Erektionsstörungen sind eine häufige Folge von Schlaganfällen und können die Lebensqualität der Betroffenen erheblich beeinträchtigen. Dieser Artikel beleuchtet die Zusammenhänge zwischen Schlaganfall und erektiler Dysfunktion, stellt aktuelle Studien vor und diskutiert verschiedene Behandlungsansätze.
Vaskuläre Demenz und die Rolle von Sildenafil
Die vaskuläre Demenz ist mit einem Anteil von etwa 15 Prozent die zweithäufigste Form der Demenz nach der Alzheimer-Krankheit. Sie entsteht durch eine gestörte Durchblutung des Gehirns, meist infolge von Schlaganfällen oder Gefäßverengungen. Medikamente wie Blutdrucksenker, Cholesterinsenker und Antidiabetika können dazu beitragen, einer vaskulären Demenz vorzubeugen. Eine aktuelle Studie im Fachmagazin „Circulation Research“ deutet darauf hin, dass Sildenafil, der Wirkstoff in Viagra, möglicherweise eine vaskuläre Demenz verhindern könnte.
Sildenafil wurde ursprünglich zur Behandlung von Angina pectoris und Bluthochdruck entwickelt und wird heute vor allem bei Erektionsproblemen eingesetzt. Es gehört zur Gruppe der PDE-5-Hemmer, zu denen auch Tadalafil, Vardenafil und Avanafil zählen. Diese Wirkstoffe verbessern die Durchblutung des Penis bei sexueller Erregung, indem sie ein Protein blockieren, das den Botenstoff cGMP abbaut. Dadurch erweitern sich die Blutgefäße, und es strömt mehr Blut in den Penis. PDE-5-Hemmer weiten jedoch nicht nur im Penis die Blutgefäße, sondern auch in anderen Organen, wie Lunge und Gehirn.
Aktuelle Studie zu Sildenafil und vaskulärer Demenz
In einer Studie nahmen 75 Patienten teil, die bereits einen Schlaganfall erlitten hatten, der leichte bis mittelschwere Schäden an der weißen Hirnsubstanz hinterlassen hatte. Diese Schäden können häufig zu einer vaskulären Demenz führen. Die Teilnehmer erhielten jeweils drei Wochen lang entweder Sildenafil, ein Placebo oder den Wirkstoff Cilostazol, ein Medikament zur Behandlung von arteriellen Durchblutungsstörungen. Nach jeder dreiwöchigen Phase wurden die Präparate getauscht, sodass jeder Patient alle Behandlungen durchlief.
Die Forschenden untersuchten die Effekte der Behandlungen mithilfe verschiedener Methoden, darunter die Bestimmung des Sauerstoffgehalts und der Durchblutung des Gehirns durch bildgebende Verfahren. Die Ergebnisse zeigten, dass Sildenafil den Blutfluss im Gehirn steigerte und die Funktion der Gefäße bei Patienten mit erhöhtem Risiko für vaskuläre Demenz verbesserte. Sowohl Sildenafil als auch Cilostazol senkten den Blutgefäßwiderstand im Gehirn. Allerdings traten bei beiden Medikamenten Nebenwirkungen wie Kopfschmerzen auf, und bei Cilostazol kam es gelegentlich zu Durchfall, weshalb acht Teilnehmer die Studie abbrachen.
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Dr. Alastair Webb, Erstautor der Studie, betonte, dass dies die erste Studie sei, die zeige, dass Sildenafil bei Menschen mit dieser Vorgeschichte in die Blutgefäße des Gehirns gelange, den Blutfluss verbessere und die Reaktionsfähigkeit dieser Gefäße erhöhe. Dies deute auf das Potenzial dieses gut verträglichen Medikaments zur Vorbeugung von Demenz hin, obwohl es dafür noch keinen klaren Beweis gebe.
Bedeutung der Studie für Patienten
Die Studie liefert erste Erkenntnisse über die Wirkung von Sildenafil auf die Blutgefäße im Gehirn. Neurologe Berlit merkte an, dass die Fallzahl von 75 zwar gering sei, die Methodik der Studie aber solide. Allerdings könne die kurze Studiendauer von nur drei Monaten keine endgültigen Aussagen über mögliche Risiken zulassen. Es sei noch unklar, ob die gefundenen Veränderungen tatsächlich klinische Relevanz haben und ob sie spürbare Verbesserungen für die Patienten bringen. Größere Studien mit längeren Untersuchungszeiträumen sind erforderlich, um das Potenzial von Sildenafil und anderen PDE-5-Inhibitoren bei der Vorbeugung und Behandlung der vaskulären Demenz besser einschätzen zu können.
