Schlaganfall durch Trauer: Ursachen und Risiken

Trauer ist eine natürliche Reaktion auf den Verlust einer geliebten Person. Sie kann jedoch auch erhebliche Auswirkungen auf die körperliche Gesundheit haben und im schlimmsten Fall zu einem Schlaganfall führen. Dieser Artikel beleuchtet die Ursachen und Risikofaktoren für einen Schlaganfall im Zusammenhang mit Trauer und zeigt Möglichkeiten der Prävention und Behandlung auf.

Der Zusammenhang zwischen Trauer und körperlicher Gesundheit

Der Tod eines Partners, eines Familienmitglieds oder eines engen Freundes stellt eine enorme psychische Belastung dar. Nach dem Tod des Partners erkranken die Witwe oder der Witwer häufig, manche sterben sogar. Einige Hinterbliebene bleiben jedoch von diesem so genannten "widow hood Effekt" verschont. Psychischer Stress, wie er bei Trauer auftritt, führt kurzzeitig zu erhöhten Markern im Blut, die Entzündungen im Körper anzeigen. Hält der Stress an, liegen diese Entzündungsmarker häufig dauerhaft erhöht vor. Dies kann in der Folge zu Arteriosklerose, Herzinfarkt oder Schlaganfall führen.

Genvarianten als Risikofaktor

Ein Wissenschaftlerteam hat nun nachgewiesen, dass der Verteilung des Phänomens eine Genveränderung bei den Trauernden zu Grunde liegen könnte. Die Forscher führten eine Studie durch, an der 64 Menschen teilnahmen, die durchschnittlich 73 Jahre alt waren. 36 von ihnen hatten ihren Partner in den vergangenen zwei Jahren durch den Tod verloren. Bei ihnen konnten die Forscher vermehrt IL-6 im Blut nachweisen - einen Stoff, der Entzündungen fördert. Doch in der genauen Analyse sahen sie, dass nur jeder zweite Trauernde diese Erhöhung des Entzündungswertes hatte. Die Wissenschaftler konnten zeigen, dass eine Veränderung des Gens IL-6 dies verursachte. "Die Genvariante im IL-6 Gen führt dazu, dass das Gen trotz Trauerstress nicht vermehrt abgelesen werden kann", erklärt Schultze-Florey. Die Trauernden ohne die schützende Genvariante zeigten hingegen deutlich erhöhte Entzündungswerte. Bei diesen Menschen sieht Schultze-Florey erhöhten Handlungsbedarf: "Insbesondere bei Trauernden mit einem Genotyp, der nicht vor den Folgen des Trauerstress auf das Immunsystem schützt, sollte das kardiovaskuläre Risiko regelmäßig kontrolliert werden.

Das Broken-Heart-Syndrom

Ein weiteres Risiko stellt das Broken-Heart-Syndrom dar. Das Broken-Heart-Syndrom ist eine lebensbedrohliche Erkrankung, bei der es zu typischen Symptomen eines Herzinfarktes kommt. Es kann durch starken emotionalen Stress ausgelöst werden. Beim Broken-Heart-Syndrom ist der Herzmuskel quasi gelähmt, die linke Herzkammer bläht sich auf, Ärzte sprechen davon, dass das Herz bricht. Das bedeutet nicht, dass etwas ab- oder durchbricht, sondern dass bestimmte Teile des Muskels plötzlich in ihrer Funktion gestört sind. Das Herz kann nicht mehr so gut Blut durch den Körper pumpen. Auf dem Ultraschall erscheint die Herzspitze wie ein Ballon. Symptome wie bei einem Herzinfarkt Auf den ersten Blick ist das Broken-Heart-Syndrom nur schwer von einem Herzinfarkt zu unterscheiden, denn die Symptome sind ähnlich: massive Atemnot und Schmerzen im Brustkorb. Aber auch Herzrhythmusstörungen, Schweißausbrüche und Übelkeit können beim Broken-Heart-Syndrom auftreten.

Frauen erkranken deutlich häufiger als Männer an der Herzkrankheit. Besonders betroffen sind Frauen nach der Menopause. Das Durchschnittsalter liegt zwischen 66 bis 70 Jahren. Ob dies mit dem veränderten Hormonhaushalt zu tun hat, wird noch erforscht. Man hat festgestellt, dass bei Patienten relativ häufig auch neurologische Erkrankungen im Vorfeld stattgefunden haben, sei es ein Schlaganfall oder Depressionen. Häufig lösen emotionale Ereignisse wie etwa Liebeskummer oder der Tod eines geliebten Menschen das Broken-Heart-Syndrom aus. Ebenso können Gewalterlebnisse, Mobbing oder Depressionen dazu führen. Aber auch positive Erlebnisse können das Herz überfordern, indem der Körper vermehrt Stresshormone, beispielsweise Adrenalin, ausschüttet.

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Wird das Broken-Heart-Syndrom nicht schnell genug behandelt, kann es wie ein Herzinfarkt lebensbedrohlich enden. Mit rund fünf Prozent ist die Sterberate laut Alexander Staudt etwas höher als beim Herzinfarkt. Das liege daran, dass das Herzgewebe von Betroffenen in der "akuten Phase" des Broken-Heart-Syndroms stärker geschädigt werde. Dadurch könnte sich dann auch eine Herzschwäche oder Herzrhythmusstörungen entwickeln. Rund 90 Prozent würden "ohne Schaden" wieder genesen, so Staudt. Bereits wenige Wochen nach der Behandlung seien keine Fehlfunktionen mehr nachweisbar. Das "gebrochene Herz" kann also schnell wieder heilen. Starken Stress sollten Erkrankte dennoch vermeiden, rät Staudt.

Anhaltende Trauerstörung

Eine Minderheit erlebt anhaltende und schwerwiegende Trauersymptome, die das Bild einer anhaltenden Trauerstörung erfüllen (circa 4 Prozent in Deutschland). In einigen Fällen sind aber die Verluste so schwerwiegend, dass die Betroffenen stark und manchmal jahrelang leiden und schwer den Weg zurück ins Leben finden. Des Öfteren kommt es vor, dass verschiedene Belastungsfaktoren, die im Leben jedes Menschen auftreten, zusammenkommen und dann gemeinsam mit dem Verlust der wichtigen Bezugsperson die Bewältigungsfähigkeiten der oder des Einzelnen übersteigen. Bei der Entwicklung einer anhaltenden Trauerreaktion können nicht hilfreiche Gedanken (zum Beispiel „Ich hätte da sein oder mehr tun müssen“, „Ich sollte anders trauern“, „Ich werde nie wieder glücklich sein“) eine wichtige Rolle spielen. Um die Diagnose „anhaltende Trauerstörung“ stellen zu können, müssen mehrere Kriterien erfüllt sein: Der Tod einer nahestehenden Person muss mindestens sechs Monate zurückliegen, es besteht ein starkes Verlangen nach der oder dem Verstorbenen oder eine anhaltende Beschäftigung mit der verstorbenen Person, begleitet von starken Gefühlen wie zum Beispiel Trauer, Schuldgefühlen, Wut oder emotionaler Taubheit. Betroffene haben Schwierigkeiten, den Verlust zu akzeptieren, mit anderen sozial zu interagieren oder anderen Aktivitäten nachzugehen. Standardisierte Interviews oder Fragebögen ermöglichen es uns, eine anhaltende Trauerstörung von einer normalen akuten Trauerreaktion abzugrenzen und auch deren Schweregrad festzustellen. Wir gehen in den diagnostischen Gesprächen sehr sensibel vor und lassen Ihnen genügend Zeit und Raum, damit Sie das nötige Vertrauen zu uns entwickeln können.

Depressionen nach Schlaganfall (PSD)

Schlaganfall-Betroffene fallen häufig in eine Depression. Im schlimmsten Fall führt die zu Suizidgedanken, wie Studien zeigen. Der Schlaganfall ist die häufigste Folge für Behinderungen im Erwachsenenalter. Rund 60 Prozent der überlebenden Patienten sind langfristig auf Therapie, Hilfsmittel oder Pflege angewiesen. Nicht verwunderlich ist deshalb, dass die Post Stroke Depression (PSD), die Depression nach Schlaganfall, mittlerweile als eine der häufigsten Folgen der Erkrankung gilt. In der internationalen Fachliteratur gehen Experten davon aus, dass etwa ein Drittel der Patientinnen und Patienten früher oder später eine Depression entwickelt. Die Ursachen dafür sehen die Experten vor allem in der Trauer der Patienten über den bleibenden Verlust von Fähigkeiten und in ihrer krankheitsbedingten Antriebslosigkeit, die eine weitere Rehabilitation verhindert. Dass eine Depression bei Schlaganfall-Patienten auch mit einer erhöhten Suizidgefahr einhergeht, zeigt eine Studie aus Taiwan.

Prävention und Behandlung

Insbesondere bei Trauernden mit einem Genotyp, der nicht vor den Folgen des Trauerstress auf das Immunsystem schützt, sollte das kardiovaskuläre Risiko regelmäßig kontrolliert werden. Starken Stress sollten Erkrankte dennoch vermeiden, rät Staudt. Stressbewältigung ist die Grundlage für den Therapieerfolg. Hier gehen wir spezifisch auf Ihr Trauma ein. In Gruppentherapien wie der ressourcenorientierten Traumabewältigungsgruppe tauschen Sie sich mit anderen Teilnehmern aus und erörtern Selbstlernprozesse mit dem Ziel, über belastende oder angstbesetzte Situationen hinwegzukommen. Diese Therapie bietet Ihnen die Möglichkeit, Ihre Kreativität zielgerichtet als Ventil für Ihre Ängste einzusetzen. Vielen Menschen fällt es leichter, Ihren Gefühlen künstlerisch - z.B. durch Tanz (Akut), Kunst (Akut und Reha) oder Musik (Akut) - Ausdruck zu verleihen. Bei besonders stark ausgeprägten Traumata, vor allem mit hohem depressivem Anteil, empfiehlt sich zusätzlich eine medikamentöse Behandlung. Durch spezielle Atemübungen lernen Sie, Ihre Atemfrequenz und die damit angrenzen kardialen Symptome zu regulieren.

Die Depression nach Schlaganfall ist kein unabwendbares Schicksal. Sie ist heilbar, sagen viele Experten. Mit einer Kombination aus Medikamenten (Antidepressiva) und Gesprächen (Psychotherapie).

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