Schlaganfall-Risikofaktoren: Erkennen, Beeinflussen und Vorbeugen

Ein Schlaganfall kann jeden treffen, vom Säugling bis zum Greis, und ist grundsätzlich keine reine "Alterskrankheit". Die Wahrscheinlichkeit, einen Schlaganfall zu erleiden, steigt jedoch mit zunehmendem Alter. Die meisten Schlaganfälle könnten durch die richtige Vorsorge verhindert werden. Um das Risiko zu minimieren, ist es wichtig, die Risikofaktoren zu kennen und zu verstehen, wie man sie beeinflussen kann.

Ursachen und Formen des Schlaganfalls

Grundsätzlich wird zwischen zwei Formen des Schlaganfalls unterschieden, die auf unterschiedliche Ursachen zurückzuführen sind: der ischämische und der hämorrhagische Schlaganfall.

  • Ischämischer Schlaganfall (Hirninfarkt): Er wird durch eine Mangeldurchblutung in bestimmten Hirnregionen verursacht, in der Regel eine Folge von Arteriosklerose (Gefäßverkalkung). Bei der Arteriosklerose sammeln sich Ablagerungen aus Fett, Cholesterin und anderen Substanzen an den Gefäßwänden an und verengen so mit der Zeit die Blutgefäße. Dies beeinträchtigt den Blutfluss und begünstigt die Bildung von Blutgerinnseln. Ein solcher Blutpfropf kann sich direkt in einem Hirngefäß bilden und dieses verstopfen. Alternativ kann er außerhalb des Gehirns entstanden sein, beispielsweise am Herzen oder in der Halsschlagader, durch den Blutstrom ins Gehirn geschwemmt werden und dort ein Gefäß verschließen. Folglich werden Hirnareale nicht mehr mit ausreichend Blut und Sauerstoff versorgt - innerhalb weniger Minuten sterben Hirnzellen ab.

  • Hämorrhagischer Schlaganfall (Hirnblutung): Hier reißt in den tiefen Regionen des Gehirns eine Gefäßwand ein oder ein Gefäß platzt, und Blut tritt intrazerebral (in das Hirngewebe) oder subarachnoidal (zwischen den Hirnhäuten) aus. Das ausströmende Blut drückt auf die hochempfindlichen Nervenzellen und klemmt andere Blutgefäße in diesem Bereich ab. Die Folge: Das umgebende Gehirngewebe stirbt ab.

Nicht beeinflussbare Risikofaktoren

Einige Risikofaktoren lassen sich nicht beeinflussen, spielen aber dennoch eine wichtige Rolle bei der Beurteilung des individuellen Schlaganfallrisikos:

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  • Alter: Das Schlaganfall-Risiko steigt mit zunehmendem Lebensalter deutlich an. So ereignen sich ca. Allerdings nimmt seit einigen Jahren der Anteil jüngerer Schlaganfallpatient*innen zu. Weltweit ereignen sich etwa ein Viertel aller Schlaganfälle bei Menschen unter 65 Jahren und jeder siebte Schlaganfallpatient ist jünger als 50. Bei Patienten im Alter zwischen 18 und 50 Jahren spricht man vom Schlaganfall beim jungen Menschen oder dem sogenannten juvenilen Schlaganfall. Manchmal wird auch das Alter zwischen 18 und 55 Jahren als Altersgrenze genommen.
  • Geschlecht: Männer haben ein deutlich höheres Schlaganfall-Risiko als Frauen, besonders im mittleren Lebensalter. Bei Frauen ereignet sich der Schlaganfall meistens in einem späteren Lebensabschnitt als bei Männern. Aufgrund des höheren Alters sind die Folgen dieser Schlaganfälle schwerwiegender und Frauen versterben häufiger daran. Zwischen 18 und 35 Jahren sind Frauen statistisch gesehen häufiger vom Schlaganfall betroffen als Männer. Bei ihnen spielen das Risiko der Pille - vor allem im Zusammenspiel mit Rauchen - und der Risikofaktor Migräne mit Aura eine besondere Rolle. Deutlich mehr Frauen als Männer leiden unter Migräne. Auch Schwangerschaften erhöhen das Risiko für einen Schlaganfall: Um die Entbindung, bzw. die Zeit kurz nach Entbindung, ist das Schlaganfallrisiko erhöht. In der Altersspanne von 35 bis 50 Jahren sind dann Männer häufiger vom Schlaganfall betroffen.
  • Genetische Veranlagung: Ist in der Familie bereits ein Schlaganfall aufgetreten, erhöht sich das Risiko, selbst einen Schlaganfall zu erleiden. Dies gilt besonders, wenn in der Familie eine oder mehrere vererbbare Erkrankungen bekannt sind, wie z.B. Bluthochdruck, Herzerkrankungen, Diabetes mellitus oder Fettstoffwechselstörungen.

Beeinflussbare Risikofaktoren

Es gibt zahlreiche Risikofaktoren, die man durch einen gesunden Lebensstil und medizinische Behandlungen positiv beeinflussen kann:

  • Bluthochdruck (Hypertonie): Der Bluthochdruck ist der Hauptrisikofaktor für einen Schlaganfall. Je höher der Blutdruck ist und je länger er unerkannt und unbehandelt bleibt, desto größer ist das Risiko, einen Schlaganfall zu erleiden. Der optimale Blutdruck liegt bei Werten von 120/80 mm Hg (nach den Zielwerten der WHO). Schwere Hypertonie: Werte die dauerhaft über 180/110 mm Hg liegen. Bluthochdruck erhöht das relative Risiko, einen Schlaganfall zu erleiden, im Vergleich zu einem Menschen, der keinen Bluthochdruck hat um das sechs- bis achtfache.
  • Erhöhtes Cholesterin: Erhöhtes Cholesterin im Blut steigert das Risiko für Gefäßerkrankungen, verursacht jedoch zunächst keine Beschwerden. Die Fettstoffwechselstörung führt zu cholesterinhaltigen Ablagerungen an den Gefäßwänden und befördert somit Arteriosklerose und nachfolgenden Bluthochdruck. Hervorzuheben ist das Cholesterin, da bei Cholesterinwerten über 240 mg/dl das Schlaganfallrisiko um das Zweieinhalbfache steigt. Der Cholesterinspiegel sollte unter 200 mg/dl liegen. Dieser Richtwert ist besonders wichtig, wenn der "schlechte" Cholesterinteil (das sog. LDL) erhöht und der "gute" Cholesterinteil (das sog. HDL) zu niedrig ist.
  • Diabetes mellitus: Diabetiker haben ein zwei- bis dreifach erhöhtes Schlaganfall-Risiko. Der Begriff bezeichnet eine Stoffwechselerkrankung, durch die die Zuckerwerte im Blut erhöht sind. Der hohe Zuckergehalt im Blut greift die Gefäßwände an und beschleunigt das Entstehen von Arteriosklerose. Wie beim Bluthochdruck wird die Krankheit oft erst spät entdeckt, denn viele Diabetiker haben zu Beginn ihrer Erkrankung keine Beschwerden.
  • Herzrhythmusstörungen (Vorhofflimmern): Das Vorhofflimmern ist eine spezielle Form der Herzrhythmusstörung. Es äußert sich durch einen unregelmäßigen Herzschlag und erhöht das Schlaganfall-Risiko massiv. Diese unregelmäßigen Herzschläge sind meist nicht direkt spürbar. Sie können jedoch zu gefährlichen Folgeschäden wie einem Schlaganfall führen, da sich Blutgerinnsel im Herzen bilden und mit dem Blutstrom ins Gehirn gelangen können. Menschen mit Vorhofflimmern haben ein bis zu 5-fach erhöhtes Risiko, einen Schlaganfall zu erleiden.
  • Rauchen: Rauchen erhöht das Schlaganfall-Risiko um das Zwei- bis Vierfache. Ein Grund dafür liegt darin, dass viele der Schadstoffe besonders die Blutgefäße belasten. Vor allem der süchtig machende Stoff Nikotin führt dazu, dass sich die Arterien verengen und gleichzeitig die Herzaktivität steigt. Die Folge ist eine schlechtere Durchblutung aller Gefäße und ein steigender Blutdruck. Dieser Druck schädigt die Blutgefäße und fördert die Entstehung der Arteriosklerose.
  • Übergewicht und Bewegungsmangel: Viele von uns sitzen zu viel und bewegen sich zu wenig. Übergewicht ist keine Erkrankung im eigenständigen Sinn. Es erhöht aber das Risiko für Folgeerkrankungen und unterstützt die Negativspirale der Faktoren, die Herzinfarkt und Schlaganfall hervorrufen können. Denn neben Diabetes, Gicht und anderen Stoffwechselerkrankungen steigert Übergewicht das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Bluthochdruck und Arteriosklerose. Übergewicht und Bewegungsmangel können einen Bluthochdruck oder einen Diabetes zur Folge haben. Alleine hierdurch ist das Schlaganfallrisiko bei übergewichtigen Menschen deutlich erhöht.
  • Stress: Niemand kann Stress vollkommen vermeiden. Aber Vorsicht: Chronischer Stress kann zur Gefahr für die Gesundheit werden. Mögliche Folgen sind: Ausschüttung von Stresshormonen durch die Nebennieren, Verengung der Blutgefäße, Zunahme der Herzfrequenz, Anstieg von Blutdruck und Blutzuckerspiegel und Erhöhung der Blutgerinnungsneigung (Thromboseneigung).
  • Alkohol: Alkohol ist in unserem Alltag allgegenwärtig. Weit verbreitet ist die Meinung, dass ein Gläschen in Ehren der Herz-Kreislauf-Gesundheit nicht schaden kann. In mehreren Studien wurde bereits nachgewiesen, dass leichter bis mäßiger Alkoholkonsum das Schlaganfall-Risiko senken kann. Dies gilt aber nur für den Hirninfarkt, also den Schlaganfall, der durch mangelnde Durchblutung der Hirngefäße entsteht.

Zusammenspiel der Risikofaktoren

Viele Menschen haben mehr als einen Risikofaktor gleichzeitig. Auch wenn die einzelnen Risikofaktoren für sich alleine schon gefährlich sind, interagieren verschiedene Risikofaktoren miteinander, wenn sie gleichzeitig vorhanden sind und erhöhen das Risiko nicht additiv sondern potenzieren sich. Die Risikofaktoren für den ischämischen Schlaganfall addieren sich nicht nur, sondern potenzieren sich: Diabetes mellitus erhöht das Risiko um den Faktor 2 bis 3, ebenso Rauchen. Bluthochdruck schlägt sogar mit dem Faktor 6 bis 8 zu Buche. Die absolute Arrhythmie bei Vorhofflimmern führt ebenfalls zu einem mindestens 5fach erhöhten Schlaganfallrisiko. Wenn neben dem Vorhofflimmern noch eine koronare Herzerkrankung oder eine Herzschwäche bestehen, erhöht sich das Risiko zusätzlich um den Faktor 2 bis 3.

Prävention: Die drei Säulen der Schlaganfallvorbeugung

Die Vorbeugung beziehungsweise Verhinderung eines Schlaganfalls basiert auf drei Säulen:

  1. Änderung des Lebensstils: Die meisten Schlaganfälle und viele Herzerkrankungen könnten durch einen gesunden Lebensstil vermieden werden. Dazu gehören regelmäßige körperliche Aktivität, ausgewogene Ernährung und der Verzicht auf schädliche Substanzen wie Alkohol und Nikotin. Regelmäßige körperliche Aktivität und Sport halten fit: Bewegung trainiert unsere Muskeln und Gefäße und der Körper wird beim Sport mit mehr Sauerstoff versorgt. Dies macht die Gefäße elastisch. Besonders Ausdauersport reguliert den Zuckerstoffwechsel und senkt Blutdruck- und Cholesterinwerte.
  2. Vorbeugung und frühzeitige Behandlung von Risikofaktoren: Regelmäßige ärztliche Vorsorgeuntersuchungen sind für die Prävention eines Schlaganfalls entscheidend, insbesondere bei genetischer Vorbelastung. Sie ermöglichen, potenzielle Risikofaktoren wie zum Beispiel den Bluthochdruck frühzeitig zu erkennen und gegebenenfalls zu behandeln. Bei bereits diagnostizierten Herz-Kreislauf-Erkrankungen ist die zielgerichtete Behandlung von großer Bedeutung. In einigen Fällen ist eine medikamentöse Therapie sinnvoll, beispielsweise mit blutverdünnenden, cholesterinsenkenden oder gerinnungshemmenden Medikamenten. Auch spezifische Implantate und Eingriffe können dazu beitragen, einen Schlaganfall zu verhindern.
  3. Vorbeugung und Verhinderung eines erneuten Schlaganfalls (Sekundärprophylaxe): Für Personen, die bereits einen Schlaganfall erlitten haben, sind eine kontinuierliche Überwachung und Anpassung der Behandlung dringend geboten. Eine geeignete medikamentöse Therapie, die Teilnahme an Rehabilitationsmaßnahmen sowie die Einhaltung eines gesunden Lebensstils tragen entscheidend dazu bei, das Risiko eines weiteren Schlaganfalls zu reduzieren.

Schlaganfall bei jüngeren Menschen

Immer wieder liest man Meldungen, dass die Anzahl der Schlaganfälle bei jüngeren Menschen anscheinend steigt. Diese Daten stammen zumeist aus Registern, die auf den Diagnosekodierungen der Krankenhäuser beruhen. Alle Studien zeigen einen Anstieg in den Schlaganfallzahlen bei jüngeren Menschen, wohingegen die Anzahl an Schlaganfallpatienten insgesamt stagniert bzw. Ein vermehrtes Auftreten von Schlaganfällen kann aber auch z. B. durch veränderte Definitionen und Diagnosemethoden begründet sein. Es scheint also einen Trend zu geben, jedoch lässt sich nicht mit letzter Gewissheit sagen, wie groß der Anstieg tatsächlich ist.

Wir finden in der Altersgruppe von Schlaganfallpatienten zwischen 18 und 35 Jahren überwiegend andere, meist angeborene Ursachen als beim typischen älteren Schlaganfallpatienten: Herzfehler, Gerinnungsstörungen, vermehrt Gefäßeinrisse - sogenannte Dissektionen - und seltene Syndrome. Auch angeborene Fettstoffwechselstörungen können das Risiko für Schlaganfall erhöhen. In der Altersgruppe der 35 bis 50-jährigen hingegen findet man vorwiegend die klassischen Ursachen, wie Gefäßverkalkung oder ein durch Herzrhythmusstörung aus dem Herzen eingeschwemmtes Blutgerinnsel, die zu einer Verengung oder gar Verschluss einer Arterie führen können. Bei diesen Patienten kommen zumeist die typischen Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Bluthochdruck, Übergewicht, Rauchen und geringe körperliche Aktivität zum Tragen. Auch in dieser Altersgruppe könnten durch einen gesünderen Lebensstil mit ausreichender Bewegung und gesunder Ernährung sowie einer optimalen Einstellung des Blutdrucks und Nikotinverzicht viele Schlaganfälle verhindert werden.

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Symptome und Sofortmaßnahmen

Typische Symptome eines Schlaganfalls sind Lähmungserscheinungen, Verwirrtheit, Sehstörungen oder Schwierigkeiten beim Sprechen. Bei Männern treten häufig starke brennende, drückende Schmerzen im Brustkorb auf, während die Symptome bei Frauen weniger eindeutig sein können und leicht mit anderen Beschwerden verwechselt werden können.

Bei Verdacht auf einen Schlaganfall gilt: Sofort den Notruf 112 wählen!

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