Die Diagnose Alzheimer-Demenz oder einer anderen Form von Demenz ist für die meisten Menschen ein Schock. Manchmal macht die Diagnose jedoch auch zuvor unerklärliche Veränderungen des Verhaltens oder der Persönlichkeit begreiflich. Demenz ist keine normale Alterserscheinung, sondern der fortschreitende Verlust geistiger Fähigkeiten. Es gibt viele Demenzen - Alzheimer ist die bekannteste Form. Studien zeigen, dass bis zu 45 Prozent aller Erkrankungen durch die gezielte Beeinflussung von Risikofaktoren verhindert oder zumindest hinausgezögert werden könnten. Es lohnt sich, die eigenen Lebensumstände auf die beeinflussbaren Risikofaktoren hin zu überprüfen. Einige Veränderungen der Lebensweise lassen sich einfacher umsetzen als andere. Damit Sie am Ball bleiben und Änderungen dauerhaft in den Alltag integrieren, ist es wichtig, dass Ihnen die neuen Elemente Freude bereiten. Probieren Sie also ruhig verschiedene Dinge aus, bevor Sie sich festlegen.
Was sind die Hauptrisikofaktoren für Demenz?
Forschende haben Faktoren ausfindig gemacht, die vorbeugend wirksam sein können gegen das Vergessen. Die Ergebnisse wurden aus Daten weltweit errechnet. Da sich die Lebensumstände, also die Ausgangslage in den Regionen unterscheiden, sind wohl nicht alle Faktoren in allen Ländern gleich bedeutend. Was dem Körper schadet, ist auch schädlich für das Gehirn: Faktoren wie Übergewicht, Bewegungsmangel und Bluthochdruck erhöhen das Risiko, an einer Demenz zu erkranken. Früh im Leben an das eigene Gehirn zu denken ist wichtig, denn Gehirngesundheit entscheidet sich im mittleren Lebensalter. Die Vermeidung aller schädigenden Faktoren könnte bis zu 40 Prozent des Risikos senken und dazu beitragen, den kognitiven Abbau zu bremsen.
In der sogenannten Livingston Studie kommt die internationale Expertenkommission zur Demenzprävention (International Commission on Dementia Prevention, Intervention ad Care) in der Zeitschrift Lancet zu dem Schluss, dass es neben genetischen und weiteren unbekannten und damit nicht vermeidbaren Ursachen auch etliche veränderbare Risikofaktoren für eine Demenz gibt:
- geringe Bildung in jungen Jahren (7 Prozent)
- unbehandelte Schwerhörigkeit (8 Prozent)
- Hirnverletzungen (3 Prozent)
- Bluthochdruck (2 Prozent)
- Alkoholkonsum (1 Prozent)
- Adipositas mit BMI über 30 (1 Prozent)
- Rauchen (5 Prozent)
- Depression (4 Prozent)
- Soziale Isolation (4 Prozent)
- Bewegungsmangel (2 Prozent)
- Luftverschmutzung (2 Prozent)
- Diabetes (1 Prozent)
Die Faktoren 2 bis 6 sind wirksam, wenn sie bereits im mittleren Lebensalter berücksichtigt werden. Die Vermeidung der Faktoren 7 bis 12 kann in jedem Lebensalter zur Risikoreduktion beitragen, auch im höherem Lebensalter. Wer im mittleren Lebensalter eine Schwerhörigkeit vermeidet, also z.B. ein Hörgerät benutzt, kann sein Demenzrisiko um bis zu 8% senken. Außerdem lohnt es sich, den Kopf lebenslang vor Stößen und Stürzen zu bewahren. Auch vorerst unbemerkte kleine Schäden können in der Summe das Gehirn belasten. Verzicht auf Kopfbälle und ein Fahrradhelm schützen das empfindliche Gehirn. Dabei geht es immer darum, das Gehirn möglichst wenig zu belasten und aktiv eine geistige Reserve aufzubauen. Auch Gedächtnistrainig, Stressbewältigung und ausreichend Schlaf haben schützende Wirkungen. Das alles kann dazu beitragen, dass beispielsweise durch Alzheimerkrankung entstehende Ablagerungen weniger Gedächtnisprobleme verursachen.
