Polyneuropathie erfolgreich behandeln: Ein umfassender Leitfaden

Polyneuropathie, oft als abstraktes Fremdwort wahrgenommen, ist in Wirklichkeit eine Reise durch die unerforschten Gebiete unseres eigenen Nervensystems. Eine Reise, die niemand bucht, aber viele antreten müssen. Es handelt sich um eine komplexe und vielschichtige Erkrankung, die das Leben vieler Menschen auf der ganzen Welt beeinflusst. Oft im Verborgenen, ist diese Nervenkrankheit weit verbreitet, obwohl sie in der Öffentlichkeit eher selten diskutiert wird. Dieser Artikel bietet einen umfassenden Einblick in die verschiedenen Aspekte der Polyneuropathie, von den Ursachen und Symptomen bis hin zu den neuesten Diagnose- und Behandlungsmöglichkeiten.

Was ist Polyneuropathie?

Polyneuropathien (PNP) sind häufige Erkrankungen, die sehr unterschiedliche Ursachen haben können. Es handelt sich um eine Gruppe von Erkrankungen, die mehrere Nerven des peripheren Nervensystems betreffen, also solche, die außerhalb von ZNS und Rückenmark liegen. Wie die immer feiner werdenden Verästelungen eines Baumes entspringen unsere Nerven aus dem Rückenmark. Über diese Nerven stellt das Gehirn Kontakt zu den Muskeln, der Haut und allen inneren Organen her. Über sie laufen somit alle wichtigen Befehle aus der „Schaltzentrale“ zu den ausführenden Organen. Werden diese Nerven beschädigt oder zerstört, ist dieser Informationsfluss empfindlich gestört.

Tatsächlich ist Polyneuropathie häufiger als allgemein angenommen. Allein wegen Diabetes und Alkoholismus leiden schätzungsweise 3-8 % der Gesamtbevölkerung an einer Polyneuropathie. Während sie bei jüngeren Menschen noch selten vorkommt, steigt die Wahrscheinlichkeit, daran zu erkranken, mit dem Alter signifikant an. Bei Personen über 55 Jahren beträgt die Prävalenz sogar 8 %.

Typische Symptome

Typische Symptome der Nervenkrankheit Polyneuropathie sind Kribbeln, Brennen und Taubheit, die anfangs an beiden Füßen und Beinen auftreten. Ihren Ursprung haben die Gefühlsstörungen in den langen Nerven, die Muskeln, Haut und Organe mit dem Gehirn verbinden. Schäden an den Nerven führen dazu, dass die Weiterleitung von Informationen zwischen Gehirn, Rückenmark und dem Rest des Körpers gestört ist. Je nachdem, welche Nerven betroffen sind, können bei der Polyneuropathie unterschiedliche Beschwerden im Vordergrund stehen. Am häufigsten treten Beschwerden symmetrisch, im Bereich von Unterschenkel/Fuß bzw. Unterarm/Hand auf. Deshalb spricht man von einer strumpf- bzw. handschuhartigen Verteilung, wobei in der Regel Beine stärker betroffen sind als Arme.

Mögliche Ursachen

Polyneuropathie ist durch ihre Diversität gekennzeichnet - sowohl in ihren Symptomen als auch in ihren Ursachen. Als Polyneuropathie wird das Vorhandensein einer systemischen Erkrankung bezeichnet, bei der es zu Schädigungen des peripheren Nervensystems kommt. Als Folge ist die Funktion der betroffenen Nerven gestört. Da mehrere Nerven bzw. Nervenstrukturen beeinflusst sind, spricht man von Polyneuropathie (griechisch poly = mehrere).

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Weitere mögliche Ursachen sind:

  • Diabetische Polyneuropathie
  • Chronisch-inflammatorische demyelinisierende Polyneuropathie (CIDP)
  • Vaskulitische Polyneuropathie
  • Small-Fiber-Neuropathie
  • Nierenschwäche
  • Lebererkrankung
  • Schilddrüsenunterfunktion
  • Medikamente (z. B. Z. n. Chemotherapie)
  • Mangelernährung
  • Erregertoxikosen, z. B. Long- bzw. Post-COVID

Trotz umfassender Diagnostik bleibt nicht selten die Ursache unklar. In dem Fall spricht man von einer idiopathischen Polyneuropathie.

