Restless-Legs-Syndrom: Ursachen, Symptome und Behandlung von unruhigen Beinen und Krämpfen

Viele Menschen kennen das Gefühl: Man liegt im Bett und möchte schlafen, aber Kribbeln, Jucken oder andere unangenehme Empfindungen in den Beinen machen es schwer, zur Ruhe zu kommen. Dies ist ein häufiges Problem für Menschen mit dem Restless-Legs-Syndrom (RLS).

Was ist das Restless-Legs-Syndrom?

Das Restless-Legs-Syndrom (RLS), auch als Syndrom der unruhigen Beine oder Anxietas tibiarum bekannt, ist eine neurologische Erkrankung, die einen starken Bewegungsdrang in den Beinen auslöst. Das RLS ist eine häufige und oft übersehene Ursache von Schlafstörungen. In polysomnographischen Untersuchungen konnte gezeigt werden, dass das RLS in fünf bis neun Prozent Ursache einer Insomnie ist. Schätzungen über die Prävalenz des RLS in der Normalbevölkerung schwanken zwischen zwei und zehn Prozent, mit einer signifikanten Häufung im höheren Lebensalter. In Deutschland leiden 9,4 Prozent der über 65-Jährigen an einem RLS, wobei Frauen deutlich häufiger betroffen sind.

Die Beschwerden treten hauptsächlich am Abend und in der Nacht auf, wenn man sich ausruht. Daher können sie den Schlaf stören und die Lebensqualität beeinträchtigen. Bei einem Restless-Legs-Syndrom sind die Beschwerden anfangs leicht und werden häufig über Jahre hinweg stärker. Zu Beginn kommen sie ausschließlich abends und nachts in Ruhe vor. Mit der Zeit können sie auch tagsüber auftreten, wenn man die Beine ausruht. Bei schweren Formen können auch Beschwerden in den Armen dazukommen.

Symptome des Restless-Legs-Syndroms

Typisch für das Restless-Legs-Syndrom sind ein häufiger Bewegungsdrang und ein unangenehmes Gefühl in den Beinen. Betroffene beschreiben das beispielsweise als Unruhe, Druck oder Spannung tief in den Waden, ziehende Schmerzen oder ein Kribbeln. Die Beschwerden bei Restless Legs sind jedoch von Mensch zu Mensch unterschiedlich und oft schwer zu beschreiben. Selten sind auch die Oberschenkel, die Arme oder die Brust betroffen.

Charakteristisch sind nächtliche unwillkürliche Beinzuckungen, so genannte Periodic Limb Movements. Eine spezifische Therapie sollte erst nach differenzialdiagnostischer Abgrenzung von anderen beinbezogenen Missempfindungen (zum Beispiel Polyneuropathie) und bei deutlicher Beeinträchtigung der Lebens- beziehungsweise Schlafqualität des Patienten erfolgen.

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Die Hauptsymptome des RLS lassen sich wie folgt zusammenfassen:

  • Bewegungsdrang: Ein unbezwingbarer Drang, die Beine zu bewegen, oft begleitet von unangenehmen Empfindungen. Das Leitsymptom des RLS ist ein unangenehmer Bewegungsdrang der Extremitäten, der ausschließlich oder überwiegend in Ruhe und Entspannung vor allem am Abend und in der Nacht, mit einem Maximum kurz nach Mitternacht, auftritt.
  • Unangenehme Empfindungen: Kribbeln, Ziehen, Reißen, Stechen, Schmerzen oder vom Patienten nicht näher zu beschreibende Missempfindungen in den Beinen. Damit verbunden sind sensible Symptome wie Kribbelparästhesien, Ziehen, Reißen, Stechen, Schmerzen oder vom Patienten nicht näher zu beschreibende Missempfindungen, die unilateral alternierend oder symmetrisch auftreten.
  • Ruheabhängigkeit: Die Beschwerden beginnen oder verstärken sich, wenn man sich ausruht oder längere Zeit sitzt oder liegt. Typischerweise verstärken sich die Beschwerden in Ruhe, also beim Sitzen oder im Liegen. Manche Betroffene vermeiden daher Situationen wie lange Reisen, Konzerte oder Sitzungen.
  • Besserung durch Bewegung: Durch Gehen oder andere Beinbewegungen verbessern sich die Beschwerden kurzfristig, kehren beim Hinsetzen oder Hinlegen jedoch wieder zurück. Durch Bewegen der Beine oder Lagewechsel im Bett können die Beschwerden etwas reduziert werden. Meist ist es jedoch notwendig aufzustehen und umherzugehen, um ein Sistieren oder eine deutliche Linderung der Beschwerden zu erzielen.
  • Tageszeitliche Schwankung: Abends und nachts sind die Beschwerden am stärksten. Sie können das Einschlafen erschweren. Die Symptome des Restless-Legs-Syndroms treten vor allem abends oder nachts auf beziehungsweise sind zu dieser Zeit schlimmer als tagsüber.
  • Periodische Beinbewegungen im Schlaf (PLMS): Im Schlaf bewegen manche Menschen mit Restless Legs die Beine häufig ungewollt, seltener auch die Arme. Fachleute bezeichnen das als „Periodic Limb Movements of Sleep“ (PLMS). Dadurch schlafen Menschen mit Restless-Legs-Syndrom auch schlechter durch. PLM führen vermehrt zu kurzzeitigen Weck- oder Aufwachreaktionen (PLM-Arousal oder Awakening), sodass die Einschlafzeit verlängert, die Gesamtschlafzeit verkürzt und somit die Schlafeffizienz (Gesamtschlafzeit bezogen auf die im Bett verbrachte Zeit) reduziert ist.

Tagsüber sind sie dann möglicherweise erschöpft, gereizt und haben Schwierigkeiten, sich zu konzentrieren. Das kann das private und berufliche Leben beeinflussen. Manche Menschen meiden außerdem Freizeitaktivitäten wie einen Kinobesuch, da langes Sitzen für sie kaum auszuhalten ist.

Ursachen des Restless-Legs-Syndroms

Die Ursachen des Restless-Legs-Syndroms sind nicht vollständig geklärt. Vermutlich spielen dabei verschiedene Faktoren eine Rolle, vor allem eine genetische Veranlagung und Veränderungen im Nervensystem. Es wurden inzwischen 19 Genveränderungen festgestellt. Welche genaue Rolle diese Gene im Zusammenhang mit dem RLS spielen ist noch nicht geklärt.

Wichtige Faktoren sind nach heutigem Wissenstand:

