Die Rückenmarkentnahme, auch Lumbalpunktion genannt, ist ein medizinisches Verfahren, bei dem eine kleine Menge Hirn- oder Rückenmarksflüssigkeit (Liquor) aus dem Wirbelkanal entnommen wird. Diese Flüssigkeit umgibt Gehirn und Rückenmark und schützt sie vor Erschütterungen. Die Untersuchung des Rückenmarks kann sowohl diagnostische als auch therapeutische Gründe haben.
Diagnostische Gründe für eine Rückenmarkentnahme
Die Lumbalpunktion dient der Entnahme von Nervenwasser zur Untersuchung im Labor. Das Nervenwasser umfließt Gehirn und Rückenmark und kann bei verschiedenen Erkrankungen Veränderungen aufweisen, die durch eine Analyse erkannt werden können. Zu den wichtigsten diagnostischen Gründen gehören:
- Infektionen des zentralen Nervensystems: Hirnhautentzündung (Meningitis) und Hirnentzündung (Enzephalitis) können durch Bakterien, Viren oder andere Erreger verursacht werden. Eine Lumbalpunktion hilft, den Erreger zu identifizieren und die geeignete Behandlung einzuleiten.
- Entzündliche Erkrankungen des Nervensystems: Rückenmarkentzündung (Myelitis) und Autoimmunerkrankungen wie Multiple Sklerose können ebenfalls durch eine Lumbalpunktion diagnostiziert werden. Die Analyse des Nervenwassers kann spezifische Entzündungsmarker aufdecken.
- Blutungen im Gehirn oder Rückenmark: Hirnblutungen können durch eine Lumbalpunktion erkannt werden, insbesondere wenn sie klein sind und in bildgebenden Verfahren nicht eindeutig sichtbar sind.
- Verdacht auf Leukämie oder andere Krebserkrankungen: Bei Verdacht auf einen Befall des Nervensystems durch Krebszellen kann eine Lumbalpunktion durchgeführt werden, um entartete Zellen im Nervenwasser nachzuweisen.
- Demenzerkrankungen: In einigen Fällen kann eine Lumbalpunktion zur Abklärung von Demenzerkrankungen beitragen, indem bestimmte Biomarker im Nervenwasser analysiert werden.
Die Veränderungen im peripheren Blutbild weisen wohl auf das Vorliegen einer chronisch-myeloischen Leukämie hin, können aber auch bei anderen Bluterkrankungen vorhanden sein. Aus diesem Grund muss man zur Bestätigung der Erkrankung eine Knochenmarks-Untersuchung durchführen. Hier gibt es bestimmte Veränderungen, die beschrieben werden müssen. Letztlich wird die Diagnose der Erkrankung aber durch das Vorhandensein des Philadelphia Chromosoms bzw.
Therapeutische Gründe für eine Rückenmarkentnahme
Neben der Diagnostik kann die Lumbalpunktion auch therapeutisch eingesetzt werden:
- Verabreichung von Medikamenten: Durch die bei der Lumbalpunktion gesetzte Nadel können Medikamente wie Antibiotika, Krebsmedikamente oder Betäubungsmittel direkt in den Wirbelkanal gespritzt werden. Dies ermöglicht eine gezielte Behandlung von Erkrankungen des Nervensystems, da die Wirkstoffe ohne Umweg über die Blutbahn direkt ins Nervensystem gelangen.
Ablauf einer Rückenmarkentnahme
Vor einer Lumbalpunktion wird die Ärztin oder der Arzt prüfen, ob die Blutgerinnung normal ist, um Blutungen vorzubeugen. Die Untersuchung findet meist in einer Klinik statt, wird aber auch in einigen neurologischen Praxen ambulant durchgeführt.
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- Vorbereitung: Die Patientin oder der Patient sitzt oder liegt seitlich mit stark gebeugtem Rücken, um die Wirbel möglichst weit auseinanderzuziehen. Die Haut an der Einstichstelle wird desinfiziert und örtlich betäubt.
- Punktion: Die Ärztin oder der Arzt führt eine feine Hohlnadel im unteren Bereich der Lendenwirbelsäule ein, meist zwischen dem 3. und 4. oder 4. und 5. Lendenwirbel. Die Nadel wird etwa 3 bis 4 Zentimeter tief vorgeschoben, bis sie den Raum mit dem Nervenwasser erreicht.
- Entnahme: Das Nervenwasser tropft von selbst durch die Hohlnadel in ein Röhrchen. Meistens werden 10 bis 15 Milliliter Nervenwasser entnommen.
- Abschluss: Die Nadel wird vorsichtig herausgezogen und die Einstichstelle mit etwas Druck verbunden, damit sich die Wunde schnell wieder schließt.
Insgesamt dauert eine Punktion etwa eine Viertelstunde. Nach der Entnahme sollte die Patientin oder der Patient für mindestens eine Stunde liegen, sich ungefähr 24 Stunden schonen und viel trinken. Einige Stunden später kontrolliert die Ärztin oder der Arzt die Einstichstelle und die Beweglichkeit der Beine, um einen Bluterguss im Wirbelkanal auszuschließen. Normalerweise bleibt man bei einer Lumbalpunktion mindestens 1 Stunde, meist aber bis zu 4 Stunden in der Klinik oder Praxis.
Untersuchung des Nervenwassers
Das entnommene Nervenwasser wird im Labor auf verschiedene Parameter untersucht:
- Farbe und Aussehen: Normalerweise ist das Nervenwasser klar wie Wasser. Eine trübe oder blutige Färbung kann auf eine Entzündung oder Blutung hinweisen.
- Zellzahl: Eine erhöhte Zellzahl kann ein Zeichen für eine Infektion oder Entzündung sein.
- Eiweißgehalt: Ein erhöhter Eiweißgehalt kann auf eine Schädigung des Nervensystems hindeuten.
- Glukose- und Laktatwerte: Veränderungen dieser Werte können auf eine Infektion oder andere Stoffwechselstörungen hinweisen.
- Spezifische Antikörper: Der Nachweis von spezifischen Antikörpern kann bei der Diagnose von Autoimmunerkrankungen hilfreich sein.
- Erreger: Bei Verdacht auf eine Infektion werden spezielle Tests durchgeführt, um den Erreger zu identifizieren.
Risiken und Komplikationen einer Rückenmarkentnahme
Die Lumbalpunktion ist ein risikoarmer Eingriff. Da das Rückenmark im unteren Bereich der Lendenwirbelsäule bereits endet, besteht keine Gefahr einer Verletzung des Rückenmarks. Für kurze Zeit können Schmerzen auftreten: beim Einstich und falls die Nadel tiefer im Gewebe eine Nervenwurzel berührt. Dann strahlt der Schmerz in ein Bein aus, klingt aber sofort wieder ab.
Einige Stunden oder auch Tage nach der Punktion kann es zu Kopfschmerzen, Übelkeit, einem hohen Puls oder niedrigem Blutdruck kommen. Medizinisch wird dies als „postpunktuelles Syndrom“ zusammengefasst. Diese Nachwirkungen klingen aber in der Regel nach etwa fünf Tagen ab. In sehr seltenen Fällen kann es zu Blutungen oder Infektionen an der Punktionsstelle oder an den Hirnhäuten kommen.
Abgrenzung zur Knochenmarkpunktion
Die Knochenmarkpunktion ist eine Untersuchung, die an einer hämatologischen Ambulanz sehr häufig durchgeführt wird. Das Knochenmark wird normalerweise aus dem Beckenknochen gewonnen. Man sucht sich eine bestimmte Stelle, die lokal betäubt wird. Diese Stelle wird dann mit einer Punktionsnadel punktiert. Und dann wird aus dem Knochenmarksraum Knochenmark aspiriert. Nach einer Knochenmarkspunktion ist es erforderlich, noch etwa 15 bis 20 Minuten auf einem Sandsack zu liegen, um eine Nachblutung zu verhindern. Man sollte am Tag der Punktion nicht duschen. Bei der chronisch-myeloischen Leukämie muss prinzipiell bei der Diagnosestellung Knochenmark entnommen werden. Im weiteren Verlauf kann es zu unterschiedlichen Zeitpunkten erforderlich sein, die Knochenmarkspunktion zu wiederholen.
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Im Gegensatz zur Lumbalpunktion, bei der Nervenwasser entnommen wird, wird bei der Knochenmarkpunktion eine Gewebeprobe aus dem Knochenmark entnommen. Die Knochenmarkpunktion dient der Diagnose von Erkrankungen des Blutes und des blutbildenden Systems.
Bei einer Knochenmarkbiopsie wird mit einer Stanznadel ein intaktes Knochenmarkstück gewonnen und anschließend im Labor zur Beurteilung der Blutbildung untersucht. Dabei können Erkrankungen des Knochenmarks und des blutbildenden Systems diagnostiziert werden, wie z.B. Leukämien oder Knochenmarkkarzinosen.
Während bei einer Knochenmarkpunktion/ Knochenmarkaspiration eine dünne Nadel in das Knochenmark eingeführt wird und lediglich Flüssigkeit und Zellen heraus gesaugt wird, wird bei der Knochenmarkbiopsie mittels eines Stanzzylinders eine Probe von Knochen und Knochenmark entnommen, ebenso meist aus dem hinteren Beckenkam. die Zellen, die für die Erkennung der hämatologischen Erkrankung untersucht werden müssen, nicht aspirabel sind (zum Beispiel: M. metastasierende Krebsarten, die sich von einem anderen Bereich (z.B.
Die Entnahme bei einer Knochenmarkbiopsie ist in der Regel schmerzhafter und teurer als die Punktion/Aspiration.
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