Polyneuropathie natürlich behandeln: Ein umfassender Leitfaden

Die Polyneuropathie ist eine Erkrankung des peripheren Nervensystems, bei der mehrere Nerven außerhalb von Gehirn und Rückenmark betroffen sind. Diese Schädigung führt zu Reizleitungsstörungen und kann sensible, motorische oder vegetative Nerven beeinträchtigen. Die Ursachen sind vielfältig, wobei Diabetes mellitus und chronischer Alkoholismus zu den häufigsten zählen. Die Erkrankung manifestiert sich typischerweise durch symmetrische Empfindungsstörungen an Füßen und Unterschenkeln, kann aber auch andere Bereiche betreffen.

Ursachen von Polyneuropathie

Die Entstehung einer Polyneuropathie ist oft auf eine Grunderkrankung zurückzuführen. Ein schlecht eingestellter Diabetes mellitus ist in Deutschland die häufigste Ursache. Die Nervenschädigung resultiert aus einer Beeinträchtigung der Nervenfasern selbst oder indirekt durch Schädigung der kleinen Blutgefäße, die die Nerven versorgen. Studien zeigen, dass im Laufe der Zeit jeder zweite Diabetiker eine Form der Nervenerkrankung entwickelt, wobei ein Großteil der Betroffenen nichts von ihrer Erkrankung weiß.

Weitere mögliche Ursachen sind:

  • Stoffwechselstörungen und Vitaminmangel
  • Schwere Organ- oder Allgemeinerkrankungen mit "Selbstvergiftung" (z. B. Nieren- oder Leberinsuffizienz)
  • Malabsorption bei chronischen Magen-Darm-Erkrankungen
  • Krebserkrankungen
  • Arterielle Durchblutungsstörungen
  • Entzündliche Erkrankungen des Nervensystems (z. B. Borreliose)
  • Andere seltene neurologische Erkrankungen
  • Thalassämie (besonders in den Mittelmeerländern)
  • Toxisch bedingte Polyneuropathien (chronischer Alkoholismus, Nebenwirkungen von Medikamenten, Umwelt- oder Alltagsgifte)

In Fällen, in denen keine Grunderkrankung festgestellt werden kann, spricht man von einer idiopathischen Polyneuropathie.

Typische Symptome

Die Symptome einer Polyneuropathie können vielfältig sein und hängen davon ab, welche Nerven betroffen sind. Zu den häufigsten Symptomen gehören:

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  • Sensible Störungen: Taubheit, Kribbeln, Brennen, Schmerzen oder eine nachlassende Empfindlichkeit, oft beginnend an den Füßen.
  • Motorische Störungen: Schwäche oder Lähmungen der betroffenen Muskulatur, Reflexausfälle, Störungen des Bewegungsablaufs und der Koordination.
  • Autonome Störungen: Funktionsstörungen der inneren Organe, wie z. B. trophische Hautstörungen, vermindertes Schwitzen, Potenz- und Blasenentleerungsstörungen, Tachykardie in Ruhe oder Störungen der Pupillomotorik.

Besonders gefährlich ist die "stumme Ischämie", bei der die typischen Brustschmerzen bei einem Herzinfarkt aufgrund der Nervenschädigung fehlen können.

Diagnostik

Die Diagnose einer Polyneuropathie basiert auf der Anamnese, neurologischen Untersuchung und gegebenenfalls weiteren diagnostischen Verfahren. Zur neurologischen Untersuchung gehören Reflexprüfungen, Tests des Berührungs-, Temperatur- und Vibrationsempfindens. Ergänzend können Schweißtests, Kipptisch-Untersuchungen, Bestimmung der Herzfrequenzvariabilität oder der Magenentleerungszeit zum Einsatz kommen. Eine Elektroneurografie und ggf. die histologische Untersuchung eines Nervenstücks können weitere Aufschlüsse geben.

Naturheilkundliche Therapieansätze

Die konventionelle Therapie der Polyneuropathie ist oft langfristig angelegt und kann Nebenwirkungen verursachen. Daher suchen viele Betroffene nach naturheilkundlichen Alternativen. Ziel der naturheilkundlichen Therapie ist es, die zugrunde liegende Erkrankung zu behandeln, ursächliche Noxen auszuschalten und die Beschwerden zu lindern.