  • Gestörter Eisenstoffwechsel im Gehirn: Häufig haben Menschen mit Restless Legs einen gestörten Eisenstoffwechsel im zentralen Nervensystem, durch den nicht ausreichend Eisen im Gehirn verfügbar ist - obwohl oft im Blut kein Eisenmangel festgestellt werden kann. Ein Eisenmangel führt zu einem gestörten Stoffwechsel, da Eisen bei der Herstellung des körpereigenen Dopamins ein wichtiger Co-Faktor ist. Ausreichend Eisen ist eine wichtige Voraussetzung für die Herstellung des körpereigenen Dopamins. Wenn wichtige Eisenwerte im Blut zu niedrig sind, wird bei RLS mit einer Eisentherapie begonnen (Ferritin unter 75 Milligramm pro Liter, Transferrinsättigung unter 20 Prozent). Reichen Tabletten nicht aus, kommen Eiseninfusionen infrage.
  • Unausgewogener Dopamin-Haushalt: Eine weitere bekannte Ursache ist ein unausgewogener Dopamin-Haushalt. Dopamin ist ein Botenstoff im Gehirn, der für die Übertragung von Nervenreizen zuständig ist. Das Restless-Legs-Syndrom ist in erster Linie eine Störung des Botenstoffwechsels im Gehirn: Der Botenstoff Dopamin wird dabei entweder nicht ausreichend produziert oder vom Nervensystem nicht richtig verwertet.
  • Genetische Veranlagung: 40 Prozent der Fälle sind idiopathisch oder familiär bei autosomal-dominantem Vererbungsmodus. Hier können sich RLS-Beschwerden bereits im Kindes- und Jugendalter erstmalig manifestieren. Wenn Verwandte ersten Grades (die eigenen Eltern oder Kinder) erkrankt sind, ist das Erkrankungsrisiko erhöht.
  • Andere Erkrankungen: RLS kann zudem durch andere Erkrankungen begünstigt werden, zum Beispiel durch Nierenschäden oder Eisenmangel. Bei 20 bis 40 Prozent der dialyseabhängigen niereninsuffizienten Patienten besteht ein RLS. Gesichert ist auch das Auftreten von RLS in 10 bis 20 Prozent während der Schwangerschaft, bei Eisenmangel und bei rheumatoider Arthritis. Wer bereits an einer Nierenschwäche, an einer Polyneuropathie oder einer Parkinsonerkrankung leidet, hat ein erhöhtes Risiko, gleichzeitig ein Restless-Legs-Syndrom zu entwickeln. RLS und Parkinson sind aber unterschiedliche Krankheiten.
  • Medikamente: Eine mögliche Verstärkung der RLS-Symptomatik unter einer Behandlung mit Antidepressiva (tri- und tetrazyklische Antidepressiva, Serotoninwiederaufnahmehemmer, Lithium) und am Dopamin-D2-Rezeptor antagonistisch wirkenden Neuroleptika oder Metoclopramid ist bekannt. RLS kann auch als Nebenwirkung bestimmter Medikamente auftreten, beispielsweise durch Neuroleptika oder Antidepressiva wie Mirtazapin, evtl. Citalopram, Paroxetin, Venlafaxin. Medikamente wie Antidepressiva, Neuroleptika, Antihistaminika und Metoclopramid (Magenmittel) müssen, sofern medizinisch vertretbar, abgesetzt werden, da diese ggf. ein RLS auslösen oder verstärken können.

Schätzungen zufolge haben etwa 3 bis 10 % der Menschen in Europa und Nordamerika ein Restless-Legs-Syndrom. Bei etwa 1,3 % aller Erwachsenen in Deutschland sind die Beschwerden so ausgeprägt, dass sie den Alltag beeinträchtigen und eine Behandlung infrage kommt. Bei Frauen kommt die Erkrankung etwa doppelt so oft vor wie bei Männern. Sie wird mit zunehmendem Alter häufiger.

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Diagnose des Restless-Legs-Syndroms

Die ersten Untersuchungen sind meist in der hausärztlichen Praxis möglich. Dort kann zu anderen Facharztpraxen überwiesen werden, etwa für Neurologie oder Schlafmedizin. Die Ärztin oder der Arzt stellt die Diagnose anhand der typischen Beschwerden. Die Diagnosekriterien umfassen:

  • Beschwerden, die sich bei Ruhe zeigen oder verstärken.
  • Beschwerden, die nachlassen, sobald und solange man in Bewegung ist.
  • Beschwerden, die im Laufe des Tages zunehmen oder nur abends und nachts auftreten.
  • Beschwerden, die sich nicht durch eine andere Erkrankung erklären lassen.

Er oder sie fragt auch, ob andere Erkrankungen vorliegen und welche Medikamente man einnimmt. Zusätzlich wird Blut abgenommen, um die Eisen-, Nieren- und Schilddrüsenwerte zu bestimmen. Weitere Untersuchungen - etwa im Schlaflabor - können folgen, wenn die Diagnose unklar ist oder um andere Erkrankungen auszuschließen.

