Ein Schlaganfall kann vielfältige Auswirkungen auf den Körper haben, darunter auch Schulterschmerzen. Diese können die motorische Erholung, die Aktivität und die Lebensqualität der Betroffenen erheblich beeinträchtigen. Es ist wichtig, die Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten von Schulterschmerzen nach einem Schlaganfall zu verstehen, um eine effektive Therapie zu gewährleisten.
Auswirkungen eines Schlaganfalls auf den Körper
Ein Schlaganfall kann den Sehnerv beeinträchtigen und zu Sehstörungen oder Gesichtsfeldeinschränkungen führen. Hierbei handelt es sich oft um neuromuskuläre Schädigungen, die nicht bedeuten, dass die Augen selbst defekt sind.
Sehstörung durch neuromuskulären Kontrollverlust
Wenn der Schlaganfall die Kontrolle über die Augenmuskeln beeinträchtigt, kann dies die Sehkraft beeinflussen. Ein typisches Symptom ist Doppelsichtigkeit.
Gesichtsfeldeinschränkung durch mangelnde Verarbeitungsfähigkeit
Eine Gesichtsfeldeinschränkung tritt auf, wenn das Gehirn visuelle Signale nicht richtig verarbeiten kann. Dies ist eine häufige Sehstörung nach einem Schlaganfall. Die Sehnerven leiten zwar die Informationen weiter, aber das Gehirn kann diese nicht verarbeiten. Betroffene nehmen ihre Umgebung nur noch mit einem Auge oder einem kleinen Ausschnitt des Gesichtsfeldes wahr, was dazu führen kann, dass Personen und Gegenstände übersehen werden. Dies führt zu Unsicherheiten, Einschränkungen im Alltag und Schwierigkeiten beim Lesen.
Hemineglect
Ein Hemineglect ist eine Aufmerksamkeitsstörung, die nicht nur das Sehen betrifft, sondern auch andere Sinne wie Fühlen, Hören, Schmecken und Riechen. Diese einseitige Störung kann ebenfalls eine Folge eines Schlaganfalls sein.
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Schulterschmerzen nach Schlaganfall
Das Auftreten von Schulterschmerzen nach einem Schlaganfall ist eine häufige Komplikation. Studien zeigen, dass Schulterschmerzen bei 15 bis 40 % der Betroffenen auftreten und oft mit einer Subluxation (teilweise Ausrenkung) des Schultergelenks einhergehen.
Ursachen von Schulterschmerzen
Die Ursache für Schulterschmerzen nach einem Schlaganfall liegt oft in der unzureichenden muskulären Sicherung des Schultergelenks aufgrund der Lähmung. Durch die resultierende Schulter-Arm-Syndrom-Quote (Shoulder-Hand-Syndrome/SHS) nach einer Schultersubluxation können schmerzhafte Schulter- und ödematöse Handgelenke in Kombination mit lähmungsbedingten Bewegungseinschränkungen auftreten.
Das Impingement-Syndrom der Schulter
Das Impingement-Syndrom beschreibt einen Schmerzzustand der Schulter, der durch eine Beeinträchtigung (Reizung) von Strukturen unterhalb des knöchernen Schulterdaches entsteht. Die Beschwerden sind oft im vorderen äußeren Schulterbereich lokalisiert und können in den Oberarm ausstrahlen. Unbehandelt kann es zu degenerativen Veränderungen und Entzündungen der Sehnen kommen, die zu Rissen der Sehnen führen können ("Rotatorenmanschettenruptur").
Ursachen des Impingement-Syndroms
Neben mechanisch bedingten Ursachen können auch Erkrankungen der Sehnen selbst eine Rolle spielen. Bei einem Impingement-Syndrom der Schulter kommt es zu einer Verengung unter dem Schulterdach, wodurch Muskeln, Sehnen oder Nerven eingeklemmt werden. Dies führt zu schmerzhaften Reizungen und einer deutlichen Einschränkung der Beweglichkeit. In der Folge kommt es oft zu Entzündungen von Sehnen oder Schleimbeuteln, die wiederum mit einer Schwellung einhergehen und den Gelenkraum noch weiter verengen.
Die Erkrankung wird auch als Schulterengpass-Syndrom oder Engpass-Syndrom der Schulter bezeichnet und tritt meist um das 50. Lebensjahr herum auf.
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Formen des Impingement-Syndroms
- Primäres Outlet-Impingement-Syndrom: Entsteht durch eine Veränderung der knöchernen Strukturen, beispielsweise durch einen Knochensporn.
- Sekundäres Non-Outlet-Impingement-Syndrom: Hier gibt es keine knöcherne Veränderung, die Beschwerden werden von den umliegenden Weichteilen verursacht. In seltenen Fällen kann auch ein muskuläres Ungleichgewicht die Stabilität und Biomechanik der Schulter beeinträchtigen.
Symptome des Impingement-Syndroms
Ein Schulter-Impingement äußert sich durch Schmerzen in der Schulter, die sowohl in der Nacht als auch am Tag auftreten. Das Liegen auf der betroffenen Seite ist oft sehr unangenehm, weil es die Schmerzen meist noch verstärkt. Typisch sind auch Schmerzen beim seitlichen Anheben des Oberarms leicht unterhalb und oberhalb der Schulterhöhe, da Teile von Sehnen oder Schleimbeutel zwischen Schulterdach und Oberarmknochen eingeklemmt werden. Auch alltägliche Tätigkeiten, die über dem Kopf ausgeführt werden, oder das Anziehen von Kleidungsstücken mit nach hinten gestreckten Armen können Schmerzen hervorrufen.
Um schmerzhafte Bewegungen zu verhindern, nehmen die Betroffenen immer stärker eine Schonhaltung ein. Dieser Bewegungsmangel führt oft zu einem Muskelschwund, der die Schulter noch instabiler macht.
Diagnose von Schulterschmerzen
Eine frühzeitige und zuverlässige Abklärung der Ursache von Schulterschmerzen ist entscheidend für eine erfolgreiche Behandlung.
Anamnese und körperliche Untersuchung
Zunächst erheben Spezialisten für Orthopädie und Unfallchirurgie die Krankengeschichte (Anamnese) des Patienten. Dabei werden verschiedene Fragen gestellt, auch um andere mögliche Ursachen eines Schulter-Impingements auszuschließen. Dazu gehört zum Beispiel die Entzündung der Bursa subacromialis, des wichtigsten Schleimbeutels der Schulter. Anschließend erfolgt eine körperliche Untersuchung, bei der die Schulter genau betrachtet und verschiedene Tests zur Beweglichkeit des Schultergelenks durchgeführt werden.
Klinische Tests
- Nackengriff: Der Patient versucht, die Hände mit dem Daumen nach unten in den Nacken zu legen.
- Schürzengriff: Der Patient versucht, mit den Händen eine imaginäre Schürze hinter dem Rücken zu binden.
- Jobe-Test: Der Patient spreizt die Arme auf Schulterhöhe mit gestrecktem Ellenbogengelenk ab und dreht die Hände ein. Anschließend soll er einem bestimmten Druck standhalten.
- Neer-Test: Der Arm des Patienten wird in eine bestimmte Position gedreht, während das Schulterblatt fixiert wird.
Bildgebende Verfahren
- Röntgenuntersuchung: Ermöglicht eine gute Gelenkübersicht und kann knöcherne Veränderungen zuverlässig erkennen.
- Ultraschalluntersuchung (Sonografie): Bei Verdacht auf mögliche Flüssigkeitsansammlungen im Gelenkspalt können Veränderungen des Schleimbeutels oder von muskulären Strukturen der Schulter gut dargestellt werden. Auch die Sehnen der Rotatorenmanschette können mit Ultraschall sehr gut beurteilt werden. Zudem gibt die Sonografie Hinweise für eventuelle Begleiterkrankungen.
- Kernspintomografie (Magnetresonanztomografie, MRT): In manchen Fällen, zum Beispiel im Vorfeld einer Operation zur Rekonstruktion des Schultergelenks, ist der Einsatz einer MRT sinnvoll, um die Weichteildiagnostik vor dem Eingriff zu vervollständigen.
- Spezielle Röntgenaufnahmen: Können das Schulterdach und das Schultereckgelenk darstellen und Ursachen wie Knochensporne, Arthrose des Schultereckgelenkes oder Sehnenverkalkungen nachweisen.
- Injektionen: Injektionen in die Schulter, wie z. B. unter das Schulterdach, in das Schultergelenk oder das Schultereckgelenk, können für die exakte Diagnosestellung hilfreich sein.
Behandlung von Schulterschmerzen nach Schlaganfall
Die Behandlung von Schulterschmerzen nach einem Schlaganfall zielt darauf ab, die Schmerzen zu lindern, die Beweglichkeit wiederherzustellen und die Lebensqualität zu verbessern. Es gibt verschiedene konservative und operative Behandlungsmöglichkeiten.
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Konservative Therapie
Am Beginn der Behandlung steht in der Regel eine konservative Therapie.
- Physikalische Anwendungen: Bei akuten Beschwerden werden physikalische Anwendungen verordnet.
- Medikamentöse Therapie: Orale nichtsteroidale Antiphlogistika oder Analgetika können zur Schmerzlinderung eingesetzt werden.
- Injektionen: Injektionen mit entzündungshemmenden Medikamenten können ebenfalls zur Schmerzlinderung beitragen.
- Elektrotherapie und Tapen: Elektrotherapie, Tapen der Schulter und endgradiges passives Bewegen scheinen wirkungsvolle Präventions- und Behandlungsmöglichkeiten von Schulterschmerz zu sein.
- Bewegung: Viel Bewegung ist wichtig, um die Spastik positiv zu beeinflussen. Dabei sollte die Bewegung möglichst aktiv und therapeutisch begleitet sein.
- Schienen: Das konsequente Tragen von Schienen, beispielsweise in der Nacht, kann helfen, Fehlstellungen zu vermeiden.
- Hilfsmittel: Das Bewegen mit Hilfsmitteln spielt eine große Rolle, um die Mobilität zu erhalten oder wiederherzustellen.
Operative Therapie
Bei anhaltenden, chronischen Beschwerden trotz konservativer Therapie und den oben genannten strukturellen Ursachen ist oftmals nur eine operative Behandlung erfolgreich.
- Gelenkspiegelung (Arthroskopie): Dabei kann der entzündete Schleimbeutel entfernt ("Bursektomie") und knöcherne Einengungen des Schulterdaches weggefräst werden ("Dekompression", "Akromioplastik"). Durch diese operativen Maßnahmen wird das schmerzhafte Entzündungsgewebe entfernt und den Sehnen der Schulter wieder mehr Raum bei Bewegung geschaffen. Im Rahmen solcher Gelenkspiegelungen sind gleichzeitig auch andere Ursachen eines Impingement-Syndroms (Kalkdepots oder Risse der Sehnen) operativ behandelbar.
Ablauf der Arthroskopie
Die Dauer solcher Arthroskopien ist abhängig vom Umfang der therapeutischen Maßnahmen. Bei nicht-rekonstruktiven Eingriffen wie z. B. einer alleinigen Erweiterung des Raumes unterhalb des Schulterdaches dauert die Operation ca. 30 Minuten. Eine Ruhigstellung des Armes nach der Operation ist bei einer alleinigen Erweiterung des Raumes unterhalb des Schulterdaches oder einer Kalkdepotentfernung nicht notwendig. Am Tag nach der Operation wird der Drainageschlauch entfernt, der in den ersten Stunden nach der Operation ein Abfließen von Blut und Wundsekret sicherstellt. Mit der physiotherapeutischen Beübung wird ebenfalls am ersten Tag nach der Operation begonnen.
Orthesenversorgung
Nach einem Schlaganfall kann eine Körperhälfte ganz oder teilweise gelähmt sein. Für diese Ausfälle gibt es für die Versorgung der Schulter, der Hand, des Knies und des Fußes verschiedene Orthesen. Die Schulter ist aufgrund ihrer hauptsächlich muskulären Führung nach einem Schlaganfall gefährdet, schmerzhaft aus ihrer ursprünglichen Position zu geraten. In diesem Fall kann eine Schultergelenksorthese eine wertvolle Unterstützung bieten, sowohl die Schmerzen einzudämmen als auch eine natürliche Haltung zu fördern.
Je nach Schwere der Lähmung oder der eingetretenen Spastik gibt es verschiedene Versorgungsoptionen. Für eine gelähmte Hand, bei der es in erster Linie darum geht, die natürliche, schmerzfreie Position zu gewährleisten, stehen vorkonfektionierte Schienen zur Verfügung. Sind schon leichte Funktionen vorhanden, kann eine Orthese die funktionelle Stellung des Gelenks stabilisieren und somit eine aktivierende Rehabilitation des Armes positiv unterstützen. Auch für die Vermeidung oder Behandlung von Kontrakturen gibt es vielfältige Auswahlmöglichkeiten. Sollten die Fehlstellungen allerdings zu ausgeprägt sein, kann eine Maßanfertigung nach Gipsabdruck erforderlich werden, um eine individuelle Lösung zu finden.
Funktionelle Elektrostimulation (FES)
Zusätzlich könnte eine funktionelle Elektrostimulation (FES) zur Muskelaktivierung von Bedeutung sein. Hierbei werden die Nerven aktiviert, die das zentrale Nervensystem nicht mehr ansteuert. Eine Aktivierung der Nerven, die für die Fußhebung zuständig sind, kann für ein sicheres Gangbild sorgen. Ob eine solche Versorgung in Frage kommt, muss in Abstimmung mit dem ärztlichen Fachpersonal, den Orthopädietechnikern und den Therapierenden abgeklärt werden, da hierfür bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein müssen.
Schulter-Arm-Syndrom (SHS) und Orthesen
Eine häufige Komplikation einer schlaffen Lähmung der oberen Extremität ist die Entwicklung eines SHS, das mit einem schlechteren Outcome assoziiert ist. In den Fällen, in denen die schmerzhafte Schulter in Verbindung mit einer Subluxation auftrat, konnte durch den Einsatz einer klassischen Hals-Arm-Schlinge eine effektive Schmerzlinderung erreicht werden. Im Rahmen der Rehabilitation einer Armparese ist eine Immobilisation des betroffenen Arms durch eine Hals-Arm-Schlinge jedoch problematisch, da diese eine effektive Therapie verhindert, den Arm am Körper fixiert und durch Ruhigstellung den erlernten Nichtgebrauch fördert.
Studien und Forschung
Es gibt verschiedene Studien, die die Wirksamkeit verschiedener Behandlungsansätze bei Schulterschmerzen nach Schlaganfall untersucht haben.
Orthesenstudien
Zorowitz et al. untersuchten die Wirkung verschiedener Orthesen bei einer Schultersubluxation und konnten für alle Orthesen eine Verbesserung der Subluxation nachweisen, wobei bei verschiedenen Patienten jeweils eine andere Orthese die beste Wirkung zeigte. Die Autoren schlussfolgerten, dass die orthetische Versorgung einer Schultersubluxation individuell erfolgen muss.
Eine klinische Studie von Hartwig et al. untersuchte die Anwendung einer speziellen Schultersubluxationsorthese (Neuro-Lux®) in Zusammenhang mit einem SHS. Die Studie zeigte eine signifikante klinische Wirksamkeit der Schultergelenk-Funktionsorthese Neuro-Lux® zur Vermeidung bzw. zur Minderung eines bestehenden SHS.
Weitere Therapieansätze
Ein Review von Ada et al. identifizierte vier Untersuchungen, die den Effekt einer orthetischen Versorgung auf die Prävention einer Subluxation, die Repositionierung des Humeruskopfes, die Schmerzreduktion und die Verbesserung der motorischen Funktion der Schulter nach Schlaganfall untersuchten. Zusammenfassend konnte für die Verwendung einer Schulterschlinge keine eindeutige Evidenz gezeigt werden. Lediglich das Taping der subluxierten Schulter schien den Schmerzbeginn zu verzögern, eine Schmerzabnahme konnte dadurch jedoch nicht erreicht werden.
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