Pflegegrad nach leichtem Schlaganfall: Umfassende Unterstützung für Betroffene und Angehörige

Ein Schlaganfall ist ein einschneidendes Ereignis, das nicht nur das Leben der Betroffenen grundlegend verändert, sondern auch signifikanten Einfluss auf den Alltag und die Notwendigkeit von Hilfeleistungen hat. Er zählt bei Erwachsenen als eine der häufigsten Ursachen für dauerhafte Beeinträchtigungen. Die resultierenden Folgen - physische Einschränkungen wie Lähmungen, sensorische Störungen wie Probleme mit dem Sehvermögen oder emotionale Auswirkungen wie depressive Verstimmungen - erfordern häufig langfristige Pflegemaßnahmen. Eine Schlüsselkomponente ist der sogenannte Pflegegrad, der die Schwere der Pflegebedürftigkeit klassifiziert und Zugang zu finanziellen Leistungen und Pflegediensten eröffnet. Ein möglichst hoher Pflegegrad nach Schlaganfall sichert die beste Versorgung im häuslichen Umfeld.

Dieser Artikel beleuchtet die wichtigsten Aspekte rund um das Thema Pflegegrad nach Schlaganfall, gibt einen Überblick über die Symptome, Diagnose, Akutversorgung und Rehabilitation und informiert darüber, wie man einen Pflegegrad beantragt, um die erforderliche Unterstützung und finanzielle Entlastung durch die Pflegeversicherung zu sichern.

Was ist ein Schlaganfall?

Ein Schlaganfall tritt auf, wenn die Blutzufuhr zu einem Teil des Gehirns unterbrochen wird oder wenn ein Blutgefäß im Gehirn platzt. Medizinisch wird er auch als Apoplex bezeichnet. Dies kann durch eine Blutgerinnselbildung (ischämischer Schlaganfall) oder eine Blutung (hämorrhagischer Schlaganfall) verursacht werden. Er betrifft häufiger Menschen im fortgeschrittenen Alter, wobei über 50 Prozent der Fälle über 65-Jährige betreffen. Es können jedoch auch jüngere Menschen betroffen sein.

Symptome und Diagnose

Die Symptome eines Schlaganfalls können plötzlich auftreten und je nach betroffenem Bereich des Gehirns variieren. Häufige Symptome sind:

  • Plötzliche Schwäche oder Lähmung einer Körperseite (Hemiparese)
  • Sprach- und Sprechstörungen
  • Sehstörungen
  • Verwirrtheit
  • Starke Kopfschmerzen
  • Schwindel und Gleichgewichtsstörungen

Um einen Schlaganfall rechtzeitig zu erkennen, gibt es den sogenannten FAST-Test:

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  • F (Face): Bitten Sie die Person zu lächeln. Hängt ein Mundwinkel herab, kann dies auf eine Halbseitenlähmung hindeuten.
  • A (Arms): Bitten Sie die Person, beide Arme mit nach oben gedrehten Handflächen nach vorne auszustrecken. Kann ein Arm nicht gehoben werden oder sinkt er ab, liegt möglicherweise eine Lähmung vor.
  • S (Speech): Achten Sie auf Sprachstörungen. Ist die Sprache verwaschen oder kann die Person Gesagtes nicht verstehen?
  • T (Time): Zeit ist entscheidend! Rufen Sie sofort den Notruf (112) und schildern Sie die Symptome.

Bei Verdacht auf einen Schlaganfall ist eine schnelle Diagnose entscheidend. Folgende Untersuchungsmethoden werden eingesetzt:

  • Computertomographie (CT): Dies ist die am häufigsten eingesetzte Methode, um Hirnblutungen auszuschließen oder nachzuweisen.
  • Magnetresonanztomographie (MRT): Diese Untersuchung liefert detailliertere Bilder des Gehirns und kann auch kleine Infarkte erkennen.

Risikofaktoren und Prävention

Viele Risikofaktoren für Schlaganfälle können mit Lebensstiländerungen und medizinischer Behandlung kontrolliert werden. Zu den wichtigsten Risikofaktoren gehören:

  • Hoher Blutdruck
  • Vorhofflimmern
  • Diabetes
  • Rauchen
  • Übergewicht
  • Bewegungsmangel
  • Fettstoffwechselstörung
  • Herz-Kreislauf-Erkrankungen
  • Familiäre Vorbelastung

Eine gesunde Ernährung, regelmäßige Bewegung, der Verzicht auf Nikotin und die Kontrolle von Risikofaktoren wie Bluthochdruck und Diabetes können das Schlaganfallrisiko deutlich senken. Die Deutsche Schlaganfall Gesellschaft bietet auf ihrer Seite einen Schlaganfall-Risikotest an, mit dem Personen ihr persönliches Risiko einschätzen können.

