Pflegegrad bei Demenz: Tipps und Tricks für Betroffene und Angehörige

Demenz ist eine fortschreitende Erkrankung, die mit kognitiven Einschränkungen und Veränderungen im Verhalten einhergeht. In Deutschland leben etwa 1,7 Millionen Menschen mit Demenz, wobei die Alzheimer-Krankheit die häufigste Form darstellt. Die Diagnose Demenz stellt Betroffene und Angehörige vor große Herausforderungen. Dieser Artikel bietet umfassende Informationen und praktische Tipps zum Umgang mit Demenz, zur Gestaltung eines demenzgerechten Wohnraums und zur Beantragung eines Pflegegrads.

Demenz verstehen

Was ist Demenz?

Demenz ist eine fortschreitende Degeneration des Gehirns, die sich durch Gedächtnisverlust, Orientierungslosigkeit, Sprachstörungen und Veränderungen in der Persönlichkeit äußert. Die Krankheit verläuft in der Regel über mehrere Jahre und führt zu einer zunehmenden Einschränkung der Selbstständigkeit.

Frühe Anzeichen erkennen

Es gibt verschiedene Situationen, die den Verdacht auf eine beginnende Demenz verstärken können. Schwierigkeiten bei der Bewältigung des Alltags, Vergesslichkeit und Orientierungslosigkeit können erste Anzeichen sein. Es ist wichtig, diese Veränderungen zu erkennen und entsprechend darauf zu reagieren, um dem Angehörigen bestmöglich zu helfen.

Umgang mit der Diagnose

Die Diagnose Demenz ist für Betroffene und Angehörige eine existenzielle Nachricht. Häufig reagieren Betroffene mit Ängsten und leugnen eine geistige Beeinträchtigung. Es ist wichtig, einfühlsam zu sein und den Betroffenen mit Verständnis und Unterstützung zur Seite zu stehen.

Demenzgerechte Raumgestaltung

Die Gestaltung des Wohnraums spielt eine entscheidende Rolle für das Wohlbefinden von Menschen mit Demenz. Eine übersichtliche und einfache Einrichtung erleichtert die Orientierung und reduziert Überforderung.

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Grundprinzipien der Raumgestaltung

  • Übersichtlichkeit und Einfachheit: Vermeiden Sie zu viele Sinneseindrücke und schaffen Sie eine klare Struktur im Raum.
  • Sicherheit: Beseitigen Sie Stolperfallen wie lose Kabel und Teppiche. Sorgen Sie für eine gute Beleuchtung, insbesondere nachts.
  • Orientierungshilfen: Kennzeichnen Sie Türen mit Schildern und nutzen Sie Fenster zur räumlichen Orientierung.
  • Kontraste: Setzen Sie Farbakzente gezielt ein, um Details hervorzuheben. Vermeiden Sie dunkle Töne und großflächige Muster.
  • Erinnerungsstücke: Bewahren Sie wertvolle Gegenstände und Bilder auf, die Erinnerungen wecken und Geborgenheit vermitteln.

Detaillierte Tipps zur Raumgestaltung

  • Türen: Offene Türen sind als Durchgänge besser erkennbar. Kennzeichnen Sie wichtige Türen wie zum Badezimmer mit Schildern.
  • Fenster: Fenster bieten die Möglichkeit zur räumlichen und zeitlichen Orientierung, wenn draußen markante Gebäude oder Landschaftsmerkmale zu sehen sind.
  • Beleuchtung: Kaltweißes Licht ist für ältere Menschen besser zu sehen als warmweißes. LED-Nachtlichter mit Bewegungsmelder helfen bei nächtlichen Toilettengängen.
  • Böden: Vermeiden Sie spiegelnde Oberflächen, die zu Verwirrung führen können. Dunkle Fußmatten oder Teppiche können im fortgeschrittenen Stadium der Demenz als nicht überwindbare Löcher im Boden gedeutet werden.
  • Farben: Helle und freundliche Farben sind angenehm für Demenzerkrankte. Dunkle Töne sollten Sie eher vermeiden, da sie negative Gefühle auslösen können.
  • Möbel: Runde oder abgerundete Tische sind für Menschen mit Demenz leichter optisch zu erfassen als eckige Möbel.
  • Sicherheit: Installieren Sie Rauchmelder in allen Räumen und verwenden Sie Herdschutzknöpfe, um Unfälle zu vermeiden.
  • Innere Unruhe: Schaffen Sie einen sicheren Rundweg innerhalb der Wohnung oder des Grundstücks, auf dem die Person gefahrlos herumlaufen kann.

