Ein Schlaganfall markiert oft eine Zäsur im Leben der Betroffenen und ihrer Angehörigen. Die Erkrankung, die durch eine plötzliche Unterbrechung der Blutversorgung im Gehirn entsteht, ist eine der Hauptursachen für bleibende Behinderungen bei Erwachsenen. Die Art und Schwere der Folgen hängen maßgeblich davon ab, welche Hirnregion betroffen ist und wie lange die Durchblutung gestört war. Viele Patienten kämpfen mit dauerhaften Lähmungen, Sprach- und Sprechstörungen oder Inkontinenz. Nach der Akutbehandlung im Krankenhaus und der anschließenden Rehabilitation stellt sich die Frage: Wie geht es weiter? Dieser Artikel bietet einen umfassenden Überblick über die Nachsorge, Rehabilitation und langfristige Bewältigung der Folgen eines Schlaganfalls.
Akutversorgung und Rehabilitation: Die ersten Schritte
Nach einem Schlaganfall ist schnelles Handeln entscheidend. Der Leitsatz "Time is brain" unterstreicht die Bedeutung einer raschen medizinischen Versorgung, um möglichst viele Nervenzellen im Gehirn zu retten. Die Behandlung beginnt idealerweise in einer spezialisierten "Stroke Unit" im Krankenhaus. Diese Spezialstationen sind auf die Diagnostik, Behandlung und Überwachung von Schlaganfallpatienten ausgerichtet.
Akuttherapie im Krankenhaus
Die Akuttherapie zielt darauf ab, die Schäden im Gehirn zu minimieren. Bei einem durch ein Blutgerinnsel verursachten Schlaganfall (ischämischer Schlaganfall) kann eine Thrombolyse (Lyse-Therapie) durchgeführt werden, bei der Medikamente das Gerinnsel auflösen. In manchen Fällen ist auch eine Thrombektomie möglich, ein katheterbasiertes Verfahren zur Entfernung des Blutgerinnsels aus größeren Hirngefäßen. Bei einer Hirnblutung kann eine Operation notwendig sein, um den Druck im Gehirn zu entlasten.
Die Überwachung auf der Stroke Unit ist entscheidend, um den Blutdruck zu stabilisieren, den Blutzucker zu regulieren und Komplikationen frühzeitig zu erkennen und zu behandeln.
Rehabilitation: Wiedererlangen von Fähigkeiten
An die Akutbehandlung schließt sich in den meisten Fällen eine Rehabilitation an. Ziel der Rehabilitation ist es, die verloren gegangenen Fähigkeiten wiederzuerlangen, mit Einschränkungen umzugehen und die Folgen des Schlaganfalls wie Lähmungen, Sprachstörungen, Gedächtnisprobleme und Depressionen zu lindern. Ein Team aus Krankengymnasten, Sprachtherapeuten (Logopäden) und Ergotherapeuten kümmert sich um die Patienten.
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Die Rehabilitation kann stationär in einer Rehaklinik oder ambulant in Tageseinrichtungen erfolgen. Die Dauer des Aufenthalts in einer Rehaklinik beträgt meist vier bis sechs Wochen. Die Behandlungsziele werden gemeinsam mit den Therapeuten festgelegt und hängen von der Schwere der Beeinträchtigungen, den erreichbaren Zielen und den persönlichen Bedürfnissen ab.
Frührehabilitation
Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf der Frührehabilitation, die bereits während des Krankenhausaufenthalts beginnt. Ziel ist es, die körperlichen Funktionen wiederherzustellen und Folgeschäden zu verringern.
Langfristige Nachsorge: Ein Leben mit den Folgen
Viele Betroffene und ihre Angehörigen stehen nach der Entlassung aus dem Krankenhaus und der Rehabilitation vor der Frage, wie es weitergeht. Die Nachsorge ist ein wichtiger, aber oft vernachlässigter Aspekt der Schlaganfallbehandlung.
Organisation der Nachsorge
In der Regel übernimmt der Hausarzt die Koordination der weiteren Maßnahmen. Regelmäßige Physiotherapie, Ergotherapie und Logopädie können helfen, Beeinträchtigungen zu mindern und einen erneuten Schlaganfall zu verhindern. Es ist ratsam, Termine für diese Therapien bereits vor Ende des Klinik- bzw. Rehaaufenthaltes zu vereinbaren.
Bedeutung der Nachsorge
Eine gute Nachsorge ist entscheidend, um die Fortschritte aus der Rehabilitation zu festigen und weitere Verbesserungen zu erzielen. Das Gehirn ist anpassungsfähig und kann sich dank der Neuroplastizität teilweise regenerieren. Gesunde Bereiche können Aufgaben geschädigter Areale übernehmen.
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Psychische Folgen und deren Behandlung
Unterschätzt werden oft die psychischen Folgen eines Schlaganfalls. Viele Patienten leiden unter Depressionen, Angststörungen oder Persönlichkeitsveränderungen. Eine Depression kann durch den Schlaganfall selbst ausgelöst werden, wenn er Gehirnbereiche betrifft, die für den Umgang mit Emotionen zuständig sind. Sie kann aber auch durch die Folgen des Schlaganfalls entstehen, wenn sich Betroffene wert- und nutzlos fühlen. Eine Depression sollte unbedingt behandelt werden, beispielsweise mit Medikamenten und Psychotherapie.
Vermeidung eines wiederholten Schlaganfalls
Ein wichtiger Aspekt der Nachsorge ist die Vorbeugung eines erneuten Schlaganfalls. Dies umfasst eine kritische Auseinandersetzung mit den Lebensgewohnheiten und Risikofaktoren.
Lebensstiländerungen
- Nicht rauchen: Rauchen erhöht das Schlaganfallrisiko erheblich.
- Weniger Alkohol: Ein hoher Alkoholkonsum kann den Blutdruck erhöhen und das Risiko für einen Schlaganfall steigern.
- Viel Bewegung: Regelmäßige körperliche Aktivität hilft, den Blutdruck zu senken, das Gewicht zu kontrollieren und das Herz-Kreislauf-System zu stärken.
Medikamentöse Therapie
Die vom Arzt verschriebenen Medikamente sollten unbedingt eingenommen werden, insbesondere Blutdrucksenker, Cholesterinsenker und Blutverdünner.
Ernährung
Eine gesunde Ernährung spielt eine wichtige Rolle bei der Vorbeugung eines erneuten Schlaganfalls. Die Mittelmeer-Diät mit viel Gemüse, Obst, Vollkornprodukten, Hülsenfrüchten und gesunden Fetten (z.B. aus Fisch oder Olivenöl) wird empfohlen.
Unterstützung für Betroffene und Angehörige
Es gibt zahlreiche Angebote zur Unterstützung von Schlaganfallpatienten und ihren Angehörigen.
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Selbsthilfegruppen
Selbsthilfegruppen bieten die Möglichkeit, sich mit anderen Betroffenen auszutauschen und Erfahrungen zu teilen. Die Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe vermittelt Kontakte zu Selbsthilfegruppen.
Beratungsstellen
Beratungsstellen informieren über die Erkrankung, die Nachsorge und die verschiedenen Unterstützungsangebote.
Ehrenamtliche Helfer
Ehrenamtliche Schlaganfall-Helfer unterstützen bei der Rückkehr in den Alltag.
Pflegeleistungen
Bei Bedarf kann ein Anspruch auf Pflegeleistungen der Pflegeversicherung bestehen. Voraussetzung hierfür ist ein anerkannter Pflegegrad.
Spezifische Folgen und Therapien
Die Folgen eines Schlaganfalls sind vielfältig und individuell. Einige häufige Folgen und die entsprechenden Therapien werden im Folgenden näher erläutert.
Neurologische Folgen (körperliche Auswirkungen/Motorik)
- Halbseitige Lähmungen (Hemiparese/Hemiplegie): Physiotherapie und Ergotherapie können helfen, die Beweglichkeit und Koordination wiederherzustellen.
- Spastik: Medikamente und Physiotherapie können die Muskelspannung reduzieren.
- Dysarthrophonie (Sprechstörungen): Logopädie kann die Artikulation und Sprachverständlichkeit verbessern.
- Schluckstörungen (Dysphagie): Logopädie und eine angepasste Ernährung können helfen, das Schlucken zu erleichtern und Mangelernährung zu vermeiden.
Neuropsychologische Folgen (Sinneswahrnehmung und kognitive Funktionen)
- Aufmerksamkeits- und Konzentrationsschwierigkeiten: Neuropsychologische Therapie kann die kognitiven Fähigkeiten verbessern.
- Neglect (Vernachlässigung einer Körperseite): Spezielle Übungen können die Wahrnehmung der betroffenen Körperseite verbessern.
- Gedächtnisprobleme: Gedächtnistraining kann die Gedächtnisleistung verbessern.
- Demenz: Eine Demenz bringt in der Regel typische Anzeichen mit sich: Die Konzentrations- und Orientierungsfähigkeiten lassen nach.
Psychische Folgen (Emotionen)
- Depressionen: Medikamente und Psychotherapie können helfen, die Depression zu behandeln.
- Angststörungen: Psychotherapie kann helfen, die Angst zu bewältigen.
Weitere spezifische Aspekte
- Harninkontinenz: Beckenbodentraining und andere Maßnahmen können helfen, die Blasenkontrolle zu verbessern.
- Epileptische Anfälle: Medikamente können helfen, die Anfälle zu kontrollieren.
- Fahrtüchtigkeit: Ob man nach einem Schlaganfall wieder Auto fahren darf, sollte man mit dem Arzt besprechen und gegebenenfalls eine Fahrfähigkeitsprüfung absolvieren.
Rehabilitation im Detail
Die Rehabilitation nach einem Schlaganfall ist ein komplexer Prozess, der verschiedene Therapieformen umfasst.
Physiotherapie/Krafttraining
Physiotherapie hilft, die Beweglichkeit, Kraft und Ausdauer wiederherzustellen. Übungen zum Aufstehen, Gehen und Balancieren können die Selbstständigkeit im Alltag verbessern.
Logopädie
Logopädie behandelt Sprach-, Sprech- und Schluckstörungen. Gezielte Übungen können die Artikulation, das Sprachverständnis und die Schluckfunktion verbessern.
Ergotherapie
Ergotherapie zielt darauf ab, die Fähigkeiten zu verbessern, die für ein möglichst selbstständiges Leben notwendig sind. Dazu gehören das Training von Alltagsfertigkeiten wie Anziehen, Essen und Kochen, aber auch Wahrnehmungs- und Konzentrationsübungen.
Neuropsychologische Therapie
Neuropsychologische Therapie wurde speziell für Menschen mit Hirnverletzungen entwickelt. Sie trainiert Gedächtnis, Aufmerksamkeit und Wahrnehmung und hilft, mit den Einschränkungen im Alltag umzugehen.
Pflege
Eine aktivierende Pflege unterstützt beim Essen, Waschen, An- und Auskleiden und zeigt, wie man sich dabei trotz Einschränkungen selbst helfen kann.
Hilfsmittel
Je nach Bedarf können Hilfsmittel wie Rollatoren, Gehstützen, spezielle Essbestecke oder Kommunikationsgeräte den Alltag erleichtern.
Finanzierung der Rehabilitation und Nachsorge
Die Kosten für die Rehabilitation und Nachsorge werden in der Regel von der Rentenversicherung oder der Krankenkasse übernommen. Der Antrag auf Rehabilitation wird vom Krankenhaus oder vom behandelnden Arzt gestellt.
Es gibt verschiedene Formen der Rehabilitation:
- Neurologische Rehabilitation: Sie beinhaltet mehr Therapiestunden und zielt vor allem darauf ab, wieder in den Beruf zurückkehren zu können.
- Geriatrische Rehabilitation: Sie richtet sich hauptsächlich an ältere Menschen mit mehreren Vorerkrankungen.
- Teilstationäre Rehabilitation: Dabei ist man tagsüber in der Rehaklinik, aber abends und am Wochenende zu Hause.
- Ambulante Rehabilitation: Die Reha findet in Einrichtungen statt, die nur für die Behandlungstermine besucht werden.
Marianne Jacobs Geschichte: Ein Beispiel für erfolgreiche Rehabilitation
Die Geschichte von Marianne Jacob, einer 90-jährigen Frau, die nach einem schweren Schlaganfall dank schneller Hilfe und einer umfassenden Rehabilitation wieder ein weitgehend selbstständiges Leben führen kann, zeigt, was die moderne Medizin leisten kann. Durch die schnelle Reaktion ihrer Angehörigen, die gute Vernetzung der Stroke Units, den professionellen Eingriff der Neuroradiologen und das Team aus Neurologen, Pflegern und Therapeuten konnte sie eine Woche nach ihrem Schlaganfall wieder normal sprechen und erste Schritte machen.
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