Demenz stellt Betroffene und ihre Angehörigen vor große Herausforderungen. Oftmals sind die Erkrankten auf Hilfe und Unterstützung im Alltag angewiesen. Um diese zu erhalten, ist die Beantragung eines Pflegegrades ein wichtiger Schritt. Die Pflegegrade ermöglichen den Zugang zu verschiedenen Leistungen, wobei der Umfang der Unterstützung mit dem Grad der Pflegebedürftigkeit steigt.
Pflegegrade statt Pflegestufen
Seit 2017 gibt es in Deutschland anstelle der früheren Pflegestufen die Pflegegrade 1 bis 5. Diese berücksichtigen insbesondere auch geistige Erkrankungen wie Demenz stärker. Die Einteilung erfolgt anhand des Grades der Beeinträchtigung der Selbstständigkeit:
- Pflegegrad 1: Geringe Beeinträchtigung der Selbstständigkeit.
- Pflegegrad 2: Erhebliche Beeinträchtigung der Selbstständigkeit.
- Pflegegrad 3: Schwere Beeinträchtigung der Selbstständigkeit.
- Pflegegrad 4: Schwerste Beeinträchtigung der Selbstständigkeit.
- Pflegegrad 5: Schwerste Beeinträchtigung der Selbstständigkeit mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung.
Antragstellung und Begutachtung
Um einen Pflegegrad zu erhalten, ist eine Begutachtung durch den Medizinischen Dienst (MD) erforderlich. Der Antrag wird bei der zuständigen Pflegekasse gestellt, woraufhin ein Formular zugesandt wird, das ausgefüllt und unterschrieben werden muss. Nach Einreichung des Antrags vereinbart ein Gutachter des MD einen Termin für die Begutachtung. Dabei werden Fragen gestellt und die Selbstständigkeit der Person beurteilt. Die Entscheidung über den Pflegegrad wird in der Regel innerhalb von 3 bis 4 Wochen mitgeteilt.
Es ist wichtig zu beachten, dass Menschen mit Demenz keine bestimmten Pflegegrade automatisch zustehen. Die Beurteilung erfolgt individuell und richtet sich nach dem Fortschritt der Erkrankung und den damit verbundenen Einschränkungen im Alltag. Da sich das Krankheitsbild im Laufe der Zeit verändern kann, ist es möglich, den Pflegegrad bei Bedarf anpassen zu lassen.
Pflegegrade bei verschiedenen Stadien der Demenz
Die Pflegegrade können je nach Stadium der Demenz variieren:
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- Leichte Demenz: Häufig Pflegegrad 2, in manchen Fällen auch Pflegegrad 1, wenn die Person noch größtenteils selbstständig ist.
- Mittelschwere Demenz: Pflegegrad 3 oder 4, wobei Grad 3 am häufigsten vorkommt.
- Schwere Demenz: Pflegegrad 4 oder 5, da in diesem Stadium eine umfassende Betreuung erforderlich ist.
Vaskuläre Demenz
Die vaskuläre Demenz entsteht durch Durchblutungsstörungen im Gehirn, die zu kognitiven Beeinträchtigungen führen. Die Einstufung in die Pflegegrade erfolgt hierbei analog zu anderen Demenzformen.
Leistungen nach Pflegegrad
Die Leistungen, die Pflegebedürftige erhalten, richten sich nach dem Pflegegrad und nicht nach dem Stadium der Erkrankung. Je höher der Pflegegrad, desto umfangreicher sind die finanziellen und pflegerischen Leistungen.