Pflegegrad beantragen und Leistungen nutzen

Seit 2017 profitieren auch Demenzkranke von den Leistungen der Pflegeversicherung. Kognitive Einschränkungen werden nun ebenfalls als pflegebedürftig gewertet.

Pflegegrad: Was ist das?

Der Pflegegrad bestimmt den Umfang der Leistungen, die ein Pflegebedürftiger von der Pflegeversicherung erhält. Es gibt fünf Pflegegrade, wobei Pflegegrad 1 die geringste und Pflegegrad 5 die höchste Stufe der Pflegebedürftigkeit darstellt.

Antragstellung

Den Antrag auf einen Pflegegrad kann der Betroffene selbst oder eine bevollmächtigte Person bei der Krankenkasse des Versicherten stellen. Nach Antragstellung erfolgt ein Hausbesuch des Gutachters vom Medizinischen Dienst (MD) oder Medicproof (bei Privatversicherten).

Vorbereitung auf die Begutachtung

Eine gute Vorbereitung auf die Begutachtung ist entscheidend. Sammeln Sie alle relevanten Unterlagen, wie Arztberichte, Medikamentenpläne und Pflegedokumentationen. Führen Sie ein Pflegetagebuch, um den täglichen Pflegeaufwand detailliert festzuhalten. Nutzen Sie einen Pflegegradrechner, um den voraussichtlichen Pflegegrad zu ermitteln.

Tipps für die Begutachtung

  • Ehrlichkeit: Schildern Sie den Pflegealltag ehrlich und zeigen Sie die tatsächlichen Herausforderungen auf.
  • Anwesenheit: Sorgen Sie dafür, dass auch pflegende Angehörige oder vertraute Personen bei der Begutachtung anwesend sind.
  • Pflegetagebuch: Nutzen Sie das Pflegetagebuch als Gedächtnisstütze und legen Sie es dem Gutachter vor.
  • Unterlagen: Legen Sie alle relevanten Unterlagen dem Gutachter vor.
  • Fassadenverhalten: Nehmen Sie die Gutachterin oder den Gutachter am besten beiseite, und beschreiben Sie ehrlich, in welchen Situationen tatsächlich Hilfe notwendig ist.

Leistungen der Pflegeversicherung

Die Pflegeversicherung bietet verschiedene Leistungen, um Pflegebedürftige und ihre Angehörigen zu unterstützen:

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  • Pflegegeld: Wird die Pflege durch Angehörige übernommen, wird Pflegegeld gezahlt.
  • Pflegesachleistungen: Wird ein ambulanter Pflegedienst beauftragt, übernimmt die Pflegeversicherung die Kosten als Sachleistung.
  • Tages- und Nachtpflege: Für Menschen mit Demenz, die tagsüber oder nachts Betreuung benötigen, bietet die Pflegeversicherung finanzielle Unterstützung in Form von Tages- oder Nachtpflege an.
  • Kurzzeitpflege: Wenn Angehörige die Pflege zeitweise nicht übernehmen können, kann Kurzzeitpflege in Anspruch genommen werden.
  • Verhinderungspflege: Wenn die Pflegeperson verhindert ist, übernimmt die Pflegeversicherung die Kosten für eine Ersatzpflege.
  • Entlastungsleistungen: Zusätzlich zu den genannten Leistungen besteht Anspruch auf Entlastungsleistungen in Höhe von 125 Euro monatlich.

Höherstufung des Pflegegrads

Eine Höherstufung des Pflegegrads ist sinnvoll, wenn sich der Gesundheitszustand der pflegebedürftigen Person verschlechtert und der bisherige Pflegegrad den tatsächlichen Pflegebedarf nicht mehr abdeckt. Der Antrag zur Höherstufung wird bei der zuständigen Pflegekasse gestellt.

Unterstützung für Angehörige

Die Pflege eines Menschen mit Demenz ist eine große Herausforderung, die oft mit einer hohen physischen und psychischen Belastung verbunden ist. Es ist wichtig, dass Angehörige sich frühzeitig Unterstützung suchen und Auszeiten nehmen.

