Ein Schlaganfall ist ein schwerwiegendes Ereignis, das durch eine plötzliche Unterbrechung der Blutzufuhr zum Gehirn verursacht wird. Dies führt zu einer Sauerstoffunterversorgung, die innerhalb von Minuten zu Schäden an den Hirnzellen führen kann. In Deutschland erleidet alle zwei Minuten ein Mensch einen Schlaganfall. Der Schlaganfall ist nicht nur die dritthäufigste Todesursache, sondern auch der häufigste Grund für Langzeitbehinderungen bei Erwachsenen.
Was ist ein Schlaganfall?
Von einem Schlaganfall oder Apoplex spricht man, wenn bestimmte Funktionen des Gehirns infolge einer Durchblutungsstörung oder einer Blutung ausfallen. Halten diese Ausfallerscheinungen länger als 24 Stunden an, liegt ein vollendeter Schlaganfall vor. Bestehen die beobachteten Ausfallerscheinungen nur vorübergehend, spricht man von einer transitorisch ischämischen Attacke (TIA).
Verschiedene Formen des Schlaganfalls
Der Schlaganfall ist keine einheitliche Erkrankung. Es werden zwei Hauptformen unterschieden:
- Ischämischer Schlaganfall (Hirninfarkt): Diese Form macht etwa 80 % aller Fälle aus. Ein ischämischer Schlaganfall entsteht, wenn das Gehirn nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff versorgt wird, wodurch Nervenzellen absterben. Meist ist ein Gefäß verstopft und verursacht so eine Minderdurchblutung des Gehirns. Ursache sind oft Einengungen oder Verschlüsse der hirnversorgenden Arterien. Man unterscheidet zwei Hauptursachen für den Gefäßverschluss bei einem Schlaganfall: die Thromboembolie und die Gefäßverkalkung (Arteriosklerose). Ein Hirninfarkt durch Thromboembolie entsteht, wenn sich im Herzen oder den großen hirnversorgenden Gefäßen, wie zum Beispiel der Halsschlagader, ein Pfropfen aus geronnenem Blut (Thrombus) bildet. Wenn sich dieser Thrombus von seinem Ursprungsort ablöst, kann er in die Hirngefäße geschwemmt werden und diese so verstopfen, dass nur sehr wenig oder gar kein Blut mehr hindurchfließen kann. Bei einem Schlaganfall durch eine Arteriosklerose entwickelt sich die Verstopfung direkt im Hirngefäß oder den hirnversorgenden Halsgefäßen. Die Arteriosklerose oder Gefäßverkalkung entsteht an den beschädigten Innenseiten der Gefäßwände, wo sich immer mehr Ablagerungen ansammeln und dabei das Gefäß zunehmend verengen, bis schließlich auch hier kaum oder gar kein Blut mehr durchfließen kann.
- Hämorrhagischer Schlaganfall (Hirnblutung): Diese Form macht etwa 20 % der Fälle aus. Bei der Hirnblutung platzt ein Blutgefäß direkt im Gehirn und schädigt das Nervengewebe. Dies liegt oft daran, dass der Blutdruck in den Arterien zu hoch ist oder die Gefäßwände durch Arteriosklerose oder anderweitig geschädigt sind. Eine Hirnblutung kann auch durch Gefäßmissbildungen, so genannte Aneurysmen, entstehen. Wenn es zum Platzen oder Reißen eines Blutgefäßes zwischen der mittleren Hirnhaut (Arachnoidea) und der weichen Hirnhaut kommt, spricht man von einer Subarachnoidalblutung. Sie ist mit zwei bis fünf Prozent der Fälle die seltenste Ursache für einen Schlaganfall.
Ursachen und Risikofaktoren
Ein Schlaganfall wird durch eine Unterbrechung der Blutzufuhr zum Gehirn verursacht. Dies kann durch verschiedene Faktoren ausgelöst werden:
- Blutgerinnsel: Ein Blutgerinnsel, das ein Blutgefäß im Gehirn blockiert, ist die häufigste Ursache für einen Schlaganfall. Solche Gerinnsel entstehen typischerweise im Herzen, wenn Betroffene beispielsweise unter Vorhofflimmern leiden. Ein anderer häufiger Entstehungsort sind die Halsschlagadern, wenn die Gefäßwände vorgeschädigt sind. Solche Blutgerinnsel können mit dem Blutfluss direkt in das Gehirn gelangen.
- Arteriosklerose: Die Arteriosklerose, auch bekannt als Gefäßverkalkung, ist ein Zustand, bei dem sich Ablagerungen an den Innenseiten der Gefäßwände bilden und diese verengen. Dies kann die Blutzufuhr zum Gehirn beeinträchtigen und das Risiko eines Schlaganfalls erhöhen.
- Bluthochdruck: Hoher Blutdruck kann die Wände der Blutgefäße schädigen und das Risiko von Blutungen im Gehirn erhöhen.
