Die Unterbringung einer Person mit Demenz in einer geschlossenen Einrichtung stellt einen erheblichen Eingriff in die grundgesetzlich garantierte Freiheit dar. Daher sind strenge Voraussetzungen und ein formelles Verfahren erforderlich, um sicherzustellen, dass diese Maßnahme nur zum Wohl des Betroffenen und unter Wahrung seiner Rechte erfolgt.
Was versteht man unter Unterbringung?
Im betreuungsrechtlichen Sinne bezieht sich Unterbringung ausschließlich auf Maßnahmen, die mit einer Freiheitsentziehung verbunden sind. Diese kann in einem Krankenhaus, einem Heim oder auch in der eigenen Wohnung erfolgen. Aufgrund des schwerwiegenden Eingriffs in die grundgesetzlich garantierte Freiheit (Art. 2 GG) ist die Verhältnismäßigkeit besonders zu beachten. Unterbringungen zum Schutz Dritter, zu erzieherischen Zwecken oder zur Bestrafung sind nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) nicht zulässig.
Voraussetzungen für die richterliche Genehmigung
Eine geschlossene Unterbringung einer betreuten Person durch den Betreuer ist grundsätzlich möglich, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:
- Fortschreitende Demenz: Die betreute Person leidet an einer fortschreitenden Demenz.
- Wiederholte Ausbruchsversuche: Es liegen wiederholte, dokumentierte Vorfälle in der nahen Vergangenheit vor, die den Antrieb zeigen, die geschlossene Abteilung bei sich bietender Gelegenheit zu verlassen.
- Erhebliche Gefahr: Das unbeaufsichtigte Verlassen der Einrichtung würde eine erhebliche Gefahr für Leben oder Gesundheit darstellen. Es ist nicht erforderlich, nachzuweisen, dass die betreute Person bereits aus der Einrichtung weggelaufen ist.
- Betreuerbestellung: Für den Betroffenen muss ein Betreuer gemäß §§ 1896 ff. BGB bestellt sein, dem die Kompetenz eingeräumt ist, im Namen des Betroffenen in die Freiheitsentziehung einzuwilligen. Diese Kompetenz muss dem Betreuer bei der Umschreibung seines Aufgabenkreises ausdrücklich eingeräumt werden. Der Aufgabenkreis Gesundheitssorge allein ist für eine Unterbringung nicht ausreichend; es wird der Aufgabenkreis Aufenthaltsbestimmung benötigt.
- Keine erfolgversprechende Behandlung: Eine Unterbringung kommt nicht in Betracht, wenn die vorgesehene Behandlung keinen hinreichenden Erfolg verspricht.
Gründe für eine Unterbringung
Typische Fälle, in denen eine Unterbringung in Betracht gezogen werden kann, sind:
- Suizidgefahr: Der Betroffene gefährdet sich selbst durch Suizidabsichten oder -versuche.
- Erhebliche Gesundheitsgefährdung: Der Betroffene gefährdet seine Gesundheit erheblich, beispielsweise durch Verwahrlosung, Unterernährung oder das Ablehnen notwendiger medizinischer Behandlungen. Es reicht nicht jede Gesundheitsgefährdung aus.
- Gefahr für Leib oder Leben: Eine ernstliche und konkrete Gefahr für Leib oder Leben des Betreuten muss bestehen. Die Gefahr für Leib oder Leben setzt kein zielgerichtetes Verhalten des Betreuten voraus, so dass auch eine völlige Verwahrlosung ausreichen kann, wenn damit eine Gesundheitsgefahr durch körperliche Verelendung und Unterversorgung verbunden ist.
Das Unterbringungsverfahren
Für Unterbringungen nach dem BGB und den Landesgesetzen für psychisch Kranke ist ein gemeinsames Unterbringungsverfahren beim Betreuungsgericht geregelt. Eine richterliche Genehmigung ist zwingend erforderlich.
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Ablauf des Verfahrens:
- Antragstellung: Der Betreuer oder ein Bevollmächtigter stellt beim Betreuungsgericht einen Antrag auf Genehmigung der Unterbringung. Ausnahmsweise kann das Betreuungsgericht selbst die Unterbringung anordnen, wenn der Betreuer noch nicht bestellt oder nicht erreichbar ist.