Detaillierte Betrachtung einzelner Risikofaktoren
Herz-Kreislauf-Risikofaktoren
Eine Schlüsselfunktion für das Gehirn hat das Herz. Es pumpt Blut als Treibstoff für das Gehirn nach oben, denn es verbraucht 20 Prozent unserer Energie. Wichtig für Herz und Hirn sind gesunde Blutgefäße und ein gesunder Blutdruck. Bei vielen Demenzerkrankungen ist der hohe Blutdruck eine entscheidende Ursache, Mediziner sprechen dann sogar von einer vaskulären Demenz. Sie belasten die Gefäße oder den Stoffwechsel - etwa durch Bluthochdruck, hohe Blutzucker- oder Cholesterinwerte.
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Bluthochdruck: Bluthochdruck im mittleren Lebensalter erhöht das Risiko für alle Demenzformen, insbesondere für die vaskuläre Demenz. Der Effekt scheint besonders stark auszufallen, wenn der Bluthochdruck über Jahre hinweg unbehandelt bleibt. Bluthochdruck tritt häufig zusammen mit anderen Risikofaktoren wie Diabetes, Übergewicht oder Bewegungsmangel auf. Diese Kombination verstärkt das Risiko zusätzlich. Wer seine erhöhten Blutdruckwerte behandeln lässt, schützt sich daher nicht nur vor einem akuten Schlaganfall oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
Erhöhtes Cholesterin: Erhöhtes Cholesterin - vor allem bei Menschen unter 65 - kann die Ablagerung von schädlichen Proteinen wie Amyloid-beta und verändertem Tau im Gehirn fördern, beides typische Merkmale der Alzheimer-Krankheit. Da mit einem hohen Cholesterinspiegel auch das Risiko für Schlaganfälle zunimmt, vergrößert sich auch die Gefahr für eine vaskuläre Demenz. Ein erhöhtes Cholesterin verläuft symptomlos - das heißt, man spürt es nicht.
Typ-2-Diabetes: Typ-2-Diabetes zählt zu den am besten belegten Risikofaktoren für Demenz.
Lebensstilfaktoren
Bewegungsmangel: Wer sich im Alltag kaum bewegt, erhöht sein Risiko, an einer Demenz zu erkranken. Bewegungsmangel beeinträchtigt die Durchblutung des Gehirns, schwächt Nervenzellen und begünstigt den geistigen Abbau. Die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt mindestens 150 Minuten moderate oder 75 Minuten intensive Bewegung pro Woche. Bewegung senkt hohen Blutdruck und hilft, frisches Blut ins Gehirn zu schicken. Außerdem bilden sich durch die Bewegung Muskeln, die Hormone produzieren. Im Tierversuch zeigte sich, dass diese sogenannten Myokine bis ins Gehirn wandern. Dort sorgen sie zum Beispiel dafür, dass bestimmte Wachstumsfaktoren vermehrt freigesetzt werden.
Übergewicht: Übergewicht - besonders im mittleren Lebensalter- erhöht das Risiko, später an einer Demenz zu erkranken. Das gilt nicht nur für Alzheimer, sondern auch für vaskuläre Demenz. Besonders problematisch ist Bauchfett, also das Fettgewebe um die Organe im Bauchbereich. Seine Botenstoffe fördern hohen Blutdruck, entzündliche Erkrankungen und belasten die Gefäße. Die Hauptursache für die Entstehung von zu großen Fettspeichern im Bauchraum sind ungesunde Essgewohnheiten und zu wenig Bewegung.
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Rauchen: Rauchen erhöht das Risiko für Alzheimer und vaskuläre Demenz - vor allem durch die negativen Auswirkungen auf Herz, Gefäße und Gehirn. Auch Entzündungen und zellschädigende Prozesse im Gehirn können durch Rauchen gefördert werden. Wer das Rauchen aufhört, kann sein Risiko deutlich senken.
Alkoholkonsum: Wer regelmäßig viel Alkohol trinkt, riskiert mehr als einen Kater. Studien zeigen: Schon mehr als drei Liter Bier oder zwei Liter Wein pro Woche führt zum Verlust der grauen Masse im Gehirn und damit zu einem höheren Risiko für alle Formen der Demenz. Ein zu hoher Alkoholkonsum kann zudem bewirken, dass eine Demenz früher auftritt als bei Menschen, die wenig oder gar nicht trinken. Langjährige schwere Alkoholabhängigkeit kann zudem das Wernicke-Korsakoff-Syndrom auslösen, eine bleibende Gehirnschädigung, die durch Vitamin-B1-Mangel ensteht. Dieses Vitamin ist wichtig für Nerven, Herz und Gehirn; fehlt es über längere Zeit, werden bestimmte Hirnregionen dauerhaft geschädigt. Alkohol fördert außerdem Entzündungen, verringert die geistige Leistungsfähigkeit und kann das Gedächtniszentrum schrumpfen lassen. Besonders riskant ist der Konsum in Verbindung mit Rauchen, Depression oder Bluthochdruck.
