragen: Schritt für Schritt

  1. Antragstellung: Stellen Sie einen formlosen Antrag auf einen Pflegegrad bei der Pflegeversicherung des Betroffenen. Die Pflegekassen sind an die Krankenkassen angegliedert.
  2. Begutachtung: Nach der Antragstellung vereinbart der Medizinische Dienst (MD) oder MEDICPROOF einen Termin für die Begutachtung. Bereiten Sie sich und Ihren Angehörigen gut auf den Termin vor. Ein Pflegetagebuch kann dabei hilfreich sein.
  3. Gutachten: Der Gutachter erstellt ein Gutachten, in dem der Pflegebedarf und der Grad der Selbstständigkeit eingeschätzt werden.
  4. Bescheid: Die Pflegekasse entscheidet auf Grundlage des Gutachtens über den Pflegegrad.
  5. Widerspruch: Wenn Sie mit dem Bescheid nicht einverstanden sind, können Sie innerhalb eines Monats Widerspruch einlegen.

Tipps für die Begutachtung

  • Vorbereitung: Bereiten Sie sich und Ihren Angehörigen gut auf den Begutachtungstermin vor. Sammeln Sie alle relevanten Unterlagen, wie Arztberichte, Medikamentenpläne und ein Pflegetagebuch.
  • Anwesenheit: Sorgen Sie dafür, dass eine vertraute Person beim Begutachtungstermin anwesend ist, um den Demenzkranken zu unterstützen und zusätzliche Informationen zu liefern.
  • Realistische Einschätzung: Schätzen Sie den Pflegebedarf realistisch ein und betonen Sie die Schwierigkeiten und Einschränkungen im Alltag.
  • Pflegetagebuch: Führen Sie ein Pflegetagebuch, um die täglichen Herausforderungen und den Unterstützungsbedarf zu dokumentieren.
  • Professionelle Hilfe: Ziehen Sie bei Bedarf einen Pflegeexperten hinzu, der Sie bei der Vorbereitung und Durchführung der Begutachtung unterstützt.

Pflegegradrechner: Eine erste Einschätzung

Ein Pflegegradrechner kann eine erste Orientierung geben, welcher Pflegegrad in Frage kommt. Der Rechner erfasst verschiedene Bereiche und gibt eine erste Einschätzung. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass das Ergebnis des Rechners nicht verbindlich ist und die endgültige Einstufung von der Pflegekasse nach der Begutachtung vorgenommen wird.

Widerspruch einlegen

Wenn Sie mit dem zugewiesenen Pflegegrad nicht einverstanden sind, haben Sie das Recht, Widerspruch einzulegen. Der Widerspruch muss innerhalb eines Monats nach Erhalt des Bescheids schriftlich bei der Pflegekasse eingehen. Im Widerspruch sollten Sie die Gründe für Ihre Beanstandung darlegen und gegebenenfalls zusätzliche Informationen oder Unterlagen vorlegen.

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