- Anhörung des Betroffenen: Das Gericht hört den Betroffenen persönlich an. Für das gesamte Unterbringungsverfahren ist dessen Geschäftsfähigkeit keine Voraussetzung. Selbst wenn er nicht geschäftsfähig sein sollte, ist er verfahrensfähig. Um das Verfahren dennoch für den Betroffenen transparent zu halten wird, wie im Betreuungsverfahren, ein Verfahrenspfleger einbestellt.
- Ärztliches Gutachten: Das Gericht holt ein medizinisches Gutachten ein, in dem die Notwendigkeit der Unterbringung aus ärztlicher Sicht begründet wird. Hier sei nochmals ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Gutachter Erfahrungen auf dem Gebiet der Psychiatrie nachweisen muss bzw. besser noch Facharzt für Psychiatrie sein sollte.
- Anhörung weiterer Beteiligter: Das Gericht hört neben dem Betroffenen auch seine Familie, Vertrauenspersonen und Behörden an.
- Richterliche Entscheidung: Das Gericht entscheidet auf Grundlage aller Informationen über die Genehmigung der Unterbringung.
Eilverfahren:
In Fällen, in denen Gefahr im Verzug ist, kann die Unterbringung im Eilverfahren erfolgen. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn der Betroffene eine akute Selbst- oder Fremdgefährdung darstellt. In diesem Fall kann die örtliche Ordnungsbehörde, das Gesundheitsamt oder die Polizei ohne richterlichen Beschluss eine Einweisung vornehmen. Ein psychiatrisches Sachverständigengutachten muss vorliegen. Die richterliche Genehmigung muss dann schnellstmöglich nachgeholt werden.
Rechte des Betroffenen:
- Verfahrensfähigkeit: Auch wenn der Betroffene nicht mehr geschäftsfähig ist, ist er verfahrensfähig und kann Anträge stellen, einen Anwalt beauftragen oder Rechtsmittel einlegen.
- Anhörung: Der Betroffene hat das Recht, persönlich durch das Gericht angehört zu werden.
- Verfahrenspfleger: Dem Betroffenen wird ein Verfahrenspfleger zur Seite gestellt, der seine Interessen im Verfahren vertritt.
- Rechtsmittel: Gegen den Unterbringungsbeschluss kann Beschwerde eingelegt werden.
Freiheitsentziehende Maßnahmen innerhalb der Einrichtung
Auch innerhalb einer geschlossenen Einrichtung sind freiheitsentziehende Maßnahmen (FEM) wie Bettgitter, Fixierungen oder das Verschließen von Türen grundsätzlich nur mit vorheriger Genehmigung des Betreuungsgerichts zulässig. Ausnahme: akute Gefahr im Verzug. Wenn eine FEM länger als ca. 30 Minuten dauert, dann gilt der Richtervorbehalt.
Alternativen zu freiheitsentziehenden Maßnahmen:
Bevor freiheitsentziehende Maßnahmen angewendet werden, sollten immer alternative Maßnahmen geprüft werden, z.B.:
- Technische Hilfsmittel (z.B. Signalgeber, Ortungssysteme)
- Niedrige Betten, Hüftprotektoren
- Sitzwachen
- "Der Werdenfelser Weg" (Einsatz spezialisierter Verfahrenspfleger)
Zwangsbehandlung
Eine Zwangsbehandlung des Betreuten im Rahmen einer geschlossenen Unterbringung ist nicht generell unzulässig. Entsprechende Zwangsbehandlungen sind vielmehr nach den allgemeinen für Behandlungen geltenden Grundsätzen zulässig, wenn der Betroffene einwilligungsunfähig und die Zwangsbehandlung im Hinblick auf drohende gewichtige Gesundheitsschäden verhältnismäßig ist.
Beendigung der Unterbringung
Der Betreuer ist verpflichtet, die Unterbringung auch vorzeitig zu beenden, wenn die (medizinischen) Voraussetzungen nicht mehr vorliegen und muss das Gericht davon unterrichten. Die Genehmigung der geschlossenen Unterbringung ist aufzuheben, wenn der Betroffene sich ernstlich und verlässlich bereit erklärt, freiwillig in der Einrichtung zu verbleiben und sich der erforderlichen Therapie zu unterziehen.
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