Schlucktest nach Schlaganfall: Diagnose und Vorgehensweise

Schluckstörungen, auch Dysphagien genannt, sind eine häufige und oft übersehene Komplikation nach einem Schlaganfall. Experten betonen, dass diese Störungen bei älteren Menschen oft nicht ausreichend beachtet werden, obwohl sie lebensbedrohlich sein können. Dieser Artikel beleuchtet die Bedeutung der frühzeitigen Diagnose von Schluckstörungen nach einem Schlaganfall, die verschiedenen Diagnosemethoden, insbesondere den Schlucktest, und die möglichen Konsequenzen einer unbehandelten Dysphagie.

Bedeutung der Früherkennung von Schluckstörungen

Schluckstörungen können unmittelbar nach einem Schlaganfall auftreten, aber auch erst einige Tage später. Sie entstehen durch Verletzungen oder Erkrankungen in bestimmten Gehirnregionen, die den komplexen Schluckvorgang steuern. Da eine Schluckstörung nicht immer durch äußere Anzeichen erkennbar ist, ist eine frühzeitige Diagnose entscheidend.

Auf dem Gebiet der Dysphagie-Diagnostik besteht laut Experten eine erhebliche Wissenslücke, sowohl in der medizinischen Ausbildung als auch in der logopädischen Ausbildung. Dies führt dazu, dass Schluckstörungen oft nicht rechtzeitig erkannt und behandelt werden.

Ursachen und Folgen von Dysphagie nach Schlaganfall

Schluckstörungen sind die unmittelbare Folge eines Schlaganfalls, wenn Hirnbereiche geschädigt werden, die die Aktivität der Kau- und Rachenmuskulatur steuern. Studien zeigen, dass etwa die Hälfte aller Patienten nach einem Schlaganfall eine akute Schluckstörung entwickelt.

Eine unbehandelte Dysphagie kann schwerwiegende Folgen haben:

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  • Aspiration: Das Eindringen von Nahrung, Flüssigkeit oder Speichel in die Luftröhre kann zu einer Lungenentzündung (Aspirationspneumonie) führen, die lebensbedrohlich sein kann.
  • Mangelernährung und Dehydration: Schwierigkeiten bei der Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme können zu Mangelernährung und Dehydration führen.
  • Eingeschränkte Infektabwehr: Eine geschwächte Immunabwehr aufgrund von Mangelernährung erhöht das Risiko für Infektionen.

Diagnose von Schluckstörungen

Die Diagnose einer Schluckstörung erfolgt in der Regel durch eine klinische Untersuchung in Zusammenarbeit mit der Logopädie. Diese umfasst:

  • Anamnese: Erhebung der Krankengeschichte und der aktuellen Beschwerden.
  • Klinische Beobachtung: Beurteilung der motorischen und sensorischen Funktionen in den verschiedenen Schluckphasen.
  • Schluckversuch: Testen des Schluckens mit verschiedenen Nahrungskonsistenzen.
  • Apparative Diagnostik: Ergänzende bildgebende Verfahren zur Beurteilung der Aspirationsgefahr und -menge.

Klinische Schluckuntersuchung und Schlucktests

Eine einfache Möglichkeit, eine Schluckstörung festzustellen, ist die Anwendung eines rasch durchzuführenden Fragebogens. Ein Beispiel hierfür ist der EAT-10, der kurz und einfach im Alltag einsetzbar ist und dennoch die wichtigsten Symptome aufdeckt.

Ein weiterer rasch durchzuführender "Bedside"-Test ist der Wasserschluck-Test (3-onze-water-test). Dabei wird der Testperson ein Glas mit ca. 100 ml stillem Wasser gegeben, mit der Aufforderung, es möglichst rasch auszutrinken. Bei hohem Risiko zu verschlucken, sollte mit 1-3 kleinen Schlucken begonnen werden. Anzeichen für eine Schluckstörung während des Tests sind:

  • Verschleimung
  • Husten (mit oder ohne Begleiterscheinungen)

Es ist wichtig zu wissen, dass es weltweit über 50 verschiedene Schlucktests gibt, die in der klinischen Schluckuntersuchung angewendet werden. Die meisten dieser Tests wurden zur verbesserten Diagnostik von Schluckstörungen infolge eines Schlaganfalls entwickelt. Ein etablierter Test im deutschen Sprachraum ist der "Gugging Swallowing Screen" (GUSS), der eine hohe Sensitivität und Spezifität aufweist.

Trotz der Verfügbarkeit evidenzbasierter Tests kommen in einigen Kliniken noch Methoden zum Einsatz, die keine Empfehlung haben. Dies stellt eine potenzielle Gefährdung der Patienten dar, insbesondere wenn keine flexible endoskopische Evaluation des Schluckens (FEES) erfolgt.

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Apparative Diagnostik: FEES

Die flexible endoskopische Evaluation des Schluckens (FEES) ist eine Untersuchung, bei der der Schluckakt mithilfe eines flexiblen, videofähigen Endoskops beobachtet wird. Dabei wird ein dünnes Fiberglas-Spiegelinstrument (Endoskop) über die Nasenöffnung am Gaumen entlang bis zum Racheneingang eingeführt. Das Endoskop ist über eine Kamera mit einem Computer verbunden. Der Vorgang geschieht ohne Narkose, da das Schlucken willkürlich erfolgen soll.

Die FEES ermöglicht es, den Schluckakt von "oben" zu beobachten und festzustellen, ob eine Schluckstörung vorliegt und welcher Teil des Schluckmechanismus gestört ist. Dem Patienten werden Nahrungsmittel und Flüssigkeiten von verschiedener Konsistenz bzw. Viskosität gegeben, um den Schluckvorgang unter verschiedenen Bedingungen zu beurteilen.

Im Workshop auf dem 1. Deutschen Schlaganfallkongress, der DSG25, betonten Experten die Bedeutung der FEES zur differenzierten Einschätzung von Risiken wie Aspiration sowie vorhandener Ressourcen.

Schluckphasen und ihre Störungen

Schlucken ist ein komplexer Prozess, der in verschiedene Phasen unterteilt wird:

  1. Orale Phase: Die Speise wird durch Kau- und Sammelbewegungen zerkleinert und zu einem Speisebolus geformt. Die Zunge befördert den Bolus durch eine Aufwärts-Rückwärtsbewegung in Richtung Rachen.
  2. Pharyngeale Phase: Die Luftröhre wird durch verschiedene Mechanismen verschlossen, um ein Eindringen von Speise oder Flüssigkeiten zu verhindern. Der Kehldeckel senkt sich ab, die Stimmlippen schließen sich, und der Kehlkopf bewegt sich nach oben unter den Kehldeckel. Gleichzeitig wird der Bolus durch Bewegungen der Pharynxwände, die Zungenschubkraft und die Schwerkrafteinwirkung zum oberen Schließmuskel der Speiseröhre befördert.
  3. Ösophageale Phase: Der obere Schließmuskel der Speiseröhre öffnet sich, und der Speisebolus wird durch peristaltische Bewegungen der Speiseröhre in den Magen transportiert.

Ein Schlaganfall kann zu Schädigungen der Hirnareale oder der Hirnnerven führen, die diese komplexen Bewegungsabläufe steuern. Störungen in einer oder in mehreren Schluckphasen können zu Aspirationen führen.

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Therapie von Schluckstörungen

Hauptziel der Therapie bei Dysphagien ist die möglichst weitgehende Wiedererlangung der Fähigkeit zur oralen Nahrungsaufnahme und die Reduzierung des Aspirationsrisikos. Die Therapie umfasst in der Regel:

  • Adaptierende Verfahren: Anpassung der Kostform (pürierte vs. weiche vs. feste Kost, angedickte Getränke etc.), Verwendung spezieller Trinkbecher oder Bestecke.
  • Restorative Verfahren: Übungen zur Verbesserung der Muskelkraft und Koordination der am Schlucken beteiligten Muskeln.
  • Kompensatorische Strategien: Erlernen von Techniken, um das Schlucken sicherer zu machen, z.B. durch Veränderung der Kopfhaltung.

In einigen Fällen kann eine Ernährung über eine Magensonde (PEG) oder ein Luftröhrenschnitt (Tracheotomie) notwendig sein, um die Ernährung sicherzustellen und die Atemwege vor Aspiration zu schützen.

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