Post-Zoster-Neuralgie: Risikofaktoren, Prävention und Behandlung

Herpes Zoster, allgemein bekannt als Gürtelrose, ist eine schmerzhafte Viruserkrankung, die durch die Reaktivierung des Varizella-Zoster-Virus (VZV) verursacht wird. Dieses Virus, das auch Windpocken verursacht, verbleibt nach der Erstinfektion lebenslang in den Nervenzellen und kann bei Schwächung des Immunsystems reaktiviert werden. Die Gürtelrose manifestiert sich meist durch stark schmerzende Hautläsionen, die sich oft im Gürtelbereich bilden, aber auch andere Körperteile betreffen können. Eine gefürchtete Komplikation des Herpes Zoster ist die Post-Zoster-Neuralgie (PZN), die mit anhaltenden, starken Schmerzen und einer erheblichen Beeinträchtigung der Lebensqualität einhergeht.

Was ist Herpes Zoster?

Herpes Zoster ist eine Viruserkrankung, die Haut und Nerven betrifft. Ursache ist eine Infektion mit dem Varizella-Zoster-Virus. Dieses kann zwei klinische Krankheitsbilder ausbilden: Die Windpocken als Primärinfektion sowie die Gürtelrose als Sekundärmanifestation infolge einer Reaktivierung der in Nervenzellen persistierenden Viren. Die Erkrankung zeigt sich anfangs meist mit unspezifischen Symptomen wie Unwohlsein, Kopf- und Gliederschmerzen sowie Paräthesien, häufig gefolgt von einer Phase mit einem juckenden Exanthem und Fieber. Es treten beim Herpes Zoster außerdem charakteristische, bläschenförmige Hautläsionen auf. Deren Lokalisierung hängt vom Versorgungsgebiet der betroffenen Nerven ab. Die Hautbläschen entwickeln sich vielfach zunächst im Rumpfbereich und können von dort auf andere Körperpartien einschließlich der behaarten Kopfhaut und der Schleimhäute übergehen. In der Regel ist nur ein Dermatom betroffen (Zoster segmentalis); allerdings sind auch Überlappungen im Dermatombefall möglich. Das Überschreiten der Mittellinie des Körpers ist jedoch eine Rarität (Zoster duplex). Ganz selten sind zudem mehrere Hautsegmente asymmetrisch auf beiden Körperseiten befallen.

Ursachen und Häufigkeit

Dem Herpes zoster liegt die Reaktivierung einer VZV-Infektion zugrunde, da das Virus nach einer Primärinfektion lebenslang in den betroffenen Hirn- und Spinalganglien persistiert. Die Latenz der VZV-Infektion wird durch eine effektive Immunabwehr sichergestellt. Wenn eine ausreichende Kontrolle infolge eines geschwächten Immunsystems nicht mehr gewährleistet werden kann (z. B. im Rahmen von natürlichen Alterungsprozessen oder HIV-Infektion), kann es zu einer Reaktivierung der Virusreplikation kommen.

Herpes Zoster tritt vor allem bei älteren und/oder immungeschwächten Menschen auf. Das Krankheitsrisiko nimmt allgemein mit dem Lebensalter zu. Infolge der steigenden Lebenserwartung und der damit verbundenen wachsenden Anzahl älterer Menschen in Deutschland ist von einem Anstieg der Herpes Zoster Inzidenz und assoziierter Komplikationen wie der Post-Zoster-Neuralgie (PZN) auszugehen. Diese Entwicklung verstärkt sich weiterhin durch die ebenfalls steigende Zahl immunsupprimierter und organtransplantierter Patienten wie etwa Tumor- und AIDS-Patienten. Schätzungen zufolge liegt die Jahresinzidenz der in Deutschland an Zoster Erkrankten bei ca. 400.000. Frauen erkranken signifikant häufiger als Männer.

Risikofaktoren für Herpes Zoster

Jeder, der Windpocken hatte, kann auch Gürtelrose (Herpes Zoster) bekommen. Doch das Risiko für die Erkrankung und ihre Komplikationen steigt, wenn das Immunsystem durch Alter oder Krankheit geschwächt ist. Mehr als 95 Prozent der Personen ab 60 Jahren hatten bereits Windpocken und tragen dadurch das Virus in sich. Eine von drei Personen erkrankt im Laufe des Lebens an Gürtelrose. Das Risiko für Gürtelrose und ihre Komplikationen steigt, wenn das Immunsystem geschwächt ist. Ein höheres Alter, Medikamente oder chronische Erkrankungen können Ihre Patientinnen zu Risikopatientinnen machen.