Akutversorgung und Frührehabilitation

Die Behandlung auf einer spezialisierten Stroke Unit ist für Schlaganfallpatienten von entscheidender Bedeutung. Diese Einheiten bieten eine optimale Erstversorgung und können Komplikationen sowie das Auftreten weiterer Schlaganfälle verhindern. Der Leitsatz „Time is brain“ unterstreicht die Dringlichkeit der Behandlung. Je schneller ein Patient nach einem Schlaganfall versorgt wird, desto mehr Nervenzellen können gerettet werden. Die Erstversorgung in einer Stroke Unit ist essentiell. In Deutschland wird heutzutage auch der Großteil auf solchen Stroke Units behandelt.

Medikamentöse Therapie

Die medikamentöse Therapie spielt eine zentrale Rolle in der Akutversorgung. Bei einem ischämischen Schlaganfall kann eine Thrombolyse oder „Lyse-Therapie“ durchgeführt werden, um das Blutgerinnsel aufzulösen. Bei größeren Gefäßverschlüssen kann eine Thrombektomie angewendet werden. Hierbei wird mittels eines Katheters versucht, das verschlossene Gefäß wieder zu eröffnen. Die medikamentöse Sekundärprophylaxe wird nach Vorliegen aller Untersuchungsergebnisse festgelegt.

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Frührehabilitation

Die Frührehabilitation beginnt bereits innerhalb der ersten 24 Stunden nach dem Schlaganfall. Diese frühen Maßnahmen haben einen positiven Einfluss auf die Entwicklung der Symptome und Einschränkungen.

Pflegegrad nach Schlaganfall: Antragstellung und Begutachtung

Nach einem Schlaganfall ist es wichtig, zeitnah einen Pflegegrad zu beantragen, um Zugang zu den Leistungen der Pflegeversicherung zu erhalten. Die Einstufung in einen Pflegegrad basiert auf dem Grad der Selbstständigkeit des Betroffenen. Seit 2017 wird nicht mehr in Pflegestufen, sondern in Pflegegrade eingeteilt. Die deutsche Pflegeversicherung bietet verschiedene Leistungen im Bereich der ambulanten und stationären Pflege an.

Antragstellung

  1. Antrag bei der Pflegekasse stellen: Zuerst muss bei der Pflegekasse des Betroffenen ein Antrag auf Pflegeleistungen gestellt werden. Die Pflegekasse ist bei der Krankenkasse angesiedelt, bei der der Betroffene versichert ist. Dies kann telefonisch oder schriftlich erfolgen. Die Pflegekasse stellt Informationen und Formulare zur Verfügung.
  2. Formular ausfüllen: Füllen Sie das Formular sorgfältig und vollständig aus. Die Pflegekasse erfragt neben persönlichen Angaben auch Informationen zu der Pflegeperson. Vergessen Sie auch Ihre Unterschrift nicht.
  3. Pflegeberatung: Die AntragstellerIn hat das Recht, sich innerhalb von zwei Wochen nach Antragstellung professionell beraten zu lassen. Dafür kann die Pflegekasse entweder selbst eine BeraterIn zur Verfügung stellen oder einen Beratungsgutschein ausstellen, der bei einer neutralen Beratungsstelle eingelöst werden kann. Die Pflegeberatung unterstützt sowohl die betroffene Person als auch ihre Angehörigen bei der Beantragung des Pflegegrads und steht für Fragen zur Verfügung.

Begutachtung durch den Medizinischen Dienst (MD)