Es ist wichtig zu betonen, dass Sildenafil verschreibungspflichtig ist und nicht ohne ärztliche Rücksprache eingenommen werden sollte. Bei unsachgemäßer Einnahme können Nebenwirkungen wie Kreislaufprobleme, Schwindel und Herzrhythmusstörungen auftreten.
Potenzielle Hilfe von PDE-5-Hemmern bei Alzheimer-Demenz
Weitere Studien deuten darauf hin, dass Sildenafil und verwandte Wirkstoffe das Risiko, an einer Demenz zu erkranken, reduzieren könnten. Eine Studie des University College London ergab, dass Männer, die PDE-5-Hemmer einnahmen, ein um 18 Prozent geringeres Risiko hatten, in den Folgejahren an Alzheimer zu erkranken. Bei denjenigen, denen es innerhalb von fünf Jahren mehr als 20 Mal verschrieben wurde, war das Risiko sogar um 44 Prozent niedriger als in der Vergleichsgruppe. Eine ähnliche Studie der US-amerikanischen Cleveland Clinic kam zu einem ähnlichen Ergebnis. Es handelte sich jedoch lediglich um statistische Beobachtungen, die nicht beweisen, dass ein Medikament vor Alzheimer schützt. Die Ergebnisse könnten auch darauf zurückzuführen sein, dass Männer, die PDE-5-Hemmer nutzen, möglicherweise einen gesünderen und aktiveren Lebensstil pflegen.
Erektionsstörungen nach Schlaganfall
Erektionsstörungen sind eine häufige Folge von Schlaganfällen. Sie können auf direkte Hirnschädigungen, psychischen Stress, Vorerkrankungen sowie Nebenwirkungen von Medikamenten zurückzuführen sein. Studien zeigen, dass bis zu 75 % der Schlaganfallpatienten betroffen sind. Oft werden Erektionsstörungen nach Schlaganfällen nicht ausreichend diagnostiziert und behandelt. Es ist daher wichtig, das Thema beim Arzt anzusprechen.
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Ursachen von Erektionsstörungen nach Schlaganfall
Erektile Dysfunktion nach einem Schlaganfall kann die Lebensqualität stark beeinträchtigen. Sie resultiert aus einer Kombination neurologischer, psychologischer und medikamentöser Faktoren. Eine zentrale Rolle spielt die direkte Schädigung bestimmter Hirnareale wie des präfrontalen Cortex, des limbischen Systems und des Hypothalamus. Diese Bereiche sind entscheidend für die sexuelle Motivation, Entscheidungsfindung und hormonelle Regulation. Je nach Lokalisation des Schlaganfalls können unterschiedliche Auswirkungen auf die Sexualfunktion auftreten. Schlaganfälle im Bereich der rechten Kleinhirnhemisphäre sind eher mit Ejakulationsstörungen assoziiert, während Schlaganfälle im Bereich der Arteria cerebri media häufiger mit Erektionsstörungen verbunden sind.
Neben den neurologischen Schäden können auch psychische Faktoren die sexuelle Funktion beeinflussen. Die emotionale Belastung durch die veränderte Lebenssituation und die Angst vor weiteren gesundheitlichen Problemen können das sexuelle Verlangen und die sexuelle Leistungsfähigkeit stören. Auch Medikamente wie Blutdrucksenker und Antidepressiva können Erektionsstörungen verursachen.
Erektionsstörungen als Vorbote für Schlaganfall
Erektionsstörungen können nicht nur nach Schlaganfällen auftreten, sondern auch ein Vorbote dafür sein. Viele Herz- und Gefäßerkrankungen können mit einer eingeschränkten Funktion des Penis einhergehen. Forschungen zeigen, dass Männer mit Erektionsstörungen ein um etwa 34 bis 35 % erhöhtes Risiko haben, einen Schlaganfall zu erleiden. Dies unterstreicht die Bedeutung einer frühzeitigen Behandlung von Erektionsproblemen.
Häufigkeit erektiler Dysfunktion nach Schlaganfällen
Sexuelle Funktionsstörungen nach einem Schlaganfall sind weit verbreitet. Selbst bei jüngeren Patienten berichtet ein Drittel der Betroffenen ein Jahr nach einem ischämischen Schlaganfall über Schwierigkeiten beim Geschlechtsverkehr. In einer niederländischen Studie berichteten sogar 80 % der befragten Männer von gelegentlichen Erektionsproblemen, und 93 % waren mit der Dauer der Erektion unzufrieden.
Behandlung von Erektionsstörungen nach Schlaganfall
Je nach Diagnose gibt es verschiedene Ansätze zur Behandlung von Erektionsstörungen nach einem Schlaganfall:
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- Medikamentöse Therapie: PDE-5-Hemmer wie Sildenafil (Viagra) oder Tadalafil (Cialis) können die Erektionsfähigkeit verbessern. Diese Medikamente erhöhen den Blutfluss zum Penis. Sie gelten als sicher für Patienten mit stabiler Herzerkrankung, die keine Nitrate einnehmen.
- Psychologische Beratung: Kann helfen, mit Ängsten und Depressionen umzugehen, die nach einem Schlaganfall häufig auftreten. Auch eine Paartherapie kann bei Kommunikationsproblemen hilfreich sein.
- Verbesserung des Lebensstils: Die Reduzierung von Risikofaktoren wie Übergewicht, Rauchen, Depressionen und Bluthochdruck kann ebenfalls zu einer Verringerung von Erektionsstörungen beitragen.
PDE-5-Hemmer dürfen nicht ohne weiteres mit Blutdrucksenkern oder Herzmedikamenten kombiniert werden. Insbesondere die gleichzeitige Einnahme von Nitraten kann zu lebensbedrohlichen Kreislaufproblemen führen. Laut den Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie sollten PDE-5-Inhibitoren zudem nicht in den ersten sechs Monaten nach einem Schlaganfall verschrieben werden. Eine Abstimmung mit dem Arzt ist essenziell, um gefährliche Wechselwirkungen zu vermeiden.
Weitere Behandlungsansätze umfassen psychotherapeutische Maßnahmen, Vakuumtherapie und physikalische Therapie. Einige Blutdruckmedikamente und Antidepressiva können das Risiko einer erektilen Dysfunktion erhöhen, während andere Medikamente wie ACE-Hemmer sich positiv auf die Erektionsfähigkeit auswirken können.
Weitere Ursachen für sexuelle Funktionsstörungen bei neurologischen Erkrankungen
Neben Schlaganfällen können auch andere neurologische Erkrankungen sexuelle Funktionsstörungen verursachen:
- Epilepsie: Bei Patienten mit Temporallappenepilepsie, insbesondere bei rechtsseitigem Fokus, kann eine Hyposexualität auftreten. Antiepileptika können den Spiegel freien Testosterons im Blut reduzieren.
- Morbus Parkinson: Betroffene berichten über geschwundenes sexuelles Verlangen. Männer leiden häufig an Erektionsstörungen, Ejakulations- und Orgasmusstörungen, während Frauen verminderte Orgasmusfähigkeit erleben.
- Polyneuropathie: Viele Polyneuropathien gehen mit einer Dysfunktion des autonomen Nervensystems einher, was zu Erektionsstörungen führen kann.
- Radfahren: Längeres Radfahren kann zu einer Schädigung des Nervus pudendus und somit zu Erektionsstörungen führen.
Diagnose und Therapie von Erektionsstörungen
Zur Diagnose sexueller Probleme bei neurologischen Patienten sind Anamnese und klinische Untersuchung ausreichend. Es kann hilfreich sein, mit dem Partner des Betroffenen zu sprechen. Die körperliche Untersuchung umfasst die Prüfung des lateralen Sphinkterrandes, des Bulbospongiosusreflexes und des Kremasterreflexes.
In der Therapie der erektilen Dysfunktion dominieren die Phosphodiesterase-5-Inhibitoren (PDI). Die Effektivität von Sildenafil bei organisch bedingter Erektionsstörung wird mit 68 Prozent angegeben. Weitere Therapieoptionen sind die Schwellkörper-Autoinjektionstherapie (SKAT) und die intraurethrale Applikation von Alprostadil (MUSE).
Für Frauen mit Sexualstörungen gibt es weniger Hilfen als für Männer. Der Einsatz von Sildenafil hat sich in der Praxis nicht durchgesetzt.
PDI-Therapie bei neurologischen Patienten
In Studien bei Patienten mit ED ist vor allem Sildenafil erprobt worden. In der Praxis sind alle Phosphodiesterase-Hemmer (PDI) etwa gleich wirksam. Die Dosierung beginnt mit einer mittleren Dosis (50 mg Sildenafil), die Wirkung setzt binnen 30 Minuten ein. Bei gutem Ansprechen kann die Dosis reduziert, bei Nichtansprechen erhöht werden.
Kontraindikationen sind Retinitis pigmentosa, Hypotonie und die Kombination mit Vasodilatatoren des Nitro-Typs und NO-Donatoren.
Erektionsstörungen: Ein Tabuthema
Erektionsstörungen zählen zu den Tabuthemen, obwohl es in den meisten Fällen erfolgreiche Behandlungsmöglichkeiten gibt. Die erektile Dysfunktion ist ein Symptom, hinter dem sich verschiedene Ursachen und Störungen verbergen können, die aus dem psychischen oder physischen Umfeld stammen können. Auch Arzneimittel wie Antidepressiva, Herz-Kreislauf-Medikamente, Antiandrogene oder Neuroleptika können Auslöser sein.
Eine wirksame medikamentöse Therapie ist ausschließlich auf verschreibungspflichtige Medikamente beschränkt. Apothekenpflichtige oder frei verkäufliche Medikamente haben in klinischen Studien keinen eindeutigen Wirksamkeitsnachweis erbracht.
Medikamentöse Therapie mit PDE-5-Hemmern
An erster Stelle der medikamentösen ED-Therapie stehen die Phosphodiesterase-Hemmer Typ 5, wie Sildenafil (Viagra), Vardenafil (Levitra) und Tadalafil (Cialis). Sie hemmen die Phosphodiesterase Typ 5 und verhindern dadurch den schnellen Abbau von cGMP, das für die Gefäßrelaxation und den penilen Blutfluss verantwortlich ist. Die Substanzen unterscheiden sich in ihrer Affinität zum Enzym, was sich in unterschiedlichen Dosierungen und Wirkdauern niederschlägt. Alle drei Substanzen gelten als wirksam und sicher.
Die einmal tägliche Dauertherapie mit niedrig dosiertem Tadalafil ermöglicht dem Patienten ein spontaneres Sexualleben. Jeder Patient sollte mindestens vier Therapieversuche mit mindestens zwei Substanzen machen, bevor man von einem Therapieversager sprechen kann.
Weitere Therapieoptionen
Prostaglandin E1 (Alprostadil) wird im Rahmen der Schwellkörper-Autoinjektionstherapie (SKAT) oder in Form eines Minisuppositoriums (MUSE) eingesetzt. Die SKAT-Therapie mit Prostaglandin E1 gilt als die effektivste Methode zur Erektionsförderung.
Yohimbin ist ein Alkaloid aus der Rinde des westafrikanischen Yohimbe-Baumes. Die Effektivität wird mit etwa 30 Prozent angegeben.
Die Rolle des Testosterons in der Behandlung der erektilen Dysfunktion ist umstritten. Eine Therapie sollte nur bei einem eindeutig zu niedrigen Testosteron-Spiegel erfolgen und sorgfältig überwacht werden.
Einige Antidepressiva wie Bupropion oder Trazodon können sexuelle Funktionsstörungen günstig beeinflussen.
Vorbeugung von Erektionsstörungen
Übergewicht und ungesunde Lebensweise (hoher Alkoholkonsum, Nikotinabusus) gelten als Risikofaktoren für Erektionsstörungen. Erektionsstörungen können auch als erstes Warnzeichen vor Herzinfarkt oder Schlaganfall auftreten. Ausreichende körperliche Aktivität, ballaststoffreiche Ernährung, Nikotinabstinenz, ungesättigte Fettsäuren und ein nur mäßiger Alkoholkonsum sind wichtige Maßnahmen, um einer ED zu vorzubeugen. Ferner beugen regelmäßige Erektionen durch die vermehrte Sauerstoffsättigung einer Schwellkörperfibrose und der damit verbundenen venooklusiven Insuffizienz vor.
Sicherheit von Sildenafil
Eine umfangreiche Metaanalyse von 67 Studien mit Viagra (Sildenafil) zeigte eine gute Verträglichkeit von Viagra. Es konnte kein Zusammenhang zwischen der Einnahme von Viagra und Herzinfarkten oder Schlaganfällen gefunden werden. Auch ergaben die Analysen keine neuen Sicherheitsrisiken im Hinblick auf Priapismus, Sehstörungen oder Hörverlust. Bei Beachtung der Kontraindikationen und der Anwendungshinweise ist Sildenafil sicher.
Sexualität nach Schlaganfall
Das Bedürfnis nach Intimität, Nähe und Sex gehört zum Menschen - auch nach einem Schlaganfall. Sexuelle Störungen können auftreten, und es ist wichtig, dieses Thema anzusprechen. Sexuelle Aktivität ist nicht mit einem höheren Energieaufwand verbunden als die Bewältigung von ein oder zwei Treppenläufen.
Psychologische und soziale Faktoren scheinen einen starken Einfluss auf die sexuelle Funktion und die Qualität des Sexuallebens nach einem Schlaganfall zu haben. Es gibt auch Medikamente, beispielsweise bestimmte Blutdrucksenker sowie Medikamente gegen Depression, die die Potenz beeinflussen können.
Schlaganfall-Betroffene können sich an ihren Hausarzt, Urologen und Gynäkologen wenden. Eine weitere Möglichkeit bietet der Besuch einer Selbsthilfegruppe.
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