Post-Zoster-Neuralgie: Ursachen und Behandlung von Nervenschmerzen nach Gürtelrose

Die Post-Zoster-Neuralgie (PZN) ist eine häufige und oft sehr schmerzhafte Komplikation nach einer Gürtelrose (Herpes Zoster). Sie zeichnet sich durch anhaltende Nervenschmerzen in dem Bereich aus, in dem zuvor der Gürtelrose-Ausschlag aufgetreten ist. Dieser Artikel beleuchtet die Ursachen, Symptome, Risikofaktoren, Diagnose und vor allem die verschiedenen Behandlungsmöglichkeiten der Post-Zoster-Neuralgie.

Was ist eine Post-Zoster-Neuralgie?

Wenn der Hautausschlag einer Gürtelrose abgeheilt ist, die Schmerzen aber noch längere Zeit anhalten, spricht man von einer Post-Zoster-Neuralgie. Per Definition liegen Nervenschmerzen vor, die länger als drei Monate nach dem Beginn einer akuten Gürtelrose bestehen bleiben. Sehr selten kehren die Schmerzen auch wieder zurück, nachdem sie bereits verschwunden waren. Nach Ausheilen der Gürtelrose kommt es bei ca. 15 % der Betroffenen zu anhaltenden Schmerzen im betroffenen Hautbereich. Die Schmerzen sind in vielen Fällen so stark, dass sie behandelt werden müssen.

Ursachen und Risikofaktoren

Reaktivierung des Varizella-Zoster-Virus

Ursache der Post-Zoster-Neuralgie ist das Varizella-Zoster-Virus, das auch Windpocken verursacht. Nach einer durchgemachten Windpocken-Erkrankung verbleiben die Viren in bestimmten Nervenzellen in der Nähe des Rückenmarks und "überdauern" dort lange Zeit, ohne Beschwerden zu verursachen. Verschiedene Faktoren können diese Viren reaktivieren, darunter:

  • Ein geschwächtes Immunsystem
  • Fortgeschrittenes Alter
  • Andere allgemeine Erkrankungen
  • Großer Stress

Oft findet sich aber auch kein ersichtlicher Grund für die erneute Vermehrung der Viren. Die Reaktivierung führt dazu, dass sich die Viren entlang der Nervenbahnen eines Hautnervs ausbreiten. Dabei kommt es zunächst zu Schmerzen und schließlich zu einem Bläschen-Ausschlag, der auf eine kleine Region beschränkt ist. Bleiben mehr als ein halbes Jahr nach der Ausheilung der Gürtelrose Schmerzen bestehen, spricht man von einer Post-Zoster-Neuralgie.

Risikofaktoren

Einige Faktoren erhöhen das Risiko, eine Post-Zoster-Neuralgie zu entwickeln:

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  • Alter: Das Risiko steigt mit zunehmendem Alter. So entwickeln 30 % der 55- bis 59-Jährigen, 50 % der über 60-Jährigen und 70 % der über 70-Jährigen mit Gürtelrose Nervenschmerzen.
  • Schwere der Gürtelrose: Eine schwere Gürtelrose mit starkem Ausschlag und starken Schmerzen erhöht das Risiko.
  • Vorbestehende Schmerzen: Wenn bereits vor Ausbruch des Ausschlags Schmerzen auftraten, ist das Risiko ebenfalls erhöht.
  • Geschlecht: Bei Frauen treten länger anhaltende Nervenschmerzen anscheinend öfter auf als bei Männern.

Symptome der Post-Zoster-Neuralgie

Das Hauptsymptom einer Post-Zoster-Neuralgie sind die Nervenschmerzen (Neuralgie). Charakteristisch ist ein dauerhafter, brennender, teils stechender Schmerz, teilweise mit kurzen heftigen Schmerzattacken. Zudem entwickelt sich im Verlauf oftmals eine starke Berührungsempfindlichkeit im Bereich des vormals betroffenen Areals. Häufig ist auch die Haut überempfindlich und juckt. Dann kann es zum Beispiel unangenehm oder schmerzhaft sein, sich zu waschen, im Bett umzudrehen oder jemanden in den Arm zu nehmen. Die Schmerzen und der Juckreiz können sehr belastend sein und den Schlaf stören. Die Schmerzen, die sehr stark sein können, werden als brennend beschrieben und befallen die Bereiche, die vom Ausschlag bedeckt waren; sie können sich aber auch darüber hinaus ausbreiten. Die Schmerzen treten häufig plötzlich auf, ähnlich wie ein Stromschlag. Im betroffenen Hautbereich kann sich eine ungewöhnlich hohe Empfindlichkeit entwickeln. In vielen Fällen lösen bereits leichte Berührungen starke Schmerzen aus.