Pflegegrad 1
- Umfangreiche Pflegeberatung (halbjährlich)
- Betreuungs- und Entlastungsleistungen (125 € monatlich)
- Pflegehilfsmittel zum Verbrauch (40 € monatlich)
- Hausnotruf (25,50 € monatlich)
- Zuschuss für Wohnraumanpassung (einmalig 4.000 €)
- Wohngruppenzuschuss (214 € monatlich)
Pflegegrad 2
- Pflegegeld (316 € monatlich)
- Pflegesachleistungen (724 € monatlich)
- Tages- und Nachtpflege (689 € monatlich)
- Kurzzeitpflege (1.774 € jährlich)
- Verhinderungspflege (1.612 € jährlich)
- Zuschuss für vollstationäre Pflege (770 € monatlich)
- Betreuungs- und Entlastungsleistungen, Pflegehilfsmittel, Hausnotruf und Wohnraumanpassung wie bei Pflegegrad 1
- Wohngruppenzuschuss (214 € monatlich)
Pflegegrad 3
- Pflegegeld (545 € monatlich)
- Pflegesachleistungen (1.363 € monatlich)
- Tages- und Nachtpflege (1.298 € monatlich)
- Zuschuss für vollstationäre Pflege (1.262 € monatlich)
- Weitere Leistungen wie bei Pflegegrad 2
Pflegegrad 4
- Pflegegeld (728 € monatlich)
- Pflegesachleistungen (1.693 € monatlich)
- Tages- und Nachtpflege (1.612 € monatlich)
- Zuschuss für vollstationäre Pflege (1.775 € monatlich)
- Weitere Leistungen wie bei Pflegegrad 2 und 3
Pflegegrad 5
- Pflegegeld (901 € monatlich)
- Pflegesachleistungen (2.095 € monatlich)
- Tages- und Nachtpflege (1.995 € monatlich)
- Zuschuss für vollstationäre Pflege (2.005 € monatlich)
- Weitere Leistungen wie bei den anderen Pflegegraden
Einige Leistungen für die Pflegegrade wurden 2022 erhöht, insbesondere die Pflegesachleistungen, um pflegebedürftige Menschen, die zu Hause betreut werden, finanziell stärker zu entlasten. Für 2024 und 2025 sind weitere Erhöhungen geplant.
Unterstützung durch marta
Unabhängig vom Pflegegrad können Betroffene und ihre Angehörigen Unterstützung durch externe Dienstleister erhalten. marta bietet beispielsweise eine Plattform, um geprüfte Betreuungskräfte für die 24-Stunden-Betreuung zu finden. Diese Betreuung findet im eigenen Zuhause statt, wodurch ein Umzug ins Pflegeheim vermieden werden kann. Die Profile der Betreuungskräfte geben Auskunft über ihre Erfahrung und Deutschkenntnisse.
Vor der Entscheidung für eine Betreuungskraft besteht die Möglichkeit, diese per Telefon oder Videoanruf kennenzulernen. Die Aufgaben der Betreuungskraft werden individuell vereinbart, wobei viele Betreuungskräfte auf den Umgang mit Demenzkranken spezialisiert sind. Eine 24-Stunden-Betreuung kann insbesondere bei Demenz von Vorteil sein, da immer jemand vor Ort ist, der in Notfällen handeln kann. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass es sich nicht um qualifizierte Pflegekräfte nach deutschem Recht handelt und die medizinische Versorgung weiterhin von einem Pflegedienst übernommen werden muss.
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Demenz als Volkskrankheit
Demenz hat sich in Deutschland zu einer Volkskrankheit entwickelt. Aktuell leben rund 1,7 Millionen Menschen mit einer Demenz, wobei die Alzheimer-Krankheit die häufigste Form darstellt. Jährlich erkranken rund 300.000 Menschen neu, und die Tendenz ist steigend. Trotz intensiver Forschungsanstrengungen ist Demenz nach wie vor eine irreversible Krankheit mit progressivem Verlauf. Die verfügbaren Therapien und Medikamente können lediglich die Symptome lindern, die Erkrankung selbst jedoch nicht aufhalten.
Der Pflegegradrechner
Um eine erste Einschätzung zu erhalten, ob ein Anspruch auf Pflegeleistungen besteht, kann ein Pflegegradrechner genutzt werden. Dieser berücksichtigt verschiedene Kriterien und ermöglicht eine Orientierungshilfe.
Vorbereitung auf die Begutachtung
Um sich optimal auf die Begutachtung durch den Medizinischen Dienst vorzubereiten, sollten folgende Dokumente bereitgehalten werden:
- Arztberichte
- Medikamentenpläne
- Dokumentationen des ambulanten Pflegedienstes (sofern vorhanden)
- Schwerbehindertenausweis
- Pflegetagebuch
Es ist ratsam, während des Begutachtungstermins auf das sogenannte Fassadenverhalten zu achten. Dabei spielen Betroffene ihre Probleme herunter, um ihre Selbstständigkeit zu bewahren. Angehörige sollten die Gutachterin oder den Gutachter gegebenenfalls separat informieren, um ein realistisches Bild der Situation zu vermitteln.
Umgang mit Ablehnung
Es kommt vor, dass Menschen mit Demenz die Notwendigkeit von Hilfeleistungen ablehnen. In solchen Fällen ist es wichtig, das Thema frühzeitig anzusprechen und Verständnis zu zeigen. Kleine Schritte, wie die Beantragung einer Haushaltshilfe, können den Einstieg erleichtern.
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