- Aneurysmen: Aneurysmen sind Ausbuchtungen in den Wänden der Blutgefäße. Wenn ein Aneurysma platzt, kann dies zu einer Hirnblutung führen.
- Weitere Risikofaktoren: Es gibt eine Reihe weiterer Faktoren, die das Risiko eines Schlaganfalls erhöhen können, darunter:
- Ein bereits erlittener Schlaganfall
- Eine transitorisch ischämische Attacke (TIA)
- Hohe Cholesterin- und Zuckerwerte im Blut
- Andere Krankheiten der Blutgefäße
- Diabetes mellitus
- Rauchen
- Starkes Übergewicht
- Bewegungsmangel
- Übermäßiger Alkoholkonsum
- Einnahme von sogenannten Blutverdünnern
Seltene Schlaganfallursachen
Neben den häufigsten Ursachen gibt es auch einige seltenere Ursachen für einen Schlaganfall. Dazu gehören:
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- Gerinnungsstörungen: Bestimmte Gerinnungsstörungen können das Risiko von Blutgerinnseln und damit auch das Risiko eines Schlaganfalls erhöhen.
- Entzündliche Erkrankungen: Entzündliche Erkrankungen wie Lupus oder rheumatoide Arthritis können die Blutgefäße schädigen und das Risiko eines Schlaganfalls erhöhen.
- Gefäßerkrankungen: Seltene Gefäßerkrankungen wie die fibromuskuläre Dysplasie oder die Moyamoya-Krankheit können zu einer Verengung oder Blockierung der Blutgefäße im Gehirn führen.
- Drogenkonsum: Der Konsum bestimmter Drogen, wie Kokain oder Amphetamine, kann das Risiko eines Schlaganfalls erhöhen.
- Genetische Faktoren: In seltenen Fällen kann ein Schlaganfall durch genetische Faktoren verursacht werden.
Symptome eines Schlaganfalls
Charakteristisch für einen Schlaganfall ist der plötzliche Ausfall von Gehirnfunktionen. Die Patient*innen erleben von einem Moment auf den anderen beispielsweise starke Kopfschmerzen, eine unerklärliche Schwäche oder gar Lähmung eines Körperteils, oder auch Seh- und Sprachstörungen. Diese Symptome können auch kurzfristig wieder verschwinden (transitorisch ischämische Attacke, abgekürzt TIA). Es besteht dann jedoch das Risiko, dass sich später noch ein weiterer schwerer Schlaganfall ereignet.
Vorzeichen für einen Schlaganfall:
- kurzfristige Lähmung, Schwäche oder Taubheit einer Körperhälfte
- kurzfristige Sehstörungen bis hin zum vorübergehenden Erblinden eines Auges
- vorübergehende Sprachstörungen: Sowohl das Verstehen von Sprache als auch das Sprechen können gestört sein.
- Gangunsicherheit, Gleichgewichtsstörungen, Drehschwindel, plötzliche Stürze
- erstmalig und plötzlich auftretende, extrem starke Kopfschmerzen
- vorübergehende Bewusstseinsstörungen oder Desorientierung in Bezug auf Raum, Zeit oder Personen
Wenn auch nur eines dieser Vorzeichen auftritt oder nur kurz anhält, besteht der Verdacht auf einen Schlaganfall oder ein akut erhöhtes Schlaganfallrisiko.
Diagnose
Bei Verdacht auf Schlaganfall muss alles möglichst schnell gehen - auch die Diagnostik. Zuerst erfolgt eine neurologische Untersuchung. Danach kann der Neurologe oder die Neurologin meist mit großer Sicherheit die Diagnose „Schlaganfall“ stellen oder auch ausschließen. Für die weitere Behandlung benötigen die Ärzt*innen aber noch mehr Informationen. Sehr wichtig ist es beispielsweise zu wissen, ob es sich um einen Hirninfarkt oder eine Hirnblutung handelt. Aber auch Ort und Schwere des Schlaganfalls sind für die gezielte Behandlung des Schlaganfalls sehr bedeutend.
Weiterführende Untersuchungen bei einem akuten Schlaganfall:
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- Die entscheidenden Informationen liefert hier in den meisten Fällen eine Computertomographie (CT) des Kopfes.
- Falls noch Informationen benötigt werden, wird eine Kernspintomographie (Magnetresonanz-Tomographie, MRT) durchgeführt.
- Ultraschalluntersuchungen können helfen, um die Blutgefäße zu beurteilen.
- Bei der Angiographie werden die Blutgefäße im Gehirn auf Anomalien untersucht. Sie wird auch während der Thrombektomie, einer Behandlungsmethode des Hirninfarkts eingesetzt.
- Mithilfe eines Elektrokardiogramms (EKG) können die Ärzt*innen feststellen, ob Rhythmusstörungen oder eventuell ein Herzinfarkt vorliegt.