Diagnose

Die Diagnosestellung erfolgt in der Regel klinisch. Charakteristisch für die Infektion mit Herpes Zoster sind mit Flüssigkeit gefüllte gruppierte Bläschen auf der Haut. Ärzt*innen können spezielle Fragebögen einsetzen, um die Symptome zu erfassen. Die Stärke der Schmerzen kann mit einer Schmerzintensitätsskala erhoben werden.

Behandlung der Post-Zoster-Neuralgie

Das Ziel der Behandlung ist es, die Schmerzen zu lindern, die Dauer der Nervenschmerzen zu verkürzen und dadurch die Lebensqualität zu verbessern. Die Auswahl der Schmerzmittel und ihre Dosierung ist im Einzelfall unterschiedlich und muss im Zeitverlauf oft auch immer wieder angepasst werden. Es gibt verschiedene Therapieansätze, die oft kombiniert werden:

Medikamentöse Behandlung

  • Schmerzmittel:
    • Nicht-opioid Analgetika: Bei leichten Beschwerden können einfache Schmerzmittel wie Paracetamol, Ibuprofen und Metamizol eingenommen werden.
    • Niedrigpotente Opioide: Bei stärkeren Schmerzen können niedrigpotente Opioide wie Tramadol und Tilidin eingesetzt werden.
    • Hochpotente Opioide: In einigen Fällen wird auf starke, verschreibungspflichtige Schmerzmittel (Opioide) wie Morphin und Oxycodon zurückgegriffen.
  • Antiepileptika: Bei anhaltenden Nervenschmerzen werden oft Antiepileptika wie Pregabalin oder Gabapentin eingesetzt. Sie werden anfangs mit Schmerzmitteln kombiniert, da es etwas dauert, bis sie wirken. Dann können die Schmerzmittel wieder abgesetzt werden. Die Dosis wird langsam gesteigert, bis eine ausreichende Schmerzlinderung erreicht ist. Die Behandlung sollte mindestens 3-6 Wochen fortgeführt werden.
  • Antidepressiva: Reichen Antiepileptika nicht aus, ist es möglich, zusätzlich Antidepressiva einzunehmen. Beide hemmen die Schmerzweiterleitung zum Gehirn und dämpfen die Erregbarkeit der betroffenen Nerven.
  • Lokale Behandlung:
    • Lidocain-Pflaster oder -Salbe: Ein Lokalanästhetikum (Lidocain) kann als Salbe oder Pflaster auf den schmerzenden Bereich aufgetragen werden.
    • Capsaicin-Pflaster: Eine weitere Alternative ist die Verwendung eines hochdosierten Capsaicin-Pflasters. Dieser Wirkstoff ist betäubend und schmerzlindernd. Studien deuten darauf hin, dass Pflaster mit hochdosiertem Capsaicin (8-prozentig) die Nervenschmerzen verringern können.

Welcher Wirkstoff und welche Kombination geeignet ist, hängt von der Stärke der Schmerzen ab und davon, wie man die Medikamente verträgt. Deshalb ist es sehr wichtig, der Ärztin oder dem Arzt möglichst genau zu beschreiben, wie stark die Schmerzen sind, wie die Mittel wirken und ob es Nebenwirkungen gibt.

