Zusammenhang zwischen schlechten Zähnen und Demenz: Ein umfassender Überblick

Demenz ist eine komplexe Erkrankung, die Gedächtnis, Denkvermögen und andere kognitive Funktionen beeinträchtigt. Das Risiko, an Demenz zu erkranken, steigt mit dem Alter. In den letzten Jahren hat die Forschung einen möglichen Zusammenhang zwischen Mundgesundheit und Demenzrisiko untersucht. Dieser Artikel beleuchtet die aktuellen Erkenntnisse und diskutiert die möglichen Mechanismen, die diese Verbindung erklären könnten.

Demenz: Eine unheimliche Krankheit

Demenz ist eine unheimliche Krankheit, die durch Beeinträchtigung des Gedächtnisses, des Denkvermögens und weiterer Hirnleistungen gekennzeichnet ist. Sie kann auch zu einer insgesamt geringeren Fitness und Persönlichkeitsveränderungen führen. Demenz ist keine einzelne Krankheit, sondern ein Oberbegriff für über 50 eigenständige Krankheitsformen. Was Demenz besonders unheimlich macht: Meist ist sie mit dem Absterben von Nervenzellen im Gehirn verbunden. Dadurch gehen wichtige Verbindungen verloren.

Der überraschende Risikofaktor: Schlechte Zähne?

Die Frage, ob Zahnverlust gleich Erinnerungsverlust bedeutet, hat in den letzten Jahren vermehrt Aufmerksamkeit erregt. Die Zeitschrift Focus titelte: „Es gibt einen überraschenden Risikofaktor für Demenz“, und der Online-Nachrichtendienst des Fernsehsenders RTL meldete dazu: „Schlechte Zähne erhöhen das Demenz-Risiko“. Diese Schlagzeilen basieren auf Studienergebnissen, die einen Zusammenhang zwischen schlechter Mundgesundheit und einem erhöhten Demenzrisiko nahelegen.

Studienergebnisse im Überblick

Eine Studie der Universität von Ostfinnland kam zu dem Ergebnis: „Mit jedem verlorenen Zahn erhöht sich das Risiko, an Demenz zu erkranken, um 1,1 Prozent.“ Eine aktuelle Veröffentlichung chinesischer Wissenschaftler, die in einer groß angelegten Studie mit über 400.000 Probanden schlussfolgerten: Schlechte Mundgesundheit ist mit einem höheren Risiko für Demenz assoziiert. Weniger Zähne erhöhen das Risiko für eine Demenz-Erkrankung um 60 bis 80 Prozent bei über 60-Jährigen im Vergleich zu Gleichaltrigen, die noch mehr als 20 Zähne besitzen. Eine japanische Studie steuert die „magische Zahl“ 20 bei: Mit weniger Zähnen steigt das Risiko deutlich.

Die Rolle von Prothesen

Ein interessantes Detail: Zwar gilt das Tragen von Prothesen einerseits als Prädikator für kognitiven Verfall. Andererseits scheint es im Falle fehlender Zähne angeraten zu sein, diese durch eine geeignete Therapie zu ersetzen. Unter anderem kamen die Wissenschaftler zu dem Ergebnis, dass das Tragen von Prothesen mit einem erhöhten Demenz-Risiko assoziiert ist. Sie stellten zudem eine Verbindung zwischen Prothesen und einem schnelleren kognitiven Verfall fest - einschließlich längerer Reaktionszeiten und eines schlechteren Zahlengedächtnisses.

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Die Verbindung zwischen Mundgesundheit und Allgemeingesundheit

Es ist heute in der Fachwelt anerkannt: Mundgesundheit und Allgemeingesundheit beeinflussen sich gegenseitig. Beispielsweise trägt ein schlecht eingestellter Diabetiker ein höheres Risiko für Zahnfleischentzündung. Generell kann sich eine Entzündung in Körperregion A auf Körperregion B auswirken. Dies trifft insbesondere auf Munderkrankungen zu. Schwere Zahnfleischentzündungen (Parodontitis), die sich zwar durch stringente Therapie- und Prophylaxemaßnahmen stoppen, aber kaum ausheilen lassen, stehen mit verschiedenen Allgemeinerkrankungen in Wechselbeziehung. Wie im Allgemeinen Mundgesundheit mit der Gesundheit und Fitness des gesamten Körpers zusammenhängt, so auch im Speziellen mit dem Gehirn. Ein Beispiel stellt die Beziehung zwischen einer schweren Zahnfleischentzündung (Parodontitis) und einem Schlaganfall, d. h. Damit wird plausibel, dass auch andere Erkrankungen des Gehirns mit Parodontitis in Zusammenhang stehen könnten, insbesondere Demenz.

Mögliche Mechanismen der Verbindung

Die vorliegenden wissenschaftliche Studien haben zahlreiche statistische Aussagen hervorgebracht. Dies ist aber keine Aussage über Ursache und Wirkung. könnten beispielsweise eine gemeinsame Ursache (3) haben; diese könnte in einer anderen Körperregion lokalisiert sein oder sogar außerhalb des Körpers liegen (z. B. Umwelteinflüsse). Allerdings spricht doch einiges für eine direkte Ursache-Wirkungs-Beziehung zwischen Mund und Gehirn: Zähne, Zahnfleisch und Mundschleimhaut sind über Nerven und Blutgefäße mit dem gesamten Körper verbunden. Damit erscheint es plausibel, dass Bakterien und ihre potenziell giftigen Stoffwechselprodukte den Menschen als ganzen schwächen und auch speziell im Gehirn Schädigungen verursachen können.

Mikrobiologische Ebene

Während solche Überlegungen auf die mikrobiologische Ebene abzielen, gibt es auch makrophysiologische Ansatzpunkte für Ursache-Wirkungs-Beziehungen. Bakterielle Infektionen, insbesondere Parodontitis, können lang andauernde Entzündungsreaktionen im ganzen Körper auslösen. Die Daten deuten darauf hin, dass Zahnfleischerkrankungen - der Hauptgrund für Zahnverlust - kognitiven Zerfall begünstigen. Zahnfleischerkrankungen begünstigen eine Entzündung des zentralen Nervensystems. Zahnfleischerkrankungen: Ist das Zahnfleisch entzündet, erhöhen sich in der Regel auch die Entzündungswerte im Blut. Die Folge: Neuronen sterben ab, was den kognitiven Verfall begünstigt.

Makrophysiologische Ebene

Sie erscheinen sogar besonders naheliegend - zum Beispiel diese: Ausreichend viele Zähne sorgen für eine gute Kaufunktion. Das Kauen regt seinerseits die Zirkulation von Blut und Sauerstoff im gesamten Kopf an, insbesondere im Gehirn. Eine gute Kaufunktion macht darüber hinaus eine ausreichende und ausgewogene Ernährung erst möglich. Zahnverlust führt außerdem dazu, dass man weniger kaut. Weniger Kaubewegungen könnten laut den Studienautoren zu negativen Veränderungen im Gehirn führen. Zahnverlust: Menschen mit fehlenden Zähnen ernähren sich teils weniger nahrhaft. So fehlen auf lange Sicht wichtige Nährstoffe, wodurch sich der kognitiven Verfall beschleunigt. Damit einher geht, dass während des Kauens der Blut- und Sauerstofffluss zum Gehirn gefördert wird. Bei Zahnverlust kaut man jedoch in der Regel seltener. Außerdem kann Zahnverlust die Gehirnleistung beeinträchtigen, indem er die Kieferstärke verringert, was zum Abbau an grauer Substanz führt.

Traditionelle Chinesische Medizin (TCM)

Beispielsweise wird schon in der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) auf direkte energetische Verbindungen zwischen einzelnen Zähnen und Organen bzw. Organsystemen hingewiesen: Schneidezähne mit Niere, Schilddrüse und Blase, Eckzähne mit Leber, Galle und Augen, Backenzähne mit Magen und Darm.

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Mundhygiene als "prophylaktische Hirnhygiene"

Es versteht sich von selbst, dass bei kognitiven Beeinträchtigungen von Patienten auch deren Verständnis für Körperpflege im Allgemeinen und Mundhygiene im Besonderen nachlässt. Dabei ist sie gerade bei ebendiesen Patienten besonders wichtig. Denn eine gute Mundhygiene begünstigt eine gesunde Ernährung und senkt das Risiko für ein Übergreifen von Entzündungserregern aus dem Mund auf andere Körperareale, insbesondere auf das Gehirn. Darum ist Mundhygiene stets auch „prophylaktische Hirnhygiene“. Hinzu kommen die naheliegenden Gründe: Ein nachlassendes Verständnis für Körperpflege und Mundhygiene erhöht tendenziell das Risiko für Erkrankungen wie Zahnfleischentzündungen (Gingivitis oder, in der schweren Form mit Schädigung des Zahnhalteapparats, Parodontitis), Entzündung der Zunge (Glossitis), Entzündung der Mundschleimhaut (Stomatitis), Pilzbefall der Mundschleimhaut (Mundsoor), Einrisse an Mund- und/oder Nasenwinkel bzw. auf der Zunge (Rhagaden). Die entzündlichen Erkrankungen, insbesondere Parodontitis, stellen bei nicht-adäquater Therapie und Prophylaxe ein Risiko für Zahnverlust dar.

Tipps für die perfekte Zahnpflege und Mundhygiene

Die tägliche Zahnputzroutine und weitere Maßnahmen der häuslichen Prophylaxe sowie regelmäßige Zahnarztbesuche, bei Bedarf (z. B. „Diagnose Parodontitis“) in kleineren Abständen, tragen zur Aufrechterhaltung der Mundgesundheit und darüber hinaus der kognitiven Fähigkeiten bei. Demente Patienten bedürfen, wie jeder, einer adäquaten Mundpflege mit den bekannten Hilfsmitteln: Zahnbürste, Zahnpasta, Zahnseide oder Alternativen für die Zahnzwischenraumreinigung, Mundspülung, Zungenschaber. Bei der Reinigung in den Zahnzwischenräumen hängt die Wahl tendenziell noch stärker davon ab, womit der Patient am besten zurechtkommt bzw. bei welchem Produkt er die Hilfe eines Angehörigen oder Pflegers am besten annehmen kann. Außer Zahnseide empfehlen sich Interdentalbürsten oder „Zahnhölzchen aus Kunststoff“ (sog. Dental Picks). Einem Minimax-Prinzip folgen Zahnpasta- und Mundspülungs-Konzentrate - wenig einsetzen, viel bewirken. Auch hier kommt es vor allem auf die Akzeptanz durch die Patienten an. Soweit ein Patient noch über die nötige Fitness verfügt, sollte er seine häusliche Mundpflege selbst in die Hand nehmen. Wo das nicht mehr funktioniert (auch nicht unter Anleitung), übernehmen Angehörige und Pfleger. Geduld stellt dabei die entscheidende Voraussetzung dar. Darüber hinaus ist die Mundhygiene zu Hause durch professionelle Maßnahmen eines zahnärztlichen Prophylaxe-Teams zu unterstützen.

  • Reinigen Sie Ihre Zähne zwei Mal täglich und im besten Fall nach jeder Mahlzeit.
  • Eine gesunde Zahnpflege beinhaltet, dass Sie Ihre Zähne zusätzlich einmal täglich mit Zahnseide oder Zahnzwischenraumbürsten (sog. Interdentalbürsten) reinigen.
  • Wichtig ist es, dass die Zahnpasta Fluoride enthält (Erwachsene: bis zu 1500 ppm Fluorid, bei Kindern weniger).
  • Die tägliche Zahnpflege unterstützen können freiverkäufliche Mundspülungen.

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