Hydro- und Thermotherapie

  • Trockenbürsten, Igelball, Sandbäder oder Klopfungen: Diese milden Formen regen die Durchblutung an und üben einen Reiz auf die Nervenrezeptoren aus.
  • Wassertreten nach Kneipp oder kalte Unterschenkelgüsse: Verbessern die Durchblutung.
  • Ansteigende Teilbäder: Dienen der Gefäßerweiterung, entweder lokal an den Unterschenkeln oder als Armbäder.
  • Vollbäder mit Fichtennadeln oder Heublumen: Können je nach Befund zum Einsatz kommen.
  • Lehmpackungen (Heilerde): Können schmerzlindernd und antiphlogistisch wirken.
  • Sauna: Wirkt schmerzlindernd und umstimmend am vegetativen Nervensystem, setzt aber eine ausreichende Belastbarkeit und Durchblutung voraus.
  • Eisbad der Füße: Ein kurzer, intensiver Kaltreiz, der nur unter Aufsicht und bei ausreichender Durchblutung und Sensibilität durchgeführt werden sollte.
  • Lokale Kaltlufttherapie: Kann zur Behandlung brennender Schmerzen an den Unterschenkeln versucht werden, setzt aber eine gute Durchblutung voraus.

Wichtig ist, dass bei einer Polyneuropathie die Hydro- und Thermotherapie nur dann indiziert ist, wenn noch eine ausreichende Durchblutung gewährleistet ist. Zu intensive Warm- bzw. Heißanwendungen sollten vermieden werden, da sie aufgrund des nicht verspürten Hitzereizes zu Gewebeschäden führen können. Analog können zu intensive, nicht wahrgenommene Kaltreize zu Erfrierungen führen.

Ernährung und Vitamine

  • Ovolaktovegetabile Vollwertkost: Sinnvoll, um chronische Entzündungsprozesse einzudämmen.
  • Blutzuckerkontrolle: Der Blutzucker sollte durch Ernährung und Bewegung so gut wie möglich eingestellt werden.
  • Vermeidung toxischer Einflüsse: Alkohol sollte gemieden werden.
  • Basische Ernährung: Eine Umstellung des Stoffwechsels in Richtung einer basischen Ernährung kann sich positiv auswirken.
  • Heilfasten: Kann der Einstieg in eine Stoffwechselnormalisierung bei bestehendem Diabetes sein, erfordert aber ärztliche Begleitung.
  • Gute Eisenversorgung: Kann durch den gemeinsamen Verzehr von Eisen- und Vitamin-C-reichen Lebensmitteln erreicht werden.
  • Vitamin-B1-Mangel: Häufig bei diabetischer Polyneuropathie, daher oft Behandlung mit Benfotiamin.
  • Vitamin-B12- oder Folsäuremangel: Sollten ausgeglichen werden.
  • Alpha-Liponsäure: Ein Koenzym mit antioxidativen Effekten, das üblicherweise gegeben wird.
  • Vermeidung von Vitamin-B6-Überdosierung: Kann zu einer sensiblen Polyneuropathie führen.
  • Glutathion: Kann als "Radikalfänger" eingesetzt werden.
  • Wachstumsfaktoren: Kamen experimentell im Frühstadium einer diabetischen Polyneuropathie zur Anwendung.

Ordnungstherapie

  • Individuelle Diskussion über Lebensstilfaktoren: Rauchen, Bewegungsmangel, Alkoholkonsum etc.
  • Entspannungsverfahren, Yoga oder Akupunktur: Können bei chronischem Stress indiziert sein.

Phytotherapeutische Präparate

  • Teufelskrallen-Präparate: Können zur Reduktion konventioneller Schmerzmittel eingesetzt werden.
  • Äußere Anwendung: Aconit-Nervenöl, Nelken-, Rosmarin- oder Minzöl, Johanniskraut-Rotöl, capsaicinhaltige Salbe oder Cayennepfeffer.
  • Senfmehl-Fußbäder: Wirken ähnlich wie Capsaicin, sollten aber vorsichtig und nur nach Anleitung angewendet werden.

Bewegungstherapie und Krankengymnastik

  • Bewegungstherapie: Besserung der Ausdauer und einer möglichen Muskelschwäche durch Trainingstherapie, Walking, Geräte- oder Ergometertraining und Bewegungsbäder.
  • Physiotherapeutisch angeleitetes Training: Gezieltes Training geschwächter Muskelgruppen.
  • Propriozeptive Neuromuskuläre Fazilitationstherapie (PNF): Stimulation der Propriozeptoren zur komplexen Aktivierung von Muskelketten.
  • Krankengymnastik auf neurophysiologischer Grundlage (z. B. nach dem Bobath-Konzept): Beeinflussung der Oberflächen- und Tiefensensibilität und eine "Bahnung" im Zentralnervensystem.
  • Gangschulung: Bei fortgeschrittenen Gangstörungen oder gravierenderen Ausfällen.
  • Hilfsmittelversorgung: Fußheberorthesen, orthopädische Schuhe, Gehstock oder Rollator.
  • Behandlung funktioneller Störungen an der Wirbelsäule: Krankengymnastik, manualtherapeutische Techniken oder befundorientierte Physiotherapie.
  • Übungen auf dem Kreisel oder Gangschulung auf weicher Unterlage: Gleichgewichtsschulung bei Unsicherheit oder Schwindel.
  • Vibrationstraining: Verbesserung der Leistungsfähigkeit der Muskulatur und der Koordination, Verbesserung des Blutzuckers bei Diabetes mellitus und Prophylaxe einer Osteoporose nach Immobilisation.
  • Posturomed-Training: Gleichgewichtsschulung bei Schwindel oder Gleichgewichtsstörungen.

