Serotonin, oft als "Glückshormon" bezeichnet, ist ein Neurotransmitter, der eine entscheidende Rolle für unser körperliches und emotionales Wohlbefinden spielt. Es beeinflusst Stimmung, Emotionen, Schlaf und Verdauung. Obwohl der Körper Serotonin hauptsächlich im Magen-Darm-Trakt produziert, ist es auch im Gehirn für verschiedene Funktionen unerlässlich. Dieser Artikel beleuchtet die Bedeutung von Serotonin im Gehirn, die Methoden zur Messung des Serotoninspiegels und die neuesten Forschungsergebnisse auf diesem Gebiet.
Was ist Serotonin?
Serotonin gehört zur Gruppe der Monoamine und wird aus der Aminosäure Tryptophan synthetisiert. Es wirkt als Neurotransmitter im synaptischen Spalt zwischen Nervenzellen und bindet an 5-HT-Rezeptoren. Die Synthese erfolgt hauptsächlich im menschlichen Darm, wo etwa 90 Prozent der körpereigenen Konzentration vorliegen. Lediglich etwa zehn Prozent befinden sich im ZNS, wo Serotonin ebenfalls geringfügig synthetisiert wird.
Die vielfältigen Aufgaben von Serotonin
Serotonin erfüllt im Körper vielfältige Aufgaben. Im Gehirn reguliert es die Stimmung, viele Emotionen und den Schlaf. Es beeinflusst die neuronale Kommunikation und kann beispielsweise dabei helfen, Stress abzubauen. Serotonin spielt auch eine entscheidende Rolle im Magen-Darm-Trakt, wo es die Darmmotilität beeinflusst und somit Verdauungsprozesse reguliert.
Methoden zur Messung von Serotonin im Gehirn
Die Messung von Serotonin im Gehirn ist komplex, da es die Blut-Hirn-Schranke nicht überwinden kann. Daher sind indirekte Messmethoden oder invasive Verfahren erforderlich, um den Serotoninspiegel im Gehirn zu bestimmen.
Indirekte Messung über Urinprobe
Eine gängige Methode ist die indirekte Messung im 24-Stunden-Sammelurin. Dabei wird das Serotonin-Zerfallsprodukt 5-HIES (Hydroxyindolessigsäure) gemessen, dessen Konzentration im 24-Stunden-Urin im Normalfall zwischen null bis neun Milligramm betragen sollte. Die Bestimmung der Blutkonzentration erfolgt über zwei Methoden. Gängiger als eine Blutuntersuchung ist allerdings die indirekte Messung im 24-Stunden-Sammelurin.
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Liquorpunktion
Eine direkte Messung des Serotoninspiegels im Gehirn ist nur über eine Liquorpunktion möglich, bei der Gehirn-Rückenmarksflüssigkeit (Liquor) entnommen wird. Dabei müsste 5-Hydroxyindolessigsäure in der Gehirn-Rückenmarksflüssigkeit (Liquor) bestimmt werden. Die Materialentnahme erfolgt über eine Liquorpunktion. Dieses Verfahren ist jedoch invasiv und birgt Risiken, weshalb es derzeit nur im Rahmen von Forschungsarbeiten eingesetzt wird.
NeuroSpot-Test
Der NeuroSpot - Test, der in der Praxis angeboten wird, zeigt Ihnen anhand einer Urin- und Speichelprobe, ob wichtige Stresshormone aus dem Gleichgewicht geraten sind. Nach der Bestimmung Ihrer Stressbelastung erarbeiten Ärzte ein auf die Ergebnisse abgestimmtes Therapiekonzept. In der Regel ist Stressmanagement ein unerlässlicher Teil des Therapiekonzepts. Daneben gibt es weitere bewährte Methoden wie die Gabe von Nahrungsergänzungsmitteln zur ausreichenden Versorgung mit wichtigen Bausteinen für die Herstellung der Botenstoffe.
