Schlaganfall bei Kleinkindern: Ursachen, Symptome und Behandlung

Ein Schlaganfall ist eine Durchblutungsstörung des Gehirns, die nicht nur Erwachsene, sondern auch Kinder, Neugeborene und sogar Ungeborene betreffen kann. In Deutschland erleiden jährlich etwa 300 bis 500 Kinder und Jugendliche zwischen dem 29. Lebenstag und dem 18. Lebensjahr einen Schlaganfall. Die Dunkelziffer dürfte jedoch höher liegen, da die Diagnose bei Kindern oft schwierig ist und die Symptomatik nicht immer eindeutig auf einen Schlaganfall hinweist.

Ursachen von Schlaganfällen bei Kindern

Die Ursachen für Schlaganfälle im Kindesalter sind vielfältiger und komplexer als bei Erwachsenen. Während bei Erwachsenen oft der Lebenswandel eine Rolle spielt, kommen bei Kindern mehrere Faktoren zusammen, damit es zu einem Schlaganfall kommt. Die klassischen Risikofaktoren wie Bluthochdruck, Übergewicht oder erhöhte Blutfette spielen bei Kindern praktisch keine Rolle.

Bei intensiven Bemühungen kann in über 50 % der Fälle eine oder sogar mehrere Ursachen für den Schlaganfall identifiziert werden. Dies ist wichtig für die weitere Therapie und die Vorhersage von Rückfallwahrscheinlichkeiten.

Zu den wichtigsten Ursachengruppen gehören:

  • Arteriopathien: Erkrankungen der Hirngefäße, die vermutlich eine herausragende Rolle bei kindlichen Schlaganfällen spielen. Es wird vermutet, dass Arteriopathien etwa 50 % aller kindlichen Schlaganfälle zugrunde liegen. Das Rückfallrisiko scheint in dieser Patientengruppe besonders hoch zu sein. Die Bildgebung (MR-Angiographie, konventionelle Angiographie, CT-Angiographie, neuere MRT-Methoden wie ASL, CVR) spielt eine herausragende Rolle bei der Diagnose.
  • Infektionen: Einige häufigere Infektionen wie Windpocken oder Meningitis können mit kindlichen Schlaganfällen assoziiert sein. Oftmals finden sich dann Arteriopathien als wahrscheinliche Ursache der Gefäßverschlüsse.
  • Kardiogener Schlaganfall: Kindliche Herzfehler und Herzerkrankungen stellen einen wichtigen Risikofaktor dar. Etwa ein Drittel aller kindlichen Schlaganfälle sind "kardiogen". Insbesondere "embolische" Schlaganfälle spielen hier eine Rolle, bei denen Blutgerinnsel aufgrund der Herzerkrankungen oder diagnostischer bzw. therapeutischer Prozeduren in Hirngefäße gelangen und diese verschließen. Zu nennen sind neben der Herzchirurgie als Risikofaktor allgemein, der Herzkatheter, die sogenannte ECMO (extracorporeal membrane oxygenation) und die "ventricular assist device" (VAD).
  • Thrombophilie: Angeborene oder erworbene Neigungen zu Thrombosen werden bei bis zu 50 % der Kinderschlaganfälle gefunden. Allerdings ist die Bedeutung der gefundenen Thrombophilien weiterhin unklar. Wahrscheinlich kommen nur seltene bzw. sehr gravierende Formen von Thrombophilien als alleinige Ursache in Frage. Sie stellen jedoch einen Risikofaktor für Rückfälle dar und sind daher wichtig für langfristige Therapieentscheidungen.
  • Genetische Risikofaktoren: Bestimmte genetische Syndrome (z.B. Neurofibromatosis Typ 1, PHACES, Alagille, Down-Syndrom, Williams-Syndrom, Moyamoya) sind mit Schlaganfällen assoziiert. Zudem sind einige Gendefekte gefunden worden, die zu Schlaganfällen prädisponieren (COL4A1, ACTA2, RNF213 bei Moyamoya). Zusätzlich gibt es einige Stoffwechselkrankheiten, bei denen ein erhöhtes Risiko für Schlaganfälle besteht, insbesondere die Homocystinurie und bestimmte Mitochondriopathien.
  • Neonataler Schlaganfall: Bei Neugeborenen kann eine komplizierte Geburt (z.B. Zangengeburt) oder Frühgeburtlichkeit die Ursache sein, da die Gefäße bei Frühgeborenen sehr fragil sind. Schlaganfälle bei Neugeborenen treten bei ca. 1 auf 2500-4000 Neugeborenen auf.

Symptome von Schlaganfällen bei Kindern

Die Symptomatik des kindlichen Schlaganfalls ist abhängig vom Alter des betroffenen Kindes und der Lokalisation der Hirnschädigung. Leider ist die Symptomatik nicht selten so unspezifisch, dass nicht unmittelbar an einen kindlichen Schlaganfall gedacht wird.

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Mögliche Symptome sind:

  • Plötzlich auftretende Störung des Bewegungsablaufes (z.B. Nachziehen eines Beines beim Gehen)
  • Unerklärliche Sprachstörung
  • Halbseitenlähmung
  • Gesichtslähmung
  • Starke Kopfschmerzen (ähnlich einer schweren Migräne)
  • Sehstörungen
  • Epileptische Anfälle
  • Unsicherheit beim Gehen oder Stehen
  • Schwierigkeiten beim Schlucken
  • Verhaltensänderungen
  • Bewusstseinsstörungen

Es ist wichtig zu berücksichtigen, dass die Hirnreifung bei Kindern noch nicht abgeschlossen ist. Durch einen Schlaganfall verursachte Schäden am Gehirn können deshalb manchmal erst Monate oder Jahre später in Erscheinung treten, was die Diagnose erschwert.

Diagnose von Schlaganfällen bei Kindern

Bei Verdacht auf einen Schlaganfall sollte umgehend ein Arzt aufgesucht werden. Die Diagnose umfasst in der Regel:

  • Klinische Untersuchung: Beurteilung der neurologischen Funktionen des Kindes
  • Bildgebung: MRT (Magnetresonanztomographie) ist die Methode der Wahl, um einen Schlaganfall zu diagnostizieren und seine Ursache zu erkennen. In Notfallsituationen kann auch eine CT (Computertomographie) durchgeführt werden. In besonderen Fällen kann weitergehende spezielle bildgebende Diagnostik notwendig sein (konventionelle Angiographie, spezielle MRT-Methoden wie "vessel wall imaging", etc.).
  • Weitere Untersuchungen: Je nach vermuteter Ursache können weitere Untersuchungen erforderlich sein, z.B. Blutuntersuchungen zur Abklärung von Gerinnungsstörungen, Herzuntersuchungen (z.B. Echokardiographie) oder genetische Untersuchungen.

Es ist wichtig, sogenannte "stroke mimics" auszuschließen, also Krankheitsbilder oder Zustände, die durch die klinische Präsentation zwar dem Schlaganfall ähnlich sind, aber letztlich ganz andere Ursachen haben.

Behandlung von Schlaganfällen bei Kindern

Die Behandlung von Schlaganfällen im Kindesalter ist ein akuter Notfall und erfordert schnelles Handeln. Die Devise lautet wie bei Erwachsenen: "Time is Brain!".

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Die Behandlung umfasst:

  • Akuttherapie: Ziel ist es, die Durchblutung des Gehirns so schnell wie möglich wiederherzustellen und weitere Schäden zu verhindern. Eine Lysetherapie (Auflösung des Blutgerinnsels) wird bei Kindern nicht außerhalb von Studien empfohlen. In einigen Fällen kann eine Thrombektomie (mechanische Entfernung des Blutgerinnsels) durchgeführt werden.
  • Neuroprotektion: Schutz des Gehirns vor zusätzlichen, vermeidbaren Schäden durch Kontrolle der Temperatur, des Blutdrucks, Therapie/Vorbeugung von Krampfanfällen, etc.
  • Sekundärprävention: Verhinderung weiterer Schlaganfälle durch Behandlung der Ursache (z.B. Gerinnungshemmer bei Gerinnungsstörungen, Operation bei Herzfehlern)
  • Frührehabilitation: Beginn der Rehabilitation so früh wie möglich, um die восстановление der Funktionen zu fördern.

Die Aufnahme auf eine Kinder-Intensivstation sollte Standard sein.

Rehabilitation nach Schlaganfall

Die Frührehabilitation spielt eine herausragende Rolle bei Kindern nach Schlaganfällen. Die Erholung innerhalb der ersten Wochen ist oft dramatisch positiv.

Die Rehabilitation umfasst:

  • Physiotherapie: Verbesserung der Beweglichkeit und Koordination
  • Ergotherapie: Verbesserung der Alltagsfähigkeiten
  • Logopädie: Verbesserung der Sprache und des Schluckens
  • Neuropsychologische Therapie: Behandlung von kognitiven und emotionalen Problemen

Langfristige Herausforderungen in unterschiedlichen Bereichen der Entwicklung sind häufiger, als früher angenommen. Daher sind regelmäßige Kontrolluntersuchungen wichtig, um Probleme frühzeitig zu erkennen und entsprechende Förderung einzuleiten.

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Langzeitprognose nach Schlaganfall

Gerade bei Kindern bestehen nach einem Schlaganfall sehr gute Heilungschancen. Kinder sind sehr lernfähig und haben deshalb gute Aussicht auf Heilung. Je nach Schwere des Schlaganfalls können Einschränkungen zurückbleiben, mit denen die Betroffenen erfahrungsgemäß aber durchaus gut zurechtkommen können. Somit ist die Prognose in vielen Fällen positiv.

Allerdings ist es wichtig, unterschiedliche Altersgruppen getrennt zu betrachten. Nicht zuletzt auch deshalb haben sich in Nordamerika Spezialzentren entwickelt, die Kinder bis zum Alter von 18 Jahren regelmäßig zu Kontrolluntersuchungen sehen, um die Diagnostik und Therapie zu optimieren und Probleme in der Neurologie (wie etwa Lähmungen, Spastik, etc.) und Entwicklung (Sprache, Lernen, ADHS, …) frühzeitig diagnostizieren zu können und entsprechende Förderung einzuleiten oder zu verbessern.

Bedeutung spezialisierter Zentren

In Canada/USA und Australien besteht heute ein breites Netz von hoch-spezialisierten Kinderschlaganfall-Zentren, die häufig eine sehr hohe Zahl von Patienten betreuen und über gute finanzielle Ressourcen verfügen, um eine optimale Patientenversorgung sicher zu stellen. Aber auch über kontinuierliche wissenschaftliche Arbeit den kindlichen Schlaganfall besser zu verstehen und hoffentlich die Therapie betroffener Kinder immer weiter zu optimieren.

Leider ist die diesbezügliche Infrastruktur in Deutschland noch nicht optimal. Hoffnung macht allerdings, dass inzwischen mehrere Zentren in Deutschland sich dem kindlichen Schlaganfall annehmen. Das Ziel muss dabei letztlich sein, dem amerikanischen Vorbild zu folgen und hoch spezialisierte Zentren aufzubauen, die durch Patientenversorung, Forschung und Ausbildung von Nachwuchs dafür sorgen, dass langfristig die Betreuung dieser Kinder optimiert werden kann.

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