Schlaganfall im Kleinhirn: Lebenserwartung und Perspektiven

Ein Schlaganfall kann das Leben von Betroffenen und Angehörigen stark beeinflussen und bleibende Schäden hinterlassen. Dieser Artikel beleuchtet speziell den Schlaganfall im Kleinhirn, seine Ursachen, Folgen und die Auswirkungen auf die Lebenserwartung.

Was ist ein Schlaganfall?

Ein Schlaganfall, auch Apoplex genannt, ist ein medizinischer Notfall, der eine schnelle Behandlung erfordert. Er entsteht durch eine Schädigung von Teilen des Gehirns, die sich in plötzlichen neurologischen Symptomen wie Taubheitsgefühlen oder Sprachstörungen äußert. Ursache ist meist eine Durchblutungsstörung, die zu einem Mangel an Sauerstoff und Nährstoffen führt, wodurch Nervenzellen absterben und Ausfallerscheinungen auftreten.

Man unterscheidet hauptsächlich zwei Ursachen für einen Schlaganfall:

  • Hirninfarkt (ischämischer Schlaganfall): Hierbei kommt es durch die Verlegung eines Blutgefäßes, beispielsweise durch ein Blutgerinnsel, zu einer Durchblutungsstörung.
  • Hirnblutung (hämorrhagischer Infarkt): Diese kann das Gehirngewebe schädigen und entsteht meist durch hohen Blutdruck, veränderte Gefäßwände oder Gefäßmissbildungen.

Das Kleinhirn und seine Funktion

Das Kleinhirn spielt eine zentrale Rolle bei der Koordination von Bewegungsabläufen. Es fungiert in enger Zusammenarbeit mit dem Großhirn als Kontrollinstanz für die gesamte Körperbewegung, beeinflusst die Feinabstimmung und kontrolliert die Muskelgrundspannung (Tonus).

Schlaganfall im Kleinhirn: Ursachen und Symptome

Ein Schlaganfall am Kleinhirn kann entweder ein Hirninfarkt oder eine Hirnblutung sein.

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  • Kleinhirninfarkt (ischämischer Schlaganfall): Hierbei kommt es zu einem Verschluss der zuführenden Arterien, wodurch die Hirnnervenzellen aufgrund von Sauerstoffunterversorgung zugrunde gehen. Kleinhirninfarkte sind mit einem Anteil von 2 bis 3 Prozent aller ischämischen Schlaganfälle eher selten. Ursachen können eine Verstopfung durch einen gelösten Blutpfropfen aus dem Herzen (Kardioembolie), Gefäßverschlüsse oder -aufrisse (Dissektion) von kleineren Gefäßen wie der hinteren Kleinhirnarterie (PICA) oder größeren Gefäßen wie der Wirbelarterie (Arteria vertebralis) sein.
  • Kleinhirnblutung (hämorrhagischer Schlaganfall): Diese ist die häufigere Form und kann durch erhöhten Blutdruck (hypertensive Krise), Gefäßmissbildungen (Kavernome) oder blutverdünnende Medikamente verursacht werden.

Aufgrund der motorischen Aufgaben des Kleinhirns führt ein Schlaganfall in diesem Bereich zu Störungen der Fähigkeit zur koordinierten Bewegung. Typische Symptome sind:

  • Gleichgewichtsstörungen
  • Doppelbilder (bei einer Augenkoordinationsstörung, Nystagmus)
  • Bewegungsstörungen wie erhöhter Muskeltonus, Störungen der Bewegungskoordination und unkontrollierte, überschießende Bewegungen (Ataxie)
  • Kopfschmerzen und Bewusstseinstrübungen (bei Hirnschwellungen/Ödemen)
  • Gangunsicherheit, Drehschwindel, Übelkeit und Erbrechen

Therapie des Kleinhirnschlaganfalls

Die Therapiemöglichkeiten des ischämischen Kleinhirnschlaganfalls unterscheiden sich nicht von denen bei Hirninfarkten in anderen Teilen des Gehirns. Bei einer Gefäßverstopfung kann sowohl eine Thrombolyse als auch eine Thrombektomie angewendet werden.

  • Thrombolyse: Hierbei wird ein Medikament, welches Blutgerinnsel auflösen kann, so schnell wie möglich über eine Vene verabreicht.
  • Thrombektomie: Diese kommt zum Einsatz, wenn sich das Gerinnsel (Thrombus) nicht medikamentös auflösen lässt und sich in einem größeren Gefäß befindet. Die mechanische Auflösung der Verstopfung kann bis zu sechs Stunden nach Symptombeginn angewendet werden.

Eine Kombination beider Therapiemöglichkeiten ist ebenfalls denkbar, da vor allem bei Verschlüssen von größeren Arterien eine Lysetherapie nicht ausreicht. Kleine Blutungen können konservativ mit medikamentösen Blutdrucksenkern und Abwarten behandelt werden.

Rehabilitation und Neuroplastizität

Das Kleinhirn besitzt eine hohe Lernfähigkeit (Neuroplastizität), wodurch die gesunde gegenüberliegende Kleinhirnhemisphäre schnell verlorengegangene Funktionen übernehmen kann. Auch wenn die Koordination und Steuerung von Gleichgewicht und Bewegung direkt nach der Schädigung beeinträchtigt sind, bedeutet dies nicht, dass sich diese Fähigkeiten nicht mehr erlernen lassen.

Therapiepläne sollten speziell auf den Patienten und seine Bedürfnisse erstellt und schrittweise angepasst werden. Bei Patienten mit Störungen der Körperhaltung (Stammataxie) ist das Rehapotenzial oft sehr gut. Ziel ist die Beseitigung von Schwierigkeiten bei der Ausführung von Bewegungen, die Minimierung von Gleichgewichtsstörungen und die Maximierung des Bewegungsflusses (Koordination).

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Diagnostik

Die Diagnosestellung ist beim Schlaganfall von besonderer Bedeutung, da sich die Therapie je nach festgestellter Art (Infarkt oder Blutung) unterscheidet. Hirnblutungen sind in der Computertomographie (CT) immer sichtbar, während kleine oder frische Kleinhirninfarkte nur in der Kernspintomographie (MRT) sichtbar gemacht werden können. Auch das Auftreten einer Gefäßmissbildung (Kavernom) lässt sich nur im MRT darstellen.

Komplikationen und Prognose

Beschränkt sich der Hirninfarkt nicht nur auf das Kleinhirn, kann dies schwere Folgen haben. Aufgrund der unmittelbaren Nähe des Hirnstamms und der selben Gefäßversorgung durch die Wirbelarterie (Arteria vertebralis) kann eine Hirnstammbeteiligung oft mit einem Kleinhirninfarkt einhergehen. Da der Hirnstamm für die Steuerung von essenziellen Lebensfunktionen wie Atmung, Herzschlag und Blutdruck zuständig ist, kann dies lebensbedrohlich sein.

Ein Verschluss der PICA, einem Ast der Wirbelarterie, kann zu einer Ischämie des Versorgungsgebietes im Gehirn führen (Wallenbergsyndrom). Symptome sind:

  • Sensibilitätsstörung mit herabgesetzter Druck- beziehungsweise Berührungsempfindung (Hypästhesie)
  • Heiserkeit
  • Verschiedenste Sprachstörungen (Dysarthrie)
  • Gaumensegellähmung, die in Schluckstörungen (Dysphagie) resultieren
  • Schwerhörigkeit (Hypakusis)
  • Einseitige Bewegungsstörungen der Extremitäten
  • Horner-Syndrom

Grundsätzlich gilt, dass jeder Schlaganfall anders ist und sich individuell äußert. Daher ist auch die jeweilige Prognose nach einem Schlaganfall als spezifisch anzusehen. Hirnblutungen mit Hirnstammkompression haben eine schlechtere Prognose als Kleinhirnblutungen ohne Bedrängung. Die Prognose der Kleinhirninfarkte ist im Allgemeinen gut.

Lebenserwartung nach einem Schlaganfall im Kleinhirn

Die Lebenserwartung nach einem Schlaganfall im Kleinhirn ist von verschiedenen Faktoren abhängig:

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  • Wie schnell wurde der Schlaganfall behandelt?
  • Wie schwerwiegend war der Schlaganfall?
  • Welche Folgen hatte der Schlaganfall?
  • Was war die Ursache?
  • Gab es weitere Schlaganfälle (Rezidive)?
  • Wie alt war der Betroffene?
  • Wie war der gesundheitliche Zustand vor dem Schlaganfall (Risikofaktoren wie Bluthochdruck, Diabetes, Übergewicht, Stress, ungesunder Lebensstil)?
  • Wie sieht das soziale Umfeld aus (Einsamkeit und Depression als Risikofaktoren, Unterstützung durch Angehörige)?
  • Gibt es Folge- und Begleiterkrankungen und andere Herz-Kreislauf-Erkrankungen?
  • Wie erfolgreich ist die Rehabilitation?
  • Gibt es Spätfolgen, z.B. durch Pflegebedürftigkeit, Lähmung etc.?
  • Wie ist die Teilhabe-Situation (Berufstätigkeit, Sozialkontakte, familiäre Situation)?
  • Werden die Therapievorgaben und Medikamenteneinnahme dauerhaft eingehalten (Therapietreue)?
  • Wie ist die Motivation des Betroffenen?

Menschen mit einer guten körperlichen Konstitution, einem gesunden Lebensstil und Therapietreue haben gute Chancen auf eine hohe Lebenserwartung nach einem Schlaganfall. Auch die soziale Teilhabe, die zur Lebensqualität beiträgt, sollte nicht unterschätzt werden.

Statistiken zeigen, dass fast jeder zweite Patient innerhalb von fünf Jahren nach einem ersten Schlaganfall stirbt und jeder fünfte einen erneuten Schlaganfall erleidet. Die Wahrscheinlichkeit zu sterben ist bei Frauen etwas höher als bei Männern. Das Langzeitüberleben und die Wiederholungsrate unterscheiden sich jedoch erheblich je nach Ursache des ersten Schlaganfalls.

Prävention

Die besten Tipps zur Prävention eines Schlaganfalls sind die Vermeidung von Risikofaktoren:

  • Vermeidung von Bluthochdruck, Übergewicht, Bewegungsmangel und Diabetes
  • Vernünftige Ernährung (ausgewogene, mediterrane Diät mit viel Gemüse, nicht zu viel Fleisch, nicht zu viel Alkohol)
  • Ausreichend Bewegung (20 bis 30 Minuten pro Tag, bei der man leicht schwitzt)
  • Behandlung von Risikofaktoren wie Diabetes oder Bluthochdruck

Es gibt auch Selbsttests, um das persönliche Schlaganfall-Risiko einzuschätzen. Wenn der Test auffällig ist, sollte man unbedingt einen Arzt aufsuchen, um Risikofaktoren frühzeitig zu überprüfen und entsprechende Behandlungen einzuleiten.

TIA (Transitorische Ischämische Attacke)

Eine transitorisch ischämische Attacke (TIA), auch Mini-Schlaganfall genannt, ist eine vorübergehende Durchblutungsstörung des Gehirns. Die Symptome ähneln denen eines Schlaganfalls, verschwinden aber innerhalb kurzer Zeit wieder. Dennoch sollte eine TIA immer ärztlich abgeklärt werden, da das Risiko für einen Schlaganfall erhöht ist.

Die Lebenserwartung hängt stark davon ab, welche Risikofaktoren jemand mitbringt, der eine TIA erlitten hat. Je besser die ermittelten Risikofaktoren behandelt werden, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass es nicht zu einem Schlaganfall kommt.

Juveniler Schlaganfall

Ein Schlaganfall in der Altersgruppe von 18 bis 55 Jahren wird als juveniler Schlaganfall bezeichnet. Bei jungen Menschen ist die Chance, den Schlaganfall zu überleben und ohne Folgen und Beeinträchtigungen weiterzuleben, deutlich höher, da ein junges Gehirn Ausfälle besser ausgleichen kann. Allerdings können die psychosozialen Auswirkungen schwerwiegend sein.

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