Neuartige Sensoren für die Echtzeitmessung
Forschenden aus Bremen, Bochum, Bonn und Hamburg ist es gelungen, den Blick auf die Wirkungsweise des Botenstoffs Serotonin zu schärfen. Sie entwickelten ‚sDarken‘-Sensoren zur Messung der Neurotransmitter-Dynamik im Gehirn. Diese genetisch kodierten Sensoren nutzen einen natürlich vorkommenden, menschlichen 5-HT1A-Rezeptor, der gentechnisch mit einem grün-fluoreszierenden Protein verändert wurde. Sobald Serotonin an die Sensoren andockt, nimmt seine Leuchtkraft ab, was einen direkten Hinweis auf die Aktivität von Serotonin gibt. Die Sensoren zeichnen sich durch eine schnelle Reaktionsgeschwindigkeit, gute Positionierung und hohe Leuchtkraft aus und ermöglichen es, Serotonin-Ausschüttungen in Echtzeit zu beobachten.
Ein Forscherteam um Ying Jiang und Lanqun Mao von der Beijing Normal University und der Chinesischen Akademie der Wissenschaften (Peking) hat einen Serotonin-Sensor entwickelt, der auch im Langzeitexperiment extrem stabile Signale liefert, da so gut wie keine Störung durch Serotonin-Oligomere auftritt. Er basiert auf galvanischer Redox-Potentiometrie (GRP), einer stromlosen Technik.
Serotoninspiegel: Normwerte und Abweichungen
Es ist entscheidend, die Normwerte von Serotonin zu kennen und auf mögliche Abweichungen zu achten, um Gesundheitsprobleme frühzeitig zu erkennen und geeignete Maßnahmen zu ergreifen.
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Serotoninspiegel zu hoch
Ein zu hoher Serotoninspiegel, auch als Serotonin-Syndrom bekannt, wird sehr häufig von bösartigen Neubildungen im Magen-Darm-Trakt verursacht. Ein erhöhter HIES-Spiegel kann aber auch bei Epilepsie und Zöliakie (Sprue) auftreten. Im Falle eines Karzinoid-Syndroms wird der hormonproduzierende Tumor nach Möglichkeit operativ entfernt. Alternativ wird der Patient mit sogenannten Somatostatin-Analoga behandelt. Der Therapieerfolg wird dann wieder über die Bestimmung der Hydroxyindolessigsäure überprüft: Erreicht es im Urin wieder Normalwerte, ist auch das Serotonin gesunken.
Serotoninspiegel zu niedrig
Ein zu niedriger Serotoninspiegel kann zu Depressionen, Angstzuständen, Schlafstörungen und verminderter Stressresistenz führen. Genetische Faktoren, ungesunde Ernährung, Mangel an Sonnenlicht oder bestimmte Medikamente können Ursachen dafür sein.
Was tun bei Abweichungen vom Normwert?
Es ist entscheidend, die Ursachen für Abweichungen vom normalen Serotoninspiegel zu identifizieren. Bei einem zu hohen Spiegel müssen möglicherweise Medikamente angepasst oder abgesetzt werden, und eine erweiterte Diagnostik ist angeraten.
Ein Serotoninmangel kann mit unterschiedlichen Maßnahmen behoben werden. Die Wahl der passenden Maßnahmen hängt vorwiegend vom Schweregrad des Serotoninmangels ab. Stress und psychische Belastungen können am besten mit Hilfe einer Verhaltenstherapie oder einer psychodynamischen Therapie reduziert werden. Hierdurch normalisiert sich mittelfristig üblicherweise auch der Serotoninspiegel. Bei schweren Schlafstörungen, Angststörungen oder Depressionen oder ausgeprägter innerer Unruhe kann auch eine ergänzende Medikation hilfreich sein. In der Praxis für Psychotherapie wird zunächst die Ursache des Serotoninmangels geklärt.
Ursachen und Folgen eines Serotoninmangels
Ein Serotoninmangel kann auf unterschiedliche Weise entstehen. Die Fähigkeit zur Produktion von Serotonin hat auch mit genetischen und frühkindlichen Belastungen zu tun. Hauptursache für einen Serotoninmangel im Erwachsenenleben sind jedoch psychische Belastungen und lang anhaltende Stressbelastungen. Zudem können stressbedingte Schlafstörungen zur Entwicklung eines Serotoninmangels beitragen. Eine zusätzliche Verstärkung des Serotoninmangels kann durch einseitige Ernährung im Rahmen anhaltender Stressbelastung entstehen.
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Mögliche Folgen eines zu niedrigen Serotoninspiegels
Ein Mangel an Serotonin kann sich auf den gesamten Körper auswirken. Neben den bereits besprochenen Symptomen, kann ein zu niedriger Serotoninspiegel der Auslöser für einige weitere Folgen sein.