Diagnostik von Polyneuropathie

Wir beraten und behandeln Patientinnen und Patienten mit Polyneuropathien unterschiedlicher Ursache. Wir bieten eine möglichst genaue diagnostische Einordnung und erstellen Behandlungsvorschläge. Zudem beraten wir Patientinnen und Patienten hinsichtlich aktueller medikamentöser und nicht-medikamentöser Therapiealternativen.

Unsere erfahrenen Spezialisten klären zunächst genau ab, ob eine Polyneuropathie vorliegt oder die Beschwerden auf eine andere Erkrankung zurückzuführen sind. Nach einem ausführlichen Gespräch führen wir zunächst eine neurologische Untersuchung durch. Zur Diagnostik gehören:

  • Anamnese
  • körperliche Untersuchung (inklusive Reflexe, ­Vibrationsempfindung)
  • Laboranalysen (Blutzucker, Leberwerte, Nierenfunktion usw.)
  • diverse Zusatzuntersuchungen - je nach verdächtigem Auslöser

Weitere diagnostische Verfahren umfassen:

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  • Messung der Nervenleitgeschwindigkeit: Hierbei wird Strom durch die Nervenbahnen geschickt.
  • Prüfung des Vibrationsempfindens: Mit einer Stimmgabel prüft der Neurologe das Vibrationsempfinden.
  • Standardisierte Quantitative Sensorische Testung (QST): Durch sieben verschiedene Gefühlstests an der Haut werden 13 Werte ermittelt. Sie helfen zu erkennen, welche Nervenfasern genau geschädigt sind und wie stark die Schädigung fortgeschritten ist.
  • Thermode: Um das Temperaturempfinden exakt zu messen, kommen bei der sogenannten Thermode computergesteuerte Temperaturreize zum Einsatz.
  • Nerv-Muskel-Biopsie: Die Untersuchung einer Gewebeprobe kann helfen, die Ursache einer Polyneuropathie zu finden. Dazu wird eine sogenannte Nerv-Muskel-Biopsie aus dem Schienbein entnommen und feingeweblich untersucht. Hierbei wird festgestellt, ob der Schaden an der Hüllsubstanz des Nerven (Myelin) oder am Nerven selbst entstanden ist. Bei bestimmten Ursachen finden sich zum Beispiel Entzündungszellen oder Amyloid-Ablagerungen.
  • Hautbiopsie: Bei einer Untergruppe der Neuropathien sind insbesondere die dünnen, kleinen Nervenfasern der Haut betroffen. Sie werden unter dem Namen Small-Fiber-Neuropathien zusammengefasst. Die Nervenleitgeschwindigkeit, die die Funktion von dickeren Nerven misst, ist dann oft unauffällig. Für die richtige Diagnose ist die Quantitative Sensorische Testung mit Messung des Temperaturempfindens entscheidend. Darüber hinaus kann eine Gewebeprobe aus der Haut (Hautbiopsie) unter dem Mikroskop untersucht werden.

Behandlungsmöglichkeiten bei Polyneuropathie

Wie bekommt man die Nervenkrankheit Polyneuropathie in den Griff? Bei der Behandlung der Erkrankung unterscheidet man im Wesentlichen zwischen einer ursächlichen und einer symptomatischen Therapie.

Ursächliche Therapie

Ursächlich bedeutet, beim Auslöser der Polyneuropathie anzusetzen und durch dessen Vermeidung bzw. dessen gezielte Behandlung die Polyneuropathie zu heilen. Dies ist in bestimmten Fällen wie beispielsweise im Fall des Guillain-Barrée-Syndroms oder bei der chronisch-entzündlichen demyelinisierenden Polyneuropathie (CIDP) möglich.

Wenn die Ursache Ihrer Polyneuropathie gefunden ist, leiten wir - wenn möglich - eine ursächliche Therapie ein. Die entsprechenden therapeutischen Maßnahmen werden dann in enger Betreuung durch ihr hausärztliches Personal oder niedergelassenes neurologisches Personal ambulant langfristig umgesetzt.

