Die Pflegeplanung bei Demenz ist ein vielschichtiger Prozess, der darauf abzielt, die Lebensqualität von Menschen mit Demenz zu erhalten und zu verbessern. Dabei spielen Kommunikation, Betreuung und die Berücksichtigung individueller Bedürfnisse eine zentrale Rolle. Angehörige und Pflegekräfte stehen vor der Herausforderung, die Betreuung an die fortschreitende Erkrankung anzupassen und gleichzeitig die Selbstständigkeit und Würde des Betroffenen zu wahren.
Frühzeitige Pflegeplanung
Eine frühzeitige Pflegeplanung ist entscheidend, da Demenzpatienten in frühen und mittleren Stadien der Erkrankung ihr Alltagsleben oft noch selbstständig oder mit geringer Unterstützung bewältigen können. Viele leben weiterhin in ihrer eigenen Wohnung. Da jedoch im Laufe der Zeit mehr Hilfe erforderlich wird, sollten sich Betroffene und Angehörige frühzeitig über Hilfsangebote und Wohnmöglichkeiten informieren, falls ein eigenständiges Leben nicht mehr möglich ist.
Pflege zu Hause
Etwa zwei Drittel der Demenzkranken leben in ihren eigenen vier Wänden. Gerade für ältere Menschen ist das Zuhause oft der Lebensmittelpunkt, der Erinnerungen weckt und Sicherheit bietet - Faktoren, die bei Demenz besonders wichtig sind. Daher ist es das Ziel vieler Betroffener, so lange wie möglich im eigenen Zuhause zu bleiben. In frühen Stadien der Demenz ist dies oft problemlos möglich, wobei die Patienten ihren Alltag weitgehend selbstständig bewältigen. Lediglich bei Tätigkeiten, die hohe Konzentration erfordern, wie Schriftverkehr mit Behörden oder Bankgeschäfte, benötigen sie Unterstützung.
Es ist ratsam, dass Angehörige oder Nachbarn mehrmals täglich nach dem Rechten sehen, wenn ein Demenzkranker alleine lebt. Sie sollten darauf achten, dass der Patient sich ausgewogen ernährt und ausreichend trinkt. Gegebenenfalls kann "Essen auf Rädern" organisiert werden.
Demenzgerechte Gestaltung des Wohnraums
Zur Pflegeplanung bei Demenz gehört auch die demenzgerechte Gestaltung der Wohnung. Dazu gehören beispielsweise:
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- Große Symbole an den Türen, die die Nutzung des jeweiligen Raumes anzeigen (Küche, Bad, Schlafzimmer usw.).
- Durchsichtige Kleiderschranktüren, die das Auffinden von Kleidungsstücken erleichtern.
- Ein Herd, der sich nach einer gewissen Zeit automatisch abschaltet, um Brände zu vermeiden.
- Lichtelemente im Fußboden, um Stürze zu verhindern.
- Sicheres Einschließen von Putzmitteln zur Vermeidung von Verwechslungen und Vergiftungen.
- Entfernen von Haken und Schlüsseln, mit denen sich die Badezimmertür von innen verriegeln lässt.
Unterstützung durch Angehörige und externe Hilfe
Die Betreuung eines dementen Menschen erfordert von Angehörigen viel Einsatz und Geduld. Daher sollte die Familie frühzeitig überlegen, wie viel Unterstützung sie leisten kann und ab wann externe Hilfe, wie ambulante Pflegedienste, notwendig ist. Der behandelnde Arzt kann bei dieser Einschätzung helfen.
Ambulante Pflege
Angehörige, die einen Demenzkranken pflegen, haben Anspruch auf professionelle Unterstützung durch einen ambulanten Pflegedienst. Die Fachkräfte helfen den Patienten beispielsweise beim Aufstehen, Waschen und Toilettengang. Voraussetzung für diesen Anspruch ist die Einstufung des Patienten als pflegebedürftig und die Anerkennung des Pflegedienstes durch die Pflegekasse. Es ist ratsam, sich vorab über die Angebote verschiedener Pflegedienste zu informieren. Selbsthilfegruppen und die Deutsche Alzheimer-Gesellschaft e.V. bieten hier Ratschläge.