Umweltfaktoren
- Luftverschmutzung: Was wir einatmen, kann auch unser Gehirn erreichen. Feine Partikel aus Abgasen, Industrie, Holz- und Kohleöfen können Entzündungen auslösen, die Gefäße schädigen und langfristig die geistige Gesundheit beeinträchtigen. Vor allem Feinstaub steht im Verdacht, das Demenzrisiko zu erhöhen. Die winzigen Teilchen gelangen über die Lunge in den Blutkreislauf und möglicherweise bis ins Gehirn. Dort fördern sie Prozesse, die mit Alzheimer und vaskulärer Demenz in Verbindung gebracht werden - etwa chronische Entzündungen, Durchblutungsstörungen und Nervenzellschäden. Menschen mit Bluthochdruck, Diabetes oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen reagieren besonders empfindlich auf Luftschadstoffe.
Psychosoziale Faktoren
Soziale Isolation und Einsamkeit: Soziale Isolation bedeutet, dass ein Mensch nur selten Kontakt zu anderen hat - zum Beispiel, wenn er allein lebt, kaum Besuch bekommt oder nicht mehr aktiv am gesellschaftlichen Leben teilnimmt. Eine solche Isolation kann das Risiko erhöhen, an Demenz zu erkranken. Denn das Gehirn braucht Anregung: Gespräche, Begegnungen und gemeinsame Aktivitäten halten es wach und leistungsfähig. Dabei zählt nicht nur die Anzahl der Kontakte, sondern auch das Gefühl, verbunden zu sein. Deshalb gilt auch Einsamkeit als Risikofaktor: Wer sich dauerhaft allein fühlt, obwohl Menschen da sind, kann ebenso belastet sein. Beide Zustände - Isolation und Einsamkeit - schwächen auf Dauer die geistige Gesundheit. Einsamkeit lässt sich überwinden - durch Mut, Neugier und Begegnung.
Depression: Anhaltende Niedergeschlagenheit, sozialer Rückzug und mangelnde Selbstfürsorge belasten nicht nur die Seele - sondern auch das Gehirn.
Sensorische Beeinträchtigungen
Schwerhörigkeit: Wenn das Gehör nachlässt, verarbeitet das Gehirn weniger Reize - es muss mehr Energie aufbringen, um Sprache zu verstehen. Vermutet wird, dass ein schlechtes Hörvermögen zu Veränderungen im Gehirn führt, die das Demenzrisiko erhöhen.
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Sehschwäche: Sehen ist mehr als ein Sinn - es ist geistige Anregung. Wenn das Sehvermögen nachlässt und nicht ausgeglichen wird, gehen dem Gehirn wichtige Reize verloren. Die Folge: Es wird weniger angeregt, muss sich mehr anstrengen und kann auf Dauer an Leistungsfähigkeit verlieren. Studien zeigen: Menschen mit unbehandelten Sehschwächen haben ein deutlich höheres Risiko, an Demenz zu erkranken. Auch im Alltag hat eine Sehschwäche Folgen: Wer schlecht sieht, geht seltener aus dem Haus, zieht sich eher zurück und meidet neue Situationen. Das kann Einsamkeit und depressive Verstimmungen verstärken - zwei weitere bekannte Risikofaktoren für geistigen Abbau und Demenzerkrankungen. Ähnlich wie beim Hören gilt auch beim Sehen: Viele Probleme lassen sich gut behandeln - zum Beispiel mit der richtigen Brille, Kontaktlinsen oder einer Augenoperation bei Grauem Star.
Genetische Faktoren
Erbliche Faktoren können die Entstehung einer Demenz begünstigen. Neben den bekannten genetischen Erb-Faktoren PSN1, PSN2, APP, die überraschenderweise nur ca. Geschlecht: Zwei Drittel aller Demenzkranken sind Frauen.
