Demenz ist ein Oberbegriff für mehr als 50 verschiedene Formen, die durch einen fortschreitenden Verlust der geistigen Leistungsfähigkeit gekennzeichnet sind. Im Volksmund wird oft von "Altersdemenz" gesprochen, da vor allem ältere Menschen von Demenzformen betroffen sind. Es ist jedoch wichtig zu verstehen, dass Demenz keine normale Alterserscheinung ist. Die Ursachen für eine Demenz sind vielfältig und lassen sich grundsätzlich in zwei Kategorien einteilen: primäre und sekundäre Demenzen.
Primäre vs. Sekundäre Demenz
Mediziner unterscheiden zwischen primären und sekundären Formen der Demenz. In etwa 90 Prozent der Fälle liegt eine primäre Demenz vor. Bei einer primären Demenz liegt die Ursache für die Erkrankung im Gehirn des Betroffenen. Die Symptome werden nicht durch andere Einflussfaktoren, Erkrankungen oder Medikamente verursacht. Diese hat hirnorganische Ursachen und ist in der Regel irreversibel (nicht umkehrbar). Primäre Demenzformen werden weiter unterteilt in neurodegenerative Demenzformen (zu denen auch die Alzheimer-Krankheit zählt), vaskuläre Demenzen sowie Mischformen der Demenz. Die am häufigsten auftretende Form einer primären Demenz ist die Alzheimer-Krankheit. Auf sie folgt an zweiter Stelle die vaskuläre, also eine gefäßbedingte Demenz.
Sekundäre Demenzen sind Folge anderer Krankheitsbilder, Vergiftungen oder Mangelzustände. Die Ursache liegt hier nicht direkt im Gehirn des Betroffenen. Depressionen, Stoffwechselerkrankungen wie Schilddrüsenerkrankungen, aber auch Herzinsuffizienz, Vitaminmangel, chronische Vergiftungszustände (z.B. Alkohol), Tumore oder Medikamente können Auslöser einer sekundären Demenz sein. Etwa zehn Prozent aller Demenzkranken leiden unter einer sekundären Demenz, deren Ursache nicht im Gehirn liegt.
Der grosse Unterschied zwischen primären und sekundären Demenzen liegt in ihrer Behandelbarkeit. Während primäre Demenzen, wie Alzheimer, vaskuläre Demenz und Lewy-Körper-Demenz, bis heute leider nicht heilbar sind, können sekundäre Demenzen mitunter geheilt werden, wenn die zugrunde liegende Erkrankung früh genug behandelt wird.
Ursachen sekundärer Demenzformen
Sekundäre Demenzen werden indirekt durch äußere Einflussfaktoren ausgelöst. Im Gegensatz zu Alzheimer und vielen anderen primären Demenzformen können sekundäre Demenzen mitunter geheilt werden, wenn die zugrunde liegende Erkrankung früh genug behandelt wird. Sie sind die Folge einer anderen Grunderkrankung. Sie sind zum Teil behandelbar und hier ist in manchen Fällen sogar eine Rückbildung der Demenzsymptomatik möglich. Zu den möglichen Ursachen gehören:
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- Stoffwechselstörungen: Schilddrüsenerkrankungen (Schilddrüsenunterfunktion oder -überfunktion) können den Stoffwechsel im Gehirn beeinträchtigen und zu Demenzsymptomen führen.
- Vitaminmangel: Ein Mangel an Vitamin B12 kann neurologische Schädigungen verursachen wie Gangunsicherheit, Verwirrtheit und Gedächtnisstörungen. Häufig wird dieser Mangel lange nicht bemerkt und die auftretenden Symptome werden als Alterserscheinung abgetan. Wird der Mangel rechtzeitig erkannt und behandelt, besteht eine gute Chance, die Mangelsymptome noch aufzuhalten und umzukehren. Vitamin B12-Mangel kann durch mangelnde Zufuhr entstehen, aber auch die Einnahme von einigen Diabetesmedikamenten.
- Infektionen: Chronische Infektionen, insbesondere solche, die das Gehirn betreffen (z.B. Neurosyphilis, HIV-assoziierte Demenz), können Demenzsymptome verursachen.
- Vergiftungen: Demenzähnliche Symptome können auch durch zu große Mengen Blei oder anderer Schwermetalle im Körper ausgelöst werden. Das Gleiche ist bei Vergiftungen der Fall. Die meisten Vergiftungen werden durch Drogen, Alkohol oder unvorsichtigen Umgang mit Pflanzenschutzmitteln verursacht. Zu den Hauptverdächtigen gehören Psychopharmaka wie Amitriptylin oder auch Mittel gegen Schlaf- oder Blasenfunktionsstörungen Medikamente, die Senioren zum Beispiel durchaus in eine Pseudo-Demenz treiben können.
- Alkoholmissbrauch: Eine besondere Form der Sekundären Demenz ist die Korsakow-Demenz. Sie ist häufig, aber nicht immer, die Folge eines jahrelangen übermäßigen Alkoholkonsums. Bei dieser speziellen Form verlieren die Betroffenen die Fähigkeit, neue Informationen zu speichern und füllen die Lücken häufig mit frei erfundenen Geschichten, was ihnen aber oft nicht bewusst ist. Häufig ist die Emotionalität verändert, sodass Betroffene unangemessen heiter oder distanzlos werden können. Ursache hierfür ist meist ein schwerer Vitamin B1-Mangel der häufig dadurch entsteht, dass schwer alkoholkranke Menschen meist außer alkoholischen Getränken keine oder fast keine Nahrung mehr zu sich nehmen.
- Medikamente: Einige Medikamente, insbesondere Psychopharmaka, können bei älteren Menschen Demenzsymptome auslösen oder verstärken.
- Hirntumore: Hirntumore sind keine Demenzkrankheit, können aber dennoch ähnliche Symptome auslösen, da die Tumoren die Gehirnzellen zerstören.
- Andere neurologische Erkrankungen: Die Huntington-Krankheit oder Creutzfeldt-Jakob-Krankheit (Rinderwahn), aber auch Unfälle oder Stürze können Hirnschädigungen verursachen, die zu Demenzsymptomen führen. Auch die Parkinson-Krankheit geht häufig mit einer Demenz einher.
- Depressionen: Depressionen können bei älteren Menschen Demenzsymptome imitieren (Pseudo-Demenz).
Diagnose und Behandlung
Bei dem Verdacht auf eine Demenz ist die erste Anlaufstelle oft die Hausarztpraxis. Dort kennt man Sie und kann einschätzen, ob sich Ihre geistige Verfassung verändert hat. Häufig setzt der Arzt beziehungsweise die Ärztin für eine erste Einschätzung einen sogenannten psychometrischen Test ein. Diese Tests bestehen meist aus wenigen Fragen und beanspruchen kognitive Fähigkeiten wie das Gedächtnis, die Aufmerksamkeit, die Konzentration oder auch den Wortschatz. Daneben wird Ihr Hausarzt beziehungsweise Ihre Hausärztin gegebenenfalls. auch eine körperliche Untersuchung vornehmen oder eine Blutabnahme durchführen. Bei Bedarf folgt die Überweisung in eine neurologische Praxis oder eine Gedächtnisambulanz. Sie können sich alternativ auch direkt an eine Gedächtnissprechstunde wenden.
Wenn Demenzsymptome plötzlich auftreten, vor allem, wenn sich der Zustand des oder der Betroffenen rasch verschlechtert, lohnt sich der Gang zum Hausarzt, um Blutwerte zu prüfen. Es besteht im Gegensatz zu den primären Demenzen bei einigen Ursachen für sekundäre Demenzen die Chance auf Heilung.
Die Behandlung einer sekundären Demenz zielt in erster Linie auf die Behandlung der Grunderkrankung ab. Wenn die Möglichkeit besteht, diese Ursache zu beheben oder die auslösende Krankheit erfolgreich zu behandeln, bilden sich die Symptome der sekundären Demenz in der Regel zurück. Dies kann beispielsweise durch die Gabe von Vitaminen bei einem Mangelzustand, die Anpassung der Medikation oder die Behandlung einer Schilddrüsenerkrankung erfolgen.
Als begleitende Therapieformen zur Behandlung einer sekundären Demenz kommen also verschiedene in Frage, je nachdem, was die sekundäre Demenz ausgelöst hat. Ist sie eine Folge von Alkohol- oder Medikamentenmissbrauch, ist die erste therapeutische Maßnahme natürlich ein Entzug der auslösenden Stoffe. Auch bei einer Folge durch Vitaminmangel, muss dieser Mangel natürlich zuerst einmal behoben werden. Bei Depressionen muss der Betroffene psychologisch und eventuell auch pharmakologisch therapiert werden und auch bei einem Normaldruckhydrozephalus und der Lewy-Körperchen-Erkrankung muss zuerst einmal die Grunderkrankung behandelt werden. Allerdings können sämtliche sekundäre Demenz-Erkrankungen natürlich von Konzentrations- und Gedächtnisübungen begleitet werden, ja, sollten es auf jeden Fall auch.
Prävention
Obwohl nicht alle Ursachen für sekundäre Demenzen vermeidbar sind, können einige Risikofaktoren durch einen gesunden Lebensstil beeinflusst werden. Dazu gehören:
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- Ausgewogene Ernährung: Achten Sie auf eine ausreichende Zufuhr von Vitaminen und Nährstoffen, insbesondere Vitamin B12.
- Mäßiger Alkoholkonsum: Vermeiden Sie übermäßigen Alkoholkonsum, um das Risiko einer Korsakow-Demenz zu reduzieren.
- Vermeidung von Giftstoffen: Schützen Sie sich vor schädlichen Umwelteinflüssen und vermeiden Sie den Kontakt mit giftigen Substanzen.
- Regelmäßige Bewegung: Körperliche Aktivität fördert die Durchblutung des Gehirns und kann das Demenzrisiko senken.
- Geistige Aktivität: Fordern Sie Ihr Gehirn regelmäßig durch Lesen, Rätsel lösen oder andere geistig anregende Aktivitäten heraus.
- Soziale Kontakte: Pflegen Sie soziale Kontakte und bleiben Sie aktiv am gesellschaftlichen Leben beteiligt.
- Regelmäßige ärztliche Untersuchungen: Lassen Sie sich regelmäßig ärztlich untersuchen, um Grunderkrankungen frühzeitig zu erkennen und behandeln zu lassen.
Umgang mit Demenz
Jede Demenz-Erkrankung bringt individuelle Einschränkungen mit sich und verläuft unterschiedlich schnell. Die Einteilung in Demenz Stadien dient lediglich der Übersicht über Phasen, die irgendwann im Verlauf der Krankheit zu erwarten sind. Es ist unmöglich, vorherzusagen, wann diese Phasen eintreten.
Die Frühphase von Demenz bringt erste Symptome mit sich, die allerdings noch keine besonders dramatischen Auswirkungen haben. Die erkrankte Person ist noch weitgehend selbstständig und kann oft noch allein leben. In dieser Phase können und sollten die betroffenen Personen noch möglichst viel am sozialen Leben teilnehmen und sich auf keinen Fall zurückziehen. Auch Sport und gezielte Physio- und Ergotherapie spielen eine wichtige Rolle. Oft ist zu Beginn der Demenz noch viel mehr möglich, als man denkt. Komplexe und besonders verantwortungsvolle Aufgaben sollten Sie jetzt aber schrittweise und kontrolliert abgeben. Betroffene und Angehörige gleichermaßen sollten sich mit der Erkrankung intensiv auseinandersetzen und auf das vorbereiten, was noch kommt.
Von einer mittelschweren Demenz ist die Rede, wenn die Symptome bereits deutlich ausgeprägt und kaum mehr zu übersehen sind. Spätestens jetzt bereitet die räumliche und zeitliche Orientierung erhebliche Schwierigkeiten. Wesensveränderungen können stark ausgeprägt sein und die Sprach- und Bewegungsfähigkeit sind spürbar eingeschränkt. Soziale Kontakte und gezielte Therapieangebote sind weiterhin wichtig, müssen aber an die aktuellen Fähigkeiten und verfügbaren Möglichkeiten angepasst werden.
Bei einer schweren Demenz führen die starken Symptome dazu, dass die Person auf intensive Betreuung und Pflege angewiesen ist. Die verschiedenen Symptome können so stark ausgeprägt sein, dass Betroffene weitgehend bettlägerig werden. Psychisch besonders belastend für Angehörige kann eine dauerhafte Wesensveränderung sein oder die Tatsache, dass selbst engste Vertraute kaum mehr erkannt werden. Das vermittelt vielen das Gefühl, man hätte den Kontakt zu der „eigentlichen“ Person verloren. Angehörige, die in dieser Phase weiterhin einen Großteil der Betreuung und Pflege übernehmen, müssen unbedingt die eigenen Belastungsgrenzen im Blick behalten.
Die vielfältigen Symptome und Folgen einer Demenzerkrankung können die Selbstständigkeit im Alltag von Patienten beeinträchtigen. Wenn dies bei Ihnen der Fall ist, haben Sie eventuellen Anspruch auf einen Pflegegrad, mit dem Ihnen verschiedene Leistungen der Pflegeversicherung zustehen. In einem Pflegetagebuch können Sie die Beeinträchtigungen im Alltag genauer beobachten und dokumentieren. Ein Pflegetagebuch unterstützt Sie gegebenenfalls beim Antrag auf Pflegegrad.
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