Weitere Naturheilkundliche Therapieoptionen

  • Alpha-Liponsäure: Beeinflusst Neuropathien günstig.
  • Neurotrope Nährstoffe (Benfotiamin, Uridinmonophosphat, Calcium-EAP): Fördern die Regeneration geschädigter Nervenzellen.
  • B-Vitamine (Vitamin B12, Folsäure): Wichtig für die Bildung der Myelinschicht und den Homocysteinmetabolismus.
  • Biochemie nach Schüssler: Nr. 5 Kalium phosphoricum D6 und Nr. 7 Magnesium phosphoricum D6 sowie die Kombination aus Nr. 3 in der D12, Nr. 7 in der D6 und Nr.
  • Entgiftungs- und Ausleitungstherapien: Bei Belastung mit Schwermetallen oder anderen Toxinen.
  • Säure-Basen-Haushalt: Ausgleich eines gestörten Säure-Basen-Haushalts.
  • Physikalische Therapien: Können zur Linderung der Symptomatik beitragen.
  • Neuraltherapie: Kann als Segmenttherapie eingesetzt werden.
  • Orthomolekulare Medizin: Hochdosierte neurotrope B Vitamine, Vitamin E, Vitamin C, Alpha-Liponsäure und Omega-3-Fettsäuren.
  • Ganzkörperhyperthermie: Stoffwechselsteigerung zur Anregung regenerativer und regulativer Prozesse.
  • Schröpfen oder Blutegel: Segmentale Therapie im Bereich der unteren Lendenwirbelsäule.

Was Sie selbst tun können

  • Verzicht auf Alkohol und Nikotin: Diese Stoffe können die Nervenschädigung verstärken.
  • Berücksichtigung der Grunderkrankung: Achten Sie bei Diabetes mellitus auf möglichst stabile, optimal eingestellte Blutzucker-Werte.
  • Vollwertige Ernährung: Achten Sie auf eine ausgewogene Ernährung, die reich an Vitaminen und Mineralstoffen ist.
  • Bewegung: Regelmäßige Bewegung fördert die Durchblutung und kann die Symptome lindern.
  • Stressmanagement: Vermeiden Sie chronischen Stress, da dieser die Schmerzverarbeitung beeinflussen kann.
  • Achtsamkeit: Achten Sie auf Verletzungen oder Wunden in den betroffenen Bereichen, da das Schmerzempfinden vermindert sein kann.
  • Anpassung an die Witterung: Passen Sie Ihre Bekleidung entsprechend an, wenn sich Ihre Probleme bei kaltem Wetter verschlechtern.
  • Schlafhygiene: Sorgen Sie für einen guten Schlaf, da Schlafstörungen die Beschwerden verstärken können.
  • Entgiftung: Unterstützen Sie Ihre Entgiftungsorgane, um Schadstoffe aus dem Körper zu entfernen.
  • Rotlicht-Therapie: Kann die Durchblutung fördern und die Regeneration der Nerven unterstützen.

Pflanzliche Mittel

  • Mutterkraut: Beschleunigt die Regeneration geschädigter Nervenfasern.
  • Capsaicin: Regt die Durchblutung an und lindert Schmerzen.
  • Eisenhut: Lindert Schmerzen und Kribbeln.
  • Acai-Beere, Noni-Baum, Aronia: Schützen den Stoffwechsel durch Antioxidantien.
  • Zitterpappel, Weide, Esche, Echte Goldrute, Teufelskralle: Können innerlich und äußerlich angewendet werden.
  • Helmkraut: Beruhigt das Nervensystem.
  • Nachtkerzenöl: Kann bei der Vorbeugung von Nervenschäden und möglicherweise bei milden Formen der diabetischen Polyneuropathie hilfreich sein.
  • Rizinusöl-Packungen: Können bei manchen Menschen die Symptome lindern.
  • Kalmus, Estragon, Salbei, Kurkuma: Können bei Polyneuropathie hilfreich sein.

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