Weitere Risikofaktoren
- Hirnverletzungen: Außerdem lohnt es sich, den Kopf lebenslang vor Stößen und Stürzen zu bewahren. Auch vorerst unbemerkte kleine Schäden können in der Summe das Gehirn belasten. Verzicht auf Kopfbälle und ein Fahrradhelm schützen das empfindliche Gehirn.
- Geringe Bildung: Geistige Anregung in jungen Jahren schützt das Gehirn - besonders durch den Aufbau sogenannter kognitiver Reserven.
- Vitamin-D-Mangel: Auch o.g. Erstaunlich und bisher nicht so bekannt ist der hier in der Studie hergestellte Zusammenhang mit ungenügender Vitamin D-Versorgung, zumal robust, weil es spiegelabhängig ist, bedeutet je geringer, je schlechter.
Demenz im jüngeren Lebensalter (Early-Onset-Demenz)
Demenzerkrankungen können auch im jüngeren Alter entstehen. Bei Demenz handelt es sich um Erkrankungen des Gehirns mit zunehmenden kognitiven Störungen, zum Beispiel Vergesslichkeit. Von einer Demenz im jüngeren Lebensalter spricht man, wenn die ersten Symptome vor dem 65. Grundsätzlich können alle Demenzformen auch vor dem 65. Lebensjahr auftreten. Menschen unter 65 Jahren sind häufiger von Demenzformen betroffen, die sich auf das Verhalten und die Persönlichkeit auswirken, wie zum Beispiel Frontotemporale Demenz.Eine Studie aus der britischen UK-Biobank offenbarte Bemerkenswertes. Aus diesen Daten wurden nun Menschen herausgefiltert, die bei der Erstuntersuchung jünger als 65 Jahre waren und keine Hirnleistungsstörungen hatten, aber eine Demenz im Verlauf des Beobachtungszeitraums vor dem 65. Lebensjahr entwickelten. Gemäß den Erhebungen und Untersuchungen wurden insgesamt auf 39 Risikofaktoren untersucht. Von den anfangs in die Studie eingeschlossenen 356.052 Personen entwickelten 485 eine Demenz.Die Daten, was die höhere Schulbildung betrifft, bestätigen das schon länger bekannte Konzept der „kognitiven Reserve„. Dies bedeutet, je höher die Schulbildung ist, desto langsamer und später sinken die Hirnleistungen unter die Grenze der Demenz ab. Die Handkraft kann als ein Faktor bestätigt mannigfaltige Voruntersuchungen, nämlich dahingehend, dass eine allgemein hohe Muskelkraft schützt und zu längerem Leben und geringerer Sterblichkeit im Vergleich zu geringer Muskelkraft führt. Hier gilt: je mehr je besser!Menschen mit niedrigerem sozioökonomischen Status achten typischerweise weniger auf ihre Gesundheit und gehen seltener zum Arzt, z.B. zu Vorbeugeuntersuchungen oder Impfungen. Dass psychiatrische Krankheiten, hier Depression und soziale Isolation, was ja oft Hand in Hand geht, auffällig ist und die Demenzentwicklung fördert, ist duch mehrfache Untersuchungen gut abgesichert.Umgekehrt bedeutet dies: enge soziale Bindungen in Familie und Freundschaften sind gesunderhaltend. Ursächliche Zusammenhänge sind ebenfalls für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, wie Schlaganfall, bereits lange bekannt. Diabetes mellitus als Risikoerhöhung für die Demenz ebenfalls, jetzt also, dass dies auch für die frühe Demenz gilt.
Weitere Risikofaktoren für frühe Demenz:
- Alkoholmissbrauch
- Schlaganfall
- Genetische Risikofaktoren
- Diabetes
- Herzerkrankung
- Vitamin-D-Mangel
- Schwerhörigkeit
- Soziale Isolation
Deutlich wird: Nicht nur die körperliche, sondern auch die psychische Gesundheit spielt eine wichtige Rolle bei der Prävention von Demenzerkrankungen.
Herausforderungen bei der Diagnose von Demenz im jüngeren Alter
Obwohl sich die Symptome nicht wesentlich von denen einer Demenz im höheren Lebensalter unterscheiden, bleiben frühe Demenzen oft zunächst unerkannt. So kommt es vor, dass jüngere Demenzkranke erst Jahre nach Auftreten der ersten Symptome richtig diagnostiziert und behandelt werden können. Verschiedene Faktoren spielen dabei eine Rolle:
- Demenz wird oft mit Vergesslichkeit gleichgesetzt. In jungen Jahren wird eine Demenz nicht vermutet.