  1. Terminvereinbarung: Die Pflegekasse beauftragt dann den Medizinischen Dienst (MD) mit der Begutachtung. Die Gutachter vereinbaren einen Termin, um den Pflegebedarf zu Hause oder in der Einrichtung, in der der Betroffene lebt, zu ermitteln.
  2. Vorbereitung: Bereiten Sie sich gut auf den Termin vor. Dokumentieren Sie über bisher benötigte Hilfeleistungen im Alltag zusammenstellen.
  3. Begutachtung: Während des Hausbesuchs wird der Grad der Selbstständigkeit bzw. der Pflegebedürftigkeit in verschiedenen Bereichen bewertet. Die Begutachtung erfolgt anhand eines standardisierten Neuen Begutachtungsassessments (NBA), bei dem aufgrund von Punkten der Grad der Selbstständigkeit in den genannten Bereichen bewertet wird.
  4. Ergebnis und Pflegegrad: Anhand des Ergebnisses der Begutachtung wird entschieden, in welchen Pflegegrad der Betroffene eingestuft wird. Die Pflegekasse teilt das Ergebnis dem Versicherten schriftlich mit. Kommt man zu dem Schluss, dass eine erhebliche Beeinträchtigung der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten vorliegt, wird einer der Pflegegrade 2 bis 5 zuerkannt. Bei geringerer Beeinträchtigung kann auch der Pflegegrad 1 in Betracht kommen.
  5. Widerspruch: Sollte man mit der Entscheidung der Pflegekasse nicht einverstanden sein, hat man das Recht, Widerspruch einzulegen. In diesem Fall wird der Fall erneut geprüft.

Die Pflegegrade im Überblick

Wie alle Pflegebedürftigen in Deutschland, werden auch Menschen nach einem Schlaganfall, je nach Umfang der Beeinträchtigungen ihrer Selbstständigkeit und ihrer Fähigkeiten in fünf Pflegegrade eingeteilt:

  • Pflegegrad 1 - Geringe Beeinträchtigung der Selbstständigkeit: Personen im Pflegegrad 1 haben geringe Einschränkungen im täglichen Leben. Sie erhalten vor allem präventive und fördernde Leistungen, die ihrer Selbstständigkeit zugutekommen sollen.
  • Pflegegrad 2 - Erhebliche Beeinträchtigung der Selbstständigkeit: Bei Pflegegrad 2 sind die Alltagsfähigkeiten stärker eingeschränkt. Betroffene haben Anspruch auf Pflegegeld oder Pflegesachleistungen, die zum Beispiel für den Einsatz professioneller Pflegedienste genutzt werden können. Pflegende Angehörige können durch Angebote zur Kurzzeitpflege entlastet werden.
  • Pflegegrad 3 - Schwere Beeinträchtigung der Selbstständigkeit: Menschen mit Pflegegrad 3 brauchen umfassendere Unterstützung. Sie haben Anspruch auf höhere Leistungen als im Pflegegrad 2. Dazu gehört neben dem Pflegegeld auch die Tages- oder Nachtpflege sowie die vollstationäre Pflege.
  • Pflegegrad 4 - Schwerste Beeinträchtigung der Selbstständigkeit: Hier sind Personen zugeteilt, die fast rund um die Uhr auf Hilfe angewiesen sind. Neben allen Leistungen der vorherigen Pflegegrade können diese Betroffenen eine intensivere Betreuung und spezielle Hilfsmittel beanspruchen.
  • Pflegegrad 5 - Schwerste Beeinträchtigungen mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung: Dieser Pflegegrad kennzeichnet außergewöhnlich schwere Fälle, bei denen die Personen tagtägliche Hilfe bei fast allen grundlegenden und komplexen Lebensvorgängen benötigen. Die Unterstützungen sind entsprechend umfassend und beinhalten die höchsten Leistungen in Sachen Pflegegeld und Pflegesachleistungen sowie vollstationäre Pflege.

Leistungen der Pflegeversicherung

Nach einem Schlaganfall stehen Betroffenen verschiedene Leistungen der Pflegeversicherung zu. Das Pflegegeld ist eine wichtige finanzielle Unterstützung für Pflegebedürftige, die zu Hause von Angehörigen oder anderen Personen gepflegt werden. Es steht Betroffenen ab Pflegegrad 2 zur Verfügung und kann frei verwendet werden. Die Höhe des Pflegegeldes richtet sich nach dem jeweiligen Pflegegrad. Als Alternative zum Pflegegeld können Pflegebedürftige Pflegesachleistungen in Anspruch nehmen. Diese ermöglichen die Nutzung professioneller Pflegeleistungen durch einen ambulanten Pflegedienst. Der Umfang der Leistungen hängt vom Pflegegrad ab.