Zusätzlich kann ein L-Dopa-Test gemacht werden. Dabei wird einmalig das Medikament Levodopa (L-Dopa) eingenommen. Beim L-Dopa-Test erhält der Erkrankte L-Dopa, sobald die Beschwerden einsetzen. Bessern sich die Symptome, deutet dies mit hoher Wahrscheinlichkeit auf ein Restless Legs Syndrom hin. Allerdings nicht bei allen Betroffenen, das heißt: Wenn L-Dopa nicht wirkt, kann der Arzt oder die Ärztin trotzdem nicht ausschließen, dass es sich um das Restless-Legs-Syndrom handelt.

Eine weitere Möglichkeit zur Diagnose ist ein Besuch im Schlaflabor, etwa 80 Prozent der Betroffenen zeigen dort wiederkehrende Bewegungen der Beine im Schlaf. Diese Beinbewegungen im Schlaf treten jedoch auch bei Menschen ohne RLS auf und finden sich andererseits bei jedem fünften RLS-Patienten und -Patientinnen nicht. Bei Menschen mit Schlafstörungen unklarer Ursache kann eine nächtliche Überwachung in einem zertifizierten Schlaflabor jedoch hilfreich sein. Bei der sogenannten Polysomnographie werden Hirnströme, Beinbewegungen und die Atmung im Schlaf aufgezeichnet, um Erkrankungen wie beispielsweise Schlafapnoe zu entdecken. Nicht selten fallen erst im Schlaflabor die unruhigen Beine als sogenannte periodische Beinbewegungen im Schlaf (PLMS) auf und lenken den Verdacht auf RLS. Die spontanen zuckenden Bewegungen der Beine stören die wichtigen REM-Tiefschlafphasen.

Lässt sich klinisch-anamnestisch die Diagnose RLS nicht sicher stellen, ist eine Polysomnographie (PSG) indiziert. Diese Untersuchung dient auch dazu, andere spezifische Schlafstörungen, vor allem schlafbezogene Atmungsstörungen, auszuschließen. Typischerweise lassen sich bei RLS-Patienten periodische Beinbewegungen im Wachen und Schlaf (Periodic Limb Movements, PLM) durch Oberflächen-EMG-Ableitungen an den Mm. tibiales anteriores registrieren. PLM führen vermehrt zu kurzzeitigen Weck- oder Aufwachreaktionen (PLM-Arousal oder Awakening), sodass die Einschlafzeit verlängert, die Gesamtschlafzeit verkürzt und somit die Schlafeffizienz (Gesamtschlafzeit bezogen auf die im Bett verbrachte Zeit) reduziert ist. Die Anzahl an PLM beziehungsweise assoziierten Weckreaktionen kann als Indikator für den Schweregrad eines RLS dienen. Zur Beurteilung werden hierfür der PLM-Index (Anzahl an PLM bezogen auf die im Bett verbrachte Zeit) und der PLM-Arousal-Index (Anzahl an PLM-Arousal pro Gesamtschlafzeit) herangezogen.

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Differenzialdiagnostisch sollte vor allem eine Polyneuropathie abgegrenzt werden. Dabei gilt die ungenügende Beschwerdebesserung durch Bewegung als wichtigstes Unterscheidungsmerkmal. Eine seltene Differenzialdiagnose ist das „painful legs and moving toes”-Syndrom, das durch ziehende Schmerzen der Beine und unwillkürliche Bewegungen ausschließlich der Zehen charakterisiert ist.

Behandlung des Restless-Legs-Syndroms

Das Ziel der Behandlung ist es, die Beschwerden so gering wie möglich zu halten, damit sie den Alltag und den Schlaf möglichst wenig stören.

Nicht-medikamentöse Behandlungen

Neben Medikamenten können Betroffene nicht medikamentöse Behandlungen ausprobieren. Dazu zählen beispielsweise eine Infrarotlicht-Bestrahlung oder Bewegungstrainings wie Yoga. Für das Wohlbefinden im Alltag ist es wichtig, Wege zu finden, mit den Beschwerden umzugehen und sie so gering wie möglich zu halten.