24-Stunden-Betreuung
Reicht die Unterstützung durch ambulante Pflegekräfte nicht aus, kann eine 24-Stunden-Betreuung sinnvoll sein, um dem Demenzkranken den Verbleib im eigenen Zuhause zu ermöglichen. Diese Rundumbetreuung kann von örtlichen Pflegediensten oder durch Pflegekräfte aus Osteuropa angeboten werden. Bei der Beschäftigung von Pflegekräften aus Osteuropa ist es wichtig, die rechtlichen Rahmenbedingungen zu beachten und die Pflegekraft legal zu beschäftigen, um Strafen und Nachzahlungen zu vermeiden.
Betreuungsgruppen und Tagespflege
Vielerorts werden Betreuungsgruppen für Demenzpatienten angeboten, in denen sich die Teilnehmer regelmäßig treffen, um gemeinsam zu essen, singen, basteln oder spielen. Die Gruppen werden meist von ehrenamtlichen Helfern betreut. Im Rahmen der Tagespflege verbringen Demenzpatienten einen oder mehrere Tage pro Woche in einer Tagespflegeeinrichtung, die auf die Betreuung von Demenzkranken spezialisiert ist. Dort können sie gemeinsam kochen, malen, basteln oder im Garten arbeiten. Wichtig ist, dass alle Aktivitäten beaufsichtigt werden, um Unfälle zu vermeiden. Die Pflegekasse beteiligt sich bis zu einer gewissen Höhe an den Kosten für die Tagespflege, abhängig vom Pflegegrad des Patienten.
Kurzzeitpflege und Verhinderungspflege
Wenn pflegende Angehörige krank werden oder Urlaub benötigen, können Demenzkranke vorübergehend in Einrichtungen der Kurzzeitpflege untergebracht werden. Alternativ besteht die Möglichkeit einer Verhinderungspflege, bei der der Demenzkranke zuhause von einem professionellen Pflegedienst betreut wird. Die Pflegekasse übernimmt bis zu einer gewissen Höhe die Kosten für die Kurzzeit- oder Verhinderungspflege.
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Betreutes Wohnen
Betreutes Wohnen kann eine geeignete Wohnform für ältere Menschen sein, die in eigenen seniorengerechten Wohnungen leben und bei Bedarf hauswirtschaftliche Dienste und Pflege in Anspruch nehmen können. Einige Angebote für betreutes Wohnen sind auch für Demenzpatienten geeignet, sofern sie demenzgerechte Services bieten.
Fortgeschrittene Demenz: Pflegeheim und alternative Wohnformen
Wenn die Rundumbetreuung eines Demenzpatienten durch Angehörige nicht mehr geleistet werden kann und eine 24-Stunden-Betreuung nicht finanzierbar ist, bietet sich die Unterbringung in einem Pflegeheim oder in alternativen Wohnformen wie Demenz-WGs an. Bei der Auswahl eines Heims sollten Angehörige die Angebote sorgfältig vergleichen. Neben herkömmlichen Pflegeheimen gibt es vielerorts auch Einrichtungen mit speziellen Wohn- und Betreuungsangeboten für Demenzpatienten. Diese Hausgemeinschaften, Wohngruppen oder Pflegeoasen sind auf die besonderen Bedürfnisse von dementen Menschen zugeschnitten und haben meist 12 bis 20 Mitglieder. Eine Alternative zum Pflegeheim kann in manchen Fällen eine Demenz-WG sein, in der mehrere Demenzpatienten zusammen in einer großen Wohnung leben und von professionellen Pflegekräften betreut werden.
Finanzierung der Pflege
Die Pflege von Demenzpatienten ist kostspielig, insbesondere wenn umfassende Hilfestellung und Betreuung erforderlich sind. In vielen Fällen beteiligt sich die Pflegeversicherung an den Kosten. Die Höhe des Zuschusses hängt von der Pflegebedürftigkeit des Demenzkranken ab, die durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) begutachtet und in einen Pflegegrad eingestuft wird. Bei der Pflegeplanung müssen Angehörige die Höhe dieses Zuschusses sowie die eigenen finanziellen Möglichkeiten berücksichtigen, da dies die Entscheidung beeinflusst, wo und wie ein Demenzkranker wohnen und betreut werden soll.