- Selbst Ärztinnen und Ärzte führen Symptome wie Vergesslichkeit oder auffälliges Verhalten häufig zunächst auf Depressionen, Burnout, Stress oder Beziehungsprobleme zurück.
- Jüngere Menschen mit Demenz kommen erst gar nicht in die ärztliche Praxis - sei es, weil sie sich „nicht krank“ fühlen, sei es, weil sie aus Angst vor der Diagnose das Arztgespräch meiden.
Betroffene und Angehörige sollten daher auffällige Wesensveränderungen, Sprachprobleme oder psychische Beeinträchtigungen immer ernst nehmen und ärztlich abklären lassen. Es kann zwei bis vier Jahre dauern, bis jemand zum Facharzt kommt und die entsprechenden Untersuchungen gemacht werden. Mit 55 oder 60 Jahren denkt man bei Vergesslichkeit nicht unbedingt an Demenz.Je früher eine Demenzerkrankung erkannt wird, desto größer sind die Chancen, den Krankheitsverlauf zu verzögern, Symptome zu lindern und die Lebensqualität zu verbessern. Erste Anlaufstelle für die Diagnosestellung ist die hausärztliche Praxis. Demenzerkrankungen können und sollen in jedem Lebensalter behandelt werden.
Besondere Herausforderungen für junge Demenzkranke
Die Diagnose Demenz ist für jeden Betroffenen ein Schock. Für Jüngere, die mitten im Leben stehen, ist die Diagnose jedoch oft noch belastender als für ältere Erkrankte. Sie müssen sich nicht nur mit der einer unheilbaren, fortschreitenden Krankheit, sondern auch mit den damit verbundenen Veränderungen auseinandersetzen.
Zu den besonderen Herauforderungen junger Demenzkranker gehören:
- Die Akzeptanz der Diagnose: Demenzerkrankungen sind für junge Betroffene schwer zu akzeptieren. Sie schämen sich, wollen es nicht wahrhaben und glauben, es müsse eine Heilung geben.
- Der Verlust des „alten Lebens“: Die eigenen Finanzen regeln, Kinder oder Eltern zu betreuen, Verantwortung im Beruf übernehmen - das bisherige Leben aufgeben zu müssen, ist für junge Demenzkranke oft nur sehr schwierig zu bewältigen.
- Die Auswirkungen auf die Familie: Familien von jungen Erkrankten müssen akzeptieren, dass sich mit der Diagnose die gesamte Lebenssituation verändert. Besonders hart für Partner ist der schleichende Verlust von Gemeinsamkeiten, von Erinnerungen, von der Möglichkeit, gemeinsame Sorgen zu teilen. Zwar ist der Mensch noch da, doch das alte Gegenüber geht verloren.
- Stigmatisierung im Alltag: Menschen mit Demenz erkennt man nicht auf den ersten Blick. Problematisch ist auch, dass die meisten Pflege- und Betreuungsangebote nicht auf die Bedürfnisse von jüngeren Menschen mit Demenz ausgerichtet sind. Gerade wenn das Zusammenleben im gewohnten Zuhause nicht mehr möglich ist, sind sie oft gezwungen in Pflegeheime umzuziehen, in denen alles auf ältere Seniorinnen und Senioren ausgerichtet ist. Das beginnt bei der Gestaltung und Ausstattung der Räume über den Tagesablauf bis hin zum Angebot an sozialen und sportlichen Aktivitäten.
Hinzu kommt, dass den Jüngeren in den herkömmlichen Einrichtungen der wichtige Kontakt zu Gleichaltrigen fehlt.
Präventive Maßnahmen und Lebensstiländerungen
Positiv ist: Wer an einer Stelle ansetzt, kann oft mehrere Risiken gleichzeitig verringern. Um einer Demenz vorzubeugen, ist es wichtig frühzeitig anzufangen, das Gehirn fit zu halten. Das Gehirn ist sehr empfindlich. Kommen schädliche Prozesse in Gang, wie beispielsweise Alzheimerablagerungen, sterben Nervenzellen ab. Das Gehirn funktioniert dann nicht mehr wie gewohnt und eine Demenz tritt auf: Erinnerung, Orientierung sowie alltägliche Fähigkeiten leiden. Es gibt genetische Risiken - aber auch der Lebensstil spielt eine Rolle. Eine gute geistige Fitness senkt zusätzlich das individuelle Risiko für eine Demenz deutlich.