- Depression: Eine Depression macht sich häufig durch Stimmungsschwankungen, Angst, Schlafstörungen und Antriebslosigkeit bemerkbar. Auch bei einem Mangel an Serotonin können all diese Symptome auftreten. Dennoch ist bislang noch nicht ganzheitlich geklärt, ob ein Serotoninmangel ausschlaggebend für eine Depression ist.
- Gewichtszunahme: Es scheint so, als würde Serotonin auch auf das Belohnungssystem unseres Gehirns (Nucleus accumbens) Einfluss nehmen. Deshalb greift man oftmals zu Schokolade oder anderen Süßigkeiten, wenn der Serotoninspiegel zu niedrig ist, um diesen wieder zu erhöhen. Somit besteht ein gewisser Zusammenhang zwischen Serotonin und einer Gewichtszunahme.
- Muskelschmerzen: Da es sich bei Serotonin um ein schmerzhemmendes Hormon handelt, können Muskelschmerzen auftreten, wenn zu wenig Serotonin im Körper ist. Vor allem bei chronischen Schmerzen sowie bei vielen Schmerzerkrankungen, für die man keine Ursache findet, kann ein Serotoninmangel vorliegen.
Behandlungsmethoden bei Serotoninmangel
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, einem Mangel an Serotonin entgegenzuwirken und den Serotoninspiegel zu erhöhen.
Ernährung
Eine ausgewogene Ernährung spielt eine große Rolle für die natürliche Bildung von Serotonin. Das Glückshormon wird im Gehirn aus der essentiellen Aminosäure L-Tryptophan hergestellt. Ist zu wenig Tryptophan im Körper enthalten, sinkt auch der Serotoninspiegel. Besonders in folgenden Lebensmitteln ist Tryptophan enthalten:
- Bananen
- Sojabohnen
- Erdnüsse
- Huhn
- Rindfleisch
- Makrele
- Scholle
- Erbsen
- Linsen
- Schokolade
- Käse
Ebenso sollten genügend Eiweiße zu sich genommen werden. Außerdem kann sich Johanniskraut positiv auf den Serotoninhaushalt auswirken.
Nahrungsergänzungsmittel
Auch durch die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln kann der Serotoninspiegel erhöht werden. Eines davon nennt sich 5-Hydroxythryptophan, kurz 5-HTP. Dieses hat eine vorteilhafte Wirkung auf das Nervensystem, da es sehr leicht zu Serotonin umgewandelt wird. Weiterhin kann der Serotoninspiegel unter anderem durch GABA (Gamma Aminobuttersäure), Kurkuma oder Rosenwurz erhöht werden.
Antidepressiva
Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SRI) sind eine Klasse von Antidepressiva und blockieren Serotonintransporter, wodurch die Konzentration von Serotonin in der Gewebsflüssigkeit des Gehirns erhöht wird. Aufgrund der Wiederaufnahmehemmung von Serotonin steigt die Serotoninkonzentration zwischen den Neuronen. Allerdings kann die Einnahme von Antidepressiva auch Nebenwirkungen hervorrufen.
Weitere natürliche Methoden
Eine natürliche Methode, wie Sie Ihren Serotoninspiegel erhöhen oder zumindest positiv beeinflussen können, ist die Zufuhr von tryptophanhaltigen Produkten und Vitamin D Präparate zu nehmen.
Kritik an der Serotonin-Hypothese der Depression
Die Annahme, dass Angstzustände und Depressionen durch einen Serotoninmangel im Gehirn ausgelöst werden, rückt den Botenstoff regelmäßig in den Fokus der Wissenschaft. Kausale Zusammenhänge zwischen psychiatrischen Erkrankungen und Serotoninmangel konnten allerdings bisher nicht hinreichend beschrieben werden. Geeignete Methoden fehlten bislang.
Demnach habe die Messung von Serotonin und seinen Abbauprodukten im Blut und in Gehirnflüssigkeit keinen Unterschied zwischen depressiven Patienten und Menschen ohne Depression gezeigt. Die Serotonin-Hypothese habe trotz immenser Forschungsanstrengungen nicht überzeugend bewiesen werden können, lautet somit das Fazit der Autoren. Es sei daher an der Zeit, anzuerkennen, dass diese Theorie empirisch nicht belegt sei.