Kommunikation mit Demenzkranken
Die Kommunikation mit Demenzkranken verändert sich im Laufe der Erkrankung. Im Anfangsstadium ist die Wahrnehmung meist nur wenig verändert, jedoch können Betroffene Termine vergessen oder Schwierigkeiten haben, sich an vergangene Ereignisse zu erinnern. In diesem Stadium ist es wichtig, dem Betroffenen mehr Zeit zum Antworten zu geben, zugewandt zu sein und in einfachen, kurzen Sätzen zu sprechen.
Im fortgeschrittenen Stadium zeigen sich ausgeprägte Gedächtnis- und Denklücken. Die Betroffenen versuchen oft, Fehler abzustreiten oder anderen die Schuld zu geben. In diesem Stadium ist es wichtig, auf die Gefühlslage des Angehörigen einzugehen und Empathie zu zeigen.
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Im weit fortgeschrittenen Stadium ist die verbale Kommunikation oft nicht mehr möglich. Umso wichtiger ist der Austausch von Berührungen und Emotionen, um dem Bedürfnis nach Geborgenheit gerecht zu werden.
Schlüsselreize und Emotionen
Schlüsselreize, die ein bestimmtes Verhalten in Gang setzen, sind besonders hilfreich, wenn Demenzkranke Angst empfinden. Sie können dem Angehörigen ein positives Gefühl vermitteln, indem Sie Schlüsselreize nutzen und sich auf Ereignisse im Leben des Betroffenen konzentrieren, an die er sich erinnern kann. Auch Emotionen können bei der Kommunikation sinnvoll genutzt werden, da Demenzkranke sehr feine Antennen für Emotionen haben und oft das Verhalten ihrer Gesprächspartner spiegeln.
Tipps für die Kommunikation
Die Deutsche Alzheimer Gesellschaft e.V. hat Tipps veröffentlicht, die die Kommunikation mit Demenzkranken vereinfachen:
- Begeben Sie sich für ein Gespräch auf die gleiche Augenhöhe.
- Nutzen Sie kurz gehaltene, einfache Sätze ohne Fremdwörter.
- Sprechen Sie langsam, deutlich und zugewandt.
- Nutzen Sie Gestik und Mimik, um Botschaften zu transportieren.
- Halten Sie kurz inne und überprüfen Sie, welche Gefühle Sie womöglich bei der Kommunikation übermitteln.
- Geben Sie Ihrem Angehörigen Zeit, zu antworten.
- Thematisieren Sie immer nur eine Sache und stellen Sie keine "Entweder-oder-Fragen".
- Schenken Sie Ihrem Angehörigen Ihre volle Aufmerksamkeit und achten Sie auf die Körpersprache Ihres Gegenübers.
- Konfrontieren Sie Ihr Familienmitglied nicht mit Fragen nach dem Wie, Warum, Weshalb, Wo oder Wann.
- Belehren Sie Ihren Angehörigen nicht, sondern zeigen Sie Anerkennung, wenn etwas gut gelingt.
Validation
Bei der Kommunikation mit Demenzkranken ist die Validation entscheidend. Das bedeutet, dass Sie die Äußerungen, Handlungen und Sichtweisen Ihres Familienangehörigen gelten lassen und nicht korrigieren.
Validation, Personzentrierte Pflege und Basale Stimulation
Validation, personzentrierte Pflege und basale Stimulation sind Methoden und Konzepte für die Kommunikation mit Demenzerkrankten, die auf den Prinzipien der Akzeptanz und Wertschätzung basieren.
Validation
Die Validation ist eine Methode, die auf Empathie, Akzeptanz und Authentizität basiert. Sie zielt darauf ab, das Selbstwertgefühl und die Sicherheit des Betroffenen zu stärken, indem seine Gefühle und Sichtweisen anerkannt und bestätigt werden. Anstatt den Demenzkranken zu korrigieren oder in die Realität zurückzuholen, taucht man in seine Welt ein und begegnet ihm auf seiner Ebene.
Personzentrierte Pflege
Die personzentrierte Pflege nach Tom Kitwood stellt den Menschen in den Mittelpunkt und nicht die Krankheit. Erhalt und Förderung des Personseins ist der Kern bei dieser Art der Kommunikation. Die Bedürfnisse, die jeder Mensch braucht, um sich wahrgenommen, wertgeschätzt und als Person zu fühlen, werden in einer "Blumenform" dargestellt, deren Kern das Bedürfnis nach Liebe ist, an welches sich die "Blütenblätter" Trost, Bindung, Einbeziehung, Beschäftigung und Identität anknüpfen.
