Die Forschung zum Zusammenhang zwischen Ernährung und kognitiver Gesundheit hat in den letzten Jahren große Fortschritte gemacht. Dabei rücken bestimmte Inhaltsstoffe unserer Nahrung, wie Flavonoide, immer stärker in den Fokus. Dieser Artikel beleuchtet die aktuellen Studienergebnisse zum Thema Schokolade und Demenz, wobei insbesondere auf die Rolle von Flavonolen und den potenziellen Nutzen eines moderaten Konsums eingegangen wird.
Zucker und seine Auswirkungen auf das Gehirn
Ein hoher Zuckerkonsum kann sich auf verschiedene Weise negativ auf das Gehirn auswirken. Hohe Blutzuckerspiegel schädigen die Hirngefäße und fördern Ablagerungen an den Gefäßwänden, was zu einer gefäßbedingten (vaskulären) Demenz führen kann. In Deutschland sind jährlich etwa 250.000 Menschen von Demenz betroffen, wobei 15 bis 25 Prozent der Fälle auf vaskuläre Demenz zurückzuführen sind.
Zudem können komplexe Zuckermoleküle im Gehirn, sogenannte Glykosaminoglykane, die geistige Leistungsfähigkeit beeinträchtigen, indem sie die Funktion der Synapsen und die neuronale Plastizität stören. Eine fett- und zuckerreiche Ernährung kann die neuronale Plastizität beeinträchtigen und langfristig die Funktion des Hippocampus, des Gedächtniszentrums im Gehirn, beeinträchtigen. Ein hoher Zuckerkonsum kann indirekt über die Entstehung von Diabetes mellitus zu Hirnschäden führen. Menschen mit Typ-2-Diabetes haben ein deutlich erhöhtes Demenzrisiko, da der Glukosestoffwechsel auch in den Neuronen gestört sein und zur Entstehung der Alzheimer-Krankheit beitragen könnte.
Es ist ratsam, den Zuckerkonsum bewusst gering zu halten. Dies kann jedoch schwierig sein, da Zucker im Gehirn suchtähnliche Mechanismen aktivieren kann. "Das könnte der Grund dafür sein, dass manche Menschen nach einem Stück Schokolade schnell mal die ganze Tafel aufgegessen haben", sagt Prof. Dr. Frank Erbguth, Präsident der Deutschen Hirnstiftung. "Es ist sinnvoll, durch weitgehenden Verzicht auf Zucker diesem Teufelskreis zu entgehen", erklärt Prof. Dr. Peter Berlit, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN). Hirnstiftung und DGN unterstützen daher die politische Forderung, eine Steuer auf besonders zuckerhaltige Getränke zu erheben. Der deutsche Zuckerverbrauch lag 2021/22 bei über 33 Kilogramm pro Kopf - fast doppelt so hoch wie empfohlen. Viele Lebensmittel enthalten versteckten Zucker, wie Joghurts oder Tomatenketchup.
Die potenziell positiven Auswirkungen von Kakao und Schokolade
Kakao enthält Flavanole, die eine antioxidative Wirkung haben und möglicherweise das Gedächtnis verbessern können. Eine Studie untersuchte den Effekt von Flavanolen auf altersbedingten Gedächtnisverlust bei gesunden älteren Erwachsenen. Die Teilnehmer, die hohe Mengen an Flavanolen (900 mg pro Tag) erhielten, zeigten in kognitiven Tests deutlich bessere Leistungen als die Gruppe mit geringer Flavanol-Zufuhr. Zudem verbesserte sich die Funktion des Gyrus dentatus, einem Teil des Hippocampus, bei diesen Testpersonen.
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Die Wissenschaftler betonen jedoch, dass die Ergebnisse in größeren Studien bestätigt werden müssen und warnen vor einem vorsorglichen erhöhten Schokoladenkonsum, da die aktiven Wirksubstanzen gezielt aus Kakaobohnen extrahiert wurden und ihr Effekt mit handelsüblicher Schokolade so nicht zu erzielen ist. Um auf die verwendete Menge an Flavanolen zu kommen, müsste man täglich etwa 25 Tafeln Schokolade konsumieren.
Kakaoflavonole und ihre Wirkung auf die kognitive Leistung
Eine umfangreiche Literaturrecherche italienischer Forscher der Universität von L'Aquila kam zu dem Schluss, dass Kakaoflavonole positive Effekte auf das Herz-Kreislaufsystem haben und somit auch im Kopf etwas bewirken können. Die einmalige Gabe einer Kakaozubereitung mit Flavonolgehalten zwischen 994 und 250 mg steigerte kurzfristig die Leistung, insbesondere bei jüngeren Probanden. Ihre kognitive Leistung sowie visuelle Informationsverarbeitung verbesserte sich signifikant.
Kakaoflavonole können ihre Wirkung auf zweierlei Wegen entfalten: direkt im Hippocampus, wo sie durch Interaktion mit Proteinen der zellulären Signalwege das synaptische Wachstum anregen, und durch die langfristige Gabe (bis zu acht Wochen) von Kakaoflavonolen in einer Dosis zwischen 250 und 900 mg, die zu Leistungssteigerungen führte. Die Probanden waren aufmerksamer, konnten Informationen besser verarbeiten und sprachen flüssiger. Dieser Effekt war aber nur bei Personen ab 40 Jahren mit kognitiven Beeinträchtigungen sichtbar. Kurzfristig zeigte sich ein weiterer Effekt: Kakaoflavonole könnten förderlich sein, wenn der Kopf einer hohen Belastung ausgesetzt ist, wie eine Untersuchung von Frauen nach einer Nacht Schlafentzug ergab.
Die Autoren des Reviews kamen zu dem Schluss, dass eine reguläre Aufnahme von Kakao sich langfristig positiv auf die kognitive Leistungsfähigkeit auswirken könnte. Es müsse aber noch über die geeignete Dosis, das Timing und die Form der Flavonol-Intervention diskutiert werden.
Kakao als Magnesiumquelle und Antioxidans
Naturbelassener Kakao oder Schokolade mit sehr hohem Kakaoanteil können einen Beitrag zur Deckung unseres Magnesiumbedarfes leisten. Kakao enthält zudem über 500 weitere wertvolle Inhaltsstoffe, darunter Flavonoide, die als Polyphenole stark antioxidativ wirken und den Körper vor freien Radikalen schützen können.
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Studien haben gezeigt, dass der Konsum von Kakao den Cholesterinspiegel positiv beeinflussen kann. Eine Studie mit Typ-2-Diabetikern zeigte, dass der tägliche Konsum von 45 g Schokolade mit hohem Polyphenolgehalt den Cholesterinspiegel verbessern kann. Weitere Studien bestätigten diese Ergebnisse und zeigten, dass dunkle Schokolade die HDL-Werte erhöhen und die LDL-Werte senken kann. Zudem verlangsamt sich die Oxidation von LDL, was eine Schlüsselrolle bei der Arterienverhärtung spielt. Eine Studie von 2019 zeigte, dass Flavanole die Gefäßfunktion verbessern, indem sie den Druck in den Arterien senken und die Gefäßentspannung fördern. Sie verarbeiten die Inhaltsstoffe zu Stoffwechselprodukten weiter, die Entzündungsprozesse im Körper stoppen.
Weitere positive Eigenschaften von Kakao
Kakao ist eine gute Quelle für Arginin, das den Blutfluss und somit die Durchblutung auch in den Geschlechtsorganen fördert. Die Kakaobohne enthält Stoffe wie Serotonin, Dopamin, Phenylethylamin und Anandamid, die das Gehirn bzw. die Psyche anregen können. Es muss sich jedoch wirklich um Schokolade mit sehr hohem Kakaoanteil handeln (ab 70 %).
Eine Studie zeigte, dass der regelmäßige Konsum von Kakao die neurovaskuläre Kopplung verbessern kann, was eine wichtige Rolle bei der Entstehung von Krankheiten wie Alzheimer spielen könnte. Kakao-Flavanole verbessern die Aktivität bestimmter Hirnareale, sodass Studienteilnehmer erheblich bessere Gedächtnisleistungen erbringen konnten. Französische Forscher fanden heraus, dass Antioxidantien aus Kakao außerdem Gehirnzellen vor dem Zelltod durch oxidativen Stress schützen und so einem Gedächtnisverlust vorbeugen können.
Kakao und Gewichtskontrolle
Im Tierversuch stellte sich heraus, dass Kakao-Flavanole die Gewichtszunahme bei Mäusen hemmten, die fettreiches Futter erhielten. Um die Wirkung gegen Übergewicht zu verstärken, sollte man Kakao trinken, anstatt Schokolade zu essen, da diese reichlich Kakaobutter und somit Kalorien liefert. Für eine Trink-Schokolade empfiehlt sich eine milchfreie Rezeptur, da Milch im Verdacht steht, die einen oder anderen Antioxidantien unwirksam zu machen.
Tipps für den Konsum von Kakao und Schokolade
Für die Herstellung von Rohkost-Schokolade sollte keine Temperatur über 42 °C verwendet werden. Die Bohnen in der Rohkost-Schokolade sind nicht geröstet, sondern sanft fermentiert, wodurch der Kakao das volle Spektrum seiner gesunden Stoffe enthält. Dunkle Schokolade hat ab einem Kakaoanteil von 70 Prozent erwiesenermaßen positive Auswirkungen auf die Gesundheit.
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Flavonoide und Demenzprävention
Studien haben gezeigt, dass eine Ernährung, die reich an Flavonoiden ist, das Risiko für Demenz senken kann. Flavonoide sind sekundäre Pflanzenstoffe, die in vielen Obst- und Gemüsesorten vorkommen. Eine Studie beobachtete 80.000 Männer und Frauen über zwei Jahrzehnte und fand heraus, dass diejenigen, die täglich mindestens 300 Milligramm Flavonoide zu sich nahmen, ein deutlich geringeres Risiko hatten, an Demenz zu erkranken. Diese Menge ist schnell erreicht: Eine Tasse grüner Tee deckt bereits über die Hälfte ab, und auch Schokolade liefert viele Flavonoide, insbesondere dunkle Schokolade.
Flavonoide wirken neuroprotektiv, indem sie die Neuroinflammation reduzieren und die Gehirndurchblutung verbessern. Viele Flavonoid-Metabolite können die Blut-Hirn-Schranke passieren und neuronale Signalwege modulieren, die mit der synaptischen Plastizität assoziiert sind. Gleichzeitig wirken sich die sekundären Pflanzenstoffe positiv auf andere Demenz-Risikofaktoren wie Depressionen und Bluthochdruck aus.
Kohortenstudie zum Einfluss von Flavonoiden auf das Demenzrisiko
Eine Kohortenstudie untersuchte den Zusammenhang zwischen dem Konsum von Flavonoid-reichen Lebensmitteln und dem Demenzrisiko. Die Daten stammten von Erwachsenen zwischen 40 und 70 Jahren aus der UK Biobank, die über einen Zeitraum von neun Jahren nachbeobachtet wurden. Die Teilnehmer machten detaillierte Angaben zu ihrer Ernährung, woraus ein Flavodiät-Score ermittelt wurde. Der Score berücksichtigt die Hauptkomponenten jeder Flavonoid-Unterklasse von verschiedenen Lebensmitteln und Getränken wie Tee, Rotwein, Äpfel, Beeren, Trauben, Orangen, Grapefruit, Paprika, Zwiebeln und dunkler Schokolade.
Die Ergebnisse zeigten ein geringeres Demenzrisiko bei den Teilnehmern, die eine Flavonoid-reiche Ernährung mit Beeren, Tee und Rotwein zu sich nahmen. Die Risiko-Reduktion war bei Personen mit einem hohen genetischen Demenzrisiko und depressiven Symptomen besonders ausgeprägt. Die Studienautoren empfehlen in Anbetracht der Studienergebnisse eine Flavonoid-reiche Ernährung zur Reduktion des Demenzrisikos.
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