Entlastungsangebote

  • Kurzzeitpflege und Verhinderungspflege: Nutzen Sie diese Angebote, um sich eine Auszeit von der Pflege zu nehmen.
  • Tages- und Nachtpflege: Entlasten Sie sich durch die Inanspruchnahme von Tages- oder Nachtpflege.
  • Ambulante Betreuungsdienste: Ambulante Betreuungsdienste geben Hilfestellungen bei der Gestaltung des Alltags, im Haushalt sowie bei der Aufrechterhaltung sozialer Kontakte und sozialer Fähigkeiten.
  • Selbsthilfegruppen: In Selbsthilfegruppen können Sie sich mit anderen Angehörigen austauschen und erhalten das Gefühl, dass Sie mit Ihren Sorgen nicht alleine sind.
  • Ehrenamtliche Hilfe: Ehrenamtliche Helferinnen und Helfer können die Betreuung von Menschen mit Demenz unterstützen und Angehörige entlasten.
  • Nachbarschaftshilfe: In fast allen Bundesländern gibt es Regelungen zur sogenannten Nachbarschaftshilfe.

Tipps für den Umgang mit Demenz

  • Verständnis: Zeigen Sie Verständnis für das Verhalten und die Bedürfnisse des Menschen mit Demenz.
  • Kommunikation: Sprechen Sie langsam, in kurzen Sätzen und in einfachen Worten.
  • Tagesstruktur: Schaffen Sie eine klare Tagesstruktur mit festen Abläufen und Ritualen.
  • Beschäftigung: Bieten Sie dem Menschen mit Demenz altersgerechte Beschäftigungen an, die seine Fähigkeiten fördern.
  • Musik: Musik kann eine positive Wirkung haben und Erinnerungen wecken.
  • Bewegung: Regelmäßige Bewegung fördert die körperliche und geistige Gesundheit.
  • Rechtliche Fragen: Klären Sie rechtliche und finanzielle Fragen frühzeitig und erstellen Sie gegebenenfalls eine Vorsorgevollmacht.

Herausforderndes Verhalten bei Demenz

Im Verlauf der Demenz kann es zu Verhaltensänderungen kommen, die für Angehörige sehr belastend sein können. Es ist wichtig, diese Verhaltensweisen zu verstehen und angemessen darauf zu reagieren.

Mögliche Verhaltensweisen

  • Ängste: Angstzustände können bei Demenz auftreten und sollten ernst genommen werden.
  • Wahnvorstellungen: Die Betroffenen sind oft davon überzeugt, dass sie betrogen oder bestohlen werden oder dass ihre Mitmenschen ihnen etwas Böses wollen.
  • Halluzinationen: Die Häufigkeit von Halluzinationen bei Demenzerkrankungen kann stark variieren und hängt von verschiedenen Faktoren ab.
  • Schreien: Vermeintlich grundloses, unkontrolliertes Schreien kann ein Symptom fortgeschrittener Demenz sein.
  • Aggressionen: Manchmal kann die Orientierungslosigkeit auch zu Aggressionen bei Demenz führen.

Tipps für den Umgang mit herausforderndem Verhalten

  • Perspektivenwechsel: Versetzen Sie sich in die Lage des Menschen mit Demenz und versuchen Sie, seine Gefühle und Bedürfnisse zu verstehen.
  • Ruhe bewahren: Bleiben Sie ruhig und geduldig, auch wenn die Situation schwierig ist.
  • Ablenkung: Versuchen Sie, den Betroffenen abzulenken und ihm positive Erlebnisse zu ermöglichen.
  • Professionelle Hilfe: Holen Sie sich professionelle Hilfe, wenn Sie sich überfordert fühlen.

Wohnen bleiben oder Umzug ins Pflegeheim?

Die Entscheidung, ob die Pflege zu Hause oder in einem Pflegeheim erfolgen soll, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Die Pflege zu Hause bietet den Vorteil, dass die betroffene Person in ihrer vertrauten Umgebung bleiben kann und von der Unterstützung und Nähe ihrer Angehörigen profitiert. Zuhause ist häufig eine individuellere Betreuung und flexiblere Alltagsgestaltung, angepasst an die individuelle Tagesform, möglich. Wenn die Pflege zu Hause jedoch nicht mehr möglich ist, kann der Umzug in ein Pflegeheim eine gute Lösung sein.

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