  • Diabetes: Hat ein Diabetes schleichend über viele Jahre die Nerven angegriffen, muss der Patient seine Blutzuckerwerte in den Griff bekommen, um die Nervenschädigung zu stoppen. Allerdings führt eine zu rasche Senkung der Blutzuckerwerte zu weiteren Nervenschäden. Als optimal gilt eine sanfte Senkung des HbA1c-Wertes um weniger als zwei Prozentpunkte über einen Zeitraum von drei Monaten. Bei Altersdiabetes empfehlen Ärzte eine Umstellung des Lebensstils mit Gewichtsreduktion und viel Bewegung. Ziel ist, dass sich die Nerven wieder erholen. Besteht die Schädigung allerdings schon lange, ist die Polyneuropathie in der Regel nicht heilbar.
  • Alkohol oder Medikamente: Sind Alkohol oder Medikamente die Ursache, hilft Abstinenz beziehungsweise ein Wechsel der Präparate.

Je nach Ursache lassen sich einige Formen der Polyneuropathie gut behandeln. So kann das weitere Voranschreiten gestoppt oder sogar geheilt werden.

Symptomatische Therapie

Bei der Mehrzahl der Polyneuropathien lässt sich der Auslöser entweder nicht feststellen oder ist nicht vermeid- bzw. behandelbar. Die Therapie umfasst dann sämtliche Maßnahmen, um die Symptome zu lindern und einem Fortschreiten der Erkrankung entgegenzuwirken. Dafür stehen heute viele Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung, die - individuell abgestimmt - weit höhere Chancen auf verbesserte Lebensqualität eröffnen als früher.

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Zur Polyneuropathie-Therapie gehört auch die effektive Behandlung der Symptome. Neben der Behandlung der Ursachen kommt der Therapie Ihrer Beschwerden eine wichtige Bedeutung zu.

  • Schmerzbekämpfung: Zur Schmerzbekämpfung haben sich Antidepressiva und Medikamente gegen Krampfanfälle (Epilepsie), sogenannte Antikonvulsiva, bewährt. Einige Medikamente, die ursprünglich gegen Depression beziehungsweise epileptische Anfälle entwickelt wurden, haben sich dabei als wirksam erwiesen. Hier nutzen wir Medikamente, die eigentlich zur Behandlung von Depression und Epilepsie entwickelt wurden, aber auch bei neuropathischen Schmerzen sehr gut wirken.
  • Capsaicin-Pflaster: Capsaicin ist für die Schärfe der Chilischoten verantwortlich und hat sich in Form von Capsaicin-Pflastern auf der Haut in Studien als erfolgversprechendes Mittel gegen Polyneuropathie erwiesen. Es betäubt nicht nur den schmerzenden Bereich und steigert die Durchblutung, sondern scheint sogar die Neubildung kleiner Nervenfasern anzuregen.
  • Elektrotherapie (TENS-Gerät): Bei der Elektrotherapie werden die Nerven durch Impulse aus einem speziellen Gerät so stimuliert, dass Erkrankte statt Schmerzen ein leichtes Kribbeln spüren. Von außen lässt sich dieses durch ein TENS-Gerät erreichen. Die Therapien müssen dauerhaft durchgeführt werden. Eine Pause beeinträchtigt schnell den Behandlungserfolg.
  • Physikalische Therapie: Bei der Schmerzbekämpfung kommt die physikalische Therapie zur Anwendung, zum Beispiel Krankengymnastik, Wechsel- und Bewegungsbäder, Elektrobehandlung oder warme und kalte Wickel.
  • Gleichgewichtstraining: Gegen die fortschreitende Gangunsicherheit wirkt Gleichgewichtstraining in der Physiotherapie.
  • Akupunktur: Wie die gezielten Reize der Akupunktur die Nerven beleben, ist noch ungeklärt.

Synthetische Therapieoptionen

  • Pregabalin: Pregabalin ist ein Gamma-Aminobuttersäure-Analogon. Es bindet an eine auxiliäre Untereinheit ­(Alpha-2-delta-Protein) von spannungsabhängigen Calciumkanälen im ZNS. Durch die Bindung werden die Kanäle geschlossen, damit der Calcium-Influx an den Nervenendigungen reduziert und die Freisetzung exzitatorischer Neurotransmitter wie Glutamat, ­Noradrenalin und Substanz P vermindert.

Naturheilkundliche Therapieoptionen

In der Naturheilkunde existieren gute und vor allem nebenwirkungsarme bzw. -freie Therapiemöglichkeiten, um eine Polyneuropathie erfolgreich ganzheitlich zu behandeln.