Forschende sind davon überzeugt, dass sich das Gehirn widerstandsfähig machen lässt gegen Demenz - indem man die geistige und kognitive Reserve stärkt. So lässt sich dem Verfall von geistigen Funktionen vorbeugen. Ein gut vernetztes Gehirn kann Nervenschäden sogar ausgleichen. Das Forscherteam entwickelt etwas, das es in der Demenzvorbeugung in dieser Form noch nicht gibt: Das Mischprogramm soll Körper, Denken und Seele gleichzeitig fördern und so körperliche, psychische und geistige Demenzrisiken senken.
Es lohnt sich, die eigenen Lebensumstände auf die oben aufgeführten beeinflussbaren Risikofaktoren hin zu überprüfen. Einige Veränderungen der Lebensweise lassen sich einfacher umsetzen als andere. Damit Sie am Ball bleiben und Änderungen dauerhaft in den Alltag integrieren, ist es wichtig, dass Ihnen die neuen Elemente Freude bereiten. Probieren Sie also ruhig verschiedene Dinge aus, bevor Sie sich festlegen. Bei der Suche nach passenden Bewegungsangeboten, Methoden zum Rauchstopp und zum Alkoholverzicht sowie Präventionsangeboten können Ihre Hausärztin oder Ihr Hausarzt sowie Ihre Krankenkasse Sie unterstützen und beraten.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass ein gesunder Lebensstil mit viel Bewegung, einer ausgewogenen Ernährung und ausreichend geistiger Stimulation der beste und einfachste Weg ist, um einer Demenz bestmöglich vorzubeugen.
Diagnostik und Behandlung
Wenn Sie unsicher sind, ob Sie ein erhöhtes Demenzrisiko haben, ist es ratsam, sich mit einer Ärztin oder einem Arzt Ihres Vertrauens über das weitere Vorgehen zu verständigen. Mittlerweile existieren einzelne spezialisierte Forschungszentren, deren Ziel es ist, zukünftig immer detailliertere individuelle Risikoprofile zu erstellen und einen maßgeschneiderten Plan mit Handlungsempfehlungen zur Demenzvorbeugung anzubieten. Dieser basiert auf ausführlichen Gesprächen zu Ihrer Vorgeschichte, Tests zur Bestimmung der körperlichen Funktionsfähigkeit und der geistigen Leistungsfähigkeit (z. B. Denkvermögen, Sprachvermögen, Aufmerksamkeit und Verhalten) sowie Blutuntersuchungen.
Wenn Sie als Angehöriger den Verdacht haben, dass eine Person an einer Demenzform erkrankt sein könnte, sollten Sie mit Einfühlungsvermögen aber auch Nachdruck darauf bestehen, diesen Verdacht abzuklären. All diese Anzeichen können, müssen aber nicht auf eine kognitive Störung oder eine Demenz hindeuten. Spezielle Demenz-Tests messen die geistige Leistungsfähigkeit einer Person und lassen erkennen, ob diese noch im Normalbereich liegt, oder Anzeichen für eine Einschränkung durch eine Demenz vorliegen. Liegt ein Anfangsverdacht für eine Demenz-Erkrankung vor, sollte der erste Gang zum Hausarzt, zu einer Gedächtnis-Sprechstunde oder einer Memory-Klinik führen. Eine frühe Diagnose von Demenz erleichtert den Umgang mit der Krankheit und bietet größere Chancen, das Fortschreiten der Krankheit aufzuhalten oder zu verlangsamen. Am Anfang geht es darum, festzustellen, ob demenzielle Symptome vorliegen und wie stark diese ausgeprägt sind. Wichtige Bestandteile in dieser Phase der Diagnostik sind das Patientengespräch (Anamnese), die körperliche Untersuchung und nach Bedarf die Durchführung von Demenz-Tests. Sind deutliche demenzielle Symptome vorhanden, muss der Arzt noch die Ursache der Symptome eindeutig klären. Zum Beispiel wird ein Arzt versuchen, Hinweise auf eine konkrete organische Ursache zu finden. Mit den Ergebnissen kann der Arzt außerdem bestimmen, um welche Demenzform es sich handelt und in welchem Stadium sich der Betroffene befindet.
