Multiple Sklerose (MS) ist eine chronisch-entzündliche Erkrankung des zentralen Nervensystems, die vielfältige Auswirkungen auf die Gesundheit haben kann. Ein oft übersehener Aspekt ist die Zahngesundheit von MS-Patienten. Dieser Artikel beleuchtet die Zusammenhänge zwischen MS und Zahngesundheit, geht auf mögliche Risiken ein und gibt Empfehlungen zur optimalen zahnmedizinischen Versorgung.
Multiple Sklerose und ihre Auswirkungen auf die Mundgesundheit
Die Multiple Sklerose kann sich auf verschiedene Weise auf die Mundgesundheit auswirken. Dazu gehören:
- Eingeschränkte Mundhygiene: Körperliche Beschwerden in einer Akutphase können so belastend sein, dass die Mundhygiene oft zu kurz kommt. Motorische Einschränkungen, die durch MS verursacht werden, können die tägliche Mundhygiene erschweren. Das Zähneputzen, die Verwendung von Zahnseide und die Reinigung der Zahnzwischenräume können mühsam und schmerzhaft sein.
- Kau- und Schluckstörungen: MS kann Kau- und Schluckstörungen verursachen, was zu einer einseitigen Belastung der Zähne und einer veränderten Speichelproduktion führen kann.
- Nebenwirkungen von Medikamenten: Einige MS-Medikamente können Nebenwirkungen wie Mundtrockenheit verursachen, was das Risiko für Karies und Zahnfleischentzündungen erhöht. Nicht gleich nach dem Essen zur Zahnbürste greifen, denn das könnte dem Zahnschmelz schaden. Festsitzende Essenreste können zu Plaques und anschließend zu Karies führen.
- Trigeminusneuralgie: Im Rahmen eines akuten Schubes einer Multiplen Sklerose kann es zum Auftreten einer Trigeminusneuralgie kommen.
Mögliche Zusammenhänge zwischen Amalgam und MS
Amalgam ist ein Zahnfüllstoff, der seit dem 19. Jahrhundert verwendet wird und Quecksilber enthält. Die Vereinigung amerikanischer Zahnärzte vertritt offiziell die Meinung, dass Amalgam als Zahnfüllung unschädlich sei. Die Gefährlichkeit von Amalgam ist seit dem 18. Jahrhundert bekannt. Amalgam wurde erstmals 1832 in Frankreich verwendet. Es gibt eine Kontroverse darüber, ob Amalgamfüllungen einen Einfluss auf die Entstehung oder den Verlauf von MS haben könnten.
- Quecksilberbelastung: Bei jedem Kauvorgang können winzige Mengen Quecksilber aus den Füllungen gelöst werden, wovon nur Teile aus dem Körper ausgeschieden werden können. Der Rest gelangt in die Leber, wo Methylquecksilber entstehen kann, einem Stoff, der etwa die hundertfache Giftigkeit des Ausgangsstoffes besitzt.
- Studien: In einer Studie testete man bei MS-Patienten die Cerebrospinalflüssigkeit (die Hirn-Rückenmarksflüssigkeit) vor und nach der Entfernung von amalgamhaltigen Füllungen. Dabei waren vorher bislang unbekannte Eiweisse nachweisbar, nachher nicht mehr.
- Gerichtsurteile: Hersteller des Zahnfüllstoffes Amalgam können einem Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 10.04.2003 nicht für Gesundheitsschäden haftbar gemacht werden. Eine Klägerin hatte geltend gemacht, aufgrund mehrerer Zahnfüllungen mit Amalgam sei bei ihr eine chronische Quecksilbervergiftung ausgelöst worden, die wiederum eine Multiple Sklerose-Erkrankung und Unfruchtbarkeit verursacht habe. Der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main bestätigte die Entscheidung des Landgerichts und wies die Berufung der Klägerin zurück. Im Übrigen sei die wissenschaftliche Amalgam-Kontroverse auch zum jetzigen Zeitpunkt nicht gelöst. Angesichts der gesamten neueren Erkenntnislage werde die Existenz eines Amalgamproblems aus toxikologischer Sicht zunehmend in Frage gestellt. Ein Zusammenhang zwischen Multipler Sklerose und Quecksilberfreisetzung aus Amalgam sei eher als unwahrscheinlich anzusehen. Die aufgrund der Basalkurve gestellte Diagnose einer Quecksilbervergiftung als Ursache der Unfruchtbarkeit qualifizierte der vom Gericht bestellte Sachverständige als verantwortungslos und nicht nachvollziehbar. Der Sachverständige habe überzeugend dargelegt, dass die Belastung durch Quecksilber oder auch durch andere Schwermetalle zwar möglicherweise bei höherer Dosis zu weiblicher Unfruchtbarkeit führen könne.
Es ist wichtig zu betonen, dass nicht jeder Mensch mit Amalgamfüllungen an MS erkrankt. Wenn jedoch eine MS-Diagnose vorliegt, könnte es sinnvoll sein, eine mögliche Schwermetallbelastung zu untersuchen.
Amalgam-Sanierung und Entgiftung
Sollte sich eine Quecksilberbelastung zeigen, ist es wichtig, auf eine fachgerechte Entfernung der Amalgamfüllungen zu achten. Allerdings stellt die Entfernung der Füllungen lediglich den ersten Schritt der Behandlung dar. Jetzt kann zwar kein Quecksilber mehr aus den Füllungen in den Körper gelangen, aber das vorher ausgegaste Gift befindet sich noch in den Organen. Aus diesem Grund ist eine Therapie zur Entgiftung erforderlich. DMSA bildet wasserlösliche Verbindungen mit Schwermetallen und somit auch mit Quecksilber und fördert die Ausschwemmung des Giftes aus dem Körper. Die Verträglichkeit des Medikamentes ist unterschiedlich.
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Entzündungen im Kiefer als Risikofaktor
Laut den aktuellen Zahlen des DMSG e. V. sind deutschlandweit rund 280.000 Menschen von Multipler Sklerose betroffen und nicht selten liegt die Crux im Mund. Eine versteckte Entzündung im Kiefer (FDOK), die nicht von selbst ausheilt, kann Schübe auslösen oder verstärken. Empfindungsstörungen dieses Ausmaßes sind nicht selten Folgeerscheinungen einer Weisheitszahn-OP oder lassen sich auf einen kranken Kiefer zurückführen. Bei sehr vielen MS-Patienten wurde festgestellt, dass die Knochendichte im Kiefer vermindert ist, was an einem stark erhöhten RANTES-Blutspiegel ablesbar ist. Eine chronische Rantes-Belastung, die zu neurologischen Erkrankungen wie MS, Meningitis, Rheuma und Krebs führen kann, lässt sich durch Lumbalpunktion diagnostizieren. Ob eine solche Entnahme von Nervenwasser im Rückenmark problemlos durchgeführt werden kann, muss im Einzelfall geklärt werden und hängt auch vom Schweregrad Ihrer MS ab. NICO/FDOK-Herde wiederum, die MS-Symptome auslösen oder verstärken können, sind auf normalen Röntgen- oder MRT-Bildern nicht sichtbar. Eine schonende Möglichkeit, Entzündungsherde im Kiefer zu lokalisieren, ist die absolut strahlungsfreie DVT-Tiefendiagnostik, ein spezielles Ultraschallverfahren, das zur Messung der Knochendichte dient und Rantes-Quellen farblich herausstellt: eine präzise Methode zur Befundung einer versteckten Kieferknochenentzündung (kurz FDOK), die mit fettig degenerativem Zerfall des Knochenmarks einhergeht. Für eine erfolgreiche Implantat-Insertion ist diese Voruntersuchung ein unbedingtes Muss. MS-Patienten sind meist schon im Frühstadium ihrer Erkrankung an einer verminderten Knochendichte bzw. von Kieferknochen-Erweichungen betroffen; deshalb gilt es Knochensubstanz und Störungen des Knochenstoffwechsels streng im Blick zu behalten. Als ergänzende Maßnahme empfiehlt sich ausreichende Vitamin-D3- und Kalzium-Zufuhr sowie mineralstoffhaltige Ernährung, um den fettig degenerativen Abbauprozessen im Kiefer (FDOK) entgegenzuwirken. Zur Grundvorsorge gehört die professionelle Zahnreinigung inklusive Zahnsteinentfernung, da ansonsten Risiko für Karies und Paradontalentzündungen steigt; dies wiederum kann chronische Kieferostitis oder eben auch Multiple Sklerose zur Folge haben. Was in der Schulmedizin nach wie vor umstritten ist, gilt in der ganzheitlichen Zahlheilkunde längst als empirischer Fakt: Bei MS-Patienten gibt es Zusammenhänge zwischen Quecksilber aus Amalgamfüllungen in der Rückenmarksflüssigkeit und Zytokinen aus NICO/FDOK-Störfeldern der Mundhöhle, die für eine fortschreitende Auflösung des Kieferknochens verantwortlich sind und Nervenzellen schädigen können.
Zahnärztliche Behandlung bei MS: Was ist zu beachten?
Bei der zahnmedizinischen Betreuung von Patienten mit Multipler Sklerose müssen mehrere Aspekte berücksichtigt werden:
- Interaktion mit MS-Therapie: Die Interaktion der antiinflammatorischen und immunmodulierenden Therapie mit dem Verlauf dentaler Erkrankungen und zahnärztlicher Behandlungsmaßnahmen.
- Auswirkungen von Behinderungen: Die Auswirkung sich entwickelnder Behinderungen auf die Mundhygiene und Inanspruchnahme beziehungsweise Zugangsmöglichkeit zahnmedizinischer Betreuung.
- Zahnerhalt vs. Extraktion: Ein Zahn, der einwandfrei wurzelbehandelt ist, stellt in der Regel kein Risiko dar. Nun scheint es aber, dass die Wurzelbehandlung nicht erfolgreich war. Unter der Kortisontherapie ist das Immunsystem geschwächt und selbst geringe bakterielle Belastungen aus den Wurzelkanälen können zu heftigen Infektionen und Beschwerden führen. Sie können den Versuch wagen, bei einem ausgewiesenen Fachmann für Endodontie den Zahn retten zu lassen.
- Trigeminusneuralgie: Bei einer Trigeminus-Neuralgie, die bei Menschen mit Multipler Sklerose häufig auftreten kann, sollten Sie unbedingt zahnärztliche Hilfe in Anspruch nehmen. Dem Zahnarzt kommt die Aufgabe zu, dentogene Schmerzursachen auszuschließen und eine neurologische Konsultation zu veranlassen. Hierbei ist die Differenzialdiagnostik unter Umständen schwierig, da Zufalls- und grenzwertige Befunde des stomatognathen Systems die kausale Zuordnung erschweren können. In jedem Fall sollten nicht klar indizierte zahnmedizinische Behandlungsmaßnahmen unterbleiben. Eine Leitungsanästhesie mit einem lang wirkenden Lokalanästhetikum (Bupivacain, Ropivacain, Levobupivacain) kann als symptomatische Therapie den Leidensdruck der Patienten bis zum Greifen der antiinflammatorischen beziehungsweise antikonvulsiven Therapie lindern.
Rechtliche Aspekte der zahnmedizinischen Versorgung von MS-Patienten
Die zahnmedizinische Versorgung von Patienten mit Multipler Sklerose (MS) stellt eine komplexe Herausforderung dar, die nicht nur medizinisches Fachwissen und einfühlsames Verständnis, sondern auch die Berücksichtigung spezifischer rechtlicher Vorgaben erfordert. In der zahnärztlichen Behandlung von Patienten mit Multipler Sklerose (MS) gelten spezifische rechtliche Rahmenbedingungen, die sowohl auf den Patienten- als auch den Behandlerschutz abzielen. Patientensicherheit steht dabei im Vordergrund. Zahnärzte müssen sicherstellen, dass sie stets eine informierte Zustimmung der Patienten einholen, was bedeutet, dass die Patienten umfassend über potenzielle Risiken und den Behandlungsverlauf aufgeklärt werden müssen. Besondere Vorsichtsmaßnahmen müssen getroffen werden, um den individuellen Bedürfnissen von MS-Patienten gerecht zu werden. Hierzu zählt auch die Dokumentationspflicht. Jede Behandlungssitzung muss präzise dokumentiert werden, um Transparenz zu gewährleisten und im Falle eines Rechtsstreits als Beweis zu dienen. Zahnärzte sollten auch die speziellen Medikamente und Therapien berücksichtigen, die MS-Patienten erhalten, da diese den zahnärztlichen Behandlungsplan beeinflussen können. Ein weiteres wichtiges Element der rechtlichen Rahmenbedingungen ist die Anpassung der Praxisorganisation. Physische Barrierefreiheit zur reibungslosen Erreichbarkeit der Praxisräume für Patienten mit eingeschränkter Mobilität ist nicht nur ein Gebot der Patientenbetreuung, sondern auch ein rechtlicher Standard. Den rechtlichen Vorgaben gerecht zu werden, setzt eine enge Zusammenarbeit mit anderen medizinischen Fachkräften voraus. Interdisziplinäre Kommunikation ist essenziell, um umfassende und sichere Behandlungspläne zu entwickeln. Hierbei müssen Maßnahmen ergriffen werden, um sensible Patientendaten gemäß der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) zu schützen. Datenschutz in der digitalen Dokumentation spielt eine zentrale Rolle, um die personenbezogenen Daten der Patienten vor unbefugtem Zugriff zu bewahren.
- Aufklärungspflicht: Die Aufklärungspflicht ist ein zentrales rechtliches Erfordernis in der zahnmedizinischen Behandlung von Patienten mit MS. Zahnärzte sind verpflichtet, ihre Patienten umfassend über die geplante Behandlung, mögliche Risiken und alternative Behandlungsmethoden zu informieren. Bei Patienten mit MS muss zusätzlich auf die spezifischen Risiken und Komplikationen eingegangen werden, die sich aus der Wechselwirkung zwischen der Erkrankung und zahnmedizinischen Eingriffen ergeben können.
- Medikamentenhistorie: Die Medikamentenhistorie von MS-Patienten muss sorgfältig berücksichtigt werden, da viele dieser Patienten Medikamente einnehmen, die das Immunsystem beeinträchtigen oder andere Nebenwirkungen verursachen können.
- Barrierefreiheit: Die Barrierefreiheit spielt eine entscheidende Rolle in der rechtlichen Praxis der zahnmedizinischen Behandlung von MS-Patienten. Gemäß dem Behindertengleichstellungsgesetz müssen Zahnarztpraxen sicherstellen, dass ihre Einrichtungen für Patienten mit eingeschränkter Mobilität zugänglich sind. Dies umfasst sowohl die bauliche Gestaltung der Praxisräume als auch die Assistenz- und Unterstützungsdienste, die erforderlich sind, um den speziellen Bedürfnissen von MS-Patienten gerecht zu werden.
- Dokumentation: Die Dokumentation der Behandlung von MS-Patienten in der Zahnmedizin unterliegt strengen rechtlichen Rahmenbedingungen. Es ist notwendig, alle Aspekte der zahnmedizinischen Versorgung, einschließlich Diagnose, Behandlungsplanung, durchgeführte Maßnahmen und Patientenreaktionen ausführlich zu dokumentieren. Eine akkurate und vollständige Dokumentation ist nicht nur eine rechtliche Verpflichtung, sondern auch ein wesentliches Instrument zur Absicherung des Zahnarztes bei möglichen Haftungsansprüchen.
- Einwilligungsfähigkeit: Die Einwilligungsfähigkeit von MS-Patienten ist ein entscheidendes Element bei der rechtlichen Sicherstellung der Behandlung. Patienten mit fortgeschrittener MS können kognitive Beeinträchtigungen aufweisen, die ihre Fähigkeit, informierte Entscheidungen zu treffen, einschränken. In solchen Fällen muss eine Beurteilung der Einwilligungsfähigkeit erfolgen, und gegebenenfalls sind rechtliche Vertreter oder Betreuer in den Entscheidungsprozess einzubeziehen.
Seit April 2013 haben pflegebedürftige Patienten mit Multipler Sklerose Anspruch auf zusätzliche Leistungen bei der zahnmedizinischen Versorgung in der häuslichen und in der stationären Pflege und somit auch Hausbesuche durch den Zahnarzt.
Tipps für MS-Patienten zur Erhaltung der Zahngesundheit
- Regelmäßige Zahnarztbesuche: MS-Patienten sollten ihren Zahnarzt regelmäßig aufsuchen, um Karies, Zahnfleischentzündungen und andere Probleme frühzeitig zu erkennen und zu behandeln.
- Sorgfältige Mundhygiene: Eine sorgfältige Mundhygiene ist besonders wichtig, um Karies und Zahnfleischentzündungen vorzubeugen. Möglichst täglich Zahnseide anwenden und alle Zahnzwischenräume reinigen.
- Professionelle Zahnreinigung: Eine professionelle Zahnreinigung in der Zahnarztpraxis hilft, hartnäckige Beläge zu entfernen und die Zähne gesund zu erhalten.
- Ernährung: Eine ausgewogene Ernährung mit wenig Zucker ist wichtig für die Zahngesundheit.
- Speichelfluss anregen: Bei Mundtrockenheit können zuckerfreie Kaugummis oder Bonbons den Speichelfluss anregen.
- Zahnfreundliche Produkte: Verwenden Sie fluoridhaltige Zahnpasta und Mundspülungen, um die Zähne zu schützen.
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