  • Alpha-Liponsäure (Thioctsäure): Alpha-Liponsäure ist eine bei höheren Lebewesen physiologisch vorkommende und im mitochondrialen Energiestoffwechsel der Zelle biologisch aktive Substanz, mit Coenzymfunktion. Alpha-Liponsäure wird nicht mehr zu den Vitaminen gezählt, da es keine echten Mangelerscheinungen gibt. Durch die Zufuhr von Alpha-Liponsäure lassen sich Neuropathien günstig beeinflussen. Alpha-Liponsäure ist ein Metallchelator und sollte daher nicht gleichzeitig mit Metallverbindungen (Eisen-, Magnesium- und Calciumprodukten, auch nicht mit Milch) eingenommen werden.
  • Neurotrope Nährstoffe (Benfotiamin): Benfotiamin ist ein Prodrug des Thiamins. Die Sub­stanz selber zeigt keine Vitamin-B1-Wirkung. Das ­Benfotiamin wird im Organismus schnell reduktiv zu physiologischem Vitamin B1 gespalten. Thiamin gehört zu den wasserlöslichen Vitaminen des B-Komplexes. Thiaminmangel führt im Serum und im Gewebe zu einem Anstieg der Pyruvat-, Ketoglutarat- und Lactatkonzentrationen sowie der Konzentration von Pentosephosphat. Benfotiamin hemmt die Kumulation von Lactat, Pyruvat und Alpha-Ketoglutarat. Mangelerscheinungen zeigen sich schnell in Glucose-abhängigen Organen, insbesondere im zentralen und peripheren Nervensystem. Das Vollbild des Thiaminmangels zeigt sich als Schädigungen der peripheren Nerven mit Hyperästhesien, Anästhesien, Abschwächung des Muskeltonus und mögliche Lähmung der Extremitäten.
  • Neurotrope Nährstoffe (Uridinmonophosphat): Das Uridinmonophosphat (UMP) fördert die Proteinbiosynthese und trägt damit zu einer ausreichenden Enzymausstattung geschädigter Neuronen bei. Außerdem begünstigt es den schnellen Wiederaufbau wichtiger Membranbestandteile. Exogen zugeführtes Uridinmonophosphat wird im Magen-Darm-Trakt in Uridin umgewandelt, das darauf resorbiert wird. Aus dem Blutkreislauf gelangt das Uridin in die Nervenzellen und wird wieder in UMP oder auch in andere physiologisch aktive Uridin- und Cytidinphosphate umgewandelt.
  • Neurotrope Nährstoffe (Calcium-EAP): Calcium-EAP ist das Calciumsalz der Substanz Ethyl-Amino-Phosphat (EAP), auch besser bekannt als Colamin-Phosphat oder „Membranschutzfaktor“.
  • B-Vitamine:
    • Vitamin B12: Um die Verbindung von Cobalamin und den Faser-Muskel-Schmerzen herzustellen, ist vorerst eine Betrachtung der Wirkung des B-Vitamins auf das Nervensystem notwendig. Dieses B-Vitamin ist unter anderem an der Bildung der Myelinschicht beteiligt. Die Myelinschicht ist eine Schutzhülle, die die Nervenzellen umgibt. Fehlt dieses Vitamin, kann diese Schutzschicht nicht mehr gebildet werden. Deshalb sind die Nerven reizenden Einflüssen schutzlos ausgesetzt und können geschädigt werden.
    • Folsäure: Über den Homocysteinmetabolismus ist Folsäure sehr eng mit dem B12-Stoffwechsel verbunden. In einer japanischen Studie an 343 Patienten mit verschiedenen neurologischen Erkrankungen, hauptsächlich axonalen Neuropathien, zeigten 19,5 % niedrige Folsäurespiegel im Serum. Eine Folsäure-Therapie führte bei den betroffenen Patienten zu einer Besserung der neurologischen Symptome. Bei Patienten mit alkoholtoxischer Polyneuropathie wurde in 50 % der Fälle ein funktioneller Folsäuremangel nachgewiesen. Verschiedene Medikamente, z. B. ­Methotrexat und Antiepileptika, können über einen Folsäuremangel eine Polyneuropathie auslösen.
  • Biochemie: Die Nr. 5 Kalium phosphoricum D6 und Nr. 7 Magnesium phosphoricum D6 sowie die Nr. Die Kombination aus Nr. 3 in der D12, Nr. 7 in der D6 und Nr.
  • Des Weiteren:
    • physikalische Therapien
    • Physiotherapie
    • Entgiftungs- und Ausleitungstherapien
    • Säure-Basen-Haushalt inkl. Ernährungsumstellung

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