Rückenmarkbiopsie: Risiken, Ablauf und Alternativen

Eine Biopsie ist die Entnahme von Gewebe oder Zellen zur Untersuchung. Ärzte können durch eine Biopsie einen Diagnoseverdacht sichern oder widerlegen. Ein solcher Verdacht kann durch einen ungewöhnlichen Tastbefund, die Ergebnisse einer Blutuntersuchung oder durch bildgebende Untersuchungen wie Röntgen, Ultraschall, MRT oder CT entstehen. Ziel einer Biopsie ist es, krankhafte Veränderungen von Zellen zu erkennen und einzuordnen.

Was ist eine Punktion?

Der Begriff Punktion stammt vom lateinischen Wort "punctio", was "das Stechen" bedeutet. Ärzte nutzen Punktionen, um Proben von Flüssigkeiten und Geweben aus dem Körperinneren zu entnehmen, die anschließend im Labor untersucht werden. Die als Biopsie bezeichnete Entnahme von Gewebeproben spielt insbesondere bei Verdacht auf Krebs eine sehr wichtige Rolle. Ein weiteres Einsatzgebiet der Punktion ist die Fortpflanzungsmedizin, wo Ärzte die Methode zum Beispiel zur Gewinnung von Eizellen für eine künstliche Befruchtung (In-vitro-Fertilisation) einsetzen.

Arten von Punktionen

Es gibt in der Medizin eine Vielzahl von Punktionen, die Ärzte zu verschiedenen Zwecken einsetzen. Dazu gehören unter anderem:

  • Periphere Venenpunktion: Für Blutentnahme und Infusionen.
  • Arterienpunktion: Zur Blutgasanalyse oder Blutdruckmessung.
  • Gelenkpunktion: Vor allem bei Gelenkergüssen.
  • Lumbalpunktion: Nervenwasser aus dem Rückenmarkskanal.
  • Pleurapunktion: Erleichterung bei Pleuraerguss.
  • Aszitespunktion: Bauchwasser entfernen und untersuchen.
  • Diagnostische Punktionen zur Gewebeprobenentnahme.

Was ist eine Rückenmarkbiopsie?

Bei einer Rückenmarkbiopsie wird eine Gewebeprobe aus dem Rückenmark entnommen. Diese Untersuchung ist notwendig, wenn die Diagnose einer Erkrankung die Untersuchung von Knochenmark erforderlich macht. Dies ist hauptsächlich bei Leukämien und Lymphomen im Rahmen der Erst- und Verlaufsdiagnostik der Fall.

Knochenmark kann mittels einer Knochenmarkpunktion oder, seltener, einer Knochenmarkstanzbiopsie entnommen werden. Bei der Knochenmarkpunktion, auch Knochenmarkaspiration genannt, entnimmt der Arzt dem Patienten eine kleine Menge Knochenmark aus dem hinteren Beckenkammknochen. Dort ist das Knochenmark nur durch eine relativ dünne Knochenschicht von der Haut getrennt, so dass die Entnahme ohne wesentliches Risiko erfolgen kann.

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Knochenmark

Das Knochenmark ist ein weiches, schwammiges Gewebe, welches die inneren Hohlräume der Knochen ausfüllt. Es ist insbesondere in den Plattenknochen (z.B. Brustbein, Becken, Femur) vorzufinden. Generell unterscheidet man rotes, blutbildendes (hämoblastisches) und gelbes, nicht-blutbildendes Knochenmark (Fettmark).

Das Knochenmark füllt die inneren Hohlräume von Knochen aus und ist für die Bildung neuer Blutzellen verantwortlich. Sämtliche Blutzellen entstehen aus den gleichen sogenannten Stammzellen, die sich ständig selbst erneuern. Zu den Blutzellen zählen:

  • Rote Blutkörperchen (Erythrozyten): Ihre Hauptaufgabe ist der Sauerstofftransport im Blut.
  • Weiße Blutkörperchen (Leukozyten): Sie stehen im Dienst der Immunabwehr.
  • Blutplättchen (Thrombozyten): Sie sind für die Blutgerinnung zuständig.

Knochenmarkpunktion vs. Knochenmarkbiopsie

Während bei einer Knochenmarkpunktion/Knochenmarkaspiration eine dünne Nadel in das Knochenmark eingeführt wird und lediglich Flüssigkeit und Zellen herausgesaugt wird, wird bei der Knochenmarkbiopsie mittels eines Stanzzylinders eine Probe von Knochen und Knochenmark entnommen, ebenso meist aus dem hinteren Beckenkamm. Die Entnahme bei einer Knochenmarkbiopsie ist in der Regel schmerzhafter und teurer als die Punktion/Aspiration.

Im Gegensatz zur Knochenmarkpunktion wird bei der Knochenmarkbiopsie eine Hohlnadel in das Knochenmark eingeführt, gedreht und so ein zylinderförmiges Stück herausgestanzt. Diese Knochenmarkprobe wird anschließend dünn geschnitten und unter dem Mikroskop betrachtet. Somit kann der Arzt nicht nur einzelne Zellen, sondern die gesamte Gewebestruktur des Knochenmarks untersuchen.

Ablauf einer Rückenmarkbiopsie

Die Punktion erfolgt bei größeren Kindern unter örtlicher Betäubung; eventuell wird zusätzlich ein Beruhigungsmittel verabreicht (Sedierung). Bei kleineren Kindern kann unter Umständen eine kurze Narkose zweckmäßig sein. Die Untersuchung kann ambulant erfolgen und dauert meist nicht länger als 15 Minuten. Anschließend wird die Einstichstelle mit einem Pflaster verklebt und in der Regel für circa eine halbe Stunde mit einem kleinen Sandsack beschwert. So wird verhindert, dass es zu einer Nachblutung kommt. Danach kann das Kind wieder aufstehen und herumlaufen.

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Bei einer Knochenmarkbiopsie wird mit einer speziellen Stanznadel (z.B. „Jamshidi“) eine Kern- oder zylindrische Probe von Knochen und Knochenmark entnommen, bei der die dreidimensionale Struktur des Knochenmarks erhalten bleibt. In seltenen Fällen kann auch das Sternum (Brustbein) als Entnahmestelle verwendet werden, da es direkt unter der Haut liegt und leicht zugänglich ist. Allerdings wird das Sternum nur in Ausnahmefällen, beispielsweise aufgrund starken Übergewichts des Patienten und Nicht-Ertasten des Beckenkamms, für eine Knochenmarkbiopsie genutzt. Hierbei ist auf eine höhere Komplikationsrate (Verletzung des Herzbeutels und Gefäßverletzungen, Pneumothorax) hinzuweisen. Allerdings ist die Beckenkammpunktion im Vergleich zur Sternumpunktion technisch anspruchsvoller.

Die Knochenmarkbiopsie wird in Seitenlage oder, falls nötig, in Bauchlage vorgenommen. Die Hohlnadel wird am Knochen angesetzt und Druck und drehende Bewegungen durch die äußere, harte Knochenschicht in den Markraum ausgeübt. Vor der Biopsie wird ein Lokalanästhetikum in das subkutane Gewebe gespritzt, um den Entnahmebereich zu betäuben und die Schmerzen zu lindern. Der Eingriff verursacht generell mäßige Schmerzen und ein wenig Unwohlsein. Patienten berichten über ein Druckgefühl beim Einführen der Nadel.

Da die Knochenmarkbiopsie in der Regel als ambulanter Eingriff durchgeführt wird, kann der Patient am gleichen Tag nach Hause. Standardmäßig werden nach dem Eingriff noch für etwa eine Stunde Puls und Blutdruck und andere Werte überwacht (Vitalzeichenparameter). Wie bei anderen Eingriffen ist es im Falle der Verabreichung von Schmerz- oder Beruhigungsmitteln untersagt, am gleichen Tag noch Auto zu fahren oder Maschinen zu bedienen.

Wann ist eine Knochenmarkbiopsie notwendig?

Die Knochenmarkbiopsie kommt zum Einsatz, wenn beispielsweise eine Knochenmarkpunktion nicht aussagekräftig genug ist. Während bei einer Knochenmarkpunktion eine dünne Nadel in das Knochenmark eingeführt wird und lediglich Flüssigkeit und Zellen herausgesaugt werden, wird bei der Knochenmarkbiopsie mittels eines Stanzzylinders eine Probe von Knochen und Knochenmark entnommen, meist aus dem hinteren Beckenkamm.

Eine Knochenmark‎-Entnahme muss dann erfolgen, wenn die Diagnose einer Erkrankung die Untersuchung von Knochenmark erforderlich macht. Dies ist hauptsächlich bei Leukämie‎n und Lymphom‎en im Rahmen der Erst- und Verlaufsdiagnostik der Fall.

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Sie wird durchgeführt, wenn die Zellen, die für die Erkennung der hämatologischen Erkrankung untersucht werden müssen, nicht aspirabel sind (zum Beispiel bei metastasierenden Krebsarten, die sich von einem anderen Bereich aus ausbreiten).

Risiken und Komplikationen

Über die Gefahren klärt der Arzt seinen Patienten vor der Punktion im allgemeinen ausführlich auf. Es gibt Risiken, die alle Punktionen mit sich bringen können, und spezifische Nebenwirkungen, die nur bei bestimmten Punktionen auftreten.

Ganz generell besteht die Gefahr, dass durch das Einstechen der Nadel Krankheitserreger ins Körperinnere verschleppt werden und dort eine Infektion auslösen. Um das zu verhindern, müssen Ärzte bei Punktionen strenge hygienische Anforderungen beachten.

Darüber hinaus kann es passieren, dass die Punktionsnadel beim Vorschieben versehentlich Organe oder Blutgefäße verletzt. Dies gilt insbesondere, wenn das Ziel tief im Körperinneren liegt. Zu den möglichen Folgen gehören dann Blutungen und Blutergüsse, eine Bauchfellentzündung oder auch, wenn die Lunge verletzt wird, ein so genannter Pneumothorax. Um dieses Risiko zu minimieren, werden "schwierige" Punktionen heute in der Regel mittels Ultraschall oder Computertomografie kontrolliert.

Ganz allgemein gilt, dass das Risiko von Nebenwirkungen mit dem Nadeldurchmesser ansteigt. Unter einem Millimeter Durchmesser der Nadel ist das Risiko sehr gering.

Die Knochenmarkbiopsie ist im Allgemeinen ein sehr sicherer Eingriff. Komplikationen sind selten, können aber auftreten.

Spezielle Risiken

  • Kopfschmerzen nach einer Lumbalpunktion.
  • Möglichkeit einer Fehlgeburt bei einer Fruchtwasserpunktion (Risiko unter einem Prozent).

Was ist nach einer Biopsie zu beachten?

Insgesamt gelten Biopsien als wenig belastend für den Körper. Je nachdem, an welchem Organ und mit welcher Technik die Ärzte eine Biopsie durchführen, können die Dauer des Eingriffs und seine Nebenwirkungen unterschiedlich sein. Nach dem Eingriff können Blutergüsse oder leichte Blutungen auftreten, und Sie können leichte Schmerzen an der Entnahmestelle haben. Wenn die Gefahr einer Infektion besteht, können die Behandler vorbeugende Antibiotika verschreiben. Möglicherweise fühlen Sie sich nach einer Biopsie noch etwas geschwächt.

Die Knochenmarkpunktion ist ein kurzer Eingriff, der auch ambulant durchgeführt werden kann. In der Regel werden danach noch für etwa eine Stunde Puls, Blutdruck und andere Werte überwacht. Sollten Sie für die Knochenmarkpunktion ein Schmerz- oder Beruhigungsmittel erhalten haben, dürfen Sie hinterher weder Auto fahren noch Maschinen bedienen. Am Tag der Knochenmarkpunktion sollten Sie sich zudem körperlich schonen.

Auswertung der Biopsie

Im Labor bereiten Pathologen die Zell- oder Gewebeproben auf, die bei einer Biopsie entnommen wurden. Je nach Untersuchungsziel können sie die Proben konservieren, in feine Scheiben zerlegen und konservieren. Unterschiedliche Zusätze oder Farbstoffe in den jeweiligen Reaktionslösungen machen Enzyme oder Zellmerkmale sichtbar, die auf eine bestimmte Erkrankung hindeuten können.

Die aufbereiteten Proben werden dann unter dem Mikroskop feingeweblich (histologisch) untersucht. Zusätzlich können molekularbiologische Tests durchgeführt werden. Sie liefern Informationen über das entnommene Gewebe.

So kann mit relativ großer Sicherheit erkannt werden, ob die Gewebeveränderungen gutartig oder bösartig sind. Bei einer Krebserkrankung kann die entnommene Gewebeprobe auch Hinweise auf die Art des Tumors und den Entstehungsort im Körper geben. Die Untersuchung kann auch ergeben, ob es sich bei der Gewebeveränderung möglicherweise um eine Metastase handelt, die aus einem anderen Organ gestreut hat.

Die Gewebeproben können außerdem Auskunft über die biologischen Eigenschaften und die Aggressivität des Tumors geben. Diese Einordnung (Grading) des Tumors hilft, die Erfolgsaussichten der folgenden Behandlung besser einzuschätzen. Molekularbiologische Tests der Gewebeproben können zudem zeigen, durch welche Therapien der Tumor angreifbar ist.

Die Ergebnisse aller histologischen Tests sind entscheidend, um weitere Behandlungsschritte zu planen.

Dauer bis zum Ergebnis

Oft liegt einer Biopsie ein Krebsverdacht zugrunde. Die Frage, wie lange Patientinnen und Patienten auf das Ergebnis der Untersuchung warten müssen, ist für sie deshalb sehr wichtig. Natürlich will man möglichst schnell wissen, ob es sich um eine harmlose Gewebeveränderung oder möglicherweise um eine Krebserkrankung handelt. Wie lange Sie auf die endgültigen Ergebnisse einer Biopsie warten müssen, hängt davon ab, wie die genaue Auswertung der Proben erfolgt. Ihre Ärztin oder Ihr Arzt wird Ihnen mitteilen, wann Sie mit den Untersuchungsergebnissen rechnen können.

Bei Routineuntersuchungen zur Abklärung eines Krebsverdachts dauert es in der Regel zwei bis drei Tage, bis die Ergebnisse vorliegen. Zusatzuntersuchungen können ein bis zwei Wochen oder länger dauern. Die Dauer kann je nach Art des Tumors variieren. Um eine Diagnose zu stellen oder auszuschließen, können weitere mikroskopische oder molekularbiologische Untersuchungen notwendig sein. Dazu können die Proben auch an ein oder mehrere spezialisierte Referenzlabore geschickt werden.

Alternative Untersuchungsmethoden

Bei Verdacht auf ein Multiples Myelom befragen Ärztinnen und Ärzte die Betroffenen ausführlich über ihre Krankengeschichte und untersuchen sie gründlich. Außerdem werden Blut- und Urinproben der Patientinnen und Patienten an ein Labor geschickt und umfangreich untersucht.

Weitere bildgebende Verfahren sind:

  • Computertomographie (CT): Ärzte prüfen damit, in welchem Ausmaß das Multiple Myelom den Knochen aufgelöst hat. Im Bild erscheinen dann wie ausgestanzt wirkende Löcher im Skelettsystem (Osteolysen). In bestimmten Fällen kombinieren Ärzte die CT mit der sogenannten Positronenemissionstomographie (PET).
  • Magnetresonanztomographie (MRT): Noch empfindlicher als die Ganzkörper-Computertomographie (CT) ist die Ganzkörper-Magnetresonanztomographie (MRT). Eine MRT erzeugt mithilfe von starken Magnetfeldern Bilder aus dem Körperinneren.

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