Basale Stimulation
Die basale Stimulation hat das Ziel, die Fähigkeiten von dementiell erkrankten Menschen in den Bereichen Kommunikation, Wahrnehmung und Bewegung zu fördern und sie zu aktivieren. Über die Stimulation von visuellen, akustischen, gustatorischen und taktilen Reizen kann die Aufmerksamkeit angeregt und eine Verbindung aufgebaut werden. Sinnvoll ist die basale Stimulation besonders für Menschen mit mittelschwerer und schwerer Demenz, die nicht mehr oder nur schwer in der Lage sind, verbal zu kommunizieren und sich zu verständigen.
Pflegeplanung: Beispiele und Tipps
Die Pflegeplanung ist ein Prozess, der aus mehreren Schritten besteht: Informationssammlung, Erkennen von Pflegeproblemen, Festlegen von Pflegezielen, Planen der Pflegemaßnahmen, Durchführung der geplanten Maßnahmen sowie Evaluierung und Anpassung der Pflegeplanung. Die Pflegeplanung sollte immer individuell auf die Bedürfnisse des Betroffenen abgestimmt sein und regelmäßig angepasst werden.
Beispiele für Pflegeplanungen
- Herr Müller, 75 Jahre, mit Diabetes: Instabile Blutzuckerwerte, Wundheilungsstörungen. Ziele: Stabilisierung des Blutzuckerspiegels, Förderung der Wundheilung. Maßnahmen: Blutzuckermessungen viermal täglich, diabetesgerechte Ernährung, regelmäßige Wundkontrollen und Verbandswechsel.
- Frau Schmidt, 82 Jahre: Mangelernährung, Dehydratation. Ziele: Gewichtszunahme, ausreichende Flüssigkeitszufuhr. Maßnahmen: Kalorienreiche Kost, Trinkpläne, regelmäßige Gewichtskontrollen.
- Herr Berger, 68 Jahre: Mobilitätseinschränkungen, Dekubitusgefahr. Ziele: Erhalt der Mobilität, Vermeidung von Druckgeschwüren. Maßnahmen: Tägliche Mobilisationsübungen, regelmäßige Lagewechsel, Hautpflege zur Dekubitusprophylaxe.
- Frau Meier, 85 Jahre, fortgeschrittene Demenz: Orientierungslosigkeit, Vergesslichkeit, nächtliche Unruhe. Ziele: Verbesserung der Tagesstruktur, Förderung der Selbstständigkeit, Reduktion der nächtlichen Unruhe. Maßnahmen: Tagesablauf mit festen Ritualen, Erinnerungshilfen, beruhigende Abendrituale.
- Herr Schulze, 78 Jahre, frühstadium Demenz: Schwierigkeiten bei der Nahrungsaufnahme, Risiko für Stürze. Ziele: Sicherstellung der ausreichenden Nährstoffversorgung, Sturzprävention. Maßnahmen: Unterstützung beim Essen, ausgewogene Ernährung, regelmäßige Sturzpräventionsübungen.
- Herr Maier, 68 Jahre, Parkinson: Bewegungsstörungen, Verstopfung, Schluckbeschwerden. Ziele: Verbesserung der Mobilität, Regulierung der Darmtätigkeit, Sicherstellung der sicheren Nahrungsaufnahme. Maßnahmen: Tägliche Bewegungsübungen, ballaststoffreiche Ernährung, Schlucktraining.
- Frau Schneider, 74 Jahre, Parkinson und Depression: Antriebslosigkeit, Tremor, Schlafstörungen. Ziele: Steigerung der Lebensqualität, Reduktion des Tremors, Verbesserung des Schlafes. Maßnahmen: Teilnahme an Therapiegruppen, medikamentöse Behandlung, Schaffung eines beruhigenden Schlafumfeldes.
Tipps für die Pflegeplanung
- Pflegestandards einhalten: Die Pflegestandards legen fest, welche Maßnahmen und Ziele in bestimmten Situationen umgesetzt werden müssen.
- Individuelle Bedürfnisse berücksichtigen: Jeder Patient hat individuelle Bedürfnisse, die in der Pflegeplanung berücksichtigt werden müssen.
- Ziele und Maßnahmen klar definieren: Ziele sollten spezifisch, messbar, erreichbar, relevant und zeitgebunden (SMART) sein.
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