Zusätzlich gibt es folgende Leistungen:

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  • Häusliche Krankenpflege und Behandlungspflegen: Diese Leistungen umfassen medizinische Versorgung im eigenen Zuhause.
  • Grundpflegetätigkeiten: Hilfe beim Waschen, Anziehen oder bei der Nahrungsaufnahme.
  • Verhinderungs- und Kurzzeitpflegedienste: Unterstützung für pflegende Angehörige, die eine Auszeit benötigen oder kurzzeitig nicht für ihre Liebsten sorgen können.
  • Individuelle Betreuungsmaßnahmen: Alltagsbegleiterinnen und -begleiter sowie hauswirtschaftliche Hilfen.
  • Wohnraumanpassung: Die Pflegekasse beteiligt sich mit bis zu 4.000 Euro an Maßnahmen zur Verbesserung des Wohnumfelds.
  • Entlastungsbetrag: Zusätzlich zu diesen Leistungen haben Pflegebedürftige ab Pflegegrad 1 Anspruch auf einen monatlichen Entlastungsbetrag von 125 Euro.
  • Teilstationäre Pflege: Tages- oder Nachtpflege.
  • Vollstationäre Pflege: Rund-um-die-Uhr-Betreuung in einer stationären Pflegeeinrichtung.

Es ist wichtig zu beachten, dass die Leistungen der Pflegeversicherung in vielen Fällen nicht ausreichen, um alle Kosten zu decken. Um die bestmögliche Unterstützung zu erhalten, sollten Betroffene und Angehörige sich ausführlich bei der Pflegekasse über die verfügbaren Leistungen informieren. Abgesehen von der finanziellen Unterstützung durch die Leistungen der Pflegeversicherung, z. B. in Form von Pflegegeld bei häuslicher Pflege, könnte es möglich und notwendig werden, Sozialhilfe oder Erwerbsminderungsrente zu beantragen.

Hilfsmittel und Therapieoptionen

Hilfsmittel spielen eine essentielle Rolle in der Pflege und Rehabilitation von Personen, die einen Schlaganfall erlitten haben. Sie sind nicht nur praktische Unterstützer im Alltag, sondern auch unverzichtbare Helfer auf dem Weg zurück in ein selbstbestimmtes Leben. Von Gehhilfen über spezielle Essbestecke bis hin zu Kommunikationshilfen ermöglichen sie es Betroffenen, ihre motorischen und kognitiven Fähigkeiten zu fördern und so ihre Lebensqualität erheblich zu verbessern.

Es gibt vielfältige Therapieoptionen, die darauf abzielen, die Lebensqualität betroffener Personen zu verbessern und ihre Selbstständigkeit so weit wie möglich wiederherzustellen:

  • Ergotherapie: Fördert die Fähigkeiten im Alltag und entwickelt individuelle Strategien für die Bewältigung von Alltagsaufgaben.
  • Physiotherapie: Hilft, Mobilität und Balance zu verbessern.
  • Logopädie: Unterstützt bei Sprach- und Schluckstörungen.
  • Neuropsychologische Trainings: Stärken kognitive Funktionen.

Alle diese Ansätze zielen darauf ab, die Selbstständigkeit zu erhöhen und Pflegebedürftige mit entsprechenden Kompetenzen auszustatten.

Herausforderungen und Perspektiven

Ein Schlaganfall kann das Leben von einem Moment auf den anderen grundlegend verändern. Neben den unmittelbaren gesundheitlichen Folgen stehen Betroffene und ihre Angehörigen oft vor der Herausforderung, sich im Dschungel der Pflegeversicherung zurechtzufinden. Auch (verbal) aggressives Verhalten gegenüber den Angehörigen kann z. B. durch die Hilflosigkeit ausgelöst werden. Daher ist es wichtig, sich frühzeitig über die verschiedenen Leistungen und Unterstützungsmöglichkeiten zu informieren und professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Die Rolle des Bundesweiten Pflegenetzwerks (BWPN)

Das Bundesweite Pflegenetzwerk (BWPN) ist ein unschätzbarer Partner für Betroffene und deren Familien. Es bringt seine ganze Erfahrung und sein Fachwissen ein, um sicherzustellen, dass in der oft komplexen Situation nach einem Schlaganfall die Pflegebedürftigkeit korrekt bewertet wird und somit der Pflegegrad dem tatsächlichen Bedarf des Menschen gerecht wird. Das BWPN setzt sich mit höchster Fachkompetenz und Einfühlungsvermögen dafür ein, dass Schlaganfallpatienten den Pflegegrad erhalten, der ihren tatsächlichen Bedarf widerspiegelt.

Forschung und Innovation

Auf dem Gebiet der Schlaganfall-Früherkennung wird viel an der Genetik des Schlaganfalls geforscht. Warum treten Schlaganfälle zum Beispiel in manchen Familien häufiger auf als in anderen? Woran kann man eine Art Veranlagung erkennen? An diese und ähnlichen Fragen wird stark geforscht. Zuletzt gibt es auch viele Forschungsprojekte zur Verbesserung der Regeneration und Rehabilitation nach Schlaganfall.

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