Polyneuropathie ist eine Erkrankung des peripheren Nervensystems, die durch Schädigung mehrerer Nerven außerhalb des Gehirns und Rückenmarks gekennzeichnet ist. Diese Nerven sind für die Wahrnehmung von Berührungen, Temperatur und Schmerz sowie für die Steuerung der Muskelbewegungen verantwortlich. Eine Vielzahl von Faktoren kann Polyneuropathie verursachen, darunter Diabetes mellitus, Alkoholmissbrauch, Infektionen, Autoimmunerkrankungen und Vitaminmangel. In seltenen Fällen kann auch eine Überdosierung von Vitamin B12 zu Polyneuropathie führen.
Was ist Polyneuropathie?
Bei einer Polyneuropathie sind mehrere periphere Nerven geschädigt, was die Signalübertragung zwischen Gehirn, Rückenmark und den übrigen Körperregionen beeinträchtigt. Circa fünf Prozent aller Menschen entwickeln im Laufe ihres Lebens eine Polyneuropathie, wobei das Risiko mit zunehmendem Alter steigt.
Symptome der Polyneuropathie
Die Symptome einer Polyneuropathie variieren je nachdem, welche Nerven betroffen sind. Schäden an den sensiblen Nerven können zu stechenden oder brennenden Schmerzen, Überempfindlichkeit, Taubheitsgefühlen und einem pelzigen Gefühl auf der Haut führen. Schäden an den motorischen Nerven können Muskelschwäche, Lähmungen und Muskelabbau verursachen. Schäden an den autonomen Nerven können Kreislaufprobleme, Verdauungsstörungen und Probleme mit der Blase verursachen.
Ursachen und Diagnose der Polyneuropathie
Typischerweise beginnt die Polyneuropathie schleichend. Zu den häufigsten Auslösern zählen Diabetes mellitus und langjähriger Alkoholmissbrauch. Weitere Auslöser können Infektionskrankheiten, Autoimmunreaktionen, Vitaminmangel, Schilddrüsen-, Leber- oder Krebserkrankungen sowie genetische Faktoren sein.
Die Diagnose umfasst eine gründliche Suche nach möglichen Ursachen, einschließlich Labordiagnostik (Blutuntersuchungen, eventuelle Untersuchung des Nervenwassers mittels Lumbalpunktion) und Messung der elektrischen Nervenleitung (Elektroneurographie oder Elektromyographie). Bei der körperlichen Untersuchung werden Reizempfinden, Geh- und Stehvermögen, Muskelstärke und Reflexe geprüft. In etwa 20 Prozent der Fälle bleibt die Ursache trotz umfassender Abklärung ungeklärt.
Lesen Sie auch: Behandlungsmöglichkeiten bei alkoholischer Polyneuropathie
Vitamin B12: Wirkung und Funktion im Körper
Vitamin B12 ist ein essentielles Vitamin, das für die Erhaltung der Myelinscheide, die Regulierung des Homocystein-Spiegels, den Fett- und Eiweißstoffwechsel, die Erbgut-(DNA-)Synthese und die Unterstützung der Immunfunktion wichtig ist. Es kommt in verschiedenen Formen vor, darunter Methylcobalamin, 5-Desoxyadenosylcobalamin, Hydroxocobalamin und Cyanocobalamin.
Aufnahme und Speicherung von Vitamin B12
Die Aufnahme von Vitamin B12 beginnt im Magen, wo es von Proteinen getrennt und an Haptocorrin gebunden wird. Im Zwölffingerdarm wird Haptocorrin entfernt und das Vitamin B12 bindet sich an den Intrinsic Factor (IF). Der IF transportiert Vitamin B12 sicher durch den Darm, bis es von den Darmzellen aufgenommen wird. Vitamin B12 wird hauptsächlich in der Leber gespeichert, aber auch in den Nieren und anderen Geweben.
Tagesbedarf, Überdosierung und Mangel an Vitamin B12
Die empfohlene Tagesdosis für Erwachsene beträgt 2,4 µg. Ein Mangel an Vitamin B12 kann zu Nervenschäden, Müdigkeit und Blutarmut führen. Eine Überdosierung ist selten, da überschüssiges Vitamin B12 über die Nieren ausgeschieden wird.
Vitamin B12-Überdosierung und Polyneuropathie
Obwohl eine Vitamin B12-Überdosierung selten ist, gibt es Fallberichte, die einen Zusammenhang zwischen hohen Vitamin B12-Spiegeln und neurologischen Symptomen, einschließlich Polyneuropathie, nahelegen. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass ein erhöhter Vitamin B12-Spiegel auch auf andere Erkrankungen hinweisen kann, wie z.B. Krebs, Bluterkrankungen, Lebererkrankungen, Niereninsuffizienz und Entzündliche Erkrankungen.
Wann ist Vitamin B12 zu hoch?
Es gibt vier Mechanismen, die einen erhöhten Blutwert des Vitamin B12 bewirken:
Lesen Sie auch: Aktuelle Forschung zu Polyneuropathie und psychosomatischen Ursachen
- Übermäßige Zufuhr
- Freisetzung aus internem Speicher
- Anstieg des Transportproteins Transcobalamin (TCB)
- Mangel oder Funktionsdefekt von TCB
Ein Vitamin-B12-Spiegel gilt als übermässig hoch, wenn die Werte (im Serum) über 900 pg/ml bzw. über 665 pmol/l liegen.
Symptome einer Vitamin B12-Überdosierung
Laut den Fachinformationen verschiedener Vitamin-B12-Medikamente sind keine spezifischen Symptome einer Überdosierung bekannt. In Einzelfällen können jedoch Hautausschläge oder allergische Reaktionen auftreten.
Therapie der Polyneuropathie
Die Therapie der Polyneuropathie richtet sich nach der Ursache. Bei einer diabetischen Polyneuropathie ist eine stabile Blutzuckereinstellung entscheidend. Bei einer alkoholbedingten Polyneuropathie ist ein konsequenter Verzicht auf Alkohol erforderlich. Entzündungsbedingte Nervenschädigungen können mit Antibiotika oder antiviralen Medikamenten behandelt werden. Autoimmunentzündungen werden mit entzündungshemmenden Medikamenten wie Kortison oder Immunglobulinen behandelt. Ein Vitaminmangel wird durch eine gezielte Ernährungsumstellung oder die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln behoben.
Schmerzen oder Gangstörungen bei Polyneuropathie können medikamentös oder durch eine physikalische Therapie gebessert werden. Dazu zählen Physiotherapie, Gleichgewichts- und Gehtraining sowie gelenkschonende Sportarten wie Aqua-Fitness. Spezielle Schienen oder orthopädische Einlagen können zusätzliche Stabilität geben.
Alltag mit Polyneuropathie
Der Alltag mit einem eingeschränkten Temperatur- und Schmerzempfinden kann herausfordernd sein und erfordert besondere Vorsicht und Vorsorge, um Verletzungen zu vermeiden und frühzeitig zu erkennen sowie um Stürze zu vermeiden. Regelmäßige Kontrollen der Hände und Füße, Hautpflege, Schutz vor Verbrennungen oder Erfrierungen und eine sichere Gestaltung des Wohnraums sind wichtige Maßnahmen.
Lesen Sie auch: Polyneuropathie und Demenz: Was Sie wissen sollten
tags: #Polyneuropathie #Vitamin #B12 #Überdosierung #Ursachen