Jährlich erleiden in Deutschland mehr als eine Viertelmillion Menschen einen Schlaganfall. Diese Erkrankung gehört zu den häufigsten Todesursachen und ist gleichzeitig eine Hauptursache für dauerhafte Behinderungen. Daher ist ein schnelles Handeln bei den ersten Anzeichen entscheidend. Viele Patienten glauben, dass nach einem überstandenen Schlaganfall das Schlimmste vorbei ist, aber das ist oft nicht der Fall. Etwa jeder zehnte Mensch erleidet innerhalb eines Jahres einen zweiten Schlaganfall und etwa jeder vierte innerhalb der nächsten fünf Jahre. Es ist wichtig, die Risikofaktoren zu kennen und Maßnahmen zu ergreifen, um einen weiteren Schlaganfall zu verhindern.
Mögliche Ursachen für wiederholte Schlaganfälle
Die Ursachen für einen wiederholten Schlaganfall sind vielfältig. Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass der Schlaganfalltyp die Entstehung eines zweiten Schlaganfalls beeinflussen kann. Menschen, die einen Schlaganfall aufgrund einer Durchblutungsstörung (ischämischer Schlaganfall oder Hirninfarkt) erlitten haben, der durch Vorhofflimmern, Herzinsuffizienz oder eine Herzklappenerkrankung ausgelöst wurde, erleiden häufiger einen zweiten Hirninfarkt als Menschen mit einer vorangegangenen Hirnblutung (hämorrhagischer Schlaganfall).
Weitere Risikofaktoren für einen zweiten Schlaganfall sind Erkrankungen, die bereits vor dem ersten Ereignis bestanden und als Risikofaktoren gelten. Dazu gehören:
- Arteriosklerose
- Bluthochdruck (Hypertonie)
- Vorhofflimmern
- Übergewicht oder Fettleibigkeit (Adipositas)
- Hoher Cholesterinspiegel
- Diabetes mellitus
Diese Erkrankungen bestehen in der Regel auch nach einem Schlaganfall fort und stellen, wenn sie unbehandelt bleiben, weiterhin ein Risiko dar. Auch der Lebensstil birgt Risiken. Gewohnheiten, die die Wahrscheinlichkeit eines ersten oder erneuten Schlaganfalls stark beeinflussen, sind:
- Rauchen
- Fettige Ernährung
- Übermäßiger Konsum von Alkohol, Zucker und Salz
- Bewegungsmangel
Die Häufigkeit und der Zeitpunkt von Schlaganfallrezidiven
Eine Analyse von GKV-Routinedaten der AOK Niedersachsen mit 2,7 Millionen Versicherten ergab interessante Einblicke in die Häufigkeit und den Zeitpunkt von Schlaganfallrezidiven. Von den 14.293 Versicherten mit einem erstmaligen Schlaganfall in den Jahren 2010/2011 erlitten bis zum maximalen Nachbeobachtungsjahr 2016 insgesamt 16.879 Schlaganfälle (einschließlich des ersten Schlaganfalls). 2.145 Versicherte (15 %) hatten mindestens ein Rezidiv, darunter 1.786 Versicherte (12,1 %) mit einem Rezidiv, 294 Versicherte (2,1 %) mit zwei Rezidiven und 52 Versicherte (0,04 %) mit drei Rezidiven. Einige wenige Versicherte erlitten sogar vier, fünf oder sechs Rezidive.
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Der durchschnittliche Abstand zwischen dem ersten Ereignis und dem Rezidiv betrug 697 Tage. Wenn ein weiteres Rezidiv auftrat, geschah dies im Durchschnitt nach 450 Tagen. Die Ergebnisse der Kaplan-Meier-Analysen zeigen ein Rezidivrisiko von 1,2 % nach 30 Tagen, 3,4 % nach 90 Tagen, 7,4 % nach einem Jahr und 19,4 % nach fünf Jahren. Das jährliche Risiko, ein Rezidiv zu erleiden, lag im ersten Jahr bei 7,4 %, im zweiten Jahr bei 3,7 %, im dritten Jahr bei 2,8 %, im vierten Jahr bei 2,9 % und im fünften Jahr nach dem ersten Ereignis bei 2,6 %.
Eine ergänzende Cox-Regression untersuchte den Einfluss des Schlaganfalltyps auf die Wahrscheinlichkeit eines Rezidivs. Dabei zeigte sich, dass Frauen ein geringeres Risiko haben, ein Rezidiv zu erleiden, während das Risiko mit jedem zusätzlichen Lebensjahr ansteigt. Hirninfarkte und Schlaganfälle, die nicht als Blutung oder Infarkt klassifiziert wurden, wiesen signifikant geringere Rezidivwahrscheinlichkeiten auf als Subarachnoidalblutungen.
Die Mortalität nach einem Schlaganfall
Die Kaplan-Meier-Überlebenszeitanalysen zur Mortalität zeigen, dass 30 Tage nach einem erstmaligen Schlaganfall 6,8 % der Schlaganfallpatienten verstorben waren, nach 90 Tagen waren es bereits 9,4 %. Die längerfristige 1- und 5-Jahres-Mortalität lag bei 17,0 % bzw. 45,0 %. Eine ergänzende Cox-Regressionsanalyse ergab, dass Frauen ein verringertes Mortalitätsrisiko aufwiesen, während das Risiko mit zunehmendem Alter bei Erstschlaganfall kontinuierlich anstieg.
Das Mortalitätsrisiko war bei sonstigen nichttraumatischen intrakraniellen Blutungen, Hirninfarkten und Schlaganfällen, die nicht als Blutung oder Infarkt klassifiziert wurden, signifikant geringer als bei einer Subarachnoidalblutung.
Gesunder Lebensstil bewirkt viel
Unabhängig davon, ob bereits ein Schlaganfall aufgetreten ist oder nicht, ist die Vorbeugung in jedem Fall wichtig. Besonders während der Erholungs- und Rehabilitationsphase können einige vorbeugende Maßnahmen schwerfallen, wie z. B. mehr Bewegung in den Alltag zu integrieren und damit Gewicht abzubauen. In solchen Fällen ist es umso wichtiger, weitere vorbeugende Maßnahmen im Lebensstil zu berücksichtigen. Dazu gehören der Verzicht auf Zigaretten und Alkohol. Eine veränderte Ernährung kann zudem die medikamentösen Maßnahmen unterstützen. Eine salzarme Ernährung hilft, den Blutdruck zu senken, schont die Gefäßwände vor weiterer Schädigung und entlastet gleichzeitig das Herz. Der reduzierte Konsum von zuckerhaltigen Getränken und Snacks sowie von tierischen Fetten wie Käse oder Fleisch unterstützt die Kontrolle der Blutzucker- und Cholesterinwerte. Entsprechende Medikamente können diesen positiven Effekt verstärken.
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Vorbeugung mit Medikamenten
Auch Vorerkrankungen sollten nach einem Schlaganfall im Fokus der Vorbeugung stehen. Allein durch die medikamentöse Behandlung von Bluthochdruck, Diabetes mellitus oder einem erhöhten Cholesterinspiegel sinkt das Risiko eines weiteren Schlaganfalls um 20 bis 30 Prozent - vorausgesetzt, die Medikamente werden konsequent in der vom Arzt bzw. der Ärztin empfohlenen Dosis und Regelmäßigkeit eingenommen. Ein erhöhter Cholesterinspiegel nach einem Schlaganfall wird häufig mit Statinen behandelt.
Um einen weiteren Schlaganfall zu vermeiden, verordnen Ärzte auch gerinnungshemmende Medikamente. Wenn der Schlaganfall nicht durch eine Herzerkrankung wie Vorhofflimmern ausgelöst wurde, kommen in der Regel Thrombozytenfunktionshemmer wie Acetylsalicylsäure oder Clopidogrel zum Einsatz. Mit diesen Wirkstoffen lässt sich das Risiko eines zweiten Schlaganfalls bereits um etwa 15 Prozent senken. Bei Vorhofflimmern haben sich sogenannte orale Antikoagulanzien wie Vitamin-K-Antagonisten oder die neuen oralen Antikoagulanzien bewährt. Konsequent angewendet verhindern diese, dass sich in den Vorhöfen Blutgerinnsel bilden, und sie verringern somit das Risiko für einen erneuten Schlaganfall um bis zu 70 Prozent.
Medikamente zur Vorbeugung eines zweiten Schlaganfalls
Nach einem Schlaganfall werden in der Regel verschiedene Medikamente empfohlen, um das Risiko eines erneuten Ereignisses zu senken. Zu den wichtigsten Medikamentengruppen gehören:
- Plättchenhemmer: Diese Medikamente verhindern, dass sich Blutplättchen an den Gefäßwänden anlagern und aneinanderhaften. Dadurch können sie die Bildung von Blutgerinnseln verhindern, die ein Gefäß im Gehirn verstopfen können. Zu den gängigen Plättchenhemmern gehören Acetylsalicylsäure (ASS) und Clopidogrel.
- Blutdrucksenkende Medikamente: Ein erhöhter Blutdruck ist ein wichtiger Risikofaktor für Schlaganfälle. Medikamente zur Blutdrucksenkung können das Risiko für einen erneuten Schlaganfall deutlich verringern.
- Cholesterinsenkende Medikamente (Statine): Statine werden meist zur Senkung des Cholesterinspiegels eingesetzt. Sie schützen und stabilisieren die Gefäßwände und können dadurch der Bildung von Blutgerinnseln vorbeugen.
- Medikamente bei Vorhofflimmern (Antikoagulanzien): Vorhofflimmern ist eine häufige Herzrhythmusstörung, die das Risiko für Schlaganfälle erhöht. Antikoagulanzien wie Vitamin-K-Antagonisten oder direkte orale Antikoagulanzien (DOAKs) können die Bildung von Blutgerinnseln im Herzen verhindern und so das Schlaganfallrisiko senken.
Es ist wichtig zu beachten, dass alle Medikamente Nebenwirkungen haben können. Die Ärztin oder der Arzt wird die individuellen Risiken und Vorteile der verschiedenen Medikamente sorgfältig abwägen und das am besten geeignete Medikament auswählen.
Mögliche vorbeugende minimalinvasive Maßnahmen
Auch ein minimalinvasiver Eingriff kann einem zweiten Schlaganfall vorbeugen, so etwa, wenn ein persistierendes Foramen ovale (PFO) vorliegt. Dies ist bei etwa jedem vierten Menschen der Fall. Dieses kleine Loch zwischen den Herzvorhöfen schließt sich in der Regel kurz nach der Geburt. Bleibt es erhalten, so kann es vorkommen, dass vom Körperkreislauf kommendes sauerstoffarmes Blut statt in die Lunge direkt auf die andere Herzseite fließt und sich dort mit dem sauerstoffreichen Blut vermischt. Auf diese Weise können aus dem Körper kommende Blutgerinnsel, die sich beispielsweise in den tiefen Beinvenen gebildet haben, in die Hirnarterie geschwemmt werden und so einen Schlaganfall auslösen. Mit einem kleinen Schirmchen, einem sogenannten Okkluder, welches über die Leistenvene mittels eines Katheters bis zum Foramen ovale vorgeschoben wird, lässt sich dieses verschließen und damit die Gefahr eines weiteren Schlaganfalls reduzieren.
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Auch der Verschluss des linken Vorhofohrs, einer kleinen Ausbuchtung im linken Herzvorhof, mittels Okkluder kann das Schlaganfallrisiko senken. Denn durch den Verschluss des linken Vorhofohrs können Ärzte verhindern, dass sich in dieser Ausbuchtung Gerinnsel bilden und von hier in den Körperkreislauf gelangen. Ein Verschluss des linken Vorhofohrs kann vor allem dann sinnvoll sein, wenn eine Therapie mit Antikoagulanzien aus medizinischen Gründen nicht in Frage kommt oder es Betroffenen schwerfällt, die Antikoagulanzien regelmäßig wie verordnet einzunehmen.
Weitere Maßnahmen zur Vorbeugung eines zweiten Schlaganfalls
Neben Medikamenten und minimalinvasiven Eingriffen gibt es weitere Maßnahmen, die helfen können, das Risiko eines zweiten Schlaganfalls zu senken:
- Regelmäßige körperliche Aktivität: Körperliche Aktivität stärkt das Herz und die Gefäße, kann die Cholesterinwerte verbessern und den Blutdruck senken.
- Rauchstopp: Rauchen schädigt die Gefäßwände und erhöht das Risiko für Blutgerinnsel.
- Gesunde Ernährung: Eine ausgewogene Ernährung mit viel Obst, Gemüse, Vollkornprodukten und Fisch kann das Risiko für einen erneuten Schlaganfall senken.
- Gewichtsabnahme bei Übergewicht: Übergewicht erhöht das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Schlaganfälle.
Die Bedeutung der Therapietreue
Ein entscheidender Faktor zur Verhinderung eines erneuten Schlaganfalls ist die Therapietreue, auch Adhärenz oder Compliance genannt. Sie gilt als Schlüssel zum Erfolg zur Vermeidung eines erneuten Schlaganfalls. Adhärenz bedeutet die Einhaltung von Vereinbarungen, die in der Behandlungsphase nach der Akutbehandlung zwischen Arzt und Patient getroffen werden. Die Vorbeugung (Sekundärprävention) gegen einen erneuten Schlaganfall ist das wichtigste Therapieziel. Um es zu erreichen, sind Patienten angehalten, gesund zu leben und die verordneten Medikamente einzunehmen.
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