- Ein Elektroenzephalogramm (EEG) kann Störungen der Gehirnströme anzeigen.
- Sehr selten wird auch das Gehirnwasser (Liquor) untersucht, ob möglicherweise eine Entzündung oder eine unerkannte Subarachnoidalblutung vorliegt.
Der FAST-Test
Der FAST-Test ist ein Schnelltest für die Erkennung eines Schlaganfalls, der auch von medizinischen Laien durchgeführt werden kann. Das Merkwort FAST setzt sich aus den Anfangsbuchstaben der englischen Worte face (Gesicht), arms (Arme), speech (Sprache) und time (Zeit) zusammen. Wenn Sie bei den Bewegungen im Gesicht oder der Arme Seitenunterschiede (z. B. schiefes Gesicht, Lähmungen einer Körperseite) feststellen und/oder die Aussprache des oder der Betroffenen undeutlich oder verwaschen ist, hat er oder sie möglicherweise einen Schlaganfall. Der Rettungsdienst muss sofort alarmiert werden!
Der FAST-Test kann auch zu BE-FAST erweitert werden:
- Balance (Gleichgewicht): Ist das Gleichgewicht des oder der Betroffenen gestört?
- Eyes (Augen): Leidet der oder die Betroffene unter plötzlich aufgetretenen Sehstörungen?
Behandlung
Ein Schlaganfall ist immer ein Notfall! Ein Apoplex sollte schnellstmöglich am besten in einem auf Schlaganfälle spezialisierten Zentrum, der sogenannten „Stroke Unit“, behandelt werden. Die Akutbehandlung des Hirnschlags hat zum Ziel, das Leben der Betroffenen zu retten und die Folgen des Schlaganfalls so klein wie möglich zu halten. Je eher die Therapie nach einem Schlaganfall einsetzt, desto besser sind die Aussichten der Patientinnen, dass sich die Spätfolgen wie bleibende Beeinträchtigungen und Behinderungen in Grenzen halten oder die Patientinnen sogar vollständig genesen. Man weiß heute, dass bereits die erste Stunde nach dem Auftreten von Schlaganfallsymptomen entscheidend für den Krankheitsverlauf ist. Eine zielgerichtete Behandlung in diesem Zeitfenster kann den Krankheitsverlauf deutlicher zum Besseren wenden als Therapien, die erst danach begonnen werden.
Prävention
Einem Schlaganfall beugt man am besten vor, indem man das Herz-Kreislauf-System gesund erhält. Das geschieht durch eine gesunde Ernährung und regelmäßige Bewegung. Sofern du bereits an einer Herz-Kreislauf-Erkrankung leidest, richte dich nach den ärztlichen Empfehlungen.
Molekulare Forschung und Immunantwort
Neueste Forschungsergebnisse des Universitätsklinikums Jena, der Universität Bonn und des Memorial Sloan Kettering Cancer Center in New York (USA) deuten darauf hin, dass Makrophagen, insbesondere solche, die nach einem Schlaganfall aus dem Knochenmark rekrutiert werden, eine wichtige Rolle bei der Immunantwort im Gehirn spielen. Diese Studie, veröffentlicht im Fachjournal „Nature Neuroscience“, nutzte eine neuartige Methode, um Makrophagen, die im Knochenmark gebildet wurden, zum Leuchten zu bringen und so ihre Aktivität und Funktion im Gehirn nach einem Schlaganfall zu untersuchen.
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Die Forscher fanden heraus, dass kurz nach einem Schlaganfall zahlreiche aus dem Blut eingewanderte Makrophagen abgestorbenes und angrenzendes gesundes Hirngewebe befallen. Interessanterweise zogen sich diese Makrophagen in den nachfolgenden Tagen vollständig aus dem gesunden Hirngewebe zurück und waren dann nur noch im abgestorbenen Hirngewebe zu finden.
Weitere Untersuchungen ergaben, dass der Cxcr4-Rezeptor, ein Protein auf der Oberfläche von Makrophagen, eine wichtige Rolle bei der Steuerung ihrer Wanderung und Funktion im Gehirn spielt. Die Inaktivierung der Cxcr4-Genfunktion führte dazu, dass weniger Makrophagen ins Gehirn gelockt wurden und die eingewanderten Makrophagen sich nur unvollständig in das tote Hirngewebe zurückzogen. Dies führte zu einer verstärkten Entzündungsreaktion und einem schlechteren Gesamtzustand der Mäuse.
Diese Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass der Cxcr4-Rezeptor Teil einer Immunantwort ist, mit der aus dem Knochenmark stammende Makrophagen das geschädigte Gehirn schützen. Ein besseres Verständnis der räumlichen und zeitlichen Aktivierung vom Cxcr4 Molekül während eines Schlaganfalls könnte in der Zukunft zu neuen Behandlungsstrategien mit Cxcr4-inhibierenden Medikamenten führen.
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