Weitere Maßnahmen

  • Multimodale Schmerztherapie: Besonders bei langwierigen Verläufen wird eine sog. multimodale Schmerztherapie empfohlen. Unter einer multimodalen Schmerztherapie versteht man die gleichzeitige, inhaltlich eng aufeinander abgestimmte Behandlung durch unterschiedliche therapeutische Disziplinen (z. B. Psychotherapie, Physiotherapie, Entspannungstechniken). Dann können auch nichtmedikamentöse Verfahren angewandt werden.
  • Komplementärmedizinische Behandlungen: Andere Behandlungen wie Akupunktur oder transkutane elektrische Nervenstimulation (TENS) können zusätzlich in Betracht gezogen werden, sind aber nicht ausreichend in Studien untersucht.
  • Invasive Schmerztherapieverfahren: Invasive Schmerztherapieverfahren wie die ganglionäre lokale Opioidanalgesie bei entsprechender Lokalisation oder rückenmarksnahe Anästhesieverfahren können falls notwendig eingesetzt werden.

Bei anhaltenden Schmerzen, die sich durch die Therapie nicht bessern, wird die Mitbehandlung durch Schmerzspezialist*innen empfohlen. Bei Bedarf kann eine tagesstationäre oder stationäre multimodale schmerztherapeutische Behandlung erfolgen.

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Vorbeugung

Impfung gegen Gürtelrose

In Deutschland sind zwei Impfstoffe gegen Gürtelrose für Personen ab 50 Jahren zugelassen und verfügbar. Die Impfung mit dem Totimpfstoff ist von der Ständigen Impfkommission (STIKO) für alle Personen über 60 Jahre empfohlen. Für Patient*innen mit einer Immunschwäche oder einer chronischen Grunderkrankung empfiehlt die STIKO die Gürtelrose-Impfung bereits ab 50 Jahren. Die Impfung wird von den gesetzlichen Krankenkassen bezahlt. Die Impfung von Säuglingen gegen Windpocken reduziert nachweislich das Vorkommen sowohl von Windpocken als auch von Gürtelrose bei Kindern.

Antivirale Therapie bei Gürtelrose

Wenn man an einer schweren Gürtelrose erkrankt ist oder ein erhöhtes Risiko für Komplikationen hat, wird häufig geraten, Medikamente einzunehmen, die die Viren bekämpfen (antivirale Therapie). Medikamente, die die Virusvermehrung hemmen, werden grundsätzlich bei Gürtelrose-Patienten über 50 Jahren empfohlen. Sie kommen z. B. auch dann zum Einsatz, wenn die Gürtelrose im Kopf-Hals-Bereich auftritt, wenn starke Schmerzen bestehen oder eine Immunschwäche vorliegt. Die antiviralen Medikamente können als Tabletten oder per Infusion verabreicht werden. Falls eine antivirale Behandlung erforderlich ist, sollte diese innerhalb von 72 Stunden nach Ausbruch der Krankheit begonnen werden.

Einige Studien haben untersucht, ob eine solche Behandlung langanhaltenden Nervenschmerzen vorbeugen kann. Eine Therapie mit dem antiviralen Wirkstoff Aciclovir konnte eine Post-Zoster-Neuralgie jedoch nicht verhindern: Sowohl 4 als auch 6 Monate nach der Gürtelrose hatten noch immer gleich viele Personen Nervenschmerzen - egal, ob sie das Medikament eingenommen hatten oder ein Präparat ohne Wirkstoff (Placebo). Ob antivirale Therapien mit den Wirkstoffen Brivudin, Famciclovir oder Valaciclovir einer Post-Zoster-Neuralgie vorbeugen können, ist noch nicht ausreichend untersucht.

Frühzeitige Schmerztherapie

Eine frühzeitige Schmerztherapie bei Gürtelrose wird empfohlen, um chronischen Schmerzen vorzubeugen.

Kortison

Selten wird auch eine vorbeugende Behandlung mit Kortison empfohlen. Kortison kann als Tablette eingenommen oder in einen Muskel gespritzt werden.

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Gürtelrose: Was Sie sonst noch wissen sollten

Was ist Gürtelrose?

Gürtelrose ist eine Infektionskrankheit, die durch die Reaktivierung des Varizella-Zoster-Virus verursacht wird. Sie können daran nur erkranken, wenn Sie schon einmal mit dem Windpocken-Virus "Varizella-Zoster" in Kontakt gekommen sind. Ist das Immunsystem geschwächt, kann das Virus in höherem Lebensalter reaktiviert werden und einen zum Teil schmerzhaften Hautausschlag verursachen. Dieser Hautausschlag wird als "Gürtelrose" bezeichnet. Jährlich erkranken etwa 300.000 Menschen an Gürtelrose.