Was können Sie selbst für sich tun:

  • Gute Schlafgewohnheiten: Gute Schlafgewohnheiten sind wichtig, also regelmäßig zu Bett gehen und ausreichend schlafen. Einhaltung einer guten Schlafhygiene mit regelmäßigen Bettzeiten und das Vermeiden von Schlafentzug durch Nachtschichtarbeiten ist wichtig.
  • Durchblutungsfördernde Maßnahmen: Alles, was die Durchblutung anregt, gilt als positiv. Das können zum Beispiel Wechselduschen sein, Fußbäder sowie kalte und warme Wickel.
  • Massagen und Bürsten: Es kann auch helfen, unruhige Beine zu massieren und zu bürsten. Zur unmittelbaren Symptomlinderung können physikalische Maßnahmen wie Massage, kühlende Gele oder Bäder angewendet werden.
  • Bewegung: Bewegung trägt beim Restless-Legs-Syndrom dazu bei, die Beschwerden zu lindern, etwa Spaziergänge, Fahrradfahren, Kniebeugen und Dehnübungen. Auch eine regelmäßige moderate körperliche Aktivität kann sich positiv auswirken, sportliche Aktivität mit Beinarbeit sollte jedoch in den Morgenstunden erfolgen, da viele PatientINNen nach Joggen oder ausgedehntem Wandern sowie nach Gartenarbeit am Nachmittag oder Abend dann nachts verstärkte RLS-Beschwerden haben.
  • Ruhephasen: Versuchen Sie zwischen Ihren täglichen Aufgaben, schwerer körperlicher Arbeit und der Schlafenszeit zur Ruhe zu kommen.
  • Mittagsschlaf vermeiden: Für einen angenehmen Schlaf in der Nacht kann es hilfreich sein, auf einen eventuellen Mittagsschlaf zu verzichten.
  • Nikotin, Alkohol und Koffein vermeiden: Vermeiden Sie Zigarettenrauchen. Verzichten Sie auf Alkohol und koffeinhaltige Getränke vor allem in den Mittags- oder Abendstunden. Das verbessert bei manchen Patienten und Patientinnen die RLS-Symptome.
  • Stress vermeiden: Vermeiden Sie so gut es geht Stress, vor allem vor der Schlafenszeit. Auch eine gedankliche Ablenkung durch geliebte Hobbys wie z.B. Bastelarbeiten, Spielen, Lesen kann die Symptome erträglicher machen.
  • Eisenreiche Ernährung: Auf eine eisenreiche Ernährung achten - etwa rotes Fleisch oder bestimmte Hülsenfrüchte. Regelmäßige eisenreiche Mahlzeiten werden zur ganzheitlichen Behandlung ebenso empfohlen wie Bewegung und Entspannung.
  • Austausch mit anderen Betroffenen: Sich mit anderen Menschen auszutauschen - etwa in einer Selbsthilfegruppe. Viele RLS-PatientINNen haben einen langen Leidensweg hinter sich, deshalb bilden gerade die heimatnahen Selbsthilfegruppen von der Deutschen Restless Legs Vereinigung (RLS e.V.) ein gutes Forum, um sich mit anderen Betroffenen auszutauschen.

Medikamentöse Behandlung

Sind die Beschwerden so stark, dass sie den Alltag und die Schlafqualität einschränken, kommt eine medikamentöse Behandlung infrage. Die Maßnahmen zur Selbsthilfe reichen beim Restless-Legs-Syndrom nicht immer aus, um die Beschwerden zu lindern - vor allem, wenn diese sehr stark und belastend sind. Für die Behandlung wird der Arzt oder die Ärztin zunächst klären, ob eine Grunderkrankung die Ursache der Symptome ist. Diese wird dann behandelt. Handelt es sich bei den unruhigen Beinen um eine Nebenwirkung von Medikamenten, gilt es abzuwägen, ob die Medikation geändert werden soll. Liegt ein Eisenmangel vor, wird dieser behandelt. Medikamente wie Antidepressiva, Neuroleptika, Antihistaminika und Metoclopramid (Magenmittel) müssen, sofern medizinisch vertretbar, abgesetzt werden, da diese ggf. ein RLS auslösen oder verstärken können. Gerade weil in der Schmerztherapie häufig zur Schmerzdistanzierung Antidepressiva eingesetzt werden, sollte dies mit dem behandelnden Arzt vorher geklärt werden.

