Sven Kuntze, ein bekannter deutscher Journalist und Fernsehmoderator, blickt auf ein bewegtes Leben zurück. Seine Karriere führte ihn von Bonn über New York und Washington bis nach Berlin, wo er als Hauptstadtkorrespondent arbeitete. Bekannt wurde er vor allem durch seine Moderation des ARD-Morgenmagazins. Doch Kuntzes Leben ist nicht nur von beruflichen Erfolgen geprägt, sondern auch von persönlichen Schicksalsschlägen und einer kritischen Auseinandersetzung mit seiner eigenen Generation.
Die Diagnose und ihre Folgen
Im Sommer 2013 erfuhr Sven Kuntze von einem Gehirntumor. Die Operation in Tübingen, die eigentlich alles zum Guten wenden sollte, hatte unerwartete Folgen: Ein Gesichtsnerv wurde durchtrennt, was zu einer Lähmung seiner linken Gesichtshälfte führte. Diese Veränderung, die sich wie ein Schlaganfall äußerte, warf Kuntze aus der Bahn. Nicht nur sein Aussehen veränderte sich, auch seine Sprachfähigkeit war beeinträchtigt. Er musste lernen, mit dieser neuen Realität zu leben, eine Realität, die ihn auch von vielen Menschen unkenntlich machte.
Umgang mit der Krankheit
Trotz des Schocks und der damit verbundenen Einschränkungen bewahrt Sven Kuntze eine bemerkenswerte Haltung. Er akzeptiert die Situation mit stoischer Gelassenheit: „Das is nun so“, sagt er, um Mitleid zu vermeiden. Er gesteht sich ein, dass er manchmal Bitterkeit und Rachegelüste verspürt, wie jeder Mensch, dem ein solcher Verlust widerfährt. Doch er entdeckt auch die Kraft der Verdrängung, die er in seiner Jugend kritisiert hatte. Statt schonungsloser Offenheit wählt er nun die gnädige Lüge und das wohltuende Schweigen.
"Die schamlose Generation": Eine Abrechnung
Die Krankheit wurde für Sven Kuntze zum Anlass, sich noch intensiver mit seiner eigenen Generation auseinanderzusetzen. In seinem Buch „Die schamlose Generation“ rechnet er schonungslos mit den „Vierziger“-Geborenen ab, denen er vorwirft, den Nachgeborenen eine „niederschmetternde Mängelliste“ hinterlassen zu haben: überschuldete Haushalte, ein ruiniertes Klima und ein Leben auf Kosten zukünftiger Generationen. Kuntze sieht seine Generation als „Abzocker“ und „Fledderer der Zukunft“ und fordert sie auf, den Mund zu halten und sich im Hintergrund zu halten.
Kritik an Selbstverliebtheit und Doppelmoral
Kuntze kritisiert die Selbstverliebtheit seiner Generation, ihre Neigung zum Wasserpredigen und Weinverkosten sowie ihr Prassen, als gäbe es kein Morgen. Er wirft ihnen vor, es sich auf Kosten der Kinder und Enkel ordentlich gut gehen zu lassen und ein Rentenniveau von 80 bis 90 Prozent zu genießen, während die nachfolgenden Generationen mit 45 Prozent leben müssen. Besonders ärgert ihn die scheinbare Gleichgültigkeit der Jüngeren gegenüber dieser Ungerechtigkeit.
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Forderungen nach Verantwortung und Verzicht
Kuntze fordert von seiner Generation Zurückhaltung und Verantwortung. Sie sollten sich die Rente nach oben kappen und das Geld in Fonds für ihre Kinder und Enkel einzahlen. Verantwortungsvolle Politik würde keine Renten mehr erhöhen, sondern senken. Er zitiert den Satz: „Unsere Kinder sollen es einmal besser haben“, der für seine Eltern eine Selbstverständlichkeit war, von seiner Generation aber aufgegeben wurde.
Altern wie ein Gentleman: Ein Bestseller und seine Fortsetzung
Bereits vor seiner Erkrankung beschäftigte sich Sven Kuntze intensiv mit dem Thema Altern. Sein Buch „Altern wie ein Gentleman“ (2011) wurde zum Bestseller. Darin plädierte er für Alters-WGs und einen würdigen Freitod. In seinem neuen Buch „Alt sein wie ein Gentleman“ setzt er sich humorvoll und tiefsinnig mit den Zipperlein des Alters auseinander. Er gibt Ratschläge, wie man mit zunehmenden Gebrechen umgehen und das Rentnerdasein akzeptieren kann.
Tipps für ein gelassenes Altern
Kuntze rät älteren Menschen, sich bewusst zu machen, was noch geht, und sich mit dem zufrieden zu geben, was das Leben bisher zugestanden hat. Statt langer Wanderungen gibt es Spaziergänge im Park, der Sport beschränkt sich auf gesundheitliche Maßnahmen, und gelesen wird eher leichte Unterhaltungsliteratur statt schwerer Wälzer. Er empfiehlt, sich bei einem guten Gläschen Wein zu entspannen, auch wenn Ärzte „keinen Tropfen Alkohol mehr“ predigen, und den Blickwinkel zu ändern: Verluste im Alter seien verblüffend häufig Gewinn.
Partnerschaft und Sexualität im Alter
Kuntze thematisiert auch Tabus wie den Verlust der Lust in Beziehungen im Alter. Er stellt fest, dass Alte sich über alles Mögliche austauschen, aber nicht über das Thema Sex. Sein selbstironischer Kommentar: „Klug handelt, wer dem Riesen Ruhe gönnt. Auch er ist müde. Wer kein Verlangen hat, spürt keine Entbehrung.“ Er rät, die Reste der libidinösen Energien in Fürsorglichkeit, Freundschaft und Zärtlichkeit im Umgang miteinander zu investieren.
Die Bedeutung von Freundschaften und sozialen Kontakten
Kuntze betont die Bedeutung von Freundschaften und sozialen Kontakten im Alter. Eine wetterfeste, konflikterfahrene Partnerschaft sei das beste Bündnis gegen die Herausforderungen des Alters, ebenso gute Freunde. Getreu dem Motto: Geteiltes Leid ist halbes Leid. Er selbst füllt seine Tage mit Cafébesuchen, Kinobesuchen, Lesen, Kochen, Treffen mit Freunden und Stadionbesuchen. Er macht vor allem Sachen, die keine Fäden in die Zukunft haben und nur wenige in die Vergangenheit, sondern vor allem für den Augenblick taugen.
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Verdrängung als Überlebensstrategie
Kuntze bekennt sich offen zur Verdrängung als einer psychosozialen Technik von größter Nützlichkeit. Er hat sie zu einem „wundervollen Instrument“ ausgebaut, um mit der Endlichkeit des Lebens umzugehen. Er rät, die Verdrängung zu hegen und zu pflegen, da man sie im Alter noch brauchen werde. Außerdem empfiehlt er, auf Zukunft zu verzichten und im Augenblick zu leben.
Trennung von Inka Schneider
Neben seinen beruflichen und gesundheitlichen Herausforderungen sorgte auch die Trennung von seiner Lebensgefährtin, der TV-Journalistin Inka Schneider, für Aufsehen. Die beiden galten lange als ein Paar, doch schließlich gingen sie getrennte Wege. Die Trennung wurde von beiden Seiten sachlich und respektvoll kommuniziert. Gründe für die Trennung wurden nicht genannt, doch es wird vermutet, dass der Altersunterschied und unterschiedliche Lebensentwürfe eine Rolle gespielt haben könnten.
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