Schlaganfall nach Zahnextraktion: Ursachen und Prävention

Das Zitat von Paracelsus „An jedem Zahn hängt ein ganzer Mensch“ hat bis heute nichts an Relevanz verloren. Die Bedeutung der menschlichen Zähne geht weit über die Funktion des bloßen Kauens hinaus. Die ganzheitliche Zahnmedizin verfolgt den Ansatz, dass Zähne und Mundraum Ursprung vieler akuter und chronischer Krankheiten sein können. Zahnerkrankungen stellen nicht nur ein ästhetisches Problem dar, sondern bedeuten Schmerzen, Schäden und weitreichende Folgen für den ganzen Körper. Zähne, Organismus und Psyche sind eng miteinander verknüpft, beeinflussen sich gegenseitig und können Ursache für eine ganze Reihe chronischer Krankheiten darstellen. Ein kranker Zahn kann somit leicht den gesamten Körper schwächen, und ein gestörtes Kiefergelenk kann zu Rücken- und Kopfschmerzen sowie zu Nackenbeschwerden und Ohrgeräuschen führen. Jedem Zahn ist ein Organ zugeordnet. Ist der Zahn erkrankt, kann sich dies an dem jeweiligen Organ äußern und umgekehrt. Um sich von den Beschwerden langfristig zu befreien, muss die Ursache ermittelt werden, so dass beide Störfelder, Zähne als auch Organismus, behandelt werden können.

Wie entstehen Erkrankungen der Zähne?

Dauerhafte Entzündungen im Mund machen den Körper krank. Vor allem im dentalen Bereich sind etwa eine Billion Bakterien angesiedelt. Sie bevölkern Zunge, Zähne und Mundhöhle und vermehren sich massiv bei mangelnder Mundhygiene. Die Folge zeigt sich in der Entwicklung von dichtem Belag auf Zahn und Zunge. Die Bakterien bilden eine gefährliche Säure, die den Zahnschmelz langsam aber sicher zerfrisst. Die Ablagerungen, auch Plaque genannt, erzeugen Zahnstein und in der Folge Karies, Entzündungen des Zahnfleisches und Entzündungen des Zahnhalteapparates. Im schlimmsten Fall kommt es zu Erkrankungen wie Karies, Parodontitis oder dem Absterben der Zähne. Vor allem Karies betrifft vermehrt auch Kinder und Jugendliche.

Wie gelangen Bakterien aus dem Mund in den Rest des Körpers?

Unsere Zähne sind über die Nerven und Blutgefäße mit dem Körper verbunden. Ist eine Zahnwurzel entzündet, können Gifte aus Bakterien über die Zahnwurzelspitze in die Blutbahn eindringen und unsere Organe angreifen. Vor allem, wenn die Immunabwehr geschwächt ist, was bei Säuglingen, älteren Menschen oder erkrankten Personen oft vorkommt, haben unerwünschte Eindringlinge aus dem Mundraum leichtes Spiel.

Welche Krankheiten können durch schlechte Zähne entstehen?

Schlechte Zahngesundheit kann eine Vielzahl von Gesundheitsproblemen verursachen, darunter Herzerkrankungen, Schlaganfall, Diabetes und Atemwegsinfektionen.

Herzinfarkt und Schlaganfall

Bei einer chronischen Parodontitis gelangen Bakterien in den Blutkreislauf. Bleiben akute Zahnfleischentzündungen unbehandelt, verschleppt der Betroffene die Entzündung. Die Erreger erhöhen das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und einen Schlaganfall. Die ständig im Körper kreisenden Entzündungsstoffe bewirken ein Verhärten der Gefäßwände.

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Es wird angenommen, dass die Entzündung im Zahnfleischbereich beginnt und dann über Botenstoffe in den Herzkrankgefäßen die Neigung zur Plaquebildung erhöht - es entstehen also Ablagerungen in den Gefäßen. Diese Ablagerungen - oder Plaques - haben genau wie die parodontalen Erkrankungen den Charakter einer chronischen Entzündung.

Erektionsstörungen

Eine chronische Entzündung des Zahnhalteapparats schädigt die Endothelzellen. Diese sind verantwortlich für den Blutfluss im Penis. Erkrankte Zähne hemmen die Potenz.

Lungen- und Herzentzündungen

Erreger einer verschleppten Parodontitis können Lungen- und Herzentzündungen auslösen. Auch diese Krankheiten stehen in Zusammenhang mit einer Verhärtung der Gefäßwände.

Depressionen

Das Immunsystem kann unsere Gefühlslage steuern. Zahnwurzelentzündungen können die menschliche Psyche beeinflussen, so dass Betroffene depressiv werden. Bakterien greifen auch den Stoffwechsel des Gehirns an.

Frühgeburten

Es besteht eine Verbindung zwischen sogenannten Vaginalentzündungen und Entzündungen des Zahnfleischs. In beiden Fällen entstehen die gleichen, für das ungeborene Kind schädlichen Stoffe im Immunsystem der Mutter. Frauen, die eine Frühgeburt erleben, leiden in vielen Fällen unter starken Zahnfleischerkrankungen.

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Diabetes

Diabetiker leiden häufiger unter Parodontitis als Nicht-Diabetiker. Die hohen Blutzuckerwerte beeinträchtigen die Blutgefäße. Die Widerstandskraft des Zahnhalteapparats wird geschwächt und es kommt zu Infektionen.

Rücken-, Knie- und Nackenschmerzen

Fehlstellungen des Kiefers erzeugen Schmerzen im gesamten Körper. Diese setzen sich von oben nach unten fort und führen zu Verspannungen und Fehlhaltungen.

Kopfschmerzen und Migräne

Die Störung des Gleichgewichts im Kausystem hat Einfluss auf die Körperhaltung und Bewegung und kann für Kopfschmerzen unterschiedlicher Art ursächlich sein. Oftmals ist eine Funktionsstörung im Bereich der Kiefer und Mundmuskulatur Grund für die Schmerzen.

Blasen- und Prostataprobleme

Bakterien aus dentalen Erkrankungen können über die Blutbahn in Prostata und Blase gelangen und dort zu akuten Entzündungen führen.

Zusammenhang zwischen Zähnen und Organen

In der Naturheilkunde geht man schon lange davon aus, dass jeder Zahn eine Verbindung zu einem bestimmten Organ hat. Vor allem in der chinesischen Medizin findet dieses Prinzip bereits seit 4000 Jahren Anwendung. An den Zähnen lassen sich Signale, die uns unser Körper vermittelt, deutlich erkennen. Ein gestörtes Organ kann umgekehrt den entsprechenden Zahn schädigen. Erkrankte Schneidezähne verursachen beispielsweise im gesamten Nieren-, Schilddrüsen- und Blasenbereich Erkrankungen. Die Eckzähne stehen in enger Beziehung zu Leber, Galle und Augen. Die kleinen und großen Backenzähne beeinflussen die Magen- und Darmgesundheit. Die Weisheitszähne geben Aufschluss über die Gesundheit von Dünndarm und Herz.

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Gesunde Zähne sind Ausdruck eines gesunden Organismus.

Risikofaktoren und Komplikationen nach Zahnextraktion

Die zahnärztliche Behandlung älterer Menschen erfordert besondere Aufmerksamkeit, da sie häufig an einer Vielzahl internistischer Erkrankungen leiden. Eine sorgfältige Anamnese ist unerlässlich, um Risiken zu erkennen und die Behandlung entsprechend zu planen. Kardiovaskuläre Risikofaktoren können die Mundgesundheit beeinträchtigen, indem sie die Durchblutung des Zahnfleisches reduzieren und die Abwehrlage verschlechtern.

Lokalanästhesie

Im Allgemeinen wird die Lokalanästhesie sehr gut vertragen. Auch wenn die verwendeten Anästhetika sehr geringe Nebenwirkungen haben, treten gelegentlich unerwünschte Reaktionen auf das verabreichte Mittel auf. Diese Reaktionen sind meistens auf den Zusatz Adrenalin zurückzuführen, oder auf Verletzungen des Gewebes durch den Einstich. Die Häufigkeit schwerwiegender Komplikationen nach einer zahnärztlichen Betäubung liegt bei unter eins bei einer Million Spritzen. Wie wahrscheinlich das Auftreten von Komplikationen nach einer Betäubungsspritze bei Ihnen ist, hängt von mehreren Faktoren ab, wie z.B.

  • Schmerzende Einstichsstelle.
  • Lokale Infektion durch Verschleppung von Keimen aus dem Speichel in das Gewebe.
  • Fraktur der Kanüle.
  • Verletzung von Blutgefäßen.
  • Eigenverletzung der anästhesierten Bereiche.
  • Langfristig andauerndes Taubheitsgefühl in dem anästhesierten Bereich.
  • Psychisch ausgelöste Reaktionen: z.B. Intoxikation.
  • Überempfindlichkeit oder allergische Reaktionen bis hin zum anaphylaktischern Schock (lebensbedrohlich).

Kardiovaskuläre Erkrankungen

Bluthochdruck ist ein kardiovaskulärer Risikofaktor, der zu Gefäßverletzungen, Arteriosklerose, Schlaganfall oder Herzinfarkt führen kann. Bei Patienten mit Bluthochdruck sollten adrenalinhaltige Lokalanästhetika nur in geringer Konzentration verwendet und intravasale Injektionen vermieden werden. Starke Kopfschmerzen können ein Zeichen für zu hohen Blutdruck sein und müssen sofort überprüft werden.

Koronare Herzkrankheit (KHK) kann zu einem thrombotischen Verschluss der Koronargefäße führen, der eine Minderperfusion des Myokards zur Folge hat. Bei Patienten mit KHK ist eine Tachykardie unbedingt zu vermeiden, und die Sauerstoffversorgung sollte während der Behandlung überwacht werden. In den ersten 6 Monaten nach einem Myokardinfarkt sollten keine zahnärztlichen Routinebehandlungen durchgeführt werden.

Herzrhythmusstörungen können in bradykarde und tachykarde Rhythmusstörungen unterteilt werden. Bei der Bradykardie sinkt die Herzfrequenz, was durch Manipulation im Rachen oder adrenalinhaltige Lokalanästhetika ausgelöst werden kann. Bei der Tachykardie steigt die Herzfrequenz, was bei kardial vorerkrankten Patienten zu Kammerflattern oder Kammerflimmern führen kann. Bei schweren Rhythmusstörungen müssen adrenalinfreie Lokalanästhetika verwendet werden.

Vorhofflimmern ist die häufigste Herzrhythmusstörung, die oft mit gerinnungshemmenden Medikamenten behandelt wird. Bei zahnärztlichen Eingriffen ist daher auf ein erhöhtes Blutungsrisiko zu achten.

Patienten mit künstlichen Herzklappen oder einer Herztransplantation sollten idealerweise vor der Implantation eine vollständige Zahnsanierung erhalten. In den ersten 6 Monaten nach dem Klappenersatz dürfen keine zahnärztlichen Behandlungen durchgeführt werden, um das Risiko einer Endokarditis zu minimieren.

Endokarditisprophylaxe

Die Indikationen für eine Antibiotikaprophylaxe wurden in den letzten Jahren reduziert und umfassen nur noch Hochrisikopatientengruppen. Bei Eingriffen mit Manipulationen an der Gingiva, der periapikalen Zahnregion oder mit Perforationen der oralen Mukosa muss eine antibiotische Abschirmung erfolgen.

Antikoagulation

Bei Patienten unter dauerhafter Antikoagulationstherapie ist das Gerinnungsmanagement prä-, peri- und postoperativ entscheidend. Bei Monotherapie mit einem Thrombozytenaggregationshemmer sollte die Therapie weitergeführt werden, während bei Dual- oder Tripletherapie elektive Eingriffe möglichst vermieden werden sollten. Bei Einnahme von Cumarinen oder neuen oralen Antikoagulanzien (NOAKs) ist mit einem erhöhten Blutungsrisiko zu rechnen.

Bisphosphonate

Bei Patienten unter dauerhafter antiresorptiver Therapie mit Bisphosphonaten oder Denosumab besteht das Risiko von Kiefernekrosen. Vor Beginn der Therapie sollte eine umfangreiche zahnärztliche Untersuchung und Sanierung erfolgen. Unter laufender Therapie sollten elektive invasive Maßnahmen vermieden werden.

Diabetes mellitus

Schlecht eingestellter Diabetes mellitus kann die Wundheilung beeinträchtigen und das Infektionsrisiko erhöhen. Eine gute Blutzuckereinstellung ist daher vor zahnärztlichen Eingriffen anzustreben.

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