Für die weitere medikamentöse Behandlung des Restless-Legs-Syndroms stehen einige Mittel zur Verfügung:

  • Eisentabletten oder Eisen-Infusionen: Die Ärztin oder der Arzt verschreibt bei einem Ferritin-Wert im Blut von unter 75 Mikrogramm Ferritin pro Liter zunächst Eisentabletten. Werden sie nicht vertragen, bei stärkeren Beschwerden oder einer Transferrin-Sättigung im Blut von unter 20 %, kann Eisen auch als Infusion gegeben werden.

  • Dopamin-Agonisten: Wenn sich die Beschwerden durch Eisenzufuhr nicht bessern oder die Eisenwerte im Blut unauffällig sind, kommen sogenannte Dopamin-Agonisten infrage. Sie ahmen die Wirkung des Botenstoffs Dopamin im Gehirn nach. Die zur Behandlung von RLS in Deutschland zugelassenen Non-Ergot-Dopaminagonisten Pramipexol, Ropinirol und Rotigotin sind die Medikation erster Wahl. Die Behandlung mit L-DOPA ist wegen der hohen Augmentationsraten nicht mehr zeitgemäß. Kontrolliert beziehungsweise ausreichend geprüfte Substanzen wie L-DOPA in der Standard- und Retardform und Dopaminagonisten wie Pergolid bieten effektive therapeutische Möglichkeiten. Noch in diesem Jahr wird mit einem L-DOPA/Benserazid-Präparat Restex erstmalig in Deutschland ein Medikament für die Behandlung des RLS zugelassen. Dopaminagonisten stehen derzeit noch in der klinischen Prüfung. Die Entscheidung, durch welches Präparat, als Einzel- oder Mehrfachgabe beziehungsweise in Kombinationstherapie, eine adäquate Wirkung erzielt werden kann, ist vom Schweregrad der Erkrankung, dem Zeitpunkt im Tagesverlauf des Auftretens der Symptomatik, der Dauer der Symptomatik und damit der erforderlichen Wirkdauer des Medikaments sowie von der Erfahrung des behandelnden Arztes abhängig. Der Einnahmezeitpunkt variiert je nach tageszeitlichem Auftreten der Beschwerden und Wirkungseintritt des Medikaments. Angesichts des initial meist fluktuierenden Auftretens und dann chronisch progredienten Verlaufs, sind häufig individuelle Therapieanpassungen notwendig.

