Synapsen sind essenzielle Verbindungsstellen im Nervensystem, die die Kommunikation zwischen Nervenzellen und anderen Zellen ermöglichen. Sie wandeln elektrische Signale in chemische um und übertragen diese Information an die nächste Zelle. Unser Nervensystem besteht aus etwa 100 Milliarden Nervenzellen, die untereinander vernetzt sind und dadurch zu komplexen Rechenleistungen in der Lage sind.
Was ist eine Synapse?
Eine Synapse (griechisch: syn-: zusammen, haptein: fassen, berühren) ist die Verbindungsstelle zwischen zwei Nervenzellen oder zwischen einer Nervenzelle und einer anderen Zelle, wie z.B. einer Muskel- oder Drüsenzelle. Sie ermöglichen die Reizweiterleitung von einem Neuron zum nächsten, wobei eine Umwandlung von elektrischer in chemische Information erfolgt. Die Synapse bildet das Verbindungsstück, über das eine Nervenzelle mit anderen Zellen in Kontakt steht. Ein typisches Beispiel ist die neuromuskuläre Synapse an der motorischen Endplatte des Axons, die das Axon eines Muskelneurons mit einer Muskelfaser verbindet.
Arten von Synapsen
Synapsen lassen sich grundsätzlich in zwei Typen unterteilen:
- Chemische Synapsen: Bei dieser Form der Synapse erfolgt die Übertragung der Erregung durch Neurotransmitter, chemische Botenstoffe. Die Erregungsweiterleitung kann nur in eine Richtung erfolgen. Chemische Synapsen sind bei Säugetieren vorherrschend.
- Elektrische Synapsen: Hier erfolgt die Übertragung der Erregung an zwei eng aneinanderliegenden Membranen über spezielle Ionenkanäle, sogenannte Konnexone. Es findet ein direkter Austausch von Ladungsträgern statt, der zur Erzeugung eines Aktionspotentials führt. Die Erregungsweiterleitung kann in beide Richtungen erfolgen. Diese Synapsen finden sich dort, wo eine besonders rasche Reizübertragung notwendig ist.
Aufbau einer chemischen Synapse
Eine chemische Synapse besteht im Wesentlichen aus drei Komponenten:
- Präsynaptische Membran: Sie befindet sich am synaptischen Endknöpfchen, dem Axonende einer Nervenzelle. Dieses Endknöpfchen enthält Neurotransmitter-gefüllte Vesikel (synaptische Bläschen), Ca2+-Kanäle und Ionenpumpen.
- Synaptischer Spalt: Dies ist der Raum zwischen der präsynaptischen Membran des Axonendes und der postsynaptischen Membran des Folgedendriten. Im synaptischen Spalt befinden sich Enzyme, die für den Abbau der Neurotransmitter zuständig sind.
- Postsynaptische Membran: Sie gehört zum Dendriten der nachfolgenden Nervenzelle. In der Membran befinden sich Rezeptoren, an die die Neurotransmitter binden können.
Funktion einer chemischen Synapse
Die Funktionsweise einer chemischen Synapse lässt sich am Beispiel einer neuromuskulären Synapse (Verbindung von Nervenzelle und Muskelzelle an der motorischen Endplatte) verdeutlichen:
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- Aktionspotential erreicht die Terminale: Sobald ein Aktionspotential die Terminale erreicht, öffnen sich spannungsabhängige Ca2+-Ionenkanäle.
- Ca2+-Einstrom: Es folgt ein starker Einstrom von Ca2+-Ionen in das Endknöpfchen.
- Vesikelwanderung und -verschmelzung: Angeregt durch die Ca2+-Ionen-Konzentration wandern die synaptischen Vesikel zur präsynaptischen Membran und verschmelzen mit ihr.
- Transmitterfreisetzung: Die Neurotransmitter werden in den synaptischen Spalt freigesetzt.
- Diffusion und Rezeptorbindung: Die freigesetzten Transmitter diffundieren durch den synaptischen Spalt und binden reversibel an die für sie passenden rezeptorabhängigen Ionenkanäle.
- Konformationsänderung und Ionenkanalöffnung: Die Bindung bewirkt eine Konformationsänderung und damit eine Öffnung der rezeptorabhängigen Ionenkanäle.
- Ionenstrom und Depolarisation: Durch die geöffneten Ionenkanäle findet ein starker Einstrom von Na+-Ionen in die Zelle und ein schwacher Ausstrom von K+-Ionen aus der Zelle statt. Dies führt zu einer Depolarisation der Membran, dem sogenannten Endplattenpotential (EPP) oder postsynaptischen Signal (PSP).
- Erregungsweiterleitung: Das EPP breitet sich elektrisch (durch Ionenwanderung) entlang der Membran aus. Erreicht es eine Stelle, die nicht mehr direkt unter der Terminale liegt, und überschreitet dort die Reizschwelle von -60mV, wird ein Muskelaktionspotential ausgelöst. Der Muskel kontrahiert.
- Transmitterabbau und -recycling: Der Transmitter (z.B. Acetylcholin) löst sich von den Ionenkanälen und wird an der Acetylcholinesterase in Acetat und Cholin abgebaut, um eine sofortige Neubesetzung des Rezeptors zu verhindern. Die Spaltprodukte werden wieder ins Endknöpfchen aufgenommen und dort neu zu Acetylcholin synthetisiert. Die Synapse ist jetzt voll regeneriert und kann erneut erregt werden.
Chemisch-interneuronale Synapsen
Es gibt zwei Arten von chemisch-interneuronalen Synapsen:
- Erregende Synapsen: Diese verstärken die Depolarisation am anbindenden Neuron. Als Transmitter kommen Acetylcholin, Dopamin, Serotonin u.a. in Frage. Die Funktion der Synapse ist analog zu der normalen chemischen Synapse. Die Transmitter öffnen die Ionenkanäle in der postsynaptischen Membran. Darauf folgt die Depolarisation und ein erregendes postsynaptisches Potenzial (EPSP).
- Hemmende Synapsen: Diese vermindern die Depolarisation (= Hyperpolarisation) am anbindenden Neuron. Ein Beispiel für einen Transmitter wäre die γ-Aminobuttersäure (GABA). Im Gegensatz zur normalen Synapse werden bei der hemmenden Synapse K+- bzw. Cl--Kanäle geöffnet. Die darauf folgende Hyperpolarisation führt zu einem inhibitorischen postsynaptischen Potenzial (IPSP).
Die Erregung eines Neurons ergibt sich aus der Summe der verschiedenen Signale, die das Neuron erhält, also alle EPSPs verrechnet mit allen IPSPs (= Synaptische Integration).
Summation
Nicht jedes Endplattenpotential, egal ob von einer erregenden oder hemmenden Synapse stammend, führt zu einer Reizüberschreitung in der postsynaptischen Membran. Oft sind mehrere Aktionspotentiale (AP) nötig, um tatsächlich zu einer Muskelkontraktion zu führen oder diese zu unterbinden.
Es gibt zwei Arten von Summation, die an einem Soma auftreten können:
- Zeitliche Summation: Innerhalb kürzester Zeit laufen APs am selben Dendrit in das Soma einer Synapse ein.
- Räumliche Summation: An einem Neuron laufen gleichzeitig mehrere APs von verschiedenen Dendriten in das Soma einer Nervenzelle ein.
Beide Arten von Summation führen zu graduierten PSPs.
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Synaptische Vesikel: Mehr als nur "Konservendosen"
Die synaptischen Vesikel sind keineswegs nur eine Art membranumhüllte „Konservendose“ zur Speicherung der Botenstoffe. In ihrer Membran befindet sich eine ganze Reihe von Proteinen, die sich seit Millionen von Jahren durch die Evolution kaum verändert haben. Eine Gruppe dieser Proteine, die Neurotransmitter-Transporter, ist dafür verantwortlich, die Botenstoffe aus dem Zellplasma in die Vesikel hineinzupumpen und dort anzureichern. Dazu ist viel Energie erforderlich. Diese wird von einem weiteren Proteinmolekül bereitgestellt, einer Protonen-ATPase (V-ATPase), die unter Verbrauch von Adenosintriphosphat (ATP) Protonen in die Vesikel hineinpumpt. Neben diesen für das „Auftanken“ erforderlichen Proteinen enthalten die Membranen synaptischer Vesikel weitere Komponenten, die dafür sorgen, dass die Vesikel mit der Plasmamembran verschmelzen können (darunter das SNARE-Protein Synaptobrevin und den Calcium-Sensor Synaptotagmin) und nach der Membranfusion wieder in das Nervenende zurücktransportiert werden. Die synaptischen Vesikel werden anschließend im Nervenende über einige Zwischenschritte wieder recycelt und neu mit Botenstoffen befüllt.
Bedeutung der Synapsenforschung
Die Funktionsweise der synaptischen Vesikel auf molekularer Ebene zu verstehen, ist eine aufwendige Arbeit. Forschungen haben gezeigt, dass ein biologisches Transportvesikel in seiner Struktur viel stärker durch Proteine bestimmt wird als zuvor angenommen.
Ein zweiter Schwerpunkt der Forschung besteht darin, die Proteinmaschine, die die Membranfusion bewerkstelligt, in ihren funktionellen Details zu verstehen. Für die Fusion selber sind SNARE-Proteine verantwortlich - kleine Proteinmoleküle, die in der Plasmamembran wie in der Vesikelmembran sitzen. Kommen die Membranen nahe aneinander, lagern sich die dieser Proteine aneinander, wobei sie sich in Richtung der Membran wie Taue miteinander verdrillen. Bei dieser Zusammenlagerung wird Energie freigesetzt, die für das Verschmelzen der Membranen benutzt wird.
Um zu verstehen, wie diese Zusammenlagerung die Verschmelzung der Membranen bewirkt, wurden die SNARE-Proteine in künstliche Membranen eingebaut, an denen man die Fusion mit hochauflösenden Methoden, darunter der Kryo-Elektronenmikroskopie, untersuchen konnte. Dabei wurden erstmalig Zwischenstufen der Fusionsreaktion identifiziert. Fortschritte sind ebenfalls bei der Frage erzielt worden, wie die einströmenden Calcium-Ionen die Fusionsmaschine aktivieren.
Trotz großer Fortschritte sind die komplexen molekularen Prozesse immer noch nicht vollständig verstanden: Umso erstaunlicher ist es, wie reibungslos Nervenzellen miteinander kommunizieren, wie effektiv die Fusionsmaschinerie in der Synapse funktioniert, bei jeder unserer Bewegungen, in unserem Fühlen und Denken. Deshalb forschen Wissenschaftler auf der ganzen Welt weiterhin daran, diese Prozesse noch besser zu verstehen.
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Synapsenbildung und axonaler Transport
Synapsen stellen Kontaktstellen zwischen axonalen Nervenendigungen (die Präsynapse) und postsynaptischen Neuronen dar. An diesen Synapsen wird das elektrische Signal in chemische Botenstoffe umgewandelt, die dann von den Postsynapsen anderer Nervenzellen empfangen werden. Neben der Übertragung von Erregung können Synapsen auch Informationen speichern.
Um die Entstehung von Präsynapsen von Anfang an nachverfolgen zu können, haben Forschende in humanen Stammzellen per Genschere CRISPR ein leuchtendes Protein eingebaut und aus den so modifizierten Stammzellen Nervenzellen generiert.
Synaptische Vesikel sind jene Membranbläschen, welche die Botenstoffe enthalten und die jede Synapse auf Vorrat anlegt, damit sie elektrische Signale in chemische umwandeln kann.
Für den axonalen Transport wird eine Maschinerie aus Motorproteinen angeworfen. Der Haupttreiber ist demnach das sogenannte Kinesin „KIF1A“. Dieses Motorprotein ist vor allem im Zusammenhang mit neurologischen Störungen im peripheren Nervensystem und im Gehirn bekannt.
Die zellbiologische Identität des eigentlichen Transportmittels ist bemerkenswert: Während die allermeisten sekretorischen Vesikel aus dem sogenannten Golgi-Apparat stammen, haben diese axonalen Transportvesikel keine Golgi-Markierung, sondern teilen sich Markierungen mit dem endolysosomalen System, das in anderen Zellen den Abbau von defekten Proteinen bewirkt.
Klinische Bedeutung
Störungen der synaptischen Funktion können zu einer Vielzahl neurologischer und psychiatrischer Erkrankungen führen:
- Myasthenia gravis: Autoimmunerkrankung, die durch eine Produktion von Autoantikörpern gegen Acetylcholinrezeptoren auf der postsynaptischen Membran gekennzeichnet ist. Wenn die Rezeptoren blockiert sind, wird die Muskelkontraktion gehemmt. Betroffene berichten von Erschöpfung und Müdigkeit am Ende des Tages.
- Parkinson-Krankheit: Neurodegenerative Erkrankung, bei der die Produktion von Dopamin durch Zerstörung der produzierenden Zellen in der Substantia nigra vermindert ist.
- Tetanus: Das Tetanustoxin verhindert die Freisetzung des hemmenden Neurotransmitters GABA, was zu einer gesteigerten Muskelphysiologie der Skelettmuskulatur führt, die sich durch Krämpfe zeigt. Besonders betroffen ist die Kiefermuskulatur, wodurch das klassische Zeichen der Kieferklemme entsteht. Im Verlauf wird zudem die Atemmuskulatur gelähmt.
- Botulismus: Das Botulinumtoxin, produziert von Clostridien, gehört zu den giftigsten bekannten Proteinen. Es verhindert die Freisetzung von Acetylcholin, einem stimulierenden Neurotransmitter, indem es an die synaptischen Vesikelproteine und Ganglioside bindet.
- Autismus-Spektrum-Störung: Neurologische Entwicklungsstörung, die durch reduzierte soziale Fähigkeiten, eingeschränkte Interessen und soziale Interaktionen sowie sich wiederholende und stereotype Verhaltensweisen gekennzeichnet ist.
- Chorea Huntington: Progressive neurodegenerative Erkrankung mit autosomal-dominanter Vererbung, verursacht durch vervielfältigte CAG-Triplett-Wiederholungen im Huntingtin-Gen (HTT). Zum klinischen Erscheinungsbild im Erwachsenenalter gehören eine Bewegungsstörung, die als Chorea bezeichnet wird, mit abrupten, unwillkürlichen Bewegungen des Gesichts, des Rumpfes und der Extremitäten.
- Schizophrenie: Schwere chronische psychische Störung, gekennzeichnet durch psychotische Symptome, desorganisiertes Sprechen oder Verhalten, Affektverflachung, Avolition, Anhedonie, verminderte Aufmerksamkeitsfähigkeit und Alogie.
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