Alzheimer-Demenz, Frontotemporale Demenz, Lewy-Körper-Demenz, Parkinson-Demenz und Vaskuläre Demenz sind bis heute leider nicht heilbar. Dennoch ist die Behandlung von Demenz wichtig, weil sie die Lebensqualität der Betroffenen im weiteren Verlauf erheblich steigert. Je nach Demenzform, Stadium und individuellem Gesundheitszustand kommen unterschiedliche Medikamente und nicht-medikamentöse Therapien in Frage.
Umgang mit der Diagnose und Unterstützung für Betroffene und Angehörige
Wie ein Mensch auf die Krankheit reagiert und mit ihr umgeht, hängt nicht nur von Veränderungen im Gehirn ab, sondern auch von seinem Charakter, seiner Lebensgeschichte, der aktuellen Lebenssituation und den Beziehungen zu anderen Menschen. Manchen Menschen gelingt es, auch mit der Alzheimer-Demenz ein aktives und zufriedenes Leben zu führen. Anderen fällt dies schwer. Unterstützung benötigen die meisten. Und auch für Angehörige und Freunde ist die Erkrankung eine große Herausforderung. Der Austausch mit anderen Betroffenen und Angehörigen - etwa in Selbsthilfegruppen - wird von vielen als wertvoll erlebt. Im Laufe der Zeit müssen viele Entscheidungen getroffen werden: zur Unterstützung im Alltag genauso wie zur Behandlung, zur späteren Versorgung und zur passenden Wohnform (häusliches Umfeld, Pflegeheim, Wohngruppe). Menschen mit Demenz wollen sich dabei aktiv an Entscheidungen über ihre Belange beteiligen, solange es ihnen möglich ist. Ihnen ist es wichtig, dass viel mit ihnen und weniger über sie gesprochen wird.
Für Angehörige ist es wichtig, in die Behandlungspläne einbezogen zu werden und Angebote zu erhalten, die zur persönlichen Situation und den eigenen Bedürfnissen passen. Darunter fallen neben Schulungen auch praktische Hilfen, zum Beispiel zu finanzieller Unterstützung und Beratung bei Antragsstellung.
Wenn eine Demenzerkrankung weit fortgeschritten ist und eine immer umfassendere Betreuung nötig macht, stoßen Angehörige irgendwann an ihre Grenzen. Dann kann der Umzug in eine Einrichtung, in der Pflege, Betreuung und medizinische Versorgung durch Fachkräfte möglich ist, für alle Beteiligten die bessere Lösung sein. Die Entscheidung zum Umzug in ein Pflegeheim oder eine betreute Wohngemeinschaft fällt oft nicht leicht - zumal es eine Weile dauern kann, bis eine geeignete Einrichtung gefunden ist.
Die Pflege und Betreuung von Menschen mit Demenz ist eine echte Herausforderung. Zu Beginn der Erkrankung reicht oft ein wenig Unterstützung im Alltag aus, doch im weiteren Verlauf wird der Bedarf an Hilfe immer größer. Doch viele Menschen sind bereit, sich selbst so lange wie möglich um ihre Angehörigen zu kümmern, wenn diese an Demenz erkranken. Menschen mit Demenz verändern ihr Verhalten und reagieren, aufgrund einer veränderten Wahrnehmung, anders auf ihre Umwelt. Für Außenstehende ist es oft schwer, zu verstehen, was in der demenzerkrankten Person vorgeht. Man sollte bei der Kommunikation mit Menschen mit Demenz immer auf einen würdevollen und wertschätzenden Umgang achten. Das gilt auch in Situationen, bei dem es einem besonders schwer fällt, zum Beispiel, wenn der an Demenz erkrankte dem Pflegenden Vorwürfe macht oder ihn fälschlicherweise beschuldigt. Man darf natürlich seinen Standpunkt vertreten, aber sollte immer darauf achten, die Person nicht zu diskreditieren. Unabhängig von Konfliktsituationen ist es immer eine Möglichkeit sich auf die Lebenserfahrung der Person zu beziehen und diese wertzuschätzen. Man kann zum Beispiel nach einem Ratschlag fragen und/oder sich auch mal helfen oder trösten lassen. Ganz besonders wichtig ist, dass Angehörige sich selbst mit der Betreuung und Pflege nicht überfordern. Das große Stichwort lautet: Entlastung.
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