Lesen Sie auch: Aktuelle Leitlinie: Post-Zoster-Neuralgie

Zu den wichtigsten Risikofaktoren gehören:

  • Höheres Lebensalter: Bereits ab einem Alter von 50 Jahren besteht ein deutlich erhöhtes Gürtelrose-Risiko. Mit fortschreitendem Alter verliert unser Immunsystem an Schlagkraft.
  • Immunschwäche: Personen mit einer ausgeprägten Immunschwäche sind in jedem Alter gefährdet. Als Risikofaktoren gelten z. eine erworbene Immunschwäche infolge von Medikamenten, die das Immunsystem unterdrücken (z. B. Kortikosteroide, Immunsuppressiva nach Organtransplantationen) oder Erkrankungen wie HIV/AIDS.
  • Chronische Erkrankungen: Diabetes-Patientinnen haben bspw. ein bis zu 38 % höheres Risiko an Gürtelrose zu erkranken. Auch Krankheiten wie Asthma, chronisch-obstruktive Lungenerkrankung (COPD), chronisch-entzündliche Darmerkrankungen, rheumatische Erkrankungen und eine HIV-Infektion sowie Organ- und Knochenmarktransplantationen schwächen die Abwehr und erhöhen daher das Risiko für Gürtelrose. Patientinnen mit Diabetes weisen aufgrund ihrer Stoffwechselstörung nicht nur eine höhere Anfälligkeit für Infektionskrankheiten, sondern auch für einen schwereren Verlauf auf. Die Häufigkeit von Gürtelrose bei Patient*innen mit rheumatoider Arthritis (RA) ist erheblich höher. Bestimmte RA-Therapien sind mit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit von Gürtelrose verbunden.
  • Stress: Emotionaler Stress kann ebenfalls ein Auslöser für die Reaktivierung des Virus sein.

Post-Zoster-Neuralgie (PZN): Definition und Risikofaktoren

Bei etwa 20 Prozent der Patienten mit einem Herpes Zoster ist die Entwicklung von Komplikationen zu beobachten. Bei den potenziellen Komplikationen des Herpes Zoster ist vor allem die Ausbildung einer Post-Zoster-Neuralgie (PZN; postherpetische Neuralgie) gefürchtet. Sie ist die häufigste Komplikation des Herpes Zoster und entwickelt sich bei etwa jedem zweiten über 60-Jährigen; bei den über 70-Jährigen steigt der Anteil der betroffenen Zoster-Patienten sogar auf 70 %. Wenn der Hautausschlag einer Gürtelrose verheilt, die Schmerzen aber länger als drei Monate bestehen bleiben, liegt eine Post-Zoster-Neuralgie vor. Definitionsgemäß wird von einer PZN gesprochen, wenn der Schmerz >3 Monate nach Abheilen der Hautläsionen persistiert.

Das Risiko für diese Komplikation steigt mit dem Alter. Während etwa ein Drittel der 55- bis 59-Jährigen diese anhaltenden Nervenschmerzen entwickeln, sind es bei über 70-Jährigen etwa 70 Prozent. Bei jedem zehnten Betroffenen bleibt eine Post-Zoster-Neuralgie bestehen.

Risikofaktoren für das Entstehen einer solchen Komplikation sind somit:

  • ein höheres Lebensalter
  • dermatomaler Schmerz
  • das weibliche Geschlecht
  • die Entwicklung von mehr als 50 Effloreszenzen
  • hämorrhagische Effloreszenzen
  • eine kraniale oder sakrale Lokalisation der Erkrankung
  • Zoster ophthalmicus mit Keratitis oder intraokulärer Entzündung
  • prodromaler Schmerz

Die PZN wird von den Betroffenen typischerweise als ein sehr schwerer brennender Schmerz beschrieben. Sie kann lange Zeit, eventuell sogar lebenslang, anhalten und stellt eine gravierende Belastung und Einschränkung der Lebensqualität für die Betroffenen dar.

Lesen Sie auch: Schlaganfall und Kopfschmerzen: Was Sie wissen müssen

Diagnose

Die Diagnose des Herpes Zoster erfolgt üblicherweise klinisch anhand der Symptomatik und dabei primär durch eine Inspektion der Haut einschließlich der Beachtung der Lokalisation der Effloreszenzen. Die rein klinische Diagnose weist abhängig von Ausprägung und Lokalisation eine Spezifität von etwa 60 bis 90 % auf. Bei einem typischen klinischen Bild eines Herpes Zoster kann in der Regel auf eine Laborbestätigung verzichtet werden. Allerdings sind auch atypische Manifestationen möglich (zum Beispiel bei Personen mit Immundefizienz), sodass im Einzelfall eine spezifische Labordiagnostik angezeigt ist. Diese sollte auch bei ZNS-Beteiligung, bei Pneumonie, bei Infektionen während der Schwangerschaft sowie bei Neugeborenen erfolgen.

Differenzialdiagnostisch müssen Herpes-simplex-Virusinfektionen (HSV1 vor allem im Kopf-/Halsbereich, HSV2 insbesondere im Lumbosakralbereich) sowie zosteriforme dermatologische Erkrankungen in Erwägung gezogen werden. Der molekulare Nachweis von VZV-DNA aus Abstrichen gilt heute als Goldstandard für die Labordiagnostik der VZV-Infektion. Moderne Realtime-PCR-Methoden weisen bei korrekter Durchführung eine nahezu 100%ige Sensitivität und Spezifität auf.

Therapie von Herpes Zoster und PZN

Ziel der Behandlung ist es, das Komplikationsrisiko zu minimieren und zudem eine schnelle Linderung der Akutsymptomatik zu erreichen. Eine frühe Therapie ist entscheidend, um einer Chronifizierung der Schmerzen entgegenzuwirken.

Antivirale Therapie

Hierbei kommt der antiviralen Therapie ein besonderer Stellenwert zu. Diese sollte möglichst innerhalb von 72 Stunden nach Auftreten der Hautsymptome oder innerhalb von 48 Stunden nach Manifestation der charakteristischen Hautbläschen eingeleitet werden. Es stehen vier verschiedene Wirkstoffe zur Verfügung, die sich in ihrer antiviralen Potenz und auch in ihrem Einnahmemodus voneinander unterscheiden.

Die Behandlung des Herpes Zoster erfolgt mit Virustatika, wobei lange Zeit Aciclovir die Standardtherapie darstellte. Unter Aciclovir werden die Abheilung der Hautläsionen beschleunigt und die Schmerzen reduziert. Inzwischen deuten Ergebnisse aus kontrollierten Studien auf eine Überlegenheit von Valaciclovir gegenüber Aciclovir im Hinblick auf Linderung der mit Zoster assoziierten Schmerzen hin. Alternativ zu Aciclovir kann mit Brivudin behandelt werden, einem hochpotenten Nukleosidanalogon, das ebenfalls die VZV-Replikation hemmt. Die Behandlung mit Brivudin führt im Vergleich zu Aciclovir zu einer signifikant geringeren PZN-Inzidenz.

Lesen Sie auch: Alte Posten in der Neurologie

Schmerztherapie

Eine frühe analgetische Therapie kann einer Chronifizierung vorbeugen. Sie erfolgt entsprechend der Schmerzintensität nach WHO-Stufenschema mit nicht steroidalen Antiphlogistika oder mit Opioiden. Co-Analgetika wie Antidepressiva und Antikonvulsiva können ergänzend gegeben werden.

Medikamentöse Therapie der Wahl bei der Behandlung der PZN sind Antikonvulsiva wie Gabapentin oder Pregabalin oder trizyklische Antidepressiva. Schwache Opioide und topische Therapieoptionen wie Lidocain- oder Capsaicin-Pflaster stehen als Mittel der zweiten Wahl ebenfalls zur Verfügung.

In der Weiterbehandlung gibt es verschiedene Therapieoptionen, die auch in Kombination eingesetzt werden können:

  • Topika: Im Bläschenstadium kühlende, entzündungshemmende oder antiseptische Lösungen, bei verkrusteten Bläschen antiseptische Gele. Nach Abheilen der Bläschen können Pflaster mit acht Prozent Capsaicin und gegebenenfalls fünf Prozent Lidocain eingesetzt werden.
  • Antikonvulsiva: Pregabalin und Gabapentin werden initial und bei Risikofaktoren für Post-Zoster-Neuralgie möglichst innerhalb der ersten Tage nach Erscheinen der Bläschen eingeführt.
  • Antidepressiva: Neben der antidepressiven Wirkung können trizyklische Antidepressiva oder selektive Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer wie Duloxetin auch analgetische Effekte haben.
  • Opioide: Auch opioidhaltige Präparate können bei Bedarf eingesetzt werden. Das WHO-Stufenschema gilt hier als Grundlage.
  • Cannabinoide: Sie dienen als Add-on-Therapie, auch um die Dosis von Co-Analgetika, Antidepressiva und Anxiolytika und damit deren Nebenwirkungen zu reduzieren., gegebenenfalls innerhalb einer multimodalen Schmerztherapie.

Weitere Maßnahmen

Zur symptomatischen, lokalen Behandlung werden vor allem austrocknende, juckreizlindernde und antiseptisch wirksame topische Wirkstoffe und eventuell feuchte Umschläge (im Bläschenstadium) eingesetzt. Bei Zoster ophthalmicus wird eine augenärztliche Mitbetreuung empfohlen; bei Zoster oticus muss eine Mitbehandlung durch einen Hals-Nasen-Ohren-Arzt und Neurologen erfolgen.

Prävention

Die beste Präventionsmaßnahme vor Herpes zoster ist eine Impfung. Die STIKO empfiehlt seit 2018 die Gürtelrose-Impfung als Standardimpfung ab 60 Jahren zur Prävention von Herpes zoster und Post-Zoster-Neuralgie (PZN). Darüber hinaus wird die Gürtelrose-Impfung als Indikationsimpfung ab 50 Jahre für Patient*innen mit einer erhöhten gesundheitlichen Gefährdung für das Auftreten von Herpes zoster infolge einer chronischen Erkrankung empfohlen.

Seit langem steht ein Lebendimpfstoff gegen Windpocken zur Verfügung, der ein abgeschwächtes Varicella-zoster-Virus enthält. Die 2-malige Impfung wird seit 2004 von der Ständigen Impfkommission (STIKO) als Standardimpfung für alle Kinder und Jugendlichen empfohlen. Sie schützt nicht nur vor Windpocken sondern scheint auch einen begrenzten Schutz vor späterem Herpes zoster zu verleihen. Ein Lebendimpfstoff gegen Herpes zoster ist für Personen ab 50 Jahre in Deutschland zugelassen. Dieser enthält das abgeschwächte Varicella-zoster-Virus der Windpockenimpfung in hoher Dosis und ergab bei 50 bis 70-Jährigen einen Schutz von 60-70% über einen Nachbeobachtungs-Zeitraum von 1 bis 3 Jahren. 2018 wurde ein neuer Totimpfstoff für Personen ab 50 Jahre zugelassen, der zweimal im Abstand von 2 bis 6 Monaten gegeben wird und hohe Schutzraten (ca. 95% über 4 Jahre) zeigte, welche auch noch in höherem Alter nachweisbar waren (91% bei über 80-Jährigen).

Die Impfung gegen Herpes zoster hat das Ziel, eine Reaktivierung von VZV und damit die Zoster-bedingten Komplikationen zu verhindern. Vor einigen Jahren wurde hierzu ein rekombinanter, adjuvantierter Totimpfstoff entwickelt. Der attenuierte Lebendimpfstoff wird seitens der STIKO nicht mehr empfohlen. Der rekombinante, adjuvantierte Totimpfstoff ist in Deutschland ab dem 50. Lebensjahr und ab dem 18. Lebensjahr bei bestehender Immundefizienz zugelassen. Eine Empfehlung zur Impfung seitens der STIKO besteht seit Dezember 2018 ab dem 60. Lebensjahr (Standardimpfung) beziehungsweise ab dem 50. Lebensjahr bei Immundefizienz (Indikationsimpfung).

tags: #Post #Zoster #Neuralgie #Risikofaktoren