Symptome der Gürtelrose

Bei einer Gürtelrose treten kleine Bläschengruppen einseitig gürtelförmig am Rumpf, am Kopf oder an Armen und Beinen auf. Sie können unangenehm jucken, brennen oder schmerzen. Meist nach einigen Tagen trocknen sie dann aus und verkrusten. Anders als bei Windpocken ist die Hautveränderung auf einen Bereich begrenzt und betrifft in der Regel nur eine Körperhälfte. Grund dafür ist, dass das reaktivierte Virus vom Rückenmark einen Nerv entlang bis zu seinem Versorgungsgebiet auf der Haut wandert. Auch das Gesicht kann betroffen sein, bei immungeschwächten Menschen sogar der ganze Körper. Bevor sich die Gürtelrose auf der Haut zeigt, verspüren Betroffene oft schon Tage vorher ein Brennen der Haut, das sie nicht recht zuordnen können.

Ist Gürtelrose ansteckend?

Gürtelrose ist weniger ansteckend als eine Windpocken-Infektion. Trotzdem können sich Menschen, die nicht gegen Gürtelrose immun sind, über die Flüssigkeit aus den Bläschen infizieren. Diese Menschen erkranken dann an Windpocken. Falls Sie selbst an Gürtelrose leiden: Bedecken Sie die betroffenen Hautstellen sorgfältig, um das Risiko für eine Übertragung zu verringern. Vermeiden Sie außerdem den Kontakt zu Neugeborenen, Schwangeren und generell zu Menschen, die bisher keinen Kontakt mit dem Virus hatten oder nicht geimpft sind.

Behandlung von Gürtelrose

In einer frühen Phase der Erkrankung kommen für die Behandlung von Gürtelrose sogenannte Virostatika zum Einsatz. Sie hindern die Viren an der Vermehrung und bewirken, dass die Hautläsionen schneller abheilen. Ihr Arzt oder Ihre Ärztin kann Ihnen auch ein geeignetes Schmerzmittel verschreiben, um Ihre Schmerzen zu lindern und damit auch sogenannten Post-Zoster-Neuralgien wirkungsvoll vorzubeugen. Zudem können Sie Lotionen oder in speziellen Lösungen getränkte Umschläge auf den betroffenen Hautstellen anwenden. Diese trocknen die Bläschen aus und wirken antiseptisch. Fragen Sie Ihren Arzt oder Ihre Ärztin nach geeigneten Mitteln. Unter Therapie bilden sich die Hautläsionen meist rasch zurück. Sind Ihre Augen von der Infektion betroffen, hilft Ihr Augenarzt oder Ihre Augenärztin.

Basismaßnahmen bei Gürtelrose

Eine sorgfältige Hautpflege der betroffenen Stellen ist eine wichtige Basismaßnahme bei Gürtelrose. Außerdem sollte der Ausschlag abgedeckt werden, um das Risiko für eine Übertragung der Viren auf andere Personen zu reduzieren. Schmerzmittel kommen zum Einsatz, um die Beschwerden zu lindern.

Wann sollte man einen Arzt aufsuchen?

Bei Verdacht auf Gürtelrose sollte umgehend ärztlicher Rat eingeholt werden. Meistens heilt Gürtelrose folgenlos aus. Suchen Sie bei den ersten Symptomen von Gürtelrose trotzdem zeitnah eine hausärztliche oder dermatologische Praxis auf. In der Praxis kann mitunter schon auf den ersten Blick erkannt werden, ob das Windpocken-Virus als Ursache für Ihre Beschwerden infrage kommt. So können Sie rasch mit der Behandlung beginnen und den Verlauf der Gürtelrose positiv beeinflussen. Damit reduzieren Sie zudem das Risiko für Komplikationen wie eine "Post-Zoster-Neuralgie". Lassen Sie anhaltende Beschwerden von Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin abklären, um eine optimale Behandlungsempfehlung zu erhalten. Rund 70 Prozent der Betroffenen werden so wieder beschwerdefrei.

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