    • Levodopa: L-DOPA (plus Dopadecarboxylasehemmer) ist mit einer Therapieerfahrung über acht bis zehn Jahre und mehreren placebokontrollierten Studien derzeit die am besten geprüfte Wirksubstanz. Mit 100 bis 200 mg nicht retardiertem zum Beispiel L-DOPA/Benserazid eine Stunde vor dem Schlafengehen kann eine signifikante Abnahme der RLS-Beschwerden insbesondere in der ersten Nachthälfte sowie eine Verbesserung der subjektiven und objektiven Schlafqualität bei idiopathischen und urämischen RLS-Patienten erzielt werden. Da die Wirkdauer von L-DOPA als Standardpräparat nur circa vier bis fünf Stunden beträgt, ist in der zweiten Nachthälfte häufig keine ausreichende Wirkung zu erzielen. Sollte diese erforderlich sein, ist die kombinierte abendliche Gabe von L-DOPA als Standard- (100 bis 200 mg) mit einem Retardpräparat (100 bis 200 mg) möglich. Die Überlegenheit der Kombinationstherapie konnte bei RLS-Patienten, die durch alleinige Einnahme von L-DOPA-Standard in der zweiten Nachthälfte nicht beschwerdefrei wurden, kontrolliert gezeigt werden. Im Einzelfall kannL-DOPA zusätzlich tagsüber in niedriger Dosierung verordnet werden. Durch die Einnahme von L-DOPA als lösliche Tablette kann der Wirkungseintritt nach unseren Erfahrungen um circa 50 Prozent beschleunigt werden. L-DOPA sollte zu Beginn niedrig dosiert werden und kann bei Bedarf langsam gesteigert werden.
    • Dopaminagonisten: Bromocriptin (Halbwertszeit drei bis acht Stunden) zeigte sich als erster Dopaminagonist in einer Studie mit sechs RLS-Patienten als effektiv und gut verträglich. Durch den Dopaminagonisten Pergolid kann aufgrund der längeren Halbwertszeit von 7 bis 16 Stunden eine kontinuierliche Wirkung für die gesamte Dauer der Nacht erzielt werden, wie in einer placebokontrollierten Monotherapie-Studie mit 28 idiopathischen RLS-Patienten gezeigt wurde. Bei einer mittleren Dosis von 0,5 mg (0,25 bis0,75 mg) konnte eine wesentliche Verbesserung der RLS-Symptomatik sowie eine signifikante Reduktion der PLM und assoziierter Weckreaktionen und folglich eine wesentliche Verlängerung der Schlafdauer erzielt werden. Bei RLS-Patienten, die unter L-DOPA Augmentationsphänomene zeigten, konnten wir mit einer mittleren Dosis von 0,4 mg (0,1 bis 1,25 mg) Pergolid neben einer Verbesserung der nächtlichen RLS-Symptomatik ein Sistieren der Tagesbeschwerden beobachten. Um periphere dopaminerge Nebenwirkungen wie arterielle Hypotonie, Schwindel, Kopfschmerzen, Übelkeit und Erbrechen zu vermeiden, sollte unbedingt eine langsame Dosissteigerung (beginnend mit 0,05 mg) erfolgen und zumindest initial Domperidon komediziert werden. Pergolid sollte bei späterem Wirkungseintritt circa zwei Stunden vor Einsetzen der RLS-Beschwerden eingenommen werden. In einer offenen, polysomnographischen Studie (n = 9) konnte die gute Wirksamkeit von Cabergolin auf die RLS-Symptomatik und das Schlafverhalten insbesondere bei RLS-Patienten, die unter L-DOPA-Therapie eine Augmentation entwickelten, gezeigt werden. Cabergolin besitzt unter den Dopaminagonisten die längste Halbwertszeit von circa 65 Stunden, sodass dadurch auch bei schwer Betroffenen über 24 Stunden eine Beschwerdefreiheit beziehungsweise eine deutliche Beschwerdereduktion erzielt werden kann. Erste Erfahrungen mit den Non-Ergot-Dopaminagonisten Ropinirol (offene Studie, n = 16) und Pramipexol (placebokontrolliert, n = 10; offene Studie n=18) zei-gen ebenfalls eine gute Wirksamkeit, bei geringem Nebenwirkungsprofil. Dies konnte auch in offenen Studien mit den beiden Ergot-Dopaminagonisten Lisurid (n=13) und a-Dihydroergotamin (n=16) nachgewiesen werden.
  • Gabapentinoide: Die Ärztin oder der Arzt kann auch ein Medikament mit dem Wirkstoff Gabapentin oder Pregabalin verschreiben. Da beide nicht für die Behandlung des Restless-Legs-Syndroms zugelassen sind, handelt es sich um einen Off-Label-Use. Abhängig von der Schwere der Symptomatik, der zeitlichen Verteilung der Beschwerden und von vorbestehenden medikamentösen Nebenwirkungen ist zwischen einer Therapie mit Dopaminagonisten, Opioiden oder Medikamente zur Behandlung von neuropathischen Beschwerden wie Gabapentin oder Pregabalin abzuwägen.

  • Opioide: Diese starken Schmerzmittel kommen nur infrage, wenn sich die Beschwerden durch andere Medikamente nicht ausreichend lindern lassen. Bei unzureichendem Ansprechen auf Dopaminergika können Opioide im Einzelfall eingesetzt werden. Sollte es unter nicht-opiathaltigen Schmerzmitteln zu keiner deutlichen Linderung kommen, können bei einzelnen PatientINNen, nach strenger Abwägung, auch Opioide eingesetzt werden. Als Nebenwirkungen einer Opioidbehandlung sind ein Schlafapnoesyndrom (Atemaussetzer), Tagesschläfrigkeit, Entzugssymptome und eine sogenannte opioid-induzierte Schmerzüberempfindlichkeit (Hyperalgesie) möglich.

Die Medikamente können helfen, haben aber auch Nebenwirkungen. Während der Behandlung mit Dopamin-Agonisten können sich die Beschwerden sogar verstärken. Fachleute bezeichnen das als Augmentation. Das passiert vor allem, wenn die Medikamente zu hoch dosiert werden. Augmentation bedeutet ein im Tagesverlauf früheres Auftreten der RLS-Symptome, eine Zunahme der Intensität der RLS-Symptome tagsüber oder eine Ausweitung der RLS-Symptome unter der Medikation.

Augmentation

Im Verlauf unter Levodopa und Dopaminagonisten Ropinirol und Pramipexol häufig Augmentation.

Definition der Augmentation:

  • Verschiebung der RLS-Symptomatik in den frühen Abend oder Auftreten beretis tagsüber
  • Verschlechterung der Restless-legs Symptome bei Erhöhung der dopaminergen Symptomatik (paradoxe Reaktion auf Medikation)
  • Zunahme des Schweregrades der RLS-Symptomatik (IRLS > 30)
  • Unzureichendes Ansprechen der RLS-Symptome auf bisherige Therapie mit Erfordernis der Dosiserhöhung

Augmentation unter Levodopa:

  • Umstellung auf Ropinirol, Pramipexol oder Rotigotin

Augmentation unter Ropinirol oder Pramipexol:

  • Umstellung auf Rotigotin (hierunter geringere Rate einer Augmentation)
  • Umstellung auf Oxycodon/Naltrexon
  • Umstellung auf Clonazepam (off-label-use)

Augmentation unter Rotigotin:

  • Umstellung auf Oxycodon/Naltrexon (hierunter sehr selten Augmentation)
  • Umstellung auf Clonazepam (hierunter sehr selten Augmentation) (off-label-use)

Augmentation unter allen o.g.:

  • Initial meist gutes Ansprechen auf Medikation
  • Wechselnde Ausprägung mit teilweise beschwerdefreien Intervallen

Behandlung bei Schmerz

Schmerzen, die nicht frühzeitig mitbehandelt werden, können im Rahmen einer zunehmenden Sensibilisierung von am Schmerz beteiligten Nerven auch zu einer gesteigerten Schmerzempfindlichkeit (Herabsetzung der Schmerzschwelle) führen. Wichtig ist es daher, die Schmerztherapie frühzeitig einzusetzen, bevor es zur Ausbildung von chronifizierten Schmerzen kommt. Zu einer guten und wirksamen Schmerztherapie beim RLS gehört ein umfassendes Konzept, das neben Medikamenten auch nicht-medikamentöse Therapien berücksichtigt. Schmerzmediziner sprechen hier von einer „multimodalen“ Schmerztherapie.

Auswirkungen des Restless-Legs-Syndroms auf den Alltag

Das Restless-Legs-Syndrom kann verschiedene Auswirkungen auf den Alltag haben. Wer schlecht schläft, ist möglicherweise tagsüber erschöpft, gereizt und hat Probleme, sich zu konzentrieren. Das kann das private und berufliche Leben beeinflussen. Manche Menschen meiden außerdem Freizeitaktivitäten wie einen Kinobesuch, da langes Sitzen für sie kaum auszuhalten ist.

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