Psychische Störungen bei Epilepsie: Eine umfassende Betrachtung

Epilepsie ist eine neurologische Erkrankung, die durch wiederholte Anfälle gekennzeichnet ist. Was viele jedoch nicht wissen, ist, dass Epilepsie oft mit einer Reihe von psychischen Störungen einhergehen kann. Diese Begleiterkrankungen können die Lebensqualität der Betroffenen erheblich beeinträchtigen und stellen sowohl für Patienten als auch für Behandelnde eine Herausforderung dar.

Die Verbindung zwischen Epilepsie und psychischen Störungen

Ein Teil der Menschen, die an Epilepsie erkrankt sind, leidet zusätzlich unter psychischen Störungen, die für Mitarbeitende oft belastender sind als die Epilepsie selbst.

Eine Metaanalyse, veröffentlicht in JAMA Neurology 2025, unterstreicht die hohe Last psychischer Begleiterkrankungen bei Epilepsie und wie wichtig es für die Lebensqualität der Patienten sei, psychische Begleiterkrankungen zu identifizieren und zu behandeln.

Häufige psychische Störungen bei Epilepsie

Die Prävalenz der meisten psychischen Erkrankungen ist bei Patienten mit Epilepsie signifikant höher als bei Personen ohne Epilepsie. Dies gilt für verschiedene affektive Störungen ebenso wie für psychotische Erkrankungen, Substanzmissbrauch, ADHS und Autismus.

Konkret bedeutet dies, dass Menschen mit Epilepsie ein erhöhtes Risiko haben für:

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  • Angststörungen: Übermäßige Sorgen, Ängste und Panikattacken können den Alltag stark belasten.
  • Depressionen: Anhaltende Traurigkeit, Interessenverlust undEnergielosigkeit sind typische Symptome.
  • Bipolare Störungen: Wechsel zwischen depressiven und manischen Phasen.
  • Psychotische Erkrankungen: Realitätsverlust, Halluzinationen und Wahnvorstellungen.
  • Substanzmissbrauch: Suchtverhalten als Bewältigungsstrategie.
  • ADHS: Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung, die sich inUnaufmerksamkeit, Impulsivität und Hyperaktivität äußert.
  • **Autismus: ** Beeinträchtigungen in der sozialen Interaktion undKommunikation, sowie repetitive Verhaltensweisen.
  • Suizidgedanken: Gedanken an Selbsttötung.

Es ist wichtig zu beachten, dass diese Liste nicht erschöpfend ist und dass auch andere psychische Störungen bei Menschen mit Epilepsie auftreten können.

Ursachen und Risikofaktoren

Die genauen Ursachen für das gehäufte Auftreten psychischer Störungen bei Epilepsie sind noch nicht vollständig geklärt. Es wird angenommen, dass verschiedene Faktoren eine Rolle spielen können, darunter:

  • Neuronale Netzwerkinstabilität: Psychische Störungen im Kontext neuronaler Netzwerkinstabilität.
  • Genetische Faktoren: Eine genetische Veranlagung kann sowohl für Epilepsie als auch für psychische Störungen bestehen.
  • Hirnorganische Veränderungen: Epileptische Anfälle können zu Veränderungen im Gehirn führen, die psychische Störungen begünstigen.
  • Psychosoziale Faktoren: Stigmatisierung, soziale Isolation und Schwierigkeiten im Alltag können die psychische Gesundheit beeinträchtigen.
  • Traumatische Erfahrungen: Insbesondere Missbrauch und Vernachlässigung gelten als prädisponierende Faktoren. Das bedeutet, dass diese Erlebnisse die Anfälligkeit für die Entwicklung psychogener Anfälle immens erhöhen können und folglich häufig Ursache für die Anfälle sind.
  • Medikamente: Einige Antiepileptika können als Nebenwirkung psychische Symptome verursachen oder verstärken.

Die Rolle von psychogenen Anfällen

Neben den "klassischen" psychischen Störungen spielen auch psychogene nicht-epileptische Anfälle (Psychogene Anfälle) eine wichtige Rolle. Anders als ein epileptischer Anfall entsteht ein psychogener Anfall bzw. psychogener Krampfanfall nicht durch neuronale Störungen mit entsprechenden pathologischen elektrischen Aktivitäten des Gehirns. Stattdessen liegt diesem eine psychische Ursache zu Grunde.

Tatsächlich weisen die psychogenen oder dissoziativen Anfälle eine große Ähnlichkeit mit epileptischen Anfällen auf und werden deshalb oft für hirnorganisch verursachte Anfälle gehalten. Auch diese können sehr unterschiedlich in Art und Ausmaß sein, sodass eine Differenzierung grundsätzlich große Sorgfalt erfordert.

Dissoziative Anfälle werden auch psychogene nicht-epileptische Anfälle, psychogene Anfälle oder funktionelle Anfälle genannt. Während des psychogenen Krampfanfalls kommt es zu einem plötzlichen Verlust der Kontrolle über den eigenen Körper. Die Anfälle begleiten außerdem starke Einschränkungen der Bewusstseinsfunktionen. Plötzliche Ohnmachtsanfälle bzw. Psychogene Bewegungsstörung: Kontrollverlust und automatisierte Bewegungen wie z.B.

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Ursachen eines psychogenen Anfalls können schwere seelische Belastungen in der Kindheit und Jugend sein, die den Betroffenen teilweise nicht bewusst sind. Hieraus können psychogene Anfälle in Form von automatisierten, reflexartigen Körperreaktionen als Krankheitsbild entstehen, die ursprünglich eine schützende oder abwehrende Funktion hatten.

Diagnose und Behandlung

Die Diagnose psychischer Störungen bei Epilepsie kann eine Herausforderung darstellen, da die Symptome oft unspezifisch sind und sich mit den Auswirkungen der Epilepsie überschneiden können. Eine sorgfältige Anamnese, eine umfassende neurologische Untersuchung und gegebenenfalls zusätzliche psychologische Tests sind daher unerlässlich.

Leider ist kein Symptom für die Diagnose einer psychogenen Erkrankung eindeutig, weshalb eine differenzierte Diagnose unabdingbar ist. Dennoch bilden Symptomkonstellationen einen Wahrscheinlichkeitsraum, der den Verdacht nahelegt.

Zur Behandlung bei psychogenen Anfällen sind unterschiedliche Formen der Psychotherapie möglich. „Die Patienten lernen, psychodynamische Zusammenhänge, Frühwarnzeichen und Auslöser eines psychogenen Anfalls zu identifizieren. In komplizierteren Fällen mit komplexerem Störungsniveau, weiteren psychischen Begleiterkrankungen und zum Beispiel traumatischer Vorgeschichte wird ein differenziertes Behandlungskonzept mit verursachungsspezifischen Therapietechniken entwickelt. Damit werden die zugrundeliegenden Traumata, aber auch Angstzustände, depressive Zustände und psychosomatische Symptomkomplexe behandelt. In jedem Fall ist es von Vorteil, wenn die richtige Diagnose so früh wie möglich gestellt und eine stringente und komplexe psychosomatische Behandlung begonnen wird. Für die Diagnose von psychogenen Anfällen ist es wichtig, das Anfallsleiden gegenüber dem der Epilepsie abzugrenzen, sodass eine effektive individuelle psychotherapeutische Behandlung veranlasst werden kann.

Therapieansätze

Die Behandlung psychischer Störungen bei Epilepsie sollte individuell auf die Bedürfnisse des Patienten abgestimmt sein und kann verschiedene Therapieansätze umfassen:

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  • Psychotherapie: Kognitive Verhaltenstherapie, tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie oder andere Therapieformen können helfen, psychische Belastungen zu bewältigen und neue Bewältigungsstrategien zu entwickeln.
  • Medikamentöse Behandlung: Antidepressiva, Anxiolytika oder andere Psychopharmaka können zur Linderung psychischer Symptome eingesetzt werden.
  • Sozialpädagogische Unterstützung: Beratung und Unterstützung bei sozialen und beruflichen Problemen können die Lebensqualität verbessern.
  • Entspannungsverfahren: Progressive Muskelentspannung, autogenes Training oder Yoga können helfen, Stress abzubauen und dieEntspannung zu fördern.
  • Neurofeedback: Eine spezielle Therapieform, bei der die Gehirnaktivität gemessen und dem Patienten in Echtzeit zurückgemeldet wird. Ziel ist es, die Selbstregulation des Gehirns zu verbessern undAnfälle zu reduzieren.

Die BetaGenese Klinik als spezialisierte Anlaufstelle

In der BetaGenese Klinik für Psychosomatik und Psychiatrie sind wir auf die Behandlung von psychogenen Anfällen spezialisiert. Hierfür werden in einem gemeinsamen Anamnese-Gespräch die physischen und körperlichen Beschwerden und individuellen Lebensumstände besprochen.

Mit direktem Blick auf den schönen Rhein, in der Natur gelegen, erhalten unsere Patient:innen neueste Behandlungs- und Therapieverfahren. Kontaktieren Sie uns gerne für ein persönliches Beratungsgespräch. Gemeinsam suchen wir die Ursachen für Ihr Problem, erstellen eine differenzierte Diagnose und widmen uns der Behandlung einer eventuell vorliegenden psychogenen Erkrankung.

Fortbildungen für Fachkräfte

Um die Versorgung von Menschen mit Epilepsie und psychischen Störungen zu verbessern, sind Fortbildungen für Fachkräfte unerlässlich. Diese Fortbildungen bieten eine praxisnahe Herangehensweise, bei der die Teilnehmenden ihre eigenen Erfahrungen und Fallbeispiele einbringen können.

In diesen Seminaren werden die Zusammenhänge zwischen Epilepsie und psychischen Störungen aufgezeigt und anhand von Fallbeispielen veranschaulicht. Erarbeitung von pädagogischen Handlungsmöglichkeiten anhand von Fallbeispielen, z. B.

Bedeutung der interdisziplinären Zusammenarbeit

Eine erfolgreiche Behandlung von psychischen Störungen bei Epilepsie erfordert eine enge Zusammenarbeit zwischen Neurologen, Psychiatern, Psychologen, Sozialpädagogen und anderen Fachkräften. Nur so kann eine umfassende und individuelle Betreuung gewährleistet werden.

Fazit

Psychische Störungen sind eine häufige und oft übersehene Begleiterscheinung von Epilepsie. Eine frühzeitige Diagnose und eine individuelle Behandlung können die Lebensqualität der Betroffenen erheblich verbessern. Es ist wichtig, dass sowohl Patienten als auch Angehörige und Fachkräfte für dieses Thema sensibilisiert sind und die notwendigen Schritte unternehmen, um eine bestmögliche Versorgung zu gewährleisten.

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