Schlafmittel bei Epilepsie: Wirkung, Anwendung und Risiken

Epilepsie ist eine neurologische Erkrankung, die durch wiederholte Anfälle gekennzeichnet ist. Diese Anfälle entstehen durch übermäßige Aktivität von Nervenzellen im Gehirn. Obwohl Epilepsie nicht heilbar ist, können Medikamente, sogenannte Antiepileptika, helfen, die Anfallshäufigkeit zu reduzieren oder Anfälle ganz zu verhindern. Es gibt über 20 verschiedene Wirkstoffe, die zur Behandlung von Epilepsie zugelassen sind. Die Wahl des geeigneten Medikaments hängt von der Art der Epilepsie, der Wirksamkeit und den möglichen Nebenwirkungen ab.

Antiepileptika und ihre Wirkungsweise

Antiepileptika wirken, indem sie die übermäßige Aktivität der Nervenzellen im Gehirn hemmen. Einige Medikamente stabilisieren die Nervenzellen, sodass sie nicht zu schnell entladen werden. Andere verstärken die Wirkung von hemmenden Botenstoffen wie GABA (Gamma-Aminobuttersäure). GABA ist der wichtigste hemmende Neurotransmitter des Nervensystems und kann durch Bindung an seinen Rezeptor eine Unterbrechung der Erregungsleitung hervorrufen.

Ein bekanntes Antiepileptikum ist Phenobarbital. Es wird bei verschiedenen Formen der Epilepsie eingesetzt, darunter Grand-mal-Anfälle und Impulsiv-Petit-mal-Anfälle. Phenobarbital gehört zur Gruppe der Barbiturate und wirkt, indem es die postsynaptische Wirkung von GABA verstärkt. Es interagiert mit Alpha- und Beta-Untereinheiten des GABA-A-Rezeptors und verlängert die Dauer der durch GABA bewirkten Öffnung des Kanals.

Phenobarbital: Dosierung, Nebenwirkungen und Risiken

Die übliche Dosierung von Phenobarbital zur Epilepsiebehandlung beträgt für Erwachsene je nach Bedarf 1 bis 3 mg pro Kilogramm Körpergewicht. Es ist wichtig, die Dosierung genau einzuhalten und das Medikament regelmäßig einzunehmen.

Zu den häufigsten Nebenwirkungen von Phenobarbital gehören:

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  • Verwirrtheitszustände
  • Kognitive Störungen
  • Kopfschmerzen
  • Schwindel
  • Koordinationsstörungen (Ataxie)
  • Nachlassende Reaktionsfähigkeit
  • Paradoxe Erregungszustände

Es ist zu beachten, dass Phenobarbital ein starkes Suchtpotenzial hat und ein vergleichsweise großes Risiko für Überdosierungen besteht. Daher ist eine sorgfältige Überwachung durch einen Arzt unerlässlich.

Phenobarbital kann auch die Wirkung anderer Medikamente beeinflussen. Beispielsweise kann es die Wirkung von Valproinsäure verstärken und teilweise deren Nebenwirkungen verstärken. Phenytoin kann die Plasmakonzentration von Phenobarbital erhöhen.

Phenobarbital während der Schwangerschaft und Stillzeit

Phenobarbital darf während der Schwangerschaft nur nach sorgfältiger Nutzen-Risiko-Abwägung angewendet werden. Falls Phenobarbital unverzichtbar ist, sollte während der gesamten Schwangerschaft die niedrigste anfallskontrollierende Dosis verwendet werden. Die Serumkonzentration sollte während der Schwangerschaft, besonders aber bis zum 40. Tag, im unteren therapeutischen Bereich liegen.

Unter einer Therapie mit Phenobarbital kann es zu Folsäuremangel kommen, der zu Fehlbildungen, insbesondere Neuralrohrdefekten, führen kann. Bei intrauterin-exponierten Neugeborenen wurden vermehrt Vitamin K-abhängige Gerinnungsstörungen beobachtet. Darüber hinaus kann es bei Neugeborenen der mit Phenobarbital behandelten Mütter zu Entzugserscheinungen kommen.

Phenobarbital geht in die Muttermilch über. Frauen, die mit hohen Dosen Phenobarbital behandelt werden, sollten nicht stillen. Beim gestillten Neugeborenen kann während der ersten Lebenswoche die Serumkonzentration freien Phenobarbitals über der der Mutter liegen. Daher sind gestillte Säuglinge sorgfältig auf Zeichen einer Sedierung zu überwachen.

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Schlafstörungen bei Epilepsie

Schlafstörungen sind bei Menschen mit Epilepsie häufig. Chronische Schlaffragmentierung kann einen Teufelskreis aus Schlaffragmentierung, Arousalinduktion und Schlafmangel anstoßen, der zu einer Verschlechterung der Anfallssituation führen kann. Somnologische Erkrankungen wie obstruktive Schlafapnoe, Restless-legs-Syndrom oder Insomnie können bei Epilepsiepatienten zu einer Verschlechterung der Anfallssituation führen.

Einige Antiepileptika können als unerwünschte Nebenwirkung zu Schlafstörungen führen. Dies kann der Fall sein bei abends verabreichten Medikamenten mit vigilanzsteigerndem Potenzial oder bei Verfahren zur epileptologischen Neurostimulation wie der tiefen Hirnstimulation (DBS) und der Vagusnervstimulation (VNS).

Schlafmittel bei Epilepsie: Was ist zu beachten?

Die Behandlung von Schlafstörungen bei Epilepsiepatienten erfordert eine sorgfältige Abwägung der Risiken und Vorteile. Einige Schlafmittel können die Anfallsschwelle senken und somit das Risiko von Anfällen erhöhen. Daher ist es wichtig, vor der Einnahme von Schlafmitteln einen Arzt zu konsultieren.

Einige Schlafmittel, die bei Epilepsiepatienten in Betracht gezogen werden können, sind:

  • Melatonin: Melatonin ist ein Hormon, das den Schlaf-Wach-Rhythmus reguliert. Einige Studien deuten darauf hin, dass Melatonin bei einigen Epilepsiepatienten die Anfallshäufigkeit senken kann. Die eingeschlossenen Studien lieferten nur wenig verwertbare Information. Nur zwei Studien berichteten die exakte Anzahl der Anfälle; hier kam es zu keiner Veränderung der Anfallshäufigkeit. Zwei Studien erhoben Daten zu Nebenwirkungen. Bei einem Kind, dass Melatonin nahm, wurde eine Verschlechterung von Kopfschmerzen beobachtet. In einer Studie wurde die Lebensqualität erhoben, die jedoch mit zusätzlicher Melatonineinnahme nicht signifikant verbessert wurde. Aufgrund methodischer Schwächen der Studien, ist auch die Qualität der Evidenz gering.
  • Doxylamin: Doxylamin ist ein Antihistaminikum, das schlaffördernd wirkt. Es ist rezeptfrei erhältlich und kann bei kurzzeitigen Schlafstörungen eingesetzt werden. Doxylamin kann jedoch das Reaktionsvermögen beeinträchtigen und sollte nicht mit Alkohol oder anderen zentral dämpfenden Wirkstoffen kombiniert werden.
  • Clonazepam: Clonazepam ist ein Benzodiazepin, das krampflösende, angstlösende und schlaffördernde Wirkungen hat. Es ist in Deutschland nur zur Behandlung von Epilepsie zugelassen, kann aber in anderen Ländern auch zur Behandlung von Angststörungen und Schlafstörungen eingesetzt werden. Clonazepam kann abhängig machen und sollte nicht über einen längeren Zeitraum eingenommen werden.

Es ist wichtig zu beachten, dass die Informationen in diesem Artikel nicht als Ersatz für eine professionelle medizinische Beratung dienen. Wenn Sie an Epilepsie leiden und Schlafstörungen haben, sollten Sie sich an einen Arzt wenden, um eine geeignete Behandlung zu finden.

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Tiefe Hirnstimulation (DBS) und Vagusnervstimulation (VNS) und Schlaf

Die tiefe Hirnstimulation (DBS) und die Vagusnervstimulation (VNS) sind zwei Verfahren zur epileptologischen Neurostimulation, die bei Patienten mit therapieschwieriger Epilepsie eingesetzt werden können. Allerdings können beide Verfahren schlafstörende Effekte haben.

  • Tiefe Hirnstimulation (DBS): Die Stimulation des anterioren Thalamus (ANT) durch DBS kann die Schlafarchitektur und die Schlafmikrostruktur beeinflussen. Studien haben gezeigt, dass eine zyklische ANT-DBS zu paroxysmalen Unterbrechungen des Tiefschlafs (Arousals) führen kann. Eine Reduktion der nächtlichen Therapiespannung kann die intermittierende Schlafstörung reduzieren und konsekutiv auch die affektiven und mnestischen Störungen verbessern.
  • Vagusnervstimulation (VNS): Die VNS kann sowohl positive als auch negative Auswirkungen auf den Schlaf haben. Einige Studien haben gezeigt, dass VNS bei Kindern einen positiven Effekt auf objektive Schlafparameter haben kann. Andere Studien haben jedoch gezeigt, dass VNS schlafbezogene Atemstörungen induzieren kann.

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