Morbus Parkinson ist eine fortschreitende neurologische Erkrankung, die sich nicht nur durch motorische Symptome wie Zittern, Steifheit und langsame Bewegungen auszeichnet, sondern auch durch eine Vielzahl von nicht-motorischen Symptomen, die die Lebensqualität der Betroffenen erheblich beeinträchtigen können. Zu diesen nicht-motorischen Symptomen gehören neuropsychiatrische Störungen wie Angstzustände, Depressionen, Demenz, Müdigkeit und psychotische Symptome. Die Behandlung dieser Symptome ist oft komplex und erfordert einen multidisziplinären Ansatz. In diesem Artikel werden wir uns auf die Rolle von Seroquel (Quetiapin) bei der Behandlung von Psychosen im Zusammenhang mit der Parkinson-Krankheit konzentrieren und dabei auch andere neuropsychiatrische Aspekte der Erkrankung beleuchten.
Nicht-motorische Symptome bei Morbus Parkinson
Neben den bekannten motorischen Symptomen leiden viele Parkinson-Patienten unter einer Reihe von nicht-motorischen Störungen, die oft übersehen werden. Diese können in allen Stadien der Erkrankung auftreten und umfassen:
- Neuropsychiatrische Symptome: Angst, Depression, kognitive Einschränkungen, Demenz, Halluzinationen, Impulskontrollstörungen
- Autonome Störungen: Kardiovaskuläre, gastrointestinale und urogenitale Beschwerden, Störungen der Thermoregulation
- Weitere Störungen: Schmerzen, Schlafstörungen, Sehstörungen, Fatigue
Studien haben gezeigt, dass ein Großteil der Parkinson-Patienten von diesen nicht-motorischen Symptomen betroffen ist. So wiesen in der PRIAMO-Studie 98,6 % der Patienten mindestens ein nicht-motorisches Symptom auf. Die häufigsten waren Fatigue (58 %) und Angst (56 %).
Es ist wichtig zu betonen, dass diese Symptome nicht nur im fortgeschrittenen Stadium der Erkrankung auftreten, sondern auch bereits zu Beginn vorhanden sein können. Validierte Fragebögen können helfen, diese Symptome frühzeitig zu erkennen und entsprechend zu behandeln. Es gibt jedoch keine strenge Korrelation zwischen nicht-motorischen und motorischen Symptomen. Ein Patient kann im motorischen "ON" sein und trotzdem unter Angst, Depression oder Vigilanzproblemen leiden.
Neuropsychiatrische Symptome im Detail
Angst und Depression
Angst und Depression sind häufige Begleiter der Parkinson-Krankheit. Generalisierte Angsterkrankungen, Panikattacken und Phobien können auftreten und die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen. Studien zufolge leiden bis zu 56 % der Parkinson-Patienten unter Angstzuständen und etwa 35 % unter Depressionen.
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Die Behandlungsmöglichkeiten für Angst und Depression bei Parkinson-Patienten ähneln denen für Patienten ohne Parkinson. Verhaltenstherapie, die bei Parkinson-Patienten bisher noch selten zum Einsatz kommt, kann eine wirksame Option sein. Bei Depressionen sollte zunächst die dopaminerge Therapie optimiert werden. Wenn die Symptome trotz optimaler dopaminerger Therapie persistieren, kann ein Antidepressivum eingesetzt werden. Trizyklische Antidepressiva und selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) sowie Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (SNRI) können in Betracht gezogen werden. Auch eine Psychotherapie kann hilfreich sein.
Dopaminagonisten wie Pramipexol und Piribedil könnten ebenfalls antidepressive Wirkungen haben. Studien haben gezeigt, dass Pramipexol den BDI-Score (Beck Depression Inventory) signifikant senken kann. Piribedil zeigte in Beobachtungsstudien ebenfalls antidepressive Effekte.
Vigilanzstörungen und Fatigue
Etwa die Hälfte der Parkinson-Patienten leidet unter Vigilanzstörungen, die sich durch Tagesmüdigkeit und verminderte Aufmerksamkeit äußern. Diese Störungen können die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen, soziale Kontakte behindern und das Unfallrisiko erhöhen. Fatigue ist ein weiteres häufiges, oft unterschätztes Symptom, das in allen Phasen der Erkrankung auftreten kann.
Die Ursachen für Vigilanzstörungen sind vielfältig. Der degenerative Prozess der Parkinson-Krankheit selbst, das fortgeschrittene Alter der Patienten und Störungen der Neurotransmittersysteme spielen eine Rolle. Auch die Parkinson-Therapie, insbesondere mit Dopaminagonisten, kann Vigilanzstörungen verstärken. Schlafstörungen, die durch motorische, respiratorische oder psychiatrische Beschwerden verursacht werden, können ebenfalls zu Tagesmüdigkeit beitragen.
Die Vigilanz kann mit Hilfe von Skalen wie ESS (Epworth Sleepiness Scale), MSLT (Multipler Schlaflatenztest) und PDSS (Parkinson’s Disease Sleep Scale) erfasst werden. Bei der Parkinson-Therapie mit Dopaminagonisten gibt es Unterschiede zwischen den Wirkstoffen bezüglich der Häufigkeit von Schlafattacken und Tagesmüdigkeit. Piribedil scheint hier weniger sedierende Effekte zu haben als Ropinirol und Pramipexol.
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Kognitive Störungen und Demenz
Kognitive Störungen und Demenz werden erst seit relativ kurzer Zeit als Teil der Parkinson-Erkrankung betrachtet. Studien haben gezeigt, dass im Laufe der Erkrankung ein erheblicher Teil der Patienten eine Demenz entwickelt. Das Risiko, an einer Demenz zu erkranken, ist bei Parkinson-Patienten zwei- bis viermal höher als in der Normalbevölkerung.
Die kognitiven Einschränkungen werden durch die Neurodegeneration verursacht, aber auch Medikamente, insbesondere Anticholinergika, können eine Rolle spielen. ON-OFF-Fluktuationen in der Spätphase der Erkrankung können ebenfalls zu kognitiven Beeinträchtigungen führen.
Für die symptomatische Behandlung der leichten bis mittelschweren Demenz bei Parkinson-Patienten ist Rivastigmin zugelassen. Dieser Cholinesterase-Inhibitor kann moderate Effekte auf die Kognition zeigen, ist aber auch mit Nebenwirkungen wie Übelkeit, Erbrechen und Tremor verbunden. Eine Optimierung der Parkinson-Therapie und der Begleitmedikation, indem Anticholinergika vermieden werden, kann ebenfalls hilfreich sein.
Psychosen bei Morbus Parkinson
Halluzinationen, Wahnvorstellungen und Psychosen sind bedeutsame, dosislimitierende Komplikationen der medikamentösen Therapie des Morbus Parkinson. Standardisierte diagnostische Kriterien für Psychosen bei M. Parkinson fehlen aber bislang. In vielen Studien und auch nach aktuellem Vorschlag einer US-amerikanischen Arbeitsgruppe genügen bereits Halluzinationen für die Diagnosestellung. Vor allem optische Halluzinationen sind häufig.
Die Prävalenz von Psychosen bei Parkinson-Patienten wird auf etwa 6 % geschätzt, wobei Halluzinationen ohne Einsicht häufiger vorkommen. Als wichtigster Auslöser gilt die medikamentöse Parkinson-Therapie, insbesondere Levodopa und Dopaminagonisten. Auch Demenz ist ein Risikofaktor.
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Behandlung von Psychosen bei Parkinson
Die Behandlung von Psychosen bei Parkinson-Patienten stellt eine besondere Herausforderung dar, da viele Antipsychotika die motorischen Symptome der Erkrankung verschlimmern können. Daher ist es wichtig, bei der Auswahl des geeigneten Medikaments vorsichtig zu sein.
Allgemeine Maßnahmen:
- Ausschluss anderer Ursachen wie metabolische Probleme oder Infektionen
- Reduktion der Parkinson-Medikation, insbesondere Anticholinergika und Dopaminagonisten, wenn möglich bis auf Levodopa
Medikamentöse Therapie:
Wenn diese Maßnahmen nicht ausreichen, um die psychotischen Symptome zu kontrollieren, können Neuroleptika eingesetzt werden, die möglichst wenig extrapyramidalmotorische Störwirkungen auslösen.
- Clozapin (Leponex, Generika): Clozapin ist das am besten untersuchte und in Leitlinien vorrangig empfohlene "atypische" Neuroleptikum zur Behandlung von Psychosen bei Parkinson. Es verbessert den klinischen Gesamteindruck und verringert die Positivsymptomatik, ohne die Motorik oder Kognition zu verschlechtern. Allerdings ist Clozapin mit dem Risiko einer Agranulozytose verbunden, weshalb regelmäßige Blutbildkontrollen erforderlich sind. Die Eindosierung muss wegen der starken anticholinergen Wirkung von Clozapin beginnend mit 12,5 mg pro Tag einschleichend erfolgen und es vergehen häufig Wochen, bis eine Wirkung erkennbar ist.
- Quetiapin (Seroquel): Quetiapin ist eine weitere Option zur Behandlung von Psychosen bei Parkinson. Es scheint niedrig dosiert (bis 200 mg/Tag) die Motorik ebenfalls nicht wesentlich zu beeinträchtigen. Allerdings zeigen neuere randomisierte Studien keine bessere Wirkung als Placebo. In der Praxis wird Quetiapin häufig als Alternative zu Clozapin eingesetzt, da es einfacher zu handhaben ist und keine regelmäßigen Blutbildkontrollen erfordert.
Andere Neuroleptika:
Andere "atypische" Neuroleptika wie Olanzapin und Risperidon sollten bei Parkinson-Patienten mit Psychosen vermieden werden, da sie die Motorik verschlechtern können. Für Ziprasidon und Aripiprazol liegen keine ausreichenden Daten vor.
Seroquel (Quetiapin) im Detail
Quetiapin gehört zu den atypischen Antipsychotika und wird zur Behandlung von Schizophrenie, bipolaren Störungen und als Zusatztherapie bei Depressionen eingesetzt. Es wirkt vorrangig im zentralen Nervensystem und beeinflusst verschiedene Neurotransmittersysteme, darunter Dopamin und Serotonin.
Anwendung:
Quetiapin wird hauptsächlich in Form von Tabletten angewendet, wobei es auch Retard-Tabletten mit verzögerter Wirkstofffreisetzung gibt. Die Dosierung variiert je nach Anwendungsgebiet und wird individuell vom Arzt festgelegt. In der Regel wird die Behandlung mit einer niedrigen Dosis begonnen, die dann langsam gesteigert wird, bis die gewünschte Wirkung erreicht ist.
Wechselwirkungen:
Quetiapin wird hauptsächlich über das CYP-Enzymsystem in der Leber abgebaut, insbesondere über das Enzym CYP3A4. Daher kann es bei gleichzeitiger Einnahme anderer Medikamente, die ebenfalls über dieses Enzymsystem abgebaut werden, zu Wechselwirkungen kommen. CYP3A4-Hemmstoffe wie Clarithromycin und Ketoconazol können die Wirkung von Quetiapin verstärken, während CYP3A4-Induktoren wie Rifampicin und Carbamazepin die Wirkung verringern können. Auch Grapefruitsaft kann mit CYP3A4 interagieren.
Nebenwirkungen:
Wie alle Medikamente kann auch Quetiapin Nebenwirkungen verursachen. Häufige Nebenwirkungen sind unter anderem:
- Schläfrigkeit
- Mundtrockenheit
- Gewichtszunahme
- Schwindel
- Orthostatische Hypotonie (Blutdruckabfall beim Aufstehen)
- Erhöhte Blutzucker- und Cholesterinwerte
Bei älteren Patienten und Patienten mit eingeschränkter Leberfunktion ist die Ausscheidung von Quetiapin verlangsamt, weshalb die Dosis entsprechend angepasst werden muss.
Kontraindikationen:
Quetiapin ist kontraindiziert bei Überempfindlichkeit gegenüber dem Wirkstoff und bei gleichzeitiger Anwendung von starken Hemmstoffen des Enzyms CYP3A4.
Weitere Aspekte der Behandlung von Parkinson-Patienten im Krankenhaus
Parkinson-Patienten, die im Krankenhaus behandelt werden müssen, stellen besondere Anforderungen an das medizinische Personal. Es ist wichtig, dass die Medikamenteneinnahme der Patienten kontrolliert wird und dass Medikamente, die die Parkinson-Symptome verschlimmern können, vermieden werden.
Medikamentenmanagement
Während des Krankenhausaufenthaltes muss das Pflegepersonal die Medikamenteneinnahme der Patienten kontrollieren. Dies dient der Sicherheit und gehört zum Standard der Krankenhauspolitik. Es ist wichtig, dass die Patienten dem Personal mitteilen, welche Medikamente sie einnehmen und wie sie verabreicht werden sollen.
In einigen Fällen kann es vorkommen, dass der behandelnde Arzt im Krankenhaus Ersatzmedikamente verschreiben muss, wenn die gewohnten Medikamente nicht vorrätig sind. Wenn Patienten ihre eigenen Medikamente während des Krankenhausaufenthaltes einnehmen wollen, müssen sie diese in der Originalverpackung von zu Hause mitbringen und dem Pflegepersonal geben, das dann diese Medikamente ausgibt.
Motorische Probleme im Krankenhaus
Parkinson-Patienten können im Krankenhaus unter einer Verschlechterung ihrer motorischen Symptome leiden. Dies kann verschiedene Ursachen haben, darunter Infektionen, neue Medikamente oder Veränderungen in der Medikamenteneinnahme.
Bestimmte Medikamente, insbesondere Psychopharmaka und Anti-Übelkeitsmedikamente, können die Parkinson-Symptome verschlimmern. Haloperidol (Haldol), Risperidon (Risperdal), Olanzapin (Zyprexa) und Aripiprazol (Abilify) sind Beispiele für Medikamente, die vermieden werden sollten. Sichere Alternativen sind Clozapin (Clozaril) und Quetiapin (Seroquel). Häufige Medikamente gegen Übelkeit, die die Parkinson-Erkrankung verschlimmern können, sind Prochlorperazin (Compazine), Promethazin (Phenergan) und Metoclopramid (Reglan). Trimethobenzamid (Tigan) und Ondansetron (Zofran) stellen geeignete Alternativen dar, die unbedenklich eingesetzt werden können.
Verwirrtheit im Krankenhaus
Verwirrtheit kann ein großes Problem für stationäre Parkinson-Patienten darstellen, insbesondere bei älteren Menschen. Infektionen, neue Medikamente, Schlafmangel und die ungewohnte Umgebung können zu Verwirrtheit beitragen.
Die Behandlung von Verwirrtheit umfasst die Behandlung der zugrunde liegenden Ursache, Beruhigung, Unterstützung und Komfort. In einigen Fällen können Antipsychotika wie Clozapin und Quetiapin eingesetzt werden, um psychotische Symptome zu behandeln.
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