Ein Schlaganfall (Apoplex) ist eine Durchblutungsstörung des Gehirns, die zu einer Funktionsstörung der betroffenen Hirnareale führt. Jedes Jahr erleiden in Deutschland rund 270.000 Menschen einen Schlaganfall, wobei zehn bis 15 Prozent von ihnen unter 55 Jahre alt sind. Ein Schlaganfall kann erhebliche Folgen haben, von vorübergehenden Beschwerden bis hin zu dauerhaften Schädigungen. Es gibt verschiedene Arten von Schlaganfällen, darunter ischämische Schlaganfälle (mit einer Arterienverstopfung) und Hirnblutungen.
Stummer Schlaganfall: Wenn der Infarkt unbemerkt bleibt
Manchmal kann ein Schlaganfall auftreten, ohne dass die Betroffenen ihn bemerken. Dies wird als "stummer" oder "verdeckter" Schlaganfall bezeichnet. Dank verbesserter Messmethoden können diese Schlaganfälle heute nachgewiesen werden, auch wenn keine Symptome bemerkt wurden. Das vermeintliche Fehlen von Symptomen kann verschiedene Ursachen haben:
- Nicht-eloquente Hirnareale: Der Schlaganfall tritt in Hirnregionen auf, die mit Aufgaben betraut sind, die nicht ständig benötigt werden oder eher im Verborgenen arbeiten.
- Schlaganfall im Schlaf: Der Schlaganfall tritt im Schlaf auf, und der Ausfall ist beim Erwachen bereits kompensiert.
- Negierung von Symptomen: Betroffene negieren die Symptome, schlagen sie "in den Wind" oder wollen sie nicht wahrhaben und sehen die Besserung dann als Beweis dafür, dass "gar nichts passiert sei".
Wie häufig sind stumme Schlaganfälle?
Stumme Schlaganfälle werden meist zufällig bei der Herstellung von Bildern vom Gehirn gefunden, die aus anderer Indikation durchgeführt wurden, z. B. bei Kopfschmerzen. Die Häufigkeit hängt stark von der verwendeten Untersuchungsmethode ab. Mit Magnetresonanztomographie (MRT) mit höherer Feldstärke werden häufiger stumme Infarkte gefunden als mit einem MRT geringerer Feldstärke. In Studien, bei denen MRT geringerer Feldstärke benutzt wurde, fand man bei 10 % bis 20 % der eigentlich gesunden Menschen verdeckte Schlaganfälle. Das war mindestens fünfmal häufiger als bekannte bzw. diagnostizierte Schlaganfälle.
Risikofaktoren für stumme Schlaganfälle
Personengruppen mit verdeckten Schlaganfällen sind denen mit "offenen" Schlaganfällen sehr ähnlich. Sie haben die klassischen vaskulären Risikofaktoren wie:
- Arteriosklerose
- Hohen Blutdruck
- Rauchen
- Diabetes mellitus
- Höheres Alter
- Vorhofflimmern
Interessanterweise findet man viele stumme Schlaganfälle aber auch nach medizinischen Eingriffen am Herzen.
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Folgen und Prävention
Auch wenn ein Schlaganfall scheinbar ohne Symptome auftrat und nur zufällig entdeckt wurde, sollten die gleichen vorbeugenden Maßnahmen ergriffen werden, wie bei einem offenen Schlaganfall. Scheinbar gesunde Menschen, bei denen verdeckte Schlaganfälle gefunden werden, haben ein 1,5-fach bis 2,5-fach erhöhtes Risiko für offene Schlaganfälle und ein 4-fach erhöhtes Risiko, eine Demenz zu entwickeln. Vermeintlich stumme Hirninfarkte sind außerdem ein Risikoindikator für einen Herzinfarkt.
Die Gefäßrisikofaktoren mangelnde Bewegung, Übergewicht, Rauchen, ungesunde Ernährung, hoher Blutdruck, Diabetes und erhöhte Fettspiegel sollten identifiziert und modifiziert werden. Auch eine Blutverdünnung kann empfohlen werden.
Ursachen für Schlaganfälle
Ein Schlaganfall kann verschiedene Ursachen haben. Grundsätzlich gibt es zwei Formen:
- Ischämischer Schlaganfall: In 80 Prozent der Fälle liegt ein ischämischer Schlaganfall vor, bei dem eine Arterie verstopft ist und die Durchblutung des Gehirns mangelhaft ist. Arteriosklerose kann direkt im Gehirn an den Gefäßwänden entstehen und die Ader verengen. Im Verlauf können sich an den Engstellen Blutgerinnsel bilden, die die Gefäße teilweise oder sogar komplett verschließen. Von den Halsgefäßen aus können solche Gerinnsel bis ins Gehirn geschwemmt werden.
- Hirnblutung: Bei einer Hirnblutung muss die Blutung zum Stillstand gebracht werden, falls noch nicht von selbst geschehen. Außerdem müssen Schädigungen durch austretendes Blut vermieden werden.
Kryptogener Schlaganfall
Bei bis zu 30 Prozent der Schlaganfälle bleibt der Grund zunächst ungeklärt. Mediziner sprechen dann von einem kryptogenen Schlaganfall. Experten glauben inzwischen, dass auch in diesen Fällen häufig ein Vorhofflimmern zum Schlaganfall geführt hat.
Je nach Lebensalter kommen unterschiedliche Ursachen für einen kryptogenen Schlaganfall in Betracht:
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- Jüngere Patienten (16-30 Jahre): Nicht selten stecken angeborene Herzfehler dahinter - insbesondere das offene oder persistierende Foramen ovale (PFO).
- Patienten zwischen 31 und 60 Jahren: Hier spielen erworbene Herzkrankheiten als Ursache des kryptogenen Schlaganfalls eine größere Rolle.
- Ältere Patienten (über 60 Jahre): Vorhofflimmern ist eine häufige Ursache des kryptogenen Schlaganfalls.
Weitere Ursachen
Neben den genannten Ursachen gibt es weitere, seltenere Auslöser für einen Schlaganfall:
- Dissektion: Ein Riss in der inneren Gefäßwand einer Halsschlagader oder der Vertebralis-Arterie kann ebenfalls zum Schlaganfall führen.
- Moyamoya-Erkrankung: Diese chronische, fortschreitende Erkrankung führt zu Einengungen und Verschlüssen der Arterien im Gehirn.
- Angiitis: Verschiedene Formen seltener Entzündungen der Gefäße des zentralen Nervensystems können zu Schlaganfällen führen.
- Morbus Fabry: Bei dieser vererbten Speicherkrankheit führt ein Enzymdefekt dazu, dass sich Stoffwechselprodukte in den Gefäßen ablagern.
Anzeichen und Symptome eines Schlaganfalls
Anzeichen eines Schlaganfalls erfordern schnelles Handeln. In jedem Fall müssen, auch wenn sich die Symptome zurückbilden, die Ursachen gesucht werden. Zu den typischen Symptomen gehören:
- Sprachstörungen: Schwierigkeiten, sich auszudrücken oder Gesprochenes zu verstehen.
- Sehstörungen: Plötzliche Sehverschlechterung oder Doppelbilder.
- Lähmungen: Einseitige Lähmung des Gesichts, Arms oder Beins.
- Gleichgewichtsstörungen: Schwindel oder Koordinationsprobleme.
- Starke Kopfschmerzen: Plötzlich auftretende, heftige Kopfschmerzen.
Ein einfacher Test, der sogenannte FAST-Test, kann helfen, einen Schlaganfall zu erkennen:
- F (Face): Bitten Sie den Betroffenen zu lächeln. Ist das Gesicht dabei einseitig verzogen?
- A (Arms): Bitten Sie den Betroffenen, beide Arme gleichzeitig in die Waagerechte zu heben und die Handflächen nach oben zu drehen. Kann er die Position halten?
- S (Speech): Lassen Sie die Person einen einfachen Satz nachsprechen. Ist sie dazu nicht in der Lage oder klingt die Stimme verwaschen?
- T (Time): Wenn eines oder sogar mehrere dieser Symptome auftreten, zählt jede Minute. Sofort unter 112 den Notarzt rufen.
Behandlung eines Schlaganfalls
Bei einem akuten Schlaganfall werden die Betroffenen idealerweise auf einer Spezialstation, einer sogenannten Stroke Unit, behandelt. Unmittelbar nach Einlieferung wird per CT oder MRT des Kopfes festgestellt, ob es sich um einen Hirninfarkt oder eine Hirnblutung handelt.
Behandlung des ischämischen Schlaganfalls
Bei einem Hirninfarkt muss die Durchblutung des betroffenen Gehirnbereichs so schnell wie möglich wiederhergestellt werden. Es gibt verschiedene Methoden:
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- Thrombolyse (Lyse): Dabei wird ein das Gerinnsel auflösendes Medikament über die Vene in den gesamten Körper oder mittels Katheter direkt in das verschlossene Gehirngefäß verabreicht. Die Therapie sollte idealerweise innerhalb von viereinhalb Stunden nach Auftreten der ersten Schlaganfall-Symptome beginnen.
- Thrombektomie: Dabei wird ein Katheter durch die Leiste ins Gehirn eingeführt und das Blutgerinnsel mit einem weichen Metallgitter-Geflecht eingefangen und abgesaugt. Ist die Thrombektomie nicht erfolgreich, kann das verstopfte Gefäß mit einem Ballonkatheter geweitet werden. Danach wird ein Stent, also eine Gefäßstütze, eingesetzt.
Behandlung der Hirnblutung
Bei einer Hirnblutung muss die Blutung zum Stillstand gebracht werden. In manchen Fällen ist es nötig, das Blut durch eine Operation zu entfernen. Um den Druck auf das Gehirn zu reduzieren, kann es in seltenen Fällen erforderlich werden, Teile des Schädelknochens zu entfernen.
Rehabilitation nach einem Schlaganfall
Wichtig ist bei einem Schlaganfall nicht nur die Akutversorgung auf der Stroke Unit, sondern auch eine langfristige Nachbehandlung der Betroffenen. Nach einem Schlaganfall bleiben oft Lähmungen, Wahrnehmungs- und Sprechstörungen zurück. Um Langzeitschäden so gering wie möglich zu halten, sollte möglichst schon in den ersten Tagen in der Klinik mit Reha-Maßnahmen begonnen werden. Nach der Akuttherapie in der Klinik haben Betroffene in der Regel Anspruch auf eine Anschlussbehandlung.
Depressionen gehören zu den häufigsten Komplikationen nach einem Schlaganfall. Die Dauer der Rehabilitation sollte sich nach der Schwere der Beeinträchtigungen richten. Um einem erneuten Schlaganfall vorzubeugen, sollten bei Risikopatienten regelmäßig der Blutdruck, die Cholesterinwerte und der Blutzucker überprüft und eingestellt werden. Auch eine Umstellung des Lebensstils mit viel Bewegung, gesünderer Ernährung und ohne Rauchen kann das Risiko eines erneuten Schlaganfalls verringern.
Prävention von Schlaganfällen
Die besten Tipps zur Prävention eines Schlaganfalls sind die Vermeidung von Risikofaktoren. Das heißt: Maßnahmen, die effektiv einem Bluthochdruck, Übergewicht, Bewegungsmangel und Diabetes vorbeugen und verhindern. Dazu gehört:
- Vernünftige Ernährung: Eine balancierte, ausgewogene, zum Beispiel mediterrane Diät mit überwiegend Gemüse, nicht zu viel Fleisch und nicht zu viel Alkohol.
- Ausreichende Bewegung: 20 bis 30 Minuten Bewegung pro Tag, bei der man leicht schwitzt, ist ideal.
- Behandlung von Risikofaktoren: Wenn Risikofaktoren wie Diabetes oder Bluthochdruck vorliegen, sollten diese behandelt werden.
- Regelmäßige Kontrollen: Regelmäßige Überprüfung von Blutdruck, Cholesterinwerten und Blutzucker.
Es gibt auch Selbsttests, mit denen Personen ihr persönliches Schlaganfall-Risiko einschätzen können. Wenn der Test auffällig ist, sollte man unbedingt zum Arzt gehen, um Risikofaktoren frühzeitig zu überprüfen und entsprechende Behandlungen einzuleiten.
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