Postentzündliche Läsionen im Gehirn: Ursachen und Behandlung

Entzündliche Erkrankungen des zentralen Nervensystems (ZNS) spielen in der Neurologie eine zunehmend wichtige Rolle. Diese Erkrankungen können durch verschiedene Ursachen ausgelöst werden, darunter erregerbedingte Infektionen durch Bakterien, Pilze, Protozoen und Viren sowie nicht-erregerbedingte/autoimmune Prozesse wie Multiple Sklerose (MS) und Vaskulitis.

Ursachen postentzündlicher Läsionen im Gehirn

Entzündliche Prozesse im Gehirn

Autoimmunologische Prozesse, bei denen der Organismus körpereigene Strukturen nicht als solche erkennt, können im Nervensystem Entzündungen hervorrufen. In diesen Fällen produziert das Immunsystem Antikörper gegen Gewebestrukturen des eigenen Körpers, beispielsweise gegen bestimmte Teile des Nervensystems. Häufige Krankheitsbilder durch erregerbedingte Infektionen des Gehirns sind die Neuroborreliose und die Gürtelrose. Im Zusammenhang mit immunsuppressiven und immunmodulatorischen Therapien treten ZNS-Infektionen häufig bei immungeschwächten Patienten auf, wie beispielsweise die progressive multifokale Leukenzephalopathie (PML) bei MS. Eine der häufigsten sporadischen Enzephalitiden Westeuropas ist die Herpes-simplex-Virus-Enzephalitis (HSVE).

Multiple Sklerose (MS)

Eine der bekanntesten Autoimmunerkrankungen ist die Multiple Sklerose (MS), eine chronisch-entzündliche, demyelinisierende Erkrankung mit axonaler Schädigung des zentralen Nervensystems. Die MS ist heute gut behandelbar, und je früher Diagnose und Therapie beginnen, desto besser lässt sich der Verlauf verlangsamen. Bei MS führt eine Entzündung im Zentralnervensystem zur Bildung von Narben. Wenn mehrere vernarbte Stellen größere Herde bilden, spricht man von Plaques. Lange Zeit wurde angenommen, dass sich diese Veränderungen auf die weiße Gehirnsubstanz beschränken.

Ischämie

Fünf bis zehn Prozent der unter 50-Jährigen haben Läsionen in der weißen Gehirnsubstanz, meist verursacht durch Ischämie infolge von Diabetes, Bluthochdruck oder Alterung. Diese Läsionen treten jedoch nur in der weißen Substanz auf, nicht im Rückenmark.

COVID-19

Die Hirnschäden, die bei Patienten mit COVID-19 auftreten können, betreffen offenbar die kleineren Blutgefäße. Dort kommt es sowohl zu punktuellen Blutungen als auch zu lokalen Entzündungsreaktionen.

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Diagnostik postentzündlicher Läsionen im Gehirn

Magnetresonanztomographie (MRT)

Der zunehmende Einsatz von Magnetresonanztomographie (MRT) mit hoher Feldstärke (drei Tesla und mehr) hat dazu geführt, dass die von der schubförmig verlaufenden Erkrankung verursachten Läsionen auch an anderen Stellen des zentralen Nervensystems gefunden wurden. Die Plaques lassen sich auch in der grauen Hirnsubstanz nachweisen. Besonders schwierig zu entdecken sind die juxtakortikalen Plaques, also Ablagerungen an der Grenze zwischen weißer und grauer Substanz. Plaques entstehen bei MS aber auch im Rückenmark. MRT ermöglicht es, sowohl die räumliche als auch die zeitliche Dissemination der Entzündungsherde in Gehirn und Rückenmark nachzuweisen.

MRT ist nicht nur für die Erstdiagnose, sondern auch für das Therapiemonitoring von entscheidender Bedeutung. Mittels MRT lassen sich PML-Läsionen von fokalen MS-Läsionen unterscheiden, so dass eine etwaige PML so früh wie möglich diagnostiziert werden kann.

Liquordiagnostik

Bei mehr als 90 % der pädiatrischen MS-Patienten sind oligoklonale Banden im Liquor nachweisbar. Darüber hinaus können eine geringgradige lymphozytäre Pleozytose und Eiweißerhöhung sowie Antikörper gegen verschiedene Virusantigene (MRZ-Reaktion) gefunden werden.

Symptome postentzündlicher Läsionen im Gehirn

Die Symptome postentzündlicher Läsionen im Gehirn sind vielfältig und hängen von der Lokalisation und Ausdehnung der Läsionen ab.

Häufige Symptome

Häufige Symptome einer MS sind Sehstörungen, Taubheit, Konzentrationsstörungen, Müdigkeit, Sprechstörungen, Koordinationsschwierigkeiten, Spastik, Blasenstörung, Sexualfunktionsstörung, Sprachstörungen und Schluckstörungen. Leitsymptome einer bakteriellen Meningitis sind Kopfschmerzen, Fieber, Übelkeit und Erbrechen sowie Meningismus (Nackensteifigkeit). Die Symptome einer HSVE sind Kopfschmerzen, Fieber, quantitative und/oder qualitative Bewusstseinsstörungen.

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Spezifische Symptome

Bei einer Myelitis, einer Entzündung des Rückenmarks, reichen die Symptome von Muskelschwäche, Lähmungen, spastischen Lähmungen, Gefühlsstörungen, Schmerzen und Depressionen bis hin zu Fehlfunktionen von Enddarm und Harnblase. Das Guillain-Barré-Syndrom (GBS) äußert sich initial durch unspezifische sensible Reizerscheinungen wie Kribbelparästhesien an Füßen und Händen sowie Rückenschmerzen. Im Anschluss treten schlaffe Lähmungen auf, die sich innerhalb von Stunden bis wenigen Tagen von den Beinen zu den Armen ausdehnen können.

COVID-19-bedingte Symptome

Das Spektrum möglicher neurologischer Komplikationen bei COVID-19 reicht vom Verlust des Geruchssinns über unspezifische Beschwerden wie Abgeschlagenheit und Kopfschmerzen bis hin zu kognitiven Störungen und Schlaganfällen.

Behandlung postentzündlicher Läsionen im Gehirn

Die Behandlung postentzündlicher Läsionen im Gehirn richtet sich nach der Ursache der Entzündung und den resultierenden Symptomen.

Akuttherapie

Schon bei dem Verdacht auf eine HSVE muss die antivirale Therapie mit Aciclovir rasch eingeleitet werden. Unbehandelt verläuft sie meist tödlich. Bei bakterieller Meningitis ist eine schnelle Antibiotikatherapie entscheidend. Die Schubtherapie bei entzündlichen demyelinisierenden Erkrankungen besteht in der intravenösen Gabe von Methylprednisolon.

Immunmodulatorische Therapie bei MS

Sind die Diagnosekriterien nach McDonald erfüllt, sollte unabhängig vom Alter der MS-Patienten eine immunmodulatorische Therapie begonnen werden, da diese die Schubschwere und -frequenz verringert und den Langzeitverlauf günstig beeinflussen kann. Patienten mit einer milden/moderaten Verlaufsform werden zunächst mit Beta-Interferonen oder Glatiramerazetat behandelt. Bei unzureichendem Ansprechen wird überprüft, ob die MS als hochaktiv eingeordnet werden muss. Als Therapie für die hochaktive Verlaufsform werden im Kindes- und Jugendalter derzeit vor allem Natalizumab und Fingolimod und in Einzelfällen auch Alemtuzumab eingesetzt.

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Rehabilitation

Neben der medikamentösen Therapie spielt die Rehabilitation eine wichtige Rolle, um die durch die Läsionen verursachten Funktionsausfälle zu kompensieren und die Lebensqualität der Patienten zu verbessern.

Bedeutung der Lokalisation von Hirnläsionen

Bestimmte Regionen im Gehirn sind für bestimmte Funktionen zuständig. Fallen an einer Stelle die zuständigen Zellen aus, dann übernehmen andere ihre Funktion. Diese Umleitungen kosten das Gehirn jedoch mehr Kraft, was sich zum Beispiel in Fatigue äußert. Nur ungefähr 10 % aller Läsionen, die man auf dem MRT sieht, zeitigen tatsächliche Funktionsausfälle.

Während im Gehirn meist keine Zuordnung von Läsionsort und daraus resultierendem Funktionsausfall möglich ist, kann man das bei Läsionen im Rückenmark meist recht genau sagen, da einzelne Rückenmarksabschnitte für